Mein Freund ist ein Gesprächs-Messi

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20.03.2014 22:53
#1
so

Hallo,

ich bin neu hier und als erstes fällt mir ein dass ich nun schon vier Jahre mit einem Messie zusammenbin, aber noch nie vorher auf die Idee gekommen bin, mich mal über diese Problematik näher zu informieren...
mein Freund und ich wohnen in getrennten Wohnungen, von daher ist es für mich zwar schon irgendwie auch belastend, dass seine Wohnung aussieht wie ein Kriegsgebiet, aber ich sage mir dazu immer, egal, ich muss ja nicht da wohnen. Das war vor allem auch mein Gedanke als wir uns kennengelernt haben, mein Freund ist ein supernetter Mensch und ich dachte also, es ist ja nicht soo schlimm dass er ein Messie ist. Aber ich habe schnell festgestellt dass es sich nicht darauf beschränkt dass er mit seiner Bude nicht klarkommt, für mich viel schlimmer ist dass er auch sehr häufig ein gedankliches Chaos um sich verbreitet. Wenn er mich besucht und irgendwann geht er dann ja auch wieder weg, das dauert aber immer Ewigkeiten, weil er weiss dann nicht mehr wo ist seine Jacke, und während er die Jacke sucht verliert er seine Schuhe, und wenn er die hat, fängt er an in allen seinen Taschen zu kramen ob er auch seine Schlüssel hat... und das ganze kann er auch nicht still für sich abmachen, sondern führt dabei immer so eine Art Selbstgespräche, die aber gleichzeitig an mich gerichtet sind, und ich finde es unheimlich schwer, mich da nicht reinziehen zu lassen. Was ich auch sehr störend finde, ist dass er sich gedrängt fühlt, mir mehrmals am Tag Updates über irgendwelche ganz banalen Alltagsdinge gibt, die immer wiederkehren, z.b. wieviele Briefmarken er noch auf Vorrat hat und wann er wieder neue kaufen muss... Ich finde das unheimlich langweilig und auf die Dauer zermürbend und versuche schon seit einiger Zeit irgendeinen Modus zu finden, wie ich ihm zu verstehen geben kann, dass er nicht schon wieder damit anfangen soll. Ich sage dann z.b. "ich fänds echt gut wenn du das mit dir selbst abmachen würdest" oder neulich hab ich mal ausprobiert ihn freundlich anzulächeln und dabei zu sagen "hast du vielleicht noch irgendein anderes Thema über das du gerne sprechen würdest?" das klingt jetzt irgendwie merkwürdig wenn ich es aufschreibe... weil, ich weiss dass mein Freund mich nicht wirklich verstehen kann wenn ich so etwas sage, aber ich hab es ja vorher schon oft genug damit versucht dass ich ihm sozusagen allgemein gesagt habe, dass ich finde dass er zuviel über an sich völlig unwichtiges redet und dass mich das kirre macht. ich hab natürlich erst gedacht, wenn ich ihm das so sage, könnte er es verstehen und das irgendwie selbst regulieren. aber da das nicht funktioniert hat, dachte ich mir, dann muss ich wohl irgendwie konkreter werden und ihm einfach nur sagen, dass ich das in dem moment nicht möchte. bloss, ich komm mir dabei eigentlich selbst ziemlich gemein vor und mein freund ist dann auch irgendwie gekränkt. was auch eine ganz typische situation ist: ich bin kontaktlinsenträgerin, und muss daher morgens ein paar minuten im bad mich halbwegs konzentrieren um die ins auge zu kriegen. das dauert aber auch keine ewigkeit, vielleicht 3-5 minuten, und ich hab schon ganz oft zu meinem freund gesagt, er soll mich in der zeit bitte nicht stören weil ich sonst wieder von vorne anfangen muss, er kann es aber nicht lassen mich mittendrin zu rufen. mittlerweile versuche ich meistens, ihn dann einfach zu ignorieren. aber manchmal denke ich auch, ich hab ihm ja schon gesagt, dass es mir wichtig ist, meine ruhe bei diesem vorgang zu haben, wenn er jetzt wieder ruft, ist es DIESESMAL sicher was dringendes. dann geh ich doch wieder zu ihm und frage was ist, und er sagt "ich wollte einfach mal deinen namen sagen" :-D klingt auf den ersten blick ja auch romantisch aber ist halt auch saublödes timing. oder manchmal wenn ich ihn wirklich ignoriere, hab ich das gefühl dass er sozusagen eskaliert und mich nicht mehr selbst ruft sondern er schreit plötzlich ganz fürchterlich auf, so als ob das haus in flammen steht, dann geh ich und guck was los ist und er sagt "mir ist der salzstreuer umgefallen..." "UND?" frag ich dann und er sagt "ein paar krümel salz sind auf den tisch gefallen..." :-D wenn man es von aussen betrachtet also irgendwie auch lustig aber für mich ist es doch auf die dauer sehr stressig. mit seinem zeitmanagement hat er auch grosse probleme, er ruft mich regelmässig an und fragt ob er gleich vorbeikommen könnte, ich frag schon extra nach, was heisst genau "gleich" und er sagt, er würde sofort aus dem haus gehen, dann wäre er in ca. 10 minuten da, dann braucht er aber manchmal in wahrheit drei stunden... das scheint es ja öfters zu geben aber zu dem ersten was ich geschrieben habe dass mein freund so oft über überflüssiges reden will, habe ich nichts gefunden. ich wäre sehr froh, wenn jemand vielleicht ein paar erfahrungen damit hat und mir etwas erzählen mag. mir geht es auch sehr stark um die frage, kann ich irgendwie einen weg finden, ihn zu stoppen ohne mich aufregen zu müssen. ich finde es halt wie gesagt schwer ihm zu sagen, dass ich das was er sagt nicht hören möchte. und ich schaffe es definitiv nicht, zwanzigmal hintereinander zu sagen, "das thema möchte ich dass du es mit dir allein abmachst" mein Freund ist an sich wie gesagt ein ganz knuffiger netter mensch und kann auch sehr interessante dinge erzählen, er ist charmant und gutaussehend, ich hab auch schon mal überlegt ob ich ihm vielleicht mal sage, dass er für mich an sich ein sehr anziehender mann ist aber dass sein geplapper und das rumrennen-wie-ein-aufgescheuchtes-huhn wenn er wieder alles schön der reihe nach verliert, leider genau das gegenteil bewirken nämlich dass er mir absolut unmännlich vorkommt und ich in solchen momenten es echt schwer habe in ihm einen attraktiven mann zu sehen und nicht eine witzfigur. aber das schien mir dann doch keine so gute idee...


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20.03.2014 23:32
avatar  IBI
#2
IB
IBI

hey sofabiba,

wo hast du den Terminus gesprächs-messie gefunden?

wieder was gelernt, mir ist der Terminus neu.

wenn ich deine lange Ausführung so lese, kommt mir sehr ein intensives MACHICHNICHT Muster in den sinn (wenn du ihn bittest dich morgens 5 Minuten in ruhe zu lassen, dann stört er dich ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt). oftmals ist da ein gefühlter zwang dahinter, heisst, wenn er dir mitteilt, dass er in 10 Minuten da sein kann, dann fühlt er sich bereits gezwungen, weil er die aussage gemacht hat. und durch sein anhaltendes MACHICHNICHT weicht er den innerlichen zwangsgefühlen aus. und möglicherweise ist das bei ihm derartig ausgeprägt, dass er nicht mal beim anziehen seine dinge koordinieren kann.

da er seine innere gefühlswelt auf dieser ebene nicht bewusst hat, sieht es halt aus wie megachaos und du bist mitten drin.

und was seine Wiederholungen bezüglich Briefmarken angeht. da vermute ich eine angst, dass er das möglicherweise vergisst, wenn der Zeitpunkt da ist. dieses sich merken MÜSSEN wirkt ebenfalls wie ein zwang in seiner gefühlswelt und er vergisst es dann.

dein Beispiel mit dem Salzstreuer gibt mir ebenfalls zu denken, vielleicht ist das die "nummer", dass jeder fehler unverzeihlich und inakzeptabel ist und eine mittlere oder grosse Katastrophe. er sozusagen bereits beim Salzstreuer heftige versagensgefühle erlebt.

zum einen möchte ich dir den tipp geben, mal zu beobachten, ob an meinen hinweisen, was dran sein könnte.
zum anderen, was eine grosse Herausforderung ist, ihn vorsichtig fragen, ob er sich gezwungen fühlt etwas zu machen (auch wenn du ihn bittest und er nein sagen könnte) oder eben ob er sich wie ein versager fühlt. doch das erst, wenn du punkt eins aus deiner perspektive bestätigt findest.

es ist schon krass, doch ich bin vielen menschen soooo skeptisch gegenüber gestanden, dass ich bereits ein freundliches GUTEN MORGEN als Vorwurf gehört habe.
und etwa in dieser übertriebenen reaktionsform, erlebe ich deine Schilderungen über ihn.
also ja, auch wenn du wirklich nichts verwerfliches mitteilst, er übersetzt die meisten deiner worte als schlimmer als sie wirklich sind.

