Wo sind die Genzen? Messie-Tochter ist ratlos

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29.12.2013 14:47
#1
ra

Hallo!
Ich bin 44 Jahr alt, meine Mutter ist nun 73, alleinstehende Lehrerin in
Pension, lebt in einer relativ grossen Stadtwohnung und vernachlässigt diese und sich selbst zunehmend immer mehr und mehr. Es wird nichts weggeworfen, der Mist in Säcken getrennt gesammelt und übereinander gestapelt, kein Tisch ist frei, alles angerammelt, mein ehemaliges Jugendzimmer hat sie als Schlafzimmer bezogen, wo sie tausende Wollen lagert, die inzwischen von Motten befallen sind, das Gewand auf Haufen aufgeschichtet, ebenfalls befallen. Sie hat zwei Katzen, die Katzenkistchen sind immer stinkend, lange nicht ausgeräumt, das Klo schmutzig, im Bad türmt sich die Wäsche, ungebügelte Wäsche türmt sich überall anders in der Wohnung, Lebensmittel kauft sie ohne Ende, der Kühlschrank ist zugestopft, alles längst abgelaufen, fault, am Balkon alles zugestellt mit Einkaufstüten voll mit Lebensmitteln,...Jedesmal, wenn ich anrücke, um die Wohnung vom Ärgsten zu befreien, wird es schlimmer, letztens war die Wohnung voller Schmeissfliegen, meine Mutter sagt, das seien die Oktoberfliegen, die vom Hof hereinkommen.... Generell ist für sie die Welt in Ordnung, sie wird zusehends aber immer unbeweglicher, ist nun mit Rollator unterwegs und pflegt sich zusehends weniger. Bis jetzt haben mein Mann und ich regelmäßig aufgeräumt, entmüllt, was sie als Übergriff empfunden hat. Vor einigen Jahren habe ich für sie die ganze Küche renoviert, tagelang stand ich auf der Leiter und schabte Nikotinschichten zentimeterweise von der Wand, und da wurde es mir auf einmal viel zu viel, ich hatte das Gefühl, all die vielen Jahre von aufgestautem Mist und Altlasten meiner Mum abrtagen zu müssen. Wie auch immer, kurz darauf hatte ich Gefühllosigkeiten auf einer Körperhälfte und bekam die Diagnose MS. Seither merke ich, dass ich sehr gut auf mich schauen muss, und auch meine eigenen Grenzen achten muss, damit mir nicht alles zu viel wird. Ich respektiere, dass meine Mutter so leben will und nichts dabei findet, allerdings ist bei mir da die Grenze, wo es gesundheitsschädlich wird und Schädlingsbefall auch das Wohnumfeld und damit die anderen Hauseigentümer betreffen könnten. Allerdings bin somit auch ich ständig betroffen, denn ich räume in reglmäßigen Abständen ihren Mist weg, um ihr Probleme mit dem Gesundheitsamt zu ersparen und habe dabei aber immer das Gefühl. dass ich für sie ihre Verantwortung nehmen muss. Letzes Jahr haben mein Mann und ich ihr das total desolate Bad renoviert und ausgemalt, mehr Licht in die Wohnung gebracht. Dabei haben wir sie so viel als möglich miteinbezogen, sie bei allem gefragt. Das war das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, sie sei froh über Hilfe. Allerdings hat das langfristig nicht am Zumüllen und der Vernachlässigung geändert.Zusehends wird es schwieriger mit ihr, sie beleidigt alle, mit denen sie es zu tun hat. Manchmal hat es den Anschein, als mache ihr das richtig Spaß! Einer der Höhepunkte im letzten Jahr war ihr Anruf, man habe ihr die Bankomatkarte gesperrt und sie stehe un ohne Gald da! Es stellte sich heraus, dass sie ihren Überzugsrahmen gesprengt hatte und dann versuchte sie, eine Lebensversicherung auf meine Tochter abzuschließen, um in ihrer Bank an Geld zu kommen. Natürlich ist alles aufgkommen und wir waren fassungslos! Wir haben ihr Geld zum Überbrücken geborgt, seither hat sie einen Online-banking-Zugang, umd ich kann ihr (mit ihrer Erlaubnis) immer sagen, wie hoch ihr Kontostand ist. Ändert aber nichts an ihren Kaufräuschen, die sie immer wieder hat! Zur Zeit bin ich etwas ratlos, ausgelaugt, überlege, mir Hilfe beim Putzen zu holen, vielleicht die Caritas... Und es gibt den großen Wunsch, mit all dem Müll nichts mehr zu tun haben zu wollen. Ich bin jetzt 44 und ich habe das Gefühl, meine Mutter hängt wie eine schwarze Wolke hinter mir. Was mich auch traurig stimmt, denn welche Tochter möchte nicht ihre Mutter ehren, achten und lieben? Momenatan fällt mir das so schwer! Was könnt ihr mir dazu raten?
Gruß, Rapunzel


