Ich habe mir eben das Video angesehen. Mir fällt auf, der Bruder kann seine Gefühle nicht verstecken, er weint auch vor der Kamera. Ich wette, der Verstorbene hat seine Gefühle immer im Griff gehabt. Er hat sich nie was anmerken lassen und die Mutter hat ihn eiskalt weg geschickt. Da sehe ich den Grundstein für das Messie-Syndrom auch in der Kindheit. Beide haben Schläge bekommen, der Verstorbene war auch mehrmals in der Psychiatrie. Man kann trotzdem auch den Ansatz für ein Messie-Syndrom beim Erben feststellen. Er möchte am liebsten sämtliche Möbel behalten. Ich kann das auch verstehen. Er wurde ignoriert, wenn er von einem Erlebnis berichten wollte, ich weiß aus eigener Erfahrung, wie das ist. Dann packt einen die Sammelwut und man bewahrt alles auf, was einen daran erinnert. Aber der Bruder macht es auch richtig, wenn er Fotos macht und ins Tagebuch schreibt, ein Tagebuch ersetzt auch viele Erinnerungsstücke, da hat man es blau auf weiß oder schwarz auf weiß, je nachdem. Ich habe auch das Tagebuchschreiben wieder angefangen, hier ist ja keine Kontroll-Mutter, die heimlich drin liest. Das kann ich für mich archivieren und bei Bedarf oder Nostalgieanflug durchlesen.

Was alle Schilderungen von Messies bisher gemeinsam haben, sind das Erleben von Verlusten, sowie Verlustängste und Angst davor, zu vergessen, etwas Wichtiges zu vergessen oder zu versäumen. Und natürlich die Angst vor Kontrollverlust, insbesondere wenn entrümpelt oder aufgeräumt werden muss. Das sind diese Ängste, die wir alle gemeinsam haben.