Mein Mann !

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22.02.2013 22:32
#16
So

Hallo Wühlmaus,
ich bin neu hier, habe seit ein paar Wochen schon mitgelesen. Dein Beitrag hat mich berührt. Mir fehlen noch die Worte. Mein Mann ist ein Messie - besonderer Art - natürlich. Ich habe es nur erst jetzt begriffen, nach 10 Jahren. Ich kann so nicht mehr weiter. So weit bin ich erstmal. Ich will mir selbst jetzt helfen. Ihm zu helfen, diese Illusion habe ich nicht mehr. Es geht mir um mich selbst. Die Liebe ist mittlerweile verschüttet. im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist sein Haus. Ich bin 53 Jahre alt. Mein Mann ist auch, emotional, unter seinem ganzen Gewusel verschüttet. Ihn stört es nicht. Ich glaube, er kennt es nicht wirklich anders. Das scheint seit Generationen schon so zu gehen hier. Alle Tische sind vollgestellt (wenn ich ihn lasse), auch die Stühle. Nur meine Bereiche sind frei, wenn er sie nicht belegt (er wird sehr wütend, wenn ich meinen Platz behaupte). Ich bin sehr vereinsamt hier. Das ist mein kleiner Anfang, es geht noch nicht mehr zu schreiben. Mein Mann weiss, dass ich unter diesem Zustand leide, ich habe es ihm gesagt, dass das mein tiefster Kummer im Zusammenleben mit ihm ist. Es ist, als ob ihn meine Worte nicht erreichen. Freue mich über eine Antwort.


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23.02.2013 00:13 (zuletzt bearbeitet: 23.02.2013 00:19)
avatar  Grosi
#17
Gr

Liebe Sopranistin,

ich finde es wichtig und richtig, dass Du Dir selbst helfen willst.
Und dass Du erkannt hast, dass Du deinem Mann nicht helfen kannst.

Dein Mann kann Dir übrigens auch nicht helfen.

Nicht ohne Grund gibt es Selbsthilfegruppen für Freunde und Angehörige von psychisch auffälligen Menschen, die durch ihr So-Sein ihre Umgebung dauerhaft und immer tiefer in Mitleidenschaft ziehen. In solchen Selbsthilfegruppen lernen die Freunde/Angehörigen u.a., dass sie nur für sich selbst verantwortlich sind. Dass sie nichts an dem Anderen verändern können, dass sie nur sich selbst verändern können. Das liest sich jetzt vielleicht wie eine Binsenweisheit - eigentlich weiß das ja jeder. Aber die eigene Veränderung ist harte Arbeit an sich selbst. Es macht nicht immer Spaß, sich tatsächlich im Spiegel zu sehen.

Ich würde als Angehörige auch grundsätzlich eine Psychotherapie FÜR MICH SELBST in Betracht ziehen.

Mir fällt in diesem Zusammenhang der Begriff der Co-Abhängigkeit ein: Co-abhängig bin ich, wenn ich es zulasse, dass meine Gefühle durch die Gefühle eines anderen Menschen bestimmt werden. Geht es ihm gut, geht es auch mir gut. Leidet er, leide auch ich. Und deshalb versuche ich alles, um ihm sein Leben möglichst gut zu machen, ihm möglichst alle Steine aus dem Weg zu räumen. Nochmal: Das mache ich alles, damit es auch mir gut gehen kann! Aber das alles bringt am Ende schlichtweg nichts.

(Co-Abhängigkeit hat übrigens nicht mit stofflicher Abhängigkeit (z.B. Alkohol) zu tun, sondern gemeint ist eine emotionale Abhängigkeit wie oben beschrieben.)

Das Problem ist, dass ich als engagierter Co-Abhängiger mit der Zeit zwangsläufig kraft- und mutlos werde. Ich erlebe immer deutlicher, dass ich gegen Windmühlen anlaufe und vor der Krankheit des Anderen immer wieder kapitulieren muss. Irgendwann bin ich dann so weit, dass ich unendlich traurig und hoffnungslos bin. Zwischendurch werde ich auch wütend - hauptsächlich auf den Anderen, selten auf mich selbst. Es kann auch so weit kommen, dass ich ihn verachte. Und dass ich alle Schuld für das Versagen der Beziehung auf ihn schiebe. Von Partnerschaft auf Augenhöhe ist da nichts mehr übrig.

Bei aller Mühe, die ich mir mache, damit der Andere endlich "normal" wird, damit wir endlich wieder zusammen glücklich sein können, übersehe ich es gern, dass ich als fleißiges und aufopferndes Helferlein moralisch immer auf der besseren Seite stehe - ein schönes, ein mitunter auch machtvolles Gefühl. Aber ich lenke mich damit von meinen eigenen Problemen und meiner Verantwortung in diesem Szenario ab.

Vielleicht kaufst Du Dir mal das Buch von Melody Beatty: Die Sucht, gebraucht zu werden.
Ein gut zu lesendes und interessantes Buch, das mir die Augen geöffnet hat. Über mich selbst.

