Gedenken an die Freiheitsberaubung am 13.8.61

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13.08.2017 15:06
avatar  Wolfram
#1
Wo

Ja, heute ist wieder Gedenktag. Hat da überhaupt jemand dran gedacht? Aus meiner Sicht war das eine Unterdrückung der Bevölkerung. ich habe vor der "Wende" den Cousin meines Vaters nur 1x als Kind gesehen. Nach der Wende kamen sie mir wie Fremde vor. Es sollten nicht nur der Toten gedacht werden, sondern auch der Lebenden, die ihre Meinung nicht mehr frei äußern konnten. Mehr kann ich hierzu wegen verbotener Meinungsäußerung nicht schreiben.
ich durfte nach dem Mauerbau meine Verwandten in Ost-Berlin nicht mehr besuchen. Ich durfte meine Freundin in Ost-Berlin nicht mehr wiedersehen.
Ich weiß, dass es für Unbeteiligte schwer ist, sich das vorzustellen. Meinem Freund hatte ich das so erklärt, dass er sich vorstellen soll, dass mitten über den Stachus in München eine Mauer von einem Ortsende zum andern gezogen wird innerhalb einer Nacht ohne Vorankündigung. Zum Bäcker geht es dann nicht mehr. Ein Glück demjenigen, der immer ausreichend vorgesorgt hat. Ich habe später die billigen Bundeswehr Restbestände an Lebensmitteln gekauft.
ich habe gerade eine Sendung über und mit den früheren DDR Bewohnern gesehen. Die bedauerten das jetzige Leben, weil sich die Menschen früher mehr einander geholfen haben. Heute achtet jeder darauf, dass jeder Handschlag bezahlt wird. Deshalb tue ich mich auch schwer damit, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Ich will auch auf den Nachbarthread hinweisen: Schweres Erbe.

@Messie @Henni @Annelie @Barbara Bruchhäuser @Draculara @Kathrin Nake @Zipserin

viele Grüße
Wolfram


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13.08.2017 16:36 (zuletzt bearbeitet: 13.08.2017 16:37)
#2
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Moderator

@Rainbow-Cloud @Messie @Wolfram @Zipserin @Kathrin Nake @Barbara Bruchhäuser

3 Onkel und eine Tante hatte ich in der DDR, meine Oma ist gestorben, da war ich 5 Jahre alt, wir haben sie im Krankenhaus besucht, nur meine Mutter und ich sind mit dem Zug hin gereist, mein Vater konnte nicht kommen, der hatte auch Angst. Sie hatten ihn auf dem Kieker, er erzählt heute noch, die Stasi hätte ihn im Visier gehabt, einmal waren wir wieder mal beim Zoll und die haben das ganze Auto auseinander genommen, mein Vater durfte es wieder zusammenbauen und weiter fahren, wenn er kein Kfz-Mechaniker gewesen wäre, hätten wir das Auto stehen lassen und zu Fuß weiter gehen müssen. Sie haben uns immer eingehend gefilzt, wenn wir einreisten. Die Ausreise war problemlos und erstaunlich kurz, es wurde nur gefragt, haben Sie was zu verzollen. Wir haben drüben immer Taschen und Jacken gekauft, und Schuhe. Alles was ich "drüben" gekauft hatte, roch irgendwie nach "DDR". Einen Rechenschieber hatte ich zum Geburtstag bekommen, selbst der roch nach "drüben", die Holzperlen waren mit Chemikalien lackiert worden, die wahrscheinlich auch drüben hergestellt wurden.

1985 ist mein Cousin mit seiner Frau und seinem Sohn eingereist und nicht zurück gefahren. Sie haben sich hier eine Wohnung und Arbeit gesucht, meine Tante wollte sozusagen "ihren Sohn besuchen" und blieb dann auch hier. Wir sind nach 1985 nicht mehr in die DDR eingereist, zu groß war die Angst, mein Vater könnte als "Ostspitzel" festgenommen werden, weil Neffe und Schwester abgehauen sind.

Als dann 1989 die Mauer fiel, kamen uns die Verwandten besuchen, also 2 Wochen später waren sie dann hier, da habe ich meinen ehemaligen Lieblingscousin wieder gesehen. Ehemalig, weil er mir jetzt ziemlich entfremdet vorkommt, er lebt in Tschechien, wo er ein Haus und eine Familie hat. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich öfters dachte: "Bleib einfach hier, lass die Eltern ohne dich abreisen, so wirst du deine gehasste Schule und dein fieses Elternhaus los!" Aber ich wusste auch, meine Eltern würden nicht ohne mich abreisen, mich überall suchen, nach mir fahnden und mich dann doch wieder rüber holen. Das wärs dann gewesen mit Ferien in der DDR.

Viele Grüsse
Draculara

http://www.draculara.de

http://messie.bplaced.net/messie

Eine Lösung setzt ein Problem voraus. Ich kenne meine Fehler, das hält mich aber nicht davon ab, sie zu machen

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13.08.2017 17:00
#3
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Ich kann da leider nicht so mitreden. Ich hatte niemanden in der Verwandtschaft der da lebte. LG Barbara

Ja


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13.08.2017 21:20
avatar  Anneli
#4
An

Doch, ich habe daran gedacht, weil es auch ein Teil persönlicher Geschichte für mich ist. Meine Verwandten in der DDR konnte ich nie besuchen und nur ganz selten kam mal jemand zu uns (eigentlich nur zu Beerdigungen).

Als die Mauer dann das erste Mal geöffnet wurde und die Meldung im Radio kam, konnten wir es nicht glauben und sind hingefahren, um es mit eigenen Augen zu sehen. Der Trabbikorso war ewig lang, wildfremde Menschen haben sich begrüßt, als wären sie die liebsten Freunde. Auf beiden Seiten war ehrliche Freude über ein Ereignis, das man nie für möglich gehalten hätte. Noch heute, wenn ich an diesen Tag denke, bekomme ich Gänsehaut.

Was die Hilfe untereinander angeht, hätten wir Wessies locker von den Ossies lernen können und es auch tun sollen. Was die Bespitzelung angeht, haben die Familien es jetzt deutlich leichter. Ich mag mir nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, niemals seine Meinung sagen zu dürfen auch nicht zu Leuten, von denen man glaubt, sie zu kennen. Bei all dieser Angst vor wirklichen Repressalien, bewundere ich immer noch den Mut der Menschen zu den Montagsdemonstrationen. Niemand konnte im Vorfeld davon ausgehen, dass diese Demonstrationen klappen und nicht blutig niedergeschlagen werden. Hut ab, vor so viel Mut!

Danke fürs Erinnern, Wolfram!

GLG und uns allen einen wunderschönen Tag,
Anneli


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13.08.2017 22:20
avatar  Inci
#5
In

Hallo @Wolfram,

ja, das möchte ich auch sagen, Danke fürs Erinnern!!

Bekomme eine Gänsehaut beim Lesen.

Leider denke ich, dass sich in Deutschland wieder vieles dort hin bewegen wird, dass man seine Meinung nicht mehr frei äußern kann. Das Toleranzgesetz ist ja schon verabschiedet, ohne dass die meisten Leute es kennen......

Deborah


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