übrigens sage ich am morgen nicht gern "guten morgen", weil das eine Floskel ist die zu dieser Tageszeit ein MUSS ist. für viele andere ist das normal, dass man am morgen sich so begrüsst, und andere haben eine gut trainiertes MACHICHNICHT Muster .....

dass das für dich ein grosser stress ist, kann ich verstehen. nur leider kenne ich nicht das Patentrezept wie du dich verhalten kannst, damit es dir damit besser geht. das bedaure ich sehr.

viele grüsse
sonja


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21.03.2014 09:05
#3
so

Hallo Sonja,

vielen Dank erstmal :-)
ich glaube du triffst da mit vielen Dingen die du vermutest den Nagel auf den Kopf, und ich bin froh dass ich mal gefragt habe...
ich schätze mich selbst eigentlich nicht so ein dass ich zwanghaft auf Ordnung und Pünktlichkeit bedacht bin, z.b. wenn jemand zu mir sagt, ich komm dich um vier uhr besuchen, und es wird dann halb fünf, da denk ich mir gar nichts dabei. aber wenn es statt vier uhr zehne wird... sowas hab ich halt am anfang öfters erlebt und erst dadurch hab ich dann angefangen nachzufragen, "was genau meinst du denn mit gleich" weil mir so lange wartezeiten eben zu krass sind. ich hab auch einen hund, manchmal sagt mein freund, ich würd jetzt gerne gleich vorbeikommen, und wenn dann aus zehn minuten zwei stunden werden, ist es u.a. auch ärgerlich weil ich in der zeit sonst gerne auch nochmal mit dem hund gassi gegangen wäre, oder einkaufen, oder irgendwas, aber ich denke ja, ich bekomme gleich besuch, da wäre es ja ruppig von mir wenn ich dann nicht dabin ;-) ich sag dann auch schon öfters, also ich möchte gerne eine halbwegs überschaubare zeitansage, weil, wenn es länger dauert, ist es ja auch kein problem, aber dann ist es eben gut wenn ich es weiss, dann kann ich mit der zeit auch noch was anfangen, z.b. mit dem hund rausgehen. das funktioniert dann soweit auch "ok", indem er dann antwortet, ach ja geh doch erstmal gassi und ich komm dann später. ich finde es nur allerdings auch sehr schwer dass ich das immer wieder haargenau nachfragen muss, ich komm mir da auch blöde bei vor, ich bin wirklich kein stasi typ ;-) oder neulich, mein freund arbeitet in einem kino und das ist natürlich abends, manchmal geht es sehr lang, und er fragt dann, ob er nach der arbeit noch vorbeikommen kann, z.b. um zwei uhr morgens, dann sage ich wenn wir nachmittags darüber sprechen "na ja das kann ich jetzt noch nicht absehen ob ich dann noch fit bin, kann ich dich später noch mal anrufen und wir gucken dann", dann um sieben uhr war ich auf einmal total müde und dachte, ich schlaf mal ne stunde und danach bin ich ja vielleicht dann auch eh abends länger wach, und wollte dann nicht nochmal anrufen weil er mich eh gefühlt fünf mal am tag anruft, und hab ihm ne sms geschickt, dass ich jetzt mich erstmal ein bisschen hinlege und ihn dann anrufe wenn ich wieder wach bin. und ich hab natürlich AUCH gemeint dass er doch bitte dementsprechend nicht vorher selbst nochmal anrufen soll sondern abwarten bis ich mich melde. ich dachte das ergibt sich aus dem was ich geschrieben habe von selbst... und was passiert, prompt ruft er an während ich am ratzen bin. ich hab dann als erstes gefragt ob er meine nachricht denn nicht erhalten hat, denn sowas kann ja passieren, aber er meinte, doch, aber er hätte gedacht es wäre ja jetzt schon so spät und ich hätte es wohl vergessen. da war es aber erst neun und er hatte ja eh erst um zwei uhr feierabend. also glücklicherweise war ich schon gerade wieder aufgewacht und wollte mich eh in der nächsten minute aufrappeln und hätte dann so ca. viertel nach neun bei ihm angerufen, das hätte doch locker gereicht, aber er konnte wohl nicht so lange warten.
ich denke, dein vorschlag ist sehr gut, ihn darauf anzusprechen ob er sich zu dingen gezwungen fühlt und dann eben deshalb extra keinen bock dazu hat. ich kenne das selbst auch von mi dass ich wie du schreibst mich unwillig fühle erwartungen zu entsprechen, wie das "guten morgen" wenn es so vom anderen erwartet wird. ich muss auch sagen dass ich meinem freund in einem punkt sogar dankbar sein kann dass er so ist weil ich vor zwei jahren, nachdem wir ca. zwei jahre zusammen waren, eine psychosomatische störung entwickelt habe, ich hab schlecht luft bekommen und dachte erst ich hätte asthma. das ist natürlich nicht so toll gewesen aber gut war dass die ärzte die ich aufgesucht habe, alle klipp und klar gesagt haben, "Sie sind organisch gesund, gehen Sie mal lieber zu nem Seelenklemper" :-D und das hab ich dann auch gemacht, was mir sehr gut tut, ich würde auch nicht sagen dass die geschichten mit meinem freund wirklich der tieferliegende grund für mein symptom waren, eher der auslöser aber in meiner geschichte gibt es eben auch diese problematik dass ich mich schlecht abgrenzen kann und dadurch andere menschen immer irgendwie auch stress für mich bedeuten.
