ratlos und allein im Chaos

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14.10.2013 00:49
avatar  Kayla
#11
Ka

Hallo Single!
Was den Müll angeht, habe ich es ein wenig besser als die meisten hier. Dazu muss ich sagen, dass ich in so einem gewaltigen Wohnblock mit über 500 Familien wohne. Unsere Restmüllcontainer sind gewaltige Rollcontainer. Alles was kein Sondermüll ist und sich auf die Größe zerlegen lässt, darf dort auch rein.
Zudem haben wir zweimal im Jahr kostenlosen Sperrmüll in der Miete inbegriffen. Bei 500 Familien kannst Dir wohl vorstellen, dass da jede Woche jemand Gebrauch von macht und die Leute haben nix dagegen, wenn man da halt ein Schränkchen oder so dazustellt. Der Vermieter auch nicht, der begrüßt das.
Umziehen? Darüber habe ich anfangs nachgedacht, da ich gern eine etwas kleinere Wohnung hätte. Meine ist nun, nachdem alle Kinder raus sind, echt viel, viel zu groß. Aber dem standen zwei Dinge entgegen. Erstens muss ich die Wohnung ja übergeben und vor zwei Jahren hätte mir da der Vermieter die Hygiene auf den Hals gehetzt.
Zweitens, wenn ich den ganzen Mist eingepackt und mitgenommen hätte, wäre eine neue Wohnung in 0,nix genau so verrümpelt gewesen und das Spiel hätte von vorn angefangen, dann allerdings vielleicht unter Bedingungen wie heute bei Dir. Also nix da. Erst die vergammelte Bude in Ordnung bringen, dann übers Umziehen nachdenken.
Inzwischen schaue ich nun schon mal, ob ich vielleicht zufällig was finde. In einer Unistadt hälts halt schwer mit Wohnungen überhaupt und kleinen Wohnungen ins Besondere.
Warum solltest Du allein bleiben? Denk Dir sowas gar nicht erst aus, das sind selbsterfüllende Prophezeihungen. Eine Soziophobie ist kein Alleinbleiburteil und oft genug nur die Konsequenz aus ganz anderen Dingen. Krieg erstmal Dein Ordnungsproblem in den Griff und wenn Dir der Kontakt zu anderen dann immer noch so schwer fällt, dann rede mit Deinem Hausarzt mal über eine Therapie. Phobien sind nicht "Schicksal" sondern einfach Krankheiten, die man behandeln kann.
Einige Deiner Formulierungen "Sie mobben mich, aber ich arbeite gern dort ..." z.B. wecken in mir einen ganz bösen Verdacht. Du scheinst Dich in die Opferrolle schon richtig verliebt zu haben. Du magst Dich nicht und logischerweise andere auch nicht. Du hast "kein Problem" über Dein Ordnungsproblem zu reden, aber keiner versteht Dich. Du bleibst ja eh allein ... Merkst Du was?
Grundlage jeder erfolgreichen Veränderung ist, zu sich selbst ehrlich zu sein, ganz brutal offen zu analysieren wo man steht und wo man hin will. Nein, Du bleibst nicht allein, es sei denn, Du willst das aus freien Stücken. Ich führe auch eine Fernbeziehung, seit vielen Jahren, weil ich in meiner nächsten Nähe dauerhaft niemanden mehr ertrage. Das wäre für mich und für ihn eine Qual. Allein bin ich deshalb nicht. Wir haben halt unser Leben unseren Vorstellungen angepasst. Es ist mir völlig egal, ob jemand das seltsam findet. Es ist UNSER Leben, nicht das von Nachbarn, Freunden oder Familie.
Meine Fußböden sehen auch immer noch heeerzig aus, was auch damit zusammenhängt, dass sie schon beim Einzug uralt waren. Aber es ist sauber. Fertig.
Ich habe niemals die Absicht gehabt, meine Wohnung zum Designerstück zu machen, dazu habe ich viel zu viele Hobbys und Interessen.
Fakt ist, dass alles seinen Platz haben muss und man auf lange Sicht z.B. kaputte Elektrogeräte mal gegen neue tauschen sollte. Nein, nicht erst überlegen, ob man sie reparieren kann. Weg und fertig, solange es nicht gerade eine Anschaffung von paar hundert Euro ist.
Ich kann auch eine kaputte Kaffeemaschine, Wasserkocher, Toaster oder Monitor, auch einen Rechner selbst reparieren. Aber das tue ich nur noch bei den geräten, wo ich es muss und die ich vor allem auch wirklich benutze. Meine uralte Küchenmaschine z.B. war a hinüber, b versifft und c seit zwei Jahren nimmer im Gebrauch. Raus damit. Auch den Geschirrspüler hab ich höchstens einmal die Woche richtig voll bekommen. Das macht ja keinen Sinn, da schimmelt es nur drin. Weg damit. Meine zwei Tassen spüle ich auch von Hand.
Auch Trilliarden Computerkabel und Bauteile sind weggeflogen nebst einem Haufen Werkzeug, dass man sich a nur noch mit Gummihandschuhen an zu fassen traute und b so speziell war, dass man es alle 100 Jahre mal brauchte. 99% aller Leute wissen vermutlich nit mal, was eine Glimmersäge ist, geschweige denn, wozu man sie benutzt. Alles so ein Mist, der sich über Jahrzehnte angesammelt hat und "zu schade zum Wegwerfen" war.
War nun einfach mal genug. Das letzte Hemd hat keine Taschen und es wäre doch peinlich, wenn ich nach meinem Tod mit einem Müllwagen in die nächste Zone gebracht werden müsste.
In meiner Wohnung gibt es immer noch Unmassen Zeug, das vermutlich jeder Normalsterbliche lachend entsorgen würde. Meine Modelleisenbahn, natürlich Foto- und Malsachen in Massen, Fachbücher, Puppenstubenkram, meine geliebte Schmucksammlung, Gläser aller Coleur.
Aber jetzt hat erstmal alles seinen Platz und ich hab nur behalten, was ich auch wirklich in Zukunft noch in meinem Leben wissen möchte. Dazu gehören weder Klamotten die "für grobe Arbeiten noch gehen" oder schon 20 Jahre nicht mehr passen, noch Fachzeitschriften, die mir jede freie Lagerfläche verbauen, Kosmetika ohne Ende, die man ja mal brauchen könnte, Handtücher und Bettwäsche für zwei Dragonerregimente, Töpfe für eine ganze Kompanie. Weg, fort, raus mit dem Mist, inklusive der drölfzig "ach so hübschen" Tassen und Teller, die kein Schwein mehr benutzt und die nur rumstehen.
Und jedes Mal, wenn ich durchputze finde ich noch mehr Zeug, das es einfach "hinter sich" hat und wegkann. Heute stach mir gerade die olle eklige Friteuse ins Auge. Die benutzt auch keiner mehr.
Aber angefangen hat alles, wie bei Dir, mit einigen kleinen Tütchen voller Mist, die dann auch noch ewig herumstanden. Vielleicht tröstet es Dich ein wenig, wenn ich Dir sage, dass die meisten Menschen sehr wohl anerkennen, wenn sie das Gefühl haben, jemand verändert sich zum Positiven.
Meine Nachbarn haben natürlich mitbekommen, dass ich kilotonnenweise Zeug entsorgt habe. Gesagt hat keiner was Böses, höchstens mal so lächelnd - beifällig: "Ja, ja- es ist schon unglaublich, was man so im Laufe der Jahre alles aufhebt. Sie können bei mir gleich weitermachen, wenn Sie bei sich fertig sind."
Was noch brauchbar war, habe ich verschenkt. Grade zig alte Romane. Die hab ich auf Arbeit stillschweigend auf einen Tisch gelegt. Inzwischen werden es immer weniger. Was keiner mag, fliegt weg.
Meine goldene Regel ist heute, dass ich nichts Neues in die Wohnung schleppe, wofür nicht was Altes wegfliegt. Für meine Spiegelreflexkamera musste ein alter Wintermantel dran glauben, für zwei neue Spannbettlaken drei alte, für eine Reihe DVDs mit einer meiner Lieblingsserien gingen 10 Bücher den weg alles Irdischen. Das geht wunderbar, sofern man sich strikt dran hält. Vor allem wird es auf die Weise nie so viel Müll, dass es wieder auffälllig wäre, denn auf den Stand möchte ich echt nicht zurück, das war Horror.
Lass Dich nicht entmutigen und mach Dich nicht selbst schlecht. Wenn Du das wirklich hinbekommen willst, schaffst Du das auch. Ich hatte so viele verschiedene Baustellen, aber jetzt sind schon einige abgeschlossen und ich kann mich an die nächsten wagen. Nur der Anfang, der ist leider immer Sch... schwer. Ich wünsche Dir Kraft und Mut und ein gerütteltes Maß an Hartnäckigkeit dafür.

