Meine Mutter ist Messie, aber ohne Müll

24.12.2020 09:39
avatar  saubär
#1
sa

Hallo zusammen,

nun steht wieder Weihnachten vor der Tür und einmal mehr ärgere ich mich, dass sich nichts geändert hat.

Meine Mutter ist ein Messie, allerdings nicht im klassischen Sinne. Sie entsorgt den richtigen Hausabfall ganz regulär über die Mülltonne und auch regelmäßig, selbes gilt für Plastikmüll. Naja, die Pappe und alte Zeitungen und Altglas sammeln sich meist erst in größerem Ausmaß, aber auch diese entsorgt sie. Es ist also nicht das Messietum, welches man oft im Fernsehen gezeigt bekommt. Aber: alles andere wird konsequent gehortet und niemals aussortiert oder weggeschmissen.

Zu ihrem Haus gehören auch ein Dachboden, eine Garage und ein Keller. Dachboden und Keller sind so überfüllt mit altem Zeug, dass nur noch schmale Gänge frei sind, durch die man sich durch das Chaos schlängeln kann. An viele der Sachen, die sie alle in Tüten und Kisten in besagten Räumen verwahrt, kommt man gar nicht mehr heran. In der Garage ist für einen Wagen keinen Platz, mit etwas Mühe passt ein Radl in den vorderen Teil, der hintere Teil ist komplett zugestellt mit Sachen, säckeweise alte Kinderklamotten, Gartengeräte, Möbel, die mittlerweile durch die Feuchtigkeit und Witterung angefressen sein dürften und vieles mehr. Leider beschränkt sich dieser Zustand nicht nur auf die Räume, die üblicherweise zum Lagern genutzt werden, sondern auch auf den Wohnraum. Das Wohnzimmer ist bis auf ein paar Stellen noch okay und relativ frei, nur vor den Bücherschränken und unter dem Esstisch stapeln sich Gegenstände auch schon vom Boden an. Auch die Küche ist überwiegend frei, aber verschmutzt mit Schmutz der Haustiere, vor dem sich meine Mutter auch nicht ekelig ist. Geschirr und Tassen lagern in einem offenen Regal und sind voll von dem Schmutz. Viele der Hygienegepflogenheiten würde man wohl als ekelig beschreiben, aber da jeder Mensch eine andere Hygiene betreibt, möchte ich den Tierschmutz mal dahingestellt lassen. Bis auf die Badezimmer, wo sie Toiletten und Duschen mit Sorgfalt sauber hält, ist es generell eher staubig und schmutzig. Es gibt auch viele Kleidermotten. Habe ich aber früher als Kind den frisch gesaugten Teppich wieder mit einem Schnipsel oder Krümel besudelt, war die absolute Hölle los, während zeitgleich eben überall der Staub und Dreck auf Möbel, Fensterbänken und Pflanzen verweilte. Daraus werde ich bis heute nicht schlau. Auch aus vielem anderen Verhalten ihr mir gegenüber nicht, es gibt keine offiziellen Diagnosen, aber ich tippe heute als Erwachsene stark auf ein Problem narzisstischer Natur; nun, das soll aber hier nicht Thema sein.

Zum Haus: die anderen Räume sind leider auch von der "Vertütung" befallen, sie stehen überall und seit ich von daheim ausgezogen bin, was einige Jahre her ist, ist es noch mehr geworden. "Mein" ehemaliges Zimmer ist statt des geplanten Gästezimmers oder Schlafzimmertausches als Mutters Schlafzimmer eine Halde der Unordnung geworden. Auf Besuch zu übernachten ist im wahrsten Sinne unmöglich. Man müsste das Bett erst von Zeug freiräumen und das Zeug stünde dann dennoch am Boden, nebst weiterem Zeug. Es wurde dort einige Jahre die Bettwäsche nicht mehr gewechselt (weil "sie ja so selten benutzt wurde"). Es sind Mottenhüllen und Kleider/Teppich-Schädlingslarven auf dem Bett gewesen und alles riecht muffig nach alten Kleidern. Man riecht es bereits, wenn man ins Haus hineinkommt. Die Nase kribbelt und die Augen tränen aufgrund der Staubbelastung.

Das Ganze war irgendwie ein schleichender Prozess. Mitte der 1990er Jahre erfolgte ein Umzug aus einer kleinen Wohnung in das Haus, es war bis auf das "normale" Übliche an Möbeln, Bücherschränken, Elektronik und etwas Dekoration gut aufgeräumt und übersichtlich. Irgendwann zu Beginn der 2000er Jahre wurde es voller und voller. Ich bekam eine Unordnung vorgelebt, wurde aber selbst für Unordnung im Kinderzimmer gestraft, was ich als Kind nicht verstand. Es wurde vieles neu gekauft, auch Dinge, die sie eigentlich gar nicht braucht oder benutzen kann, weil sie zu viele Ausführungen davon hat. So nach dem Motto "Ach, die Gläser sind so schön, die nehme ich mit.", aber daheim sind schon mehrere Gläsersets, zu Beginn wechselt man diese noch durch und dann irgendwann liegen sie bis auf das eine Genutzte im Keller verpackt. Irgendwann sind sie nicht mehr zu erreichen, da zu viel drauf liegt. Ich bin mir sicher, dass vieles von dem Zeug bereits in Vergessenheit geraten ist, aber würde man es nun im Zuge einer Entrümpelung verschenken, spenden oder gar entsorgen wollen, dann hinge sie zu sehr daran und wolle es behalten. Gegenstände, auch normale Gebrauchsgegenstände, schienen ihr schon immer wichtig zu sein. Immer wieder wurde zu vorsichtigem Umgang damit gemahnt, auch mit Sachen, die eben zum Gebrauch bestimmt sind, wo eine Abnutzung irgendwann durch den Gebrauch normal ist oder denen ein Umgang ohne Samthandschuhe gar nicht erst etwas ausmacht. Bei vielen Gegenständen legte sie auch bereits früher ein sehr starkes... wie soll man das nennen... "Eigentums"-Verhