Wir sind nicht Krank!

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18.10.2017 20:07 (zuletzt bearbeitet: 18.10.2017 20:26)
avatar  Emin
#1
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Administrator

Hallo zusammen!

Manche Redakteure schreiben glaube ich immer noch Artikel ohne vom Thema wirklich Ahnung zu haben. Ich werde dort anrufen und freundlich mit Engelszunge anbieten das ich einen Artikel einreiche warum wir Messies nicht Krank sind. Mal sehen ob der veröffentlicht wird. Denke mal nicht.

Wer möchte der kann sich das durchlesen: http://www.sueddeutsche.de/muenchen/fuerstenfeldbruck/zwanghaftes-sammeln-chaos-1.3712450

Im fümften Block des Artikels sehe ich einen Widerspruch in sich, auf einmal steht da Syndrom und nicht Krankheit, denke ich grad irgendwie falsch? Ich sehe das so, eine Krankheit kann man heilen, ein Syndrom? Weiter unten steht auch was das es immer noch keine Anerkannte Krankheit ist, was also, Krankheit oder nicht, kann man sich in einem einzigen Artikel mehrfach widerssprechen? Mir fehlt wohl die Intelligenz um das alles zu begreifen...

Ich fühle mich als Trockener Messie, ich bin und bleibe ein Messie doch ich habs im Griff. Bin ich also nun unheilbar Krank? Ich weiss nicht ob ich heulen soll oder lachen, ich glaube ich lache lieber.

Herzlichst bei Frankfurt am Main
Emin


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18.10.2017 20:49
avatar  Wolfram
#2
Wo

ich habe eine Email bekommen, wo eine Journalistikstudentin eine Messiewohnung sucht, um ihre Eindrücke für den Dozenten aufzuschreiben. Es ging ihr nur um die Wohnung und nicht um die Ursachen. Ich habe von Journalismus und Studium keine Ahnung. Vielleicht sollte nur die Beobachtung in Text umgesetzt werden. Wie der Dozent das beurteilen will, ist im Dunklen geblieben.

der o.g. Artikel ist ganz interessant, beruht aber im Wesentlichen auf den Erfahrungen des H-Teams. Den letzten Satz fand ich gut. Man muß die Schuld auch mal bei anderen suchen.

viele Grüße
Wolfram


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19.10.2017 16:11
avatar  Sophie
#3
So

Die Leute von der Caritas (Patij und Kreis-Schaffert) haben das treffend gesagt: Messietum ist oft ein Ausdruck einer anderen Krankheit. Es gibt so verschiedene Gründe und Arten von Messietum. Wie Bauchschmerzen Symptom von 1000 verschiedenen Erkrankungen sein können, halte ich Messietum auch nur für ein Symptom.
Es gibt Menschen mit Zwangsstörungen, die zwanghaft bestimmte Dinge sammeln. Andere müssen sich zwanghaft die Hände waschen, oder Sport treiben, oder Hungerm oder Essen.
Es gibt Menschen mit Depressionen, denen die Kraft fehlt, sich den Mächten des Chaos entgegen zu stellen, denen alles über den Kopf gewachsen ist.
Es gibt Menschen mit leichter oder beginnender Demenz, die vergessen haben, wie man Ordnung hält.
Es gibt suchtkranke Menschen, denen es sch***egal ist, wie die wohnung aussieht, Hauptsache sie kommen an ihr Suchtmittel: Alkohol, Heroin, Meth, Zocken, Computerspiele, was auch immer.
Es gibt Menschen, die haben ein anderes Wertesystem als die Gesellschaft um sie herum. In unserer Straße ist mein Garten der "Schandfleck" mit Kornblumen und Mohn im Sommer, jetzt leuchten Goldrute und bunte Gräser zwischen den geschotterten "Zen"-Gärten der Nachbarn. Ich hab Schmetterlinge und Grashüpfer. Ich hab ein Flüchtlingsproblem. Alle Vögel des Stadtteils sind bei mir im Garten versammelt. Die Nachbarin hat sich schon bei mir beschwert. Die machen zuviel Lärm. Im Dorf, wo meine Schwester wohnt, sehen 90% der Gärten so aus wie meiner, die restlichen 10% noch schlimmer. Ordnung ist relativ. Schönheitsempfinden ist ein gesellschaftliches Konstrukt.