Alles Liebe
Kay




Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos. (Arthur Schnitzler)


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14.10.2013 18:48
#12
si

Danke Kay
für deine aufbauenden Worte. Diese Wohnung werde ich mit Sicherheit in Ordnung bringen bevor ich mir eine Neue suche, alleine schon weil ich mich nicht verschulden will. Leider gehen in die 2 erwähnten Müllbeutelchen pro Monat nicht mal der aktuelle Restmüll welcher ständig anfällt, rein. Den Rest nehme ich mit zur Arbeit.
Die Opferrolle habe ich endlich akzeptiert für mein Leben. Jahrelang habe ich mir diese Tatsache schön geredet und gedreht. Die Arbeit ist mit dieser Erkenntnis auch über die Jahre hinweg einfacher geworden, nun muss ich nicht mehr so tun als läge es nur an den bösen Kollegen. Auch die Wohnsituation ist nur deshalb so furchtbar eskaliert weil ich es nicht schaffe mit anderen Menschen zu reden und so lange es keine virtuellen Therapien gibt bin ich nicht bereit mich zusätzlichen Belastungen auszusetzen.
Bitte fass das nicht als Ablehnung auf, ich freue mich über jegliche Form von Aufmerksamkeit, Ratschläge und Anstöße zum Nachdenken.