ich kenne auch die eltern von meinem freund und ich vermute sehr stark, dass wenn es zutrifft dass er diese "MACHICHNICHT" problematik hat, er sie sicher hauptsächlich durch diese pappenheimer entwickelt hat, sie sind noch tausend mal schlimmer als mein freund und mir ist immer ganz schlecht wenn ich sie getroffen habe weil ich innerlich so aufgewühlt bin, weil sie mich mit ihrer nervensägerischen art einfach nur wütend machen und ich mich aber versuche zu beherrschen. ich bin auch nicht ganz blöd und gehe ihnen jetzt lieber aus dem weg, aber es ist andererseits natürlich auch gut dass ich sie mal kennengelernt habe weil ich mir so natürlich einiges besser erklären kann. aber was du geschrieben hast ist echt ein sehr nützliches teil zu dem puzzle, denn während es zwar offensichtlich ist, dass mein freund seinen eltern in vielerlei hinsicht ähnelt, hat es mich immer verwirrt, dass er selbst ohne weiteres zugibt, dass seine eltern fürchterliche nervensägen sind, aber trotzdem überhaupt nicht sieht, dass er eben oft so ähnlich ist. neulich habe ich meiner therapeutin von ihm erzählt und sie meinte dann auch, "kein wunder bei dem was sie über seine eltern schildern, da hat man ja nur zwei möglichkeiten, entweder man bringt sie irgendwann um oder man muss sich mit den mitteln wehren, die man halt von ihnen gelernt hat" aber das hab ich erst jetzt durch dich richtig verstanden. meine therapeutin hat auch gemeint, das mit dem stören während ich meine kontaktlinsen einsetzen will, "weil er gerne meinen namen sagen wollte" das würde ihr bei einem paar, das schon länger als ein paar wochen zusammen ist, auch nicht "wirklich" romantisch vorkommen sondern sie würde eher vermuten, dass er tatsächlich den (unbewussten) wunsch hat mich zu ärgern. ich schätze aber meinen freund auch keineswegs so ein dass er es mir übel nimmt dass ich sehbehindert bin, und ich frage mich also, was sind das denn genau für aggressionen, die er in dem moment zum ausdruck bringt. ich muss dazu sagen, dass er von anfang an solche sachen gemacht hat und wir waren am anfang wirklich sehr verliebt und ich bin bestimmt nicht in der zeit gott weiss wie streng mit ihm gewesen, heute ist es schon eher so dass ich mich oft selbst doof finde wenn ich wieder zu ihm sagen muss dass mich irgendwas stört, aber jedenfalls vermute ich, dass viel von seiner "MACHICHNICHT" haltung eben nicht (nur) durch unser miteinander hervorgerufen wird sondern sozusagen schon vorher da war. neulich hab ich ihn übrigens nochmal auf diese kontaktlinsenproblematik angesprochen und diesesmal nicht am einzelfall, sondern allgemein gesagt, "ich bin ganz ratlos weil ich DENKE immer, ich hab dir doch schon erklärt dass es blöd für mich ist wenn du mich dabei störst aber du machst es trotzdem immer wieder und nun weiss ich gar nicht was ich machen soll" und darauf hat er dann gesagt "wieso, das hab ich doch noch nie gemacht", das hat mich wirklich sehr erschreckt, weil, es bedeutet ja wohl, dass er selber nicht nur nicht merkt was er macht sondern es so sehr nicht merken WILL dass er es sofort radikal wieder "vergisst" dass ich mich darüber beschwert habe :-(
und mir ist nochwas eingefallen durch deine antwort, du hast ja auch geschrieben, das mit dem salzstreuer, dass es hier vielleicht darum geht, dass er sich nur allzu leicht als versager fühlt, und ich hab hier im forum auch den einen oder anderen beitrag gelesen wo ich entnehme dass das ein grosses thema ist für die mitglieder dieses forums, also z.b. mein freund ist kameramann, und ich finde er ist sehr gut in dem metier. wir drehen auch manchmal aus spass kurzfilme zusammen, und ich bin immer begeistert von seiner kameraarbeit und seinem allgemeinen wissen über film. aber es passiert auch regelmässig, dass er zum dreh kommt mit einer kamera die nur noch wenige minuten reststrom hat und natürlich hat er kein ladegerät dabei... sowas ist natürlich furchtbar ärgerlich und umso mehr wenn noch andere leute bei dem dreh mitmachen und die dann alle wie die begossenen pudel wieder abziehen müssen. deshalb habe ich mir angewöhnt meinen freund immer vorher daran zu erinnern, ob er auch die kamera geladen hat und andere details vorbereitet was man halt so braucht. ich mache das wahnsinnig ungern weil ich instinktiv das gefühl habe, dass ich ihm damit zu nahe trete weil ich ich quasi sage "man kann sich nicht darauf verlassen dass du das im griff hast" und das finde ich doof, nur, es ist ja gleichzeitig auch leider die wahrheit. aus dem selben instinkt heraus versuche ich auch sonst, wenn er in dingen, wo der schaden nicht so gross wäre, chaos macht, mich rauszuhalten, z.b. wenn er meine wohnung verlassen will und dabei so ins schleudern kommt, versuche ich immer, in der zeit irgendwas anderes zu machen, teils, um meine eigenen nerven zu schonen und teils in der hoffnung, dass ich zumindest die situation für ihn nicht noch schlimmer mache indem ich mich einmische und ihm dabei vielleicht auch erst recht wieder das gefühl gebe, inkompetent zu sein. aber es ist gleichzeitig so, dass mein freund mich im grunde dazu AUFFORDERT mich einzumischen indem er immer laut vor sich hindenkt und wenn ich darauf nicht einsteige kommt er zu mir und fragt "hast du dies gesehen, hast du das gesehen." ich finde das ein bisschen verwirrend weil ich DENKE dass er ja an sich gerade nicht will, dass man ihn behandelt wie ein kleines kind aber gleichzeitg scheint er genau danach zu verlangen. das ist auch im grunde das was ich am schlechtesten aushalten kann, weil er es mir so schwer macht, mich wenigstens rauszuhalten. und deshalb auch meine frage, was kann ich tun, um ihm auf freundliche, aber bestimmte art zu sagen, dass er bestimmte dinge bitte nicht immer vor mir ausbreiten soll. weil, ich glaube, dass er vergesslich und unpraktisch ist, das kann ich als PRAKTISCHEN tatbestand insofern es mich betrifft, noch einigermassen mit humor nehmen. aber ich hab halt das gefühl, dass er mich immer irgendwie mit reinziehen will in diesen inneren konflikt wo er anscheinend einerseits möchte, dass ich die dinge für ihn in die hand nehme, und mir dann andererseits übelnimmt, wenn ich für irgendeins seiner probleme tatsächlich eine einfache und praktische lösung vorschlagen könnte.

