Ich bin so niedergeschlagen

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06.08.2015 18:02
avatar  Frosch
#6
Fr

Termin ist gemacht, morgen früh um 09:00 Uhr. Der Betrag wird mindestens 4000, Euro kosten. Aber das wußte ich vor dem Anruf schon. Dafür kann es evtl. nächste Woche schon über die Bühne gehen.

Das ist ein Hammergeld, ich weiß. Aber ich hab mir eins überlegt. Wenn der Vermieter mitbekommt, wie es wirklich aussieht, dann verlier ich die Wohnung. Und kann nicht innerhalb von 3 Monaten eine leere Wohnung
übergeben sondern muß sie entrümpeln lassen für das gleiche Geld.

Es war mein Notgroschen, aber ganz ehrlich, wenn man nur noch denkt am liebsten nimmer aufwachen, nur weil man eigentlich genau das Gegenteil will, dann kann die Not doch nicht größer sein, oder?

Mein Doc hat morgen früh geöffnet, vielleicht finde ich den Weg dorthin ja auch noch. Der Mann vom Rümpeldienst war sehr lieb. Er meinte, er kenne solche Situationen und sein Personal sei auch geschult.
Der erste bei der Beratung hat mir auch erzählt dass in seinem bundesweiten Unternehmen etliche Mitarbeiter sind, die selber so gelebt haben. Wenn ich wollte, weil ichs nicht schaffe, könne ich auch erstmal aus
dem Haus gehen und später wiederkommen, um dann zu entscheiden was weg soll.

Seit dem Anruf meines Vermieters vorgestern kann ich die Augen nimmer verschließen, als hätte man mir die Scheuklappen geklaut.

Mit meinem Arzt möchte ich gerne über eine Rehamaßnahme sprechen. Also im Sinne von Kur (heißt ja glaub ich nimmer so). Ich hab mir hier eine für mich traurige Wahrheit "erlesen".
Ich bin eigentlich jemand, der es hasst in Urlaub zu fahren oder früher auf Dienstreisen zu gehen. Aber wenn hier das Gröbste erledigt ist, käme mir vielleicht ein Tapetenwechsel, bei dem mal meine
Seele geröntgt wird wirklich gut.

Im Moment wünsche ich mir:

Nächste Woche diese Entmüllung hinter mich zu bringen
Morgen den Weg zum Doc zu schaffen
Wirklich ein paar Wochen weg zu sein

Und danach mit eurer Hilfe zu lernen, wie ich künftig leben kann, und nicht nur hausen.

Komischerweise ist mir bei den 10 Gründen, warum man täglich sein Bett machen sollte, viel aufgegangen.


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06.08.2015 19:05
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#7
Gast
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Hallo Frosch!

es freut mich zu hören, dass es auf jeden Fall bei dir angekommen ist, dass nach dem Entrümpeln eigentlich erst der wichtige Teil beginnt.
Darf ich fragen, was dir beim Bettenmachen-Beitrag aufgegangen ist?


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06.08.2015 19:13 (zuletzt bearbeitet: 06.08.2015 19:20)
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#8
Fr

Numi, es war irgendwie der Gedanke:

Ein Bett zu machen ist derzeit für mich lächerlich, gegenüber dem, was für mich ansteht.
Aber so ein kleiner Ansatz auf die Frage: Wo fange ich an? Wenn ich selber dem Restchaos gegenüber stehe.
Mir mal angewöhnen mein Bett zu machen.

Wofür solle ich sonst? Sieht ja keiner außer mir, die beiden Engel auf dem Bild überm Bett langweilen sich seit Jahren zu Tode, ob des langweiligen Programms.... ;)
Aber irgendwie stand die Antwort drin... auf die Frage: Für wen sollte ich mein Bett machen?
FÜR MICH

Als ich hier eingezogen bin, war auch alles tiptop - ein Jahr lang. Dann starb mein Vater. Damals muß es irgendwie bei mir Kopf böse gerappelt haben.
Durch Umstruktierungen in der Firma kamen alle Mitarbeiter nicht mehr klar, und ich wurde vom beliebten und erfolgreichen, zum verhassten Unternehmensbewohner, von dem keiner wußte, was sie eigentlich so den ganzen Tag macht. Dann kam eine Zeit, wo ich nur noch erschöpft war, und auch körperlich zu nix mehr fähig. Ab dem Zeitpunkt (ungefähr 2010) fings an. Zuerst standen da ein paar Kartons rum... dann flog die erste Pizzaschachtel dazu (ist ja auch Karton).... und mit der Zeit alles hinterher. Seit 2014 gibts die Firma nicht mehr und ich habe keinen Job mehr. Anfangs machte ich eine Fortbildung. Funzte prima, 6 Monate ohne Urlaub, zwar jeden Monat Prüfung mit zugehöriger Angst davor, aber alles bestens bestanden. DANACH wollte ich die arbeitslose Zeit nutzen um Klar Schiff zu machen. Aber es wurde schlimmer und schlimmer.

Hätte ich vor einem Jahr angefangen, wäre ich jetzt fertig. Vielleicht. Aber ich habe es nie geschafft.

Und auch bei mir mußte was passieren, dass ich wach wurde.


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06.08.2015 19:48
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#9
Gast
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Der Tod eines Angehörigen, Arbeitsplatzverlust oder aber auch eigene Krankheit sind richtige Klassiker unter den Auslösern: Fremdbestimmung und/oder die Notwendigkeit, Dinge jetzt zu tun, und eben nicht irgendwann, geht flöten, und schon ist es passiert. Die Situation hat keinen Namen (hatte sie bis vor ein paar Monaten nicht mal hier!), man ist "einfach zu faul", kann sich nicht aufraffen...und dabei ist es wirklich was Elementares, das da in die Brüche gegangen ist - oder vielleicht sogar nie wirklich vorhanden war.

Ich glaube, wenn das bedingungslose Grundeinkommen käme, und deshalb die negativen Verstärker im Berufsleben zu einem Großteil wegfielen, würden ganze Heerscharen von Menschen nicht wissen, was sie mit der Freiheit, über sich selbst bestimmen zu können, anfangen sollen. Ich befürworte das BGE trotzdem, weil ich negative Verstärker als primären "Lebens-Antrieb" einfach nur grässlich finde, aber darauf müsste man sich dann eben einstellen, und dem gezielt entgegenwirken. So oder so...es kann einfach jeden treffen, der in erster Linie Motivation aus negativen Verstärkern zieht. Und ich glaube, das sind echt unglaublich viele. Ich würde sogar sagen, wenn es nicht durch unser gesellschaftliches Zusammenleben (Firmenkultur, Familienkultur, Nachbarschaftskultur...) so irrsinnig viele negative Verstärker um uns herum gäbe, wäre das womöglich die "Volkskrankheit Nummer 1".


Dein Bett machen FÜR DICH ist eine RIESEN-Erkenntnis! Ehrlich jetzt, das ist keine Kleinigkeit. Nicht für andere, nicht aus Zwang oder Druck, kein "will-ich-nicht-mag-ich-nicht-mach-ich-nicht", sondern einfach "Ich tu's für mich. Weils schön ist, weils hilft, weils mein Leben besser macht. Weil ich es will."


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07.08.2015 17:31 (zuletzt bearbeitet: 07.08.2015 17:40)
avatar  Frosch
#10
Fr

Also der Mann war da. Und ich hab die Tür aufgemacht. Er hat Fotos gemacht, um sie seinem Chef zu schicken und ich bekomme heute abend ein Angebot.
Als er die Fotos machte, wäre ich am liebsten wieder mal vor Scham versunken.

Aber auch er meinte, dass in meiner Stadt viele solchen Wohnungen sind, die er wieder frei gemacht hat. Was mir gefallen hat, war, dass es keine Sprüche wie: Es wird bald ein neues Leben usw...
Er hat nix versprochen, was ICH später nicht halten kann. Er meinte auch ich müsse das (wieder) lernen, und mir dabei helfen lassen. Das sind mir einfach die liebsten Ansagen.

Die, die ihr Normalos nennt, würden glaub ich normalerweise sagen: Schön, dass du wieder wohnen kannst, jetzt reiß dich zusammen und behalte das bei.

Vielleicht mache ich heute abend mal den Rolladen von meinem Balkon auf und setze mich raus. Das habe ich schon Jahre nicht mehr getan. Aus Angst, es nimmt mich einer aus dem Haus wahr, der
sein Fahrrad im Hof abstellt oder so. Oder -- ich versuche mal umzuformulieren: Ich wünsche mir, dass ich es schaffe, wenn es dann auch schon dunkel ist. Aber es wäre ein wichtiger Schritt für mich, weil ich
weiß, dass Panik kommt, wenn ich Stimmen höre, und erst recht, wenn ich Menschen sehe.

Ich lerne das Forum hier zu schätzen. Wirklich. Solche Gedanken wie mit dem Balkon würden Normalos (ich bleib mal in der hiesigen Terminologie) als lächerlich bezeichnen, aber ich fühle, wer hier liest, wird
bestimmt verständig mit dem Kopf nicken.

Er sagte mir auch, dass es bei einer solchen Aktion immer einen Schwund geben wird, von Dingen, die ich wirklich noch gebrauchen könnte. Das macht mir weniger aus.

In meinem Kopf ist derzeit noch größeres Chaos als in meiner Wohnung. Verzeiht mir daher bitte, wenn ich ICH-orientierter schreibe, als es meine Art ist. Numis Gedanken z. B. würde ich gerne kommentieren,
aber derzeit lagert da noch anderes drauf.

Ach, fällt mir noch ein, als wir das Thema hatten, was andere so von der Situation denken und halten würden. Da hat er schönes Sprichtwort benutzt:
Wissen Sie, wir sagen immer: Unter jedem Dach ein Ach.


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