ich habe einen Seelenstempel

19.08.2020 12:32
#1
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Moderator

Damit meine ich, mir steht irgendwie auf der Stirn geschrieben: mit mir könnt ihrs machen. Egal, ob es eigentlich verboten ist (gesetzlich) allgemein, aber bei mir ist es legal. Ich mache alles mit, ich wehre mich nicht mehr, weil das keinen Sinn hat, ich weiß: Ihr seid in der Überzahl, ihr seid die Starken, ihr habt die Rechte, und ich habe nur Pflichten. Vor allem die Pflicht, alles über mich ergehen zu lassen.

Ob das die Schläge im Elternhaus, die Abschussfreigabe der Lehrerin, der pädophile Lehrer, das Mobbing am Arbeitsplatz oder Lügen vom Arzt waren. Mit mir konnten sie es machen. Ich scheine ein Etikett auf der Stirn zu tragen oder es ist mein Verhalten, es kann auch meine Haltung sein, mit 14 machte man mir vor, wie meine Haltung ist: Die Schultern hoch gezogen und den Kopf eingezogen, als ob ich Prügel erwarte. Seitdem habe ich ja einen Haltungsschaden (Morbus Scheuermann). Wer so durch die Gegend schleicht, provoziert anscheinend genau das, was er eigentlich nicht haben will: Schläge. Ob verbal, körperlich oder Schicksalsschläge, oder Arbeitsplatzverlust, man scheint das alles selbst herauf zu beschwören, wovor man sich fürchtet.

Ein Psychologe meinte mal, es zöge sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Ich müsse mein Leben selbst in die Hand nehmen. Bis dahin haben immer die Eltern, die Lehrer, die Mitschüler alles mit mir gemacht. Nun sollte ich selbst was unternehmen. Nur wusste ich zu dem Zeitpunkt eigentlich nicht, welche Richtung ich nun einschlagen sollte. Klar, ich sollte meinen Weg selbst managen, nur leider wusste ich nicht, wo der lang geht. Ich war gerade 18 geworden und wusste nur, was bisher alles schief gelaufen war. Mich einfach wieder von anderen schubsen zu lassen, das sollte auf jeden Fall aufhören.

Nun ist es aber auch mit eingesperrten Tieren so, wenn man sie frei lässt, dann bleiben sie trotzdem im Käfig, weil sie es einfach gewöhnt sind, dort zu leben. Die offene Tür ist ungewohnt. Laufen oder fliegen sie weg, kommen sie nach einer Weile zurück, um sich füttern zu lassen, weil sie nicht gelernt haben, selbständig für ihr Futter zu jagen oder zu pflücken. Ich hatte sozusagen nicht gelernt, selbst für mein Glück zu sorgen, dafür verantwortlich zu sein, dass mir Gutes widerfährt. Ich hatte gelernt, ich verdiene es anscheinend, fertig gemacht zu werden.

Nun ist es für mich immernoch schwierig, vor einiger Zeit hat mich wieder eine Ärztin belogen und gedacht, ich glaube den Müll. Irgendwie konnte ich nie Grenzen ziehen oder andere in ihre Schranken weisen, ich hatte ja von Haus aus keine Rechte, nicht mal dass die Eltern anklopfen, ehe sie rein kommen. Das taten sie nur, wenn Besuch da war, um den Schein zu wahren. Ich wusste, dass sie Blödsinn quatscht, während sie noch quatschte. Ich hätte ihr sagen können, dass ich ihr nicht glaube und warum. Stattdessen bin ich nur wieder enttäuscht nach Hause gegangen und nahm mir vor, ihr in Zukunft auch nicht mehr alles zu glauben.

Vor 15 Jahren hat ein Orthopäde behauptet, in ein paar Jahren säße ich im Rollstuhl. Ich hab es geglaubt und wurde dann überrascht. Ich kann keinem Arzt mehr vertrauen und erst recht keinem Psychologen mehr. Aber ich frage mich, nicht zum 1. Mal, wie werde ich diesen Stempel wieder los? Ich weiß, dass einem geschieht, wie man glaubt. Wie ändere ich nun meinen Glauben? Kann ich meine Fantasie einsetzen und mir positive Affirmationen suchen, funktionieren die? Wenn man einen Satz denkt oder sagt, glaubt man dann an ihn? Oder denkt man gleichzeitig: Ist doch Quatsch? Ich werde es versuchen und schreibe mir gleich ein paar Sätze auf, die ich mir jeden Tag durchlese. Später kann ich vielleicht erzählen, wie es gelaufen ist.

Viele Grüsse
Draculara

http://www.draculara.de

http://messie.bplaced.net/messie

Eine Lösung setzt ein Problem voraus. Ich kenne meine Fehler, das hält mich aber nicht davon ab, sie zu machen

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19.08.2020 18:32
avatar  Wolfram
#2
Wo

@Draculara

wenn jemand etwas von mir will bzw. ich mich entscheiden soll, dann ist mein 1. Gedanke, was will ich. Und das muß ich dann durchsetzen. Dabei werde ich dann auch lauter, sonst hören die mich ja nicht und dann funktioniert das auch. Ich hatte ja auch früher immer das gemacht, was mir andere sagten, insbesondere mein Vater. Auf den Gedanken zu kommen, was will ich, bin ich ja erst durch unsere SHG gekommen. Mein Arbeitgeber schrieb im Zeugnis, ich könnte mich nicht durchsetzen, hat aber nicht gesagt, wie ich das machen könnte. Streit mit anderen wollte und konnte ich nicht.
Vor kurzem kam wieder jemand an und sagte, ich solle Whatsup installieren. Zuerst habe ich nur "nein" gesagt, das reichte aber nicht, dann gab ich eine grobe Begründung, zuerst kam schwach, wir schreiben doch nichts Bedeutungsvolles und dann war alles OK. Bis zum nächsten Mal, weil die nicht zuhören können bzw. nichts verstehen.
Ich fühle mich mit meinem positiven Seelenstempel ganz gut. Es ist ja nicht immer Ablehnung, sondern, kann ich den Wunsch des anderen annehmen oder nicht.
Ich war gerade wieder beim Arzt, da kam schon schwach seine Frage, ob ich nicht gleich noch meine Werte prüfen lassen will, weil er meine Antwort schon kannte, aber für ihn war es eine kleine Gelegenheit, zusätzlich noch etwas Geld zu verdienen. Mit meiner "nein" Antwort gab er sich dann zufrieden. Im Internet habe ich gefunden, dass er mir auch noch mehr hätte sagen können, aber falsch war es nicht.
Das auch noch mal zum Thema Lügen und Verschweigen.

viele Grüße
Wolfram


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22.08.2020 06:52
avatar  M-B
#3
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M-B

Vieles was du schreibst, habe ich auch so erlebt, vielleicht ist das wenigstens ein kleiner "Trost" für dich, das wir zumindest nicht allein damit sind.

Sinnbildlich dafür steht das Kopf einziehen, wie ein geprügelter Hund, bis zum Haltungsschaden und damit auch eine personifizierte Einladung für das ganze widerliche Gesindel da draußen, sich auch noch an einem auszulassen.

Ja, man zieht dann immer weiter solche Situationen und Menschen an, das ist die Krux daran.

Was mir auf jeden Fall geholfen hat (unter anderem) ist eine ordentliche Portion Wut im Bauch. Darauf hätte ich gerne öfter Zugriff.

Allerdings hab ich es auch einfacher als du. Ich bin zwar ein "Krüppel" aber doch keiner mit dem sich Leute noch gerne anlegen.


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24.08.2020 09:18
avatar  ( gelöscht )
#4
Gast
( gelöscht )

Zitat von Draculara im Beitrag #1
Ich kann keinem Arzt mehr vertrauen und erst recht keinem Psychologen mehr. Aber ich frage mich, nicht zum 1. Mal, wie werde ich diesen Stempel wieder los? Ich weiß, dass einem geschieht, wie man glaubt. Wie ändere ich nun meinen Glauben? Kann ich meine Fantasie einsetzen und mir positive Affirmationen suchen, funktionieren die? Wenn man einen Satz denkt oder sagt, glaubt man dann an ihn?



Ich kann Dich verstehen und Deine Abneigung absolut nachvollziehen, denke aber es wird sehr schwer da ganz ohne Hilfe alleine rauszukommen. Nicht jeder Psychologe und nicht jeder Arzt ist gleich - es gibt auch (sehr wenige) gute, die Dir helfen könnten Deine schweren Erinnerung (zum Teil würde man da wohl sogar von Traumen sprechen) aufzuarbeiten.
Vielleicht magst Du Dich irgendwann doch wieder auf die Suche machen - ich bin nicht sicher ob man solche heftigen Erlebnisse alleine durchdrückt.
Positive Afirmationen funktionen für mich zumindest nicht so richtig, schaden können sie aber vermutlich nicht. Wie ging es Dir denn die Tage damit?


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24.08.2020 12:53
avatar  Atropos
#5
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Ärzte...man braucht sie..aber man muss auf der Hut sein und tut gut daran verdammt viel Wissen anzuhäufen. Psychologen nein danke...also ich kann denen nichts abgewinnen. Ich musste als Kind zur Psychotherapie weil ich vermeintlich meine Krankheit ja nur simulieren würde....zum Glück sprach mein behandelnder Kinderrheumatologe damals dann Klartext.

Stempel bekommen wir viele aber ob die wirklich auf unserer Seele sind oder bloß oberflächlich von Fremden aus Faulheit vergeben, müssen wir immer herausfinden.

"Nyarlathotep... das kriechende Chaos... Ich bin der letzte... Ich werde es der lauschenden Leere verkünden." H. P. Lovecraft

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