übrigens, das wort Gesprächs-Messie hab ich mir gestern ausgedacht weil ich hab geguckt was gibt es hier sonst für Themen, und obwohl mein Freund zwar durchaus auch ein "ganz normaler" Messie ist (in seiner Wohnung kann man echt nur auf einem bein stehen), aber das grösste problem für mich ist halt, dass er immer wieder mich dazu nötigen will, mich in seinen inneren monolog reinzuziehen. ich wollte erst schreiben, "in seinen gruseligen inneren monolog" und ich denke jetzt gerade es muss echt belastend sein, aus diesen gedanken nicht rauszukommen, aber abgesehen davon, dass ich mir selber das nicht antun will, glaub ich ja auch nicht, dass es für ihn besser wird, wenn ich mich auch auf diese gedankenmühle begebe


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21.03.2014 11:19 (zuletzt bearbeitet: 21.03.2014 11:22)
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#4
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Hallo sofabiba,

zunächst einmal herzlich Willkommen hier im Forum ;)

Während des ersten Abschnitts deines zweiten Beitrags schoss mir wiederholt durch den Kopf: Sie hat ein Problem sich abzugrenzen. Und dann hast du das am Ende dieses Abschnitts selbst formuliert. Du bist dir also dessen bewusst - und musst nun (weiter) daran arbeiten.

Da dir das bereits klar ist, erzähle ich dir vielleicht einfach mal eine Anekdote über meinen Mann und mich. Ich versuche, nicht zu weit auszuholen.