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29.12.2013 19:34
avatar  bessie
#2
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Hallo Rapunzel,

willkommen hier im Forum. Ich bin 48, auch selber krank...mittlerweile berentet und meine Mutter ist auch über 70. Vieles was Du geschrieben hast, kann ich sehr gut nachvollziehen, besonders den Teil, den Du über die Küchenrenovierung und Deine Gefühle dabei geschrieben hast.

Versuche das Problem Deiner Mutter nicht "geheim" zu halten und lass Dir einen Gesprächstermin bei Ihrem Hausarzt geben, besprich dort dieses Problem und dann suche Dir weitere Hilfen, Caritas ist ein guter Gedanke.

Die Grenzen für Dich sind da wo Du sie setzt. Deine Mutter ist Messie mit Hang zur Verwahrlosung...nur mit gelegentlichem aufräumen und saubermachen wird das "Problem" nicht besser.

Alles Gute für Dich, Bessie

Das Leben muss vorwärts gelebt werden, kann aber nur im Rückblick verstanden werden.

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30.12.2013 14:19 (zuletzt bearbeitet: 30.12.2013 14:20)
avatar  Kayla
#3
Ka

Hallo Rapunzel!
Willkommen bei uns. Es ist wieder mal so typisch für uns "Harmoniechen"! Du sollst Deine Eltern lieben, achten und ehren. Die Bibel hat da aber was vergessen. Ich respektiere, achte und ehre auch meine Kinder und, verflixt noch mal, das ist auch Pflicht und Schuldigkeit der Eltern. Man kann doch nicht sein Leben lang Kinder dafür Dank abverlangen, dass man sie irgendwann mal zur Welt gebracht hat und dann (mal drastisch gesagt) großziehen musste, da sie nun mal da waren. Schlussendlich ist es dabei ja egal, ob man das gern und mit Begeisterung getan hat, wie ich, oder ob mans notgedrungen nach einem "Verkehrsunfall" gemacht hat.
Du bist nicht der Hüter Deiner Mutter und Du solltest Dich nicht zum Co- Messie machen lassen. Sie MUSS Probleme mit dem Gesundheitsamt bekommen, damit sie wach wird, das hast doch schon selbst gemerkt ;-). Zudem haben die Mitarbeiter dort wesentlich mehr Erfahrung und auch andere Möglichkeiten, da ein zu greifen als Du.
Manchmal bedeutet echte Hilfe auch einfach - weg zu sehen. Und das ist halt die Entscheidung, die uns Menschen, als soziale wWesen, viel, viel schwerer fällt.
Rapunzel, Du bist Lehrerin und, ich kann mich zwar irren, aber ich glaube, das, was ich eben geschrieben haben, weißt Du sehr genau selbst, schon deshalb, weil Du es einmal beim Studium gelernt hast und auch bei deinen Schülern gelegentlich anwenden musst.
Seltsam, dass solche Dinge, die im Lehrbuch völlig klar und logisch sind, uns im realen Leben so viel abverlangen, nicht wahr? Aber Du tust das absolut Richtige, wenn Du auf Dich und Deine Familie schaust. Wer hilft Deiner Mutter denn, wenn Du so ausgelaugt bist, dass Du keine Kraft mehr hast?