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14.10.2013 19:11
avatar  Kayla
#13
Ka

Hihi, Single ...
da mach Dir mal keine Gedanken. Mich kann niemand ablehnen, außer mir selbst. Die anderen können nur eine andere Sichtweise haben und das sei ihnen ja unbenommen. Pfff ... nein, die Opferrolle zu akzeptieren ist echt kein Weg. Wo ich bin ist vorn und mein Leben tanzt nach meiner Pfeife, nicht nach der von anderen.
Ich habs an anderer Stelle schon einmal beschrieben. Im Buch (und Film) von "Herr der Ringe" sagt Frodo, als er wieder nach Beutelsend kommt, einen Satz, der für jeden Menschen gilt, der kein ganz glattgestricktes Leben hatte. Nämlich "Wo knüpft man an ...?"
Wer im Leben mit schweren Problemen zu kämpfen hatte, traut der Ruhe eines beschaulichen Lebens nicht, er wird sich selbst immer wieder und wieder Probleme schaffen oder problematische Menschen um sich versammeln, oder aus der Meinung anderer nur das Negative heraushören, damit er wieder mit sich selbst sauer sein kann.
Der einzige Weg, da raus zu finden ist, sich Problemberge zu suchen, dies wenigstens wert sind, abgebaut zu werden. Mobbing, so fern mir nicht wieklich fehler unterstellt werden, die ich nicht verursacht habe, geht mir den Buckel runter. Ich kenne das zwar, aber bei mir haben sie da immer ganz hart auf Granit gebissen. Ich bin sehr schlagfertig und kann extrem zynisch- bösartig werden, wenn ich mich wehren muss. Das unterschätzen viele, weil ich eigentlich immer sehr ruhig und ausgeglichen wirke.
Daher enden Versuche, mich in die Enge zu treiben in der Regel damit, dass ich die Lacher auf meiner Seite habe.
Mittlerweile hat das aber auch aufgehört, seitdem die Betreffenden gemerkt haben, dass ich teilweise Arbeiten ganz gern mag, vor denen andere zurückschrecken. Wenn sie sie also nicht selbst machen wollen, lassen sie mich besser in Ruhe. Das klappt ganz gut.
Single, bedenke eine Sache. WENN Du die Sache nicht in den Griff bekommst, hast Du eines Tages die Wohnungskündigung auf dem Tisch. Und wenn das Problem daran liegt, dass Du mit anderen nicht kommunizieren kannst, dann solltest Du etwas dagegen tun bevor Du auf der Straße liegst, denn dann MUSST Du mit Leuten reden und noch dazu mit welchen, die Du Dir nicht aussuchen kannst.
Was den Müll angeht - bei uns gibt es die Wertstoffhöfe, die Müll in jeder Größenordnung kostenlos oder gegen kleines Entgeld annehmen. In meiner Geburtsstadt kann man die Sachen einfach selbst zur Müllkippe fahren. Irgend so eine Möglichkeit wirds bei Euch sicher auch geben. Hör Dich doch einfach mal um.
Dann kauf Dir große Müllsäcke und fahr das Zeug gleich weg. Ich zitiere meine Mutter nicht all zu oft, aber in dem Falle, glaub mir, stimmt es: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, wo ein eiserner Wille ist, bauen sie eine Eisenbahn.

Lass Dich mal knuddeln, Du einsamer Held ;-)
Kay

Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos. (Arthur Schnitzler)


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14.10.2013 19:37
#14
Ta

Hallo single, hast Du schon immer allein gelebt und Schwierigkeiten gehabt, mit anderen Menschen zu reden ?
Hast Du eine Idee davon, warum das so ist ?
Grüssele Mausohr


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15.10.2013 04:26
#15
si

Danke für dein knuddeln Kay
selbst wenn es nur virtuell ist ist es ein gutes Gefühl.
Beim Werkstoffhof war ich vor Jahren mal, der Mann dort hat mich ganz eigenartig angeschaut und ich traue mich nicht mehr dorthin. Klingt komisch ist aber so, der Text aus einer bekannten Kindersendung passt hier ganz gut.
Schlagfertigkeit zu sein wünsche ich mir auch doch mir fällt spontan nie etwas ein und noch Stunden später denke ich darüber nach welche Entgegnung wohl angebracht gewesen wäre. Es bringt daher recht wenig mich mit Kollegen persönlich auseinanderzusetzen da verliere ich sofort. Wenn es ausufert wende ich mich an den Betriebsrat danach ist für eine Weile wieder Ruhe. Die kümmern sich recht gut um ihre (nicht mehr allzu vielen) Mitglieder. Geht sogar per mail was für mich vorteilhaft ist.
Du sprichst eine Wohnungskündigung an- das würde mich wirklich hart treffen aber ich liege doch dann nicht auf der Straße. Keine Sorge...


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