Als ich meinen Mann kennenlernte, wirkte er in vielerlei Hinsicht sehr kompetent und selbständig, doch recht bald merkte ich, dass er nur innerhalb der Bereiche souverän war, die seine Mutter ihm überlassen/anvertraut hatte. Von "vollständiger Allein-Lebensfähigkeit" konnte keine Rede sein. Sie betonte zwar sehr oft, dass sie darauf großen Wert gelegt hätte, ihre Söhne dazu zu erziehen, dass sie unabhängig leben können, aber die Realität sah anders aus. In der Theorie hatte mein Mann mal gelernt, wie man die Waschmaschine bedient, oder sich etwas zu essen kocht, aber in der Praxis musste er das nie anwenden, weil sie es immer tat. Und nicht nur das. Sie war lebender Terminkalender, Privatsekretärin, Finanzmanagerin in Personalunion, plante und erledigte die Einkäufe, putzte, wusch die Wäsche, goss die Blumen, begleitete ihn zu Arztbesuchen (auch mit ins Sprechzimmer), übernahm bei allen offiziellen Kontakten, die sie seine Anwesenheit erforderten, die Gesprächsführung, während er nur da saß. Sie nannte das "ihm den Rücken freihalten", ich empfand es bald als starke Bevormundung. Da sie das auch bei mir versuchte (ich aber vorher schon lange selbständig gewesen bin, und mir das nicht wegnehmen lassen wollte), gerieten wir bald aneinander.
Nach längerem Hin und Her schlossen wir eine Art Waffenstillstand, der darin mündete, dass sie mir "die Verantwortung" schrittweise übertrug. So gab sie mir beispielsweise die Finanzunterlagen, und "arbeitete mich ein", und nachdem ich dann die Finanzverwaltung innehatte, kümmerte ich mich eben um Einkaufen und Kochen etc. Doch auf Dauer war das auch nichts für mich. Ich will einen gleichberechtigten Partner, kein dressiertes Schoßtier, das ohne mich aufgeschmissen ist. Statt ihren "Erziehungs- und Handhabungstipps" zu folgen, bemühte ich mich, ihn immer mehr in diese Routinen mit einzubinden, und ich ließ ihn auflaufen, wenn er es nicht tat. Ein Schlüsselerlebnis war die große Rechnung für eine Autoreparatur. Wir konnten sie nicht bezahlen, und ich sagte ihm mehrmals, dass er mit der Werkstatt Kontakt aufnehmen müsse, um eine Lösung zu finden, z.B. eine Ratenzahlung. Er fühlte sich dem nicht gewachsen, und hoffte vermutlich, dass ich das in die Hand nähme, so wie es eben früher immer seine Mutter für ihn geregelt hat. Stattdessen kamen dann Mahnungen, es wurde teuer, schließlich drohte der Werkstattbetreiber mit Pfändung. Endlich überwand er sich, telefonierte mit dem Mann, und sie einigten sich vernünftig. Dieses Erlebnis hat meinem Mann die wichtige Erkenntnis gebracht, dass es nur schadet, sich vor seiner Verantwortung zu drücken, und dass einem keiner den Kopf abreißt, wenn man hingeht, und zugibt, dass man einen Fehler gemacht hat bzw dass man eine Rechnung gerade nicht bezahlen kann. Ich wusste das schon, aus eigener (ähnlich bitterer) Erfahrung, aber er musste diese Erfahrung einfach mal selbst machen. Ich überließ ihm gezielt die Gesprächsführung beim Kontakt mit der Bank, mit der Telekom oder dem Stromversorger, damit er lernt, diese Dinge selbständig zu klären. Ich fragte ihn nach seinen Essenswünschen, ging mit ihm einkaufen, und ließ ihn entscheiden, was gekauft wird, und ich ließ ihn auch immer bezahlen, weil er Schwierigkeiten damit hatte, zu akzeptieren, dass es SEIN Geld ist, das gerade ausgegeben wird (bei unserem ersten Einkauf fragte er mich ernsthaft, ob er sich eine bestimmte Sorte Süßigkeiten kaufen dürfe...)
Heute sind wir ein Team, jeder hat seine Aufgaben, man kann den anderen auch mal an etwas erinnern, aber allgemein weiß jeder, was er zu tun hat, und kümmert sich aus eigenem Antrieb darum, also so, wie es sein soll.

Nach dieser Anekdote kann ich dir also raten:
Dein Bauchgefühl trügt dich nicht: Es nutzt nichts, wenn du ihn "bemutterst", ihm ständig mahnend und darauf bedacht, dass er jeden Fehler vermeidet, hinterher läufst. Dadurch lernt er es nicht, sondern er wälzt es auf dich ab. Das mag für ihn auf den ersten Blick bequem sein, aber es macht ihn abhängig von dir (oder einer anderen Person, die ihm das Leben abnimmt, aber es vielleicht nicht so gut mit ihm meint wie du), und es zwingt dir auch auf, "doppelt zu leben". Du musst für dich selbst sorgen und dich um deinen Kram kümmern, und dies dann auch noch für einen zweiten Menschen übernehmen. Bei Kindern ist das normal und selbstverständlich, aber in einer gesunden Eltern-Kind-Beziehung immer mit dem Auftrag verbunden, die Kinder immer selbständiger werden zu lassen, ihnen immer mehr Aspekte ihres eigenen Lebens anzuvertrauen, bis sie es eines Tages allein können. Du nimmst bereits an dir selbst wahr, dass er zunehmend deine Achtung verliert, und das wird mit jeder Entselbständigung, die ihr beide zulasst, schlimmer werden. Im Horrorfall spielst du irgendwann für ihn komplett die Mami, verachtest ihn, gibst ihm einen Tritt, weil du es nicht mehr aushältst, und er steht dumm da und weiß allein kaum, wie man gleichzeitig läuft und atmet, ohne einfach umzufallen.

Also konkret lautet mein Rat an dich: Lebe dein Leben, kümmere dich um deine Dinge, und versuche nicht, ihn vor den Konsequenzen seiner Handlungen zu verschonen. Wie bei Kindern gilt: Sie müssen umfallen dürfen, damit sie lernen können, wieder aufzustehen. Dass dies ein klares Versäumnis oder Fehlverhalten seiner Eltern ist, liegt auf der Hand. Aber insbesondere, wenn dein Freund in anderer Hinsicht ein toller Kerl ist, der tolle Dinge kann, dann besteht viel Hoffnung, dass er sich auch in anderen Lebensbereichen zum Positiven entwickeln kann, wenn man ihm die Chance dazu gibt. Nebenbei bemerkt: Seine Eltern mögen viel an ihm verbockt haben, aber sie haben sicher auch einiges richtig gemacht, denn auch seine positiven, liebenswerten Eigenschaften, die du so sehr an ihm schätzt, dass du ihn trotz aller Schwächen nicht aufgeben willst, entspringen auch ihren Genen und ihrer Erziehung. Versuche wenigstens, das zu würdigen, denn es hilft ungemein dabei, sich mit ihnen abzufinden. Und das muss man nunmal, solange er nicht selbst mit seinen Eltern brechen will.

Am Schluss möchte ich noch einmal die fehlende Abgrenzung aufgreifen. Aus deinen Worten lese ich heraus, dass in erster Linie du diejenige bist, die sich an der Situation stört. Ich nehme deine Worte so wahr, dass du findest, dass du (im weitesten Sinne) im Recht bist, und er derjenige ist, der etwas falsch macht. Folgerichtig nimmst du an, dass er dann auch derjenige sein sollte, der an seinem Verhalten etwas ändert. Das mag in der Juristik so sein, aber in zwischenmenschlichen Beziehungen funktioniert es nicht. Du kannst das Risiko eingehen, darauf zu warten, dass er sich eines Tages ändert. Kannst jeden Tag mahnen und bitten, diskutieren, erinnern, drohen, schimpfen, schmeicheln und wie viele Taktiken es da noch gibt (und die natürlich auch in einer Endlosschleife wiederholen), und hoffen, dass das tausendreiundvierzigste Gespräch den erhofften Effekt bringt, der tausenszweiundvierzig Gespräche lang nicht eingetreten ist. Das ist wahnsinnig kräftezehrend, belastet eure Beziehung, belastet ihn, und hat nur geringe Aussicht auf Erfolg. Versuche lieber einmal zu visualisieren, dass ihr durch eure Beziehung ein unsichtbares Gummiband zwischen euch hängen habt. Du kannst straff anziehen, und versuchen, ihn zu zwingen. Du kannst passiv neben ihm stehen bleiben, und auf das reagieren, was er tut. Wenn er nichts tut, tust du halt auch nichts, und das wäre Stagnation. Du kannst ihm folgen, während er seinen Weg geht, und du kannst deinen Weg gehen, und hoffen, dass er mitkommt.
Wie auch immer du dich verhältst, wird das Band zwischen euch beeinflussen. Änderst du dich, so änderst du ihn "automatisch" mit. Will er die Änderung mitmachen, dann wird er dir auf deinem Weg freiwillig folgen. Will er den Weg nicht mit dir gehen, so wird das Band zerreißen - aber du wirst dann auch wissen, dass es zwischen euch nie auf Dauer gutgegangen wäre. Der klare Vorteil dabei, sich selbst zu verändern, ist, dass man sofort damit anfangen kann, gleich jetzt in der nächsten Minute, und dass man bei wesentlich geringerem Kraftaufwand eine erheblich größere Chance auf den Erfolg hat, dass das Leben (gemeinsam oder allein) - so läuft, wie man es sich wünscht.



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21.03.2014 11:34
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#5
IB
IBI

hallo sofabiba,

danke für deine lange antwort. ganz schön anstrengend, die zeilen so fast ohne Absatz auseinander zu halten.
und ich finde es super, dass du dich in dieses Thema mit einbeziehst und deine Anteile versuchst zu sehen. das machen nicht viele angehörige. und an dieser stelle nehme ich deine Ausführungen als Bereicherung fürs Forum wahr und würde mich freuen, wenn du uns eine weile erhalten bleiben wolltest....

also zu deinen "Wartezeiten" fällt mir folgende Strategie ein: du fragst nach seiner zeit (Beispiel 10 Minuten), wenn er dann nicht da ist, klebst du einen zettel an die türe: ich habe die angekündigten 10 Minuten gewartet, jetzt gehe ich mit dem Hund raus und bin um....zurück. bitte warte jetzt du auf mich.....
auch wenn er vermutlich sauer wird, weil er seinen fehler wahrnimmt, möglicherweise könnte die Strategie zu einen angemessenen Zeitgefühl beitragen....

ja, wir sind sehr komplex mit unseren Themenbereichen und wenn man in einem punkt versucht, was zu drehen, ist der andere punkt da, der einen daran hindert, das zu drehen...oftmals sehr paradoxe Handlungsweisen.
was ich aus deinen worten noch lese, ist das er versucht, dir seine Verantwortung zu übertragen.
möglicherweise kannst du probieren, ihm mitzuteilen, wenn er dich in seine "Selbstgespräche" mit einbezieht, dass es seine Entscheidung und seine Verantwortung ist und du sie nicht für ihn übernehmen willst. vielleicht lernt er, dich konkret um deine Meinung zu bitten. ich vermute, dass du ihm allerdings immer wieder sagen "musst", dass es seine Entscheidung ist, deine Meinung anzunehmen oder abzulehen (und mit NICHTMACHEN zu reagieren).

ich finde es übrigens sehr bereichernd, welche Gedanken du dir darüber machst, wie deine Reaktionen auf ihn wirken könnten. und du hast die mögliche "Zwickmühle" darin erkannt. und das erlebe ich als sehr mitfühlend bei dir, davon kannst du mir ein paar scheiben anbieten....
dass du in dieser "Zwickmühle" nicht immer weisst, welches die für deinen freund hilfreiche Handlung ist, kann ich gut verstehen. das ginge mir ähnlich.
auch wenn es häufig schmerzlich ist, mir hat langfristig geholfen, wenn mitfühlende menschen (also sicher nicht meine Eltern oder sehr nahe verwandte, die mich kennen, wie sie mich kennen), mir meine möglichen Gefühle mitgeteilt haben und sie angesprochen haben.
und noch langfristiger ist es dann hilfreich, wenn jemand in der lage ist, zu sagen, wenn du dich über dich ärgerst, dann machst du dich kleiner und schlechter als du bist und kommst in die "versager-gefühls-spirale". versuche das zu stoppen und den fehler nur anzunehmen....

ja, ich kann mich numis langem text anschliessen in punkto verantwortung, der hinzu gekommen ist, als ich hier fleissig geschrieben habe.
vor allem bewundere ich "ihr" aushalten und alle Konsequenzen wirklich soooo lange eskalieren zu lassen, bis die überwindungsgrenze ihres mannes erreicht war. wow, numi, wie machst du das "zusehen" aushalten?
ich stimme dir voll zu und gleichzeitig würde ich kirre werden, wenn meine finanzielle Sicherheit derartig bedroht würde, weil ich in diesem punkt eine "niedrige" schwelle habe....

hmm, numi, ich erlebe bei sofabiba nicht, dass sie darauf wartet, dass er sich ändert. sondern ich erlebe, dass sie nach lösungen sucht, wie sie sich anders verhalten könnte, die sie derzeitig nicht erkennt und gleichzeitig will sie versuchen, ihre mitfühlende art zu erhalten.
nun ja, sofabiba, du wirst uns hoffentlich wissen lassen, was du aus unseren hinweisen mitnehmen kannst.

viele grüsse
sonja


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