Alles Liebe und viel Kraft für Dich
Kay

Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos. (Arthur Schnitzler)


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30.12.2013 18:27
avatar  IBI
#4
IB
IBI

Liebe Rapunzel,

wo sind die Grenzen. Eine schwierige Frage.
Ich stimme Kay zu, dass wenn du die Gefährdung der Gesundheit deiner Mutter und sogar deren Nachbarn wahrnimmst, ist es Zeit das Gesundheitsamt einzuschalten. Deine Mutter hat die Wahrnehmung für diese Grenze verloren und wird sich jederzeit vehement wehren, denn sie wird es als übergriff in ihre Privatsphäre einordnen auch wenn die Nachbarn involviert sind. und es ist für sie langfristig nicht gut, weil ihre Gesundheit ebenfalls gefährdet ist.
es gibt Systeme mit betreutem wohnen oder das betreuer an die seite gestellt werden. wie genau man das in die wege leiten kann, entzieht sich meiner Kenntnis.

gleichzeitig geht es um deine mutter und du fühlst dich verbunden, verantwortlich und sorgst dich um sie. da kann ich dein Dilemma bezüglich der grenzen verstehen.
ich denke, wie meine vorschreiberinnen das bereits gemacht haben, du bist diejenige, die sie definiert, denn deine mutter hat die grenzen aus den augen verloren.
und wenn du aus sorge "unaufgefordert" bei deiner mutter aufräumaktionen zu ihrem schutz machst, dann ist es in gewisser weise ein übergriff, weil sie es von sich aus nicht zugelassen hat.
es ist schwierig zuzuschauen, wenn jemand keine hilfe will und sie nicht annehmen kann. mich macht es hilflos und machtlos, wenn ich einem menschen gegenüber stehe, der sich für sein verderben entscheidet, aus meiner sicht der Situation.
und so wie es aussieht ist eine zeit an der reihe, an der du dich um dich und deine Familie kümmern musst und deine mutter in gewisser weise "loslassen" könntest.

ich würde mich freuen, wenn du uns eine rückmeldung geben würdest, ob unsere hinweise an dich hilfreich sind und du etwas für dich mitnehmen kannst.
viele grüsse
sonja


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06.01.2014 20:01
#5
ra

Vielen Dank für die netten Antworten!
Ich habe mir nun vorgenommen, mir Hilfe zu holen. Es gibt bei der Caritas eine Stelle, die Angehörige berät in solchen Situationen, die werde ich nun mal kontaktieren. Es ist so schwer für mich, - einerseits übernimmt meine Mutter nicht Ihre Verantwortung, auf sich selbt und auf ihr Umfeld zu achten und ich merke, dass mir das Übernehmen dieser Verantwortung viel zu viel ist. Ich kann sie nicht durchs Leben tragen.
Irgendwie ist ihr alles egal, - ich merke, dass ich etwas unternehmen muss. Dazu muss ich aus der üblichen Tochter-Rolle aussteigen, denn nun muss ich klare Grenzen setzen, vielleicht auch Entscheidungen treffen, die meiner Mutter nicht ganz recht sind. Allerdings habe ich das Gefühl, dass sie selbst sehr gut weiß, dass es so nicht weitergehen kann.
Ich werde nun erst mal Hilfe suchen, dann werde ich weitersehen...
Werde mich wieder melden, wenn ich mehr weiß
Vielen Dank,
es tut gut, wenn man sich austauschen kann!
Rapunzel


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