Manche dieser Krankheiten kann man behandeln. Das Leiden, das allein schon aus der Depression, der Demenz, oder der Sucht erwächst, rechtfertigt das. Nicht das Messietum allein.
Leider werden psychisch Kranke in unserem Gesundheitssystem nicht angemessen behandelt, ganz unabhängig ob Messies oder nicht. Man ist mit einer Depression ein "Störfall", bekommt Ärger mit Behörden, verliert den Job, vielleicht die Wohnung, aber man wird in der ganzen Scheiße allein gelassen.

Seit 2013 suche ich eine Therapie für meine Depressionen. Wartezeiten ohne Ende. Ich hab mal gesagt: 8 Monate Wartezeit, da ist das entweder von selbst weggegangen, oder ich hab mich bis dahin aufgehängt. Vielleicht ist das aber auch Absicht. Menschen wie wir, die nicht so können oder wollen wie Max Mustermann, sollen aus unserer Hochleistungsgesellschaft eliminiert werden. Weggeschwiegen. Wegtherapiert. Aus den Augen. Stör uns bloß nicht mit deinem Leid. Zeig uns bloß nicht so deutlich, was jedem von uns blühen könnte.

Wenn jeder immer alles weggeworfen hätte, gäbe es heute weder kostbare Antiquitäten noch originale Schriftstücke.
Als ich den Artikel gelesen habe, fiel mir ein: Bei mir ist der Kram auch eine Art Denkmal. Gedenksteine für die verlorene Heimat, die Zeit vor dem Zerbrechen der Kindheit, für gestorbene Träume und Hoffnungen, für Menschen und Situationen, in denen ich einst glücklich war. Relikte aus anderen Zeiten und Kulturen.
Und eine Art Wertschätzung für den Rohstoff und für die Menschen, die das gemacht haben. Eine Art Leiden an der Wegwerfgesellschaft, in der gezielt für den Mülleimer produziert wird. Ich kann das nicht so formulieren.
For some it is trash, for some it is treasure. Für manche ist es Abfall, für manche sind es Schätze. Achtung Wortspiel: treasure spricht sich wie trasher = noch mehr Abfall.

Was trash oder was treasure ist, ist immer kulturabhängig. In einer Gesellschaft, in der es vielleicht reichlich Gold, aber wenig Wasser gibt, wäre Gold "trash", und Wasser "treasure".


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19.10.2017 16:40
avatar  Wolfram
#4
Wo

Danke @Sophie,

stimme Dir in allem zu.

Vor kurzem habe ich jemanden im Fernsehen gesehen, der dement war. Weil er "seine Angelegenheiten" nicht erledigen konnte, hat er eine gesetzliche Betreuung bekommen, der die Wohnung weggenommen hat und den Dementen ins Altersheim brachte.

@Messie @Barbara Bruchhäuser @Draculara @Henni

viele Grüße
Wolfram


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19.10.2017 16:54
avatar  Sophie
#5
So

@Wolfgang
Das finde ich auch nicht gut. Ratzfatz jemanden entwurzeln, ihm das Zuhause nehmen und ihn wegsperren. In eine völlig fremde Umgebung, in der man gar nichts mehr erkennt, wo keine Anhaltspunkte, Erinnerungsanker mehr da sind. Wo sich keine Sau um einen kümmert und man zum Verblöden im Bett liegt. Ich weiß, wovon ich rede, meine Schwiegermutter ist dement und im Heim. Dieser Betreuer hat seinen Job nicht gemacht. Er hat nicht betreut, sondern entsorgt. Richtig wäre, dass auch jemand mit Demenz, zumindest im Anfangsstadium, in der vertrauten Umgebung bleiben kann. Wo die Füße den Weg allein zum Klo finden und man sich nicht täglich verirrt. Das Zuhause müsste dann "dementensicher" eingerichtet werden. Also keine Streichhölzer/Feuerzeug erreichbar, Herd mit Zeitabschaltung, Strom statt Gas. Und täglich müsste jemand nach dem Rechten sehen. Aber das ist ja zu aufwendig. Lieber wegsperren.


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