Alles Gute!
Grosi


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23.02.2013 10:25
#18
So

Liebe Grosi,

danke für Deinen Rat. Eine Selbsthilfegruppe würde ich mir wünschen, doch leider gibt es die hier nicht (ländliche Gegend). Ich habe schon daran gedacht, selbst eine zu gründen. Kommt vielleicht noch. Ich bin selbst psychotherapeutisch ausgebildet und arbeite immer wieder an mir mit entsprechender Hilfe. Das Thema Messie ist an mir bislang abgeglitten, da ich kaum fernsehe. Mein Wunsch an das Forum ist einfach ein bisschen Verständnis und Mitgefühl (kein Mitleid). Das würde mir wirklich helfen. Ich werde neue Entscheidungen treffen, es muss nur auch in mir reifen. Jede Situation ist ja wieder anders. Zur Zeit informiere ich mich, und die Erkenntnisse rappeln in mir beim Lesen von Euren Beiträgen. Ich hatte mehrere Baustellen in den letzten Jahren, die mich enorm Kraft gekostet haben (mit Familienberatung). Nun ist mein Blick frei für dieses Thema.

Liebe Grüße
Sopranistin


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23.02.2013 13:27 (zuletzt bearbeitet: 23.02.2013 13:29)
avatar  Grosi
#19
Gr

Hallo Sopranistin,

mir geht es ähnlich wie Dir - ich stelle höchstens einmal im Quartal den Fernseher an. :-)

Vielleicht kannst du etwas mit den 12-Schritte-Gruppen anfangen. Google doch mal nach "Emotions Anonymus", das sind Gruppen mit den Prinzipien und Grundsätzen der Anonymen Alkoholiker. Es lohnt sich, wenn Du Dir das mal genauer ansiehst. Möglich, dass es auch in Deiner Nähe so eine Gruppe gibt.

Selbst eine Gruppe zu gründen .... das finde ich besonders bei dem Thema Messie-Angehörige recht schwierig. Ich glaube kaum, dass Du eine "brauchbare" Anzahl von Interessierten zusammen bekommst. Und wenn es doch klappen sollte: Da Du selbst aus dem psychotherapeutischen Kontext kommst, befürchte ich, dass Deine Gruppe am Ende nicht für Dich, sondern für andere nützlich ist (Stichwort Helfersyndrom usw.). Das A und O in Selbsthilfegruppen muss nach meiner Meinung zwingend sein, dass jede/r anonym sein kann und ausschließlich für sich selbst dorthin kommt. Ansonsten gibt es schnell (zu) viele Rat"schläge", Mitleid, unangebrachte und verwirrende Fremdmeinungen. Und anstrengende, aber nicht zielführende, Diskussionen.

Das ist bei den 12-Schritte-Gruppen anders. Ich schätze diese Gruppen sehr und besuche sie seit mehr als zehn Jahren. Zunächst als Angehörige von Alkoholikern bei Al-Anon, und jetzt bei EA als Mensch, der mit seinen Emotionen "gesund" umzugehen lernen möchte. Auch dann, wenn es mitunter sehr unbequem ist. Denn bei allem, was mir widerfährt, bin auch ich mit beteiligt. Dabei ist es doch viel angenehmer, einen Schuldigen benennen zu können... ;-)

Freier Blick jetzt für dieses Thema - das liest sich prima.
Bin gespannt, wie es bei Dir weiter geht ....


Viele Grüße
Grosi


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18.09.2013 14:26
#20

Liebe Grosi, liebe Sopranistin,
ist es denn wirklich so, dass es da gar keine Hilfe gibt? Ich habe mal gelesen, dass man mit ein wenig Anleitung und Aufsicht zumindest teilweise für Ordnung im Messie-Haushalt sorgen kann. Nun gibt es da ja auch Unterschiede in der Ausprägung dieser Krankheit. Ich war am Wochenende wieder bei meinem Mann, und war entsetzt, wie sehr sich der Zustand dort wieder verschlimmert hatte. Nun ist es "zum Glück" der Zweitwohnsitz, und eigentlich sollte man meinen, dass 45 m² zum Schlafen völlig reichen, aber bei ihm stapeln sich die Dinge meterhoch. Kein Müll, sondern teils originalverpackte Haushaltsgeräte und zahlreiche teure Markenkleidungsstücke. Trotz meiner Einwände kauft er ständig neue Dinge dazu. Ich sehe da auch das viele Geld, das da einfach herumliegt. Würde so gerne mit ihm mal mehr verreisen, aber selbst da ist er sich selbst im Weg. Was bei uns noch verschlimmernd hinzu kommt, ist seine Mutter. Die meint, mit ein paar Quadratmetern mehr wäre alles in Ordnung. Das eigentliche Problem hat dort noch nie jemand angesprochen. Da seine Mutter sich sowieso nur für die beiden jüngeren Söhne interessiert, wird das Thema auch niemals angesprochen werden. Eine wenig grössere Wohnung würde unverhältnismässig viel mehr kosten, und wäre sicherlich auch binnen Wochen zugestellt. Ich habe klargestellt dass, sollte er anfangen, sein Geld auch noch auf diese Weise zu verjubeln, er das in Zukunft alleine machen darf.

Aber grundsätzlich ist es traurig, dass man solche Dinge überhaupt aussprechen muss, weil er ja ansonsten ein lieber, witziger und attraktiver Mensch ist. Und die findet man nicht an jeder Ecke.


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