Ich brauche Hilfe, es geht um meinen Bruder, EILIG

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01.11.2015 16:23
#1
Me

Hallo Leute,

wir als Familie sind in einer schwierigen Situation.
Mein Bruder hat sich vor 3 Wochen bei einem Sturz verletzt und hat sich für den nächsten Tag krank gemeldet. Wir arbeiten alle in einem Familienbetrieb. Meine Eltern haben den Betrieb aber vor 5 Jahren an meine Brüder übertragen und sind seit dem nur noch selten dort.
Nach dem Wochenende kam er montags nicht zur Arbeit, ich habe mir große Sorgen gemacht und hab so ein Stress gemacht das wir die Polizei eingeschaltet haben. Die haben allerdings nichts unternommen.
Wir hatten nur einen Schlüssel von der Wohnung, nicht von der Haustür. Am Abend hat dann ein Nachbar meinen Mann und Meinen Vater ins Haus gelassen, die konnten dann also in die Wohnung um zu sehen, ob er dort ist und ob es ihm gut geht wegen der Verletzung.
Ich bin mit den Kindern zu Hause geblieben.
Die Wohnung ist in sehr schlechtem Zustand. Hüfthoch soll der Müll sich stapeln. Leider hat jemand die Polizei gerufen, die haben dann die Situation übernommen.
Die Polizei hat den Zustand dem Gesundheitsamt gemeldet und die kommen jetzt morgen. Wir haben seit dem Sturz nur Brief Kontakt mit meinem Bruder und keine persönliche Möglichkeit.
Er lehnt alle Hilfe ab. Egal von wem. Was kann ich denn jetzt bloß tun?

Mein Bruder hat sich schon vor einiger Zeit aus dem privaten Familienleben komplett zurück gezogen und keiner hat ihn daran gehindert. Ich habe noch den besten Draht zu Ihm, obwohl der Draht auch sehr dünn ist leider.

OK zu den Fragen:
1. Ist der Betroffene deiner Meinung nach ein Jessie oder hat er eine Antriebsstörung?
Nachdem ich hier viele Infos gelesen habe, gehe ich von einer Antriebsstörung aus, aber sicher bin ich mir natürlich nicht.

2. Falls er tatsächlich primär Objekte sammelt, die er nicht loslassen kann: Was sind das für Objekte?
Kann man nicht sagen. Die ganze Wohnung ist mit jeder Art von Müll verstopft.

3. Wer lebt noch mit dem betroffenen zusammen?
Er lebt allein. Keine Kinder keine Haustiere und leider hat er uns auch seit Jahren nicht zu Besuch eingeladen, wobei er Einladungen zu uns gern annimmt und auch erscheint.

4. Wie sieht ein typischer Tag im Leben des Betroffenen aus?
Das kann ich nicht genau sagen.
Er ist jeden Tag auf der Arbeit. bis vor ein paar Wochen war er immer überpünktlich, immer der erste, allerdings kam er die letzten Wochen immer 10-30 Minuten zu spät.
Auf der Arbeit ist er der Chef des Betriebs. Er hat viel um die Ohren und auf seinem Schreitisch sammeln sich viele unerledigte Arbeiten. Er erfüllt seine Aufgaben so gut wie gar nicht mehr.
Er braucht viele Pausen, lüftet ständig, auch wenn es arch kalt ist, er isst viel und oft, ist aber trotzdem von normaler Statur.
Er nimmt viele Gelegenheiten an seinen Arbeitsplatz zu verlassen.
Nach Feierabend bleibt er meist allein noch dort, obwohl wir ihn immer fragen, ob er nicht mitkommen möchte, ob wir ihn nach hause bringen sollen...
seit 3 Wochen hat ihn niemand mehr gesehen.

5.Gibt es diagnostizierte, vermutete oder bereits ausgeschlossene Erkrankungen/Störungen die entweder als Auslöser in Frage kommen oder die Situation verschärfen?
Naja, meine Tochter ist geistig behindert und hat Zwänge, nachdem ich mir darüber Gedanken gemacht habe, hat mein Bruder vielleicht auch ein zwanghaftes Verhalten. Allerdings alles macht einen zwanghaften Eindruck. Diagnostiziert ist nichts wovon ich weiß.
Er ist Anfang/mitte 30 seine Eltern sind geschieden, unsere Mutter hat neu geheiratet, meinen Vater dann. Ich bin geboren als er 6 Jahre alt war. 1,5 Jahre später folgte noch ein weiterer Sohn, unser kleiner Bruder.

6. Gibt es oft wiederkehrende Konflikte zwischen dem Betroffenen und engen Angehörigen?
Meine Brüder sind beide Chef, ich bin nur angestellt. Meine Brüder konnten sich als Kinder nie leiden.
Bei jedem Mittagessen gab es Ärger zwischen den beiden, es ist fast immer Eskaliert. Meine Eltern wahren "Machtlos" und haben loht Partei für den Kleinen ergriffen. Ich war neutral und habe mich nicht eingemischt. Ich hatte immer ein sehr gutes Verhältnis zu meinen beiden Brüdern. allerdings nur einzeln, nicht als Geschwisterbande.

7. Wei0t du etwas über die Kindheit bzw. das Elternhaus des Betroffenen?
Was vor meiner Geburt war, dass weiß ich natürlich nicht, davon wurde nie gesprochen.
Seine Eltern haben sich also scheiden lassen ( Mutter: selbstständig mit einem Handwerksbetrieb, Vater: Lehrer) Insgesamt ist zumindest meine Mutter immer sehr Leistungsorientiert mit uns umgegangen, Lob gab es selten. Den Vater kenne ich nicht, nur aus ganz frühen Erinnerungen. Er wurde aber regelmäßig abgeholt.
Mein Vater hat sich aber auch sehr gut um ihn gekümmert. Mein Vater war weniger streng als unsere Mutter. Das tat sehr gut!!

8. Liegt ein "extremer Verwahrlosungsgrad" vor?
Ja.
Es ist eine Kleine Wohnung. Das Badezimmer geht noch, Toilette und Wschbecken sind benutzbar, Dusche auch noch, Die Waschmaschine allerdings nicht, denn sie ist rundum eingehüllt von Müll.
Dann gibt es einen großen Wohn/Essraum in dem auch das Bett steht. Direkt nach dem Einzug war ich einige Male dort. ich weiß noch genau wie alles stand.
Leider ist davon nichts mehr zu erkennen. der Müll liegt Hüfthoch, es gibt keine Wege oder ähnliches. kein freies Fleckchen.
Das Gesundheitsamt nennt es eine "Seuchenwohnung".

9. Besteht Verdacht auf selbstgefährdung?
Möglich, er scheint sehr verzweifelt zu sein und das könnte ihn auch ans Äußerste drängen.
Medikamente benötigt er keine.

10. Besteht Verdacht auf Fremdgefährdung, bzw. Gefährdung fremden Eigentums?
Die Wohnung ist unbewohnbar und ziemlich sicher auch von Ungeziefer und Schimmel befallen.

11. Erzähle wonach wir nicht gefragt haben. Wie geht es die im Moment, speziell jetzt? Was gibt es über den Betroffenen noch zu wissen?
Mir geht es schlecht. ich hätte viel eher reagieren müssen, aber ich hab mich hinter meinen Kindern versteckt, die mir ja auch viel abverlangen, aber ich hätte für ihn da sein müssen, denn wir sind Geschwister und ich hab ihn unglaublich lieb. Sowas sagen wir uns aber leider nicht in unserer Familie (also zwischen meinen Eltern und den Geschwistern, Bei meinem Mann und meinen Kindern halten wir das ganz anders! Denn ich habe die Fehler meiner Eltern erkannt und wiederhole die sicher nicht) Mein Bruder ist schon immer sehr sensibel gewesen, hat aber nie über Probleme gesprochen oder so. er ist eher sehr verschlossen und will seine Umgebung nichts von Ihm wissen lassen. vor 10 Jahren gab es eine ähnliche Situation. er ist für 7 Wochen von zu Hause geflohen ohne jemandem was zu sagen und ohne Lebenszeichen. zum Dem Zeitpunkt hat er noch bei meinen Eltern gewohnt. Auch dieses Zimmer was vermüllt und unbewohnbar. Meine Eltern haben es geräumt. ich war zum dem Zeitpunkt sehr mit mir selbst beschäftigt und hatte damit überhaupt gar nichts zutun, Außerdem war ich bereits ausgezogen.
Er kam wieder, weil er kein Geld mehr hatte, das ist zumindest das, was ich davon weiß. Innerhalb der Familie wurde das totgeschwiegen, das kann meine Familie besonders gut, oder vorwurfsvolle Kommentare... Was speziell zwischen meinen Eltern und meinem Bruder besprochen wurde weiß ich nicht.
Ich habe jetzt vor meinen Eltern und vor meinem kleinen Bruder Partei ergriffen für meinen großen Bruder um ihn vor einer Erneuten Räumung seiner Sachen zu beschützen.Ich versuche, dass sie verstehen was passiert ist. Es ist sehr schwierig.

12.Was wünsche ich mir von meinem Besuch hier.
Ich brauche Infos wie wir mit ihm umgehen wenn er wieder da ist, was wir richtig machen können und was wir auf keinen fall tun sollten.
Ich muss meine Eltern entweder überzeugen von meinem Weg oder ich muss sie komplett auf stumm schalten. Sie üben bestimmt viel Druck aus und ich muss das irgendwie verhindern. Wie kann ich ihm helfen, selbst wenn er gar keine Hilfe will??

Ich mache mir wirklich große vorwürfe und noch viel größere Sorgen. Er weiß, dass morgen das Gesundheitsamt um die Wohnung anzusehen, die unternehmen ersteinmal gar nichts. Sollte ich einfach auch dahin? Was wird passieren wenn er nicht da ist?


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01.11.2015 17:51 (zuletzt bearbeitet: 01.11.2015 17:53)
#2
No

Hallo,

erst einmal herzlich willkommen. Ich kann sehr gut nachvollziehen dass es für dich eine schwierige Situation ist und du nicht weißt wie du damit umgehen sollst. Da ich selbst betroffen bin kann ich versuchen dir ungefähr zu erzählen was in ihm vorgeht. Es wird ein langer und schwieriger Weg, aber da du hier bist scheinst du deinem Bruder helfen zu wollen.

Ich würde auch sagen dass es sich um eine Antriebsstörung handelt. Oft betrifft das Menschen, die in ihrem Berufsleben viel Druck haben und viele Entscheidungen treffen müssen. Weil sie nicht nur für sich sondern auch für andere Verantwortung tragen, benötigen sie ein Ventil. Auch die Probleme in der Kindheit sind meiner Meinung nach ein nicht zu verachtender Faktor. Grade diese Dinge aufzuarbeiten und zu verarbeiten dauern sehr lange.
Dass jetzt so viele Leute, vor allem das Gesundheitsamt und die Polizei bescheid wissen würde ich als super-GAU bezeichnen. Er wird sicherlich die Auflage bekommen alles zu beseitigen und es werden bestimmt noch einige Kontrollen gemacht werden. Aber das ist wie gesagt der kleinste Schritt. Weil dein Bruder diesen Schritt nicht selbst gewählt hat, sondern dazu gezwungen ist, bin ich mir nicht sicher wie es ausgehen wird. Man kann nur hoffen dass es bei ihm klick macht und er die Chance wahrnimmt und die Hilfe annimmt. Ein kleiner Rat an dich: er wird noch oft Hilfe ablehnen und sich auch noch oft zurückziehen. Nimm das nicht persönlich. Es ist zwar schwer zu verstehen, aber das ist psychisch nur schwer zu verarbeiten. Es ändert sich das ganze Leben. Die Fassade die jahrelang gebaut und aufrecht gehalten wurde ist jetzt eingestürzt. Du kannst nur verständnisvoll und liebevoll versuchen ihn aufzufangen. Bedränge ihn nicht aber lass ihn auch nicht allein. Versuchs ganz normal mit ihm umzugehen und taste dich vorsichtig heran. Ob du bei der Begehung des Gesundheitsamtes dabei sein willst musst du selbst entscheiden. Aber du solltest mit Ihnen in Kontakt bleiben um eventuell weitere Anlaufstellen zu bekommen, zB Therapeuren, Beratungsstellen, usw.

Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Kraft, egal wie du dich entscheidest.

Liebe Grüße

Man kann die Welt oder sich selbst ändern. Das Zweite ist schwieriger.“ - Mark Twain


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01.11.2015 18:52
#3
Me

Vielen Dank für deine Antwort.
Wie hast du es geschafft?
Da ich ja jetzt auch schon viel gelesen haben, verstehe ich die Situation aus seiner Sicht auch viel besser.
Ich werde ihn nicht drängen, hab ich bisher auch nicht gemacht. Ich biete ihm meine Hilfe an und bin auch nicht enttäuscht, wenn er Hilfe ausschlägt. Ich bin sicher, es fällt ihm alles sehr schwer und es scheint ihm aussichtslos. Natürlich ist es auch so, dass er wahrscheinlich niemanden in seine Wohnung lassen möchte, ob gut gemeint oder nicht. Scham und Angst machen es ihm sicher unmöglich. Ich würde ihm natürlich auch außerhalb seiner Wohnung gern helfen, damit er nicht allein ist und sich angenommen fühlt. Aber im Moment wählt er den weg, dass er sich komplett abwendet. Was ich aber durchaus verstehen kann. Und erst jetzt, wo es eigentlich schon zu spät scheint, weil die Würfel gefallen sind, bieten wir unsere Hilfe an. Also ganz speziell ich, meine Eltern und mein kleiner Bruder werden sich eher zurückhalten, da ich sie sehr eindringlich darum gebeten habe.


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01.11.2015 19:23
#4
No

Es kommt immer stark auf die Person an wie man sich am besten verhält. Aber da dein Bruder sich eher zurückzieht denke ich dass ein eher ruhiger Weg besser ist. Vorwürfe oder ihn bedrängen sind da grad fehl am Platze. Bei mir hat es irgendwann klick gemacht weil Handwerker in die Wohnung mussten und der Vermieter mit anderen Schritten gedroht hat. Es wusste aber niemand bescheid. Ich habe dann angefangen hier zu lesen und mich einer Seelsorge anvertraut. Dann waren es Gesundheitsamt und ein psychiatrischer Dienst. Ich habe nach Finanzierungsmöglichkeiten für eine Entrümpelung gesucht. Vor etwa 1 ½ Jahren habe ich mich meiner besten Freundin anvertraut, bis jetzt immer noch die einzige die bescheid weiß. Geschafft habe ich es noch lange nicht, es ist und bleibt schwierig. Ein bisschen hat sich was gebessert. Hilfe anzunehmen ist schwierig, weil man nixht zugeben will ein Problem zu haben und auf jemanden angewiesen zu sein. Wenn dein Bruder die erste Einsicht zeigt, kannst du ihm vielleicht vorschlagen hier einmal reinzuschauen. Er muss sich ja nicht zu erkennen geben, aber dann sieht er dass er mit seinem Problem nicht alleine ist und dass es einen Ausweg gibt. Er muss zwar vieles wieder lernen, aber es lohnt sich und es ist nicht ausweglos.

Man kann die Welt oder sich selbst ändern. Das Zweite ist schwieriger.“ - Mark Twain


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07.11.2015 03:04
avatar  Emin
#5
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Administrator

Hallo @Me,I&Myself

Ich habe deinen Beitrag gelesen, ein Satz ist wichitg von dir: Er lehnt alle Hilfe ab. Egal von wem. Was kann ich denn jetzt bloß tun?

Meine einfache Antwort: Rede mit Ihm, sei bei Ihm, übe keinen Druck auf Ihn aus, nimm dir viel Zeit für Ihn. Gib nicht auf, er ist nicht irgendjemand sondern dein Bruder!!!

Ich selbst bin total ausser mit denn mein Bruder hat mich gefunden der mich als kleiner Bub das letzte mal 1970 gesehen hat, ich habe einen Bruder und eine Schwester und lerne es erst gerade kennen wie es ist....und das nun in meinem 48. Lebensjahr....ich werd nicht mehr ....das Packst einfach fast nicht.

Hoffe du schaffst es deinem Bruder zu helfen indem du Stundenlang einfach bei Ihm bist und Ihm das Gefühl gibst das er nicht allein ist in seinem Leben, viel Erfolg euch beiden!

Viele Grüsse aus Frankfurt am Main!

"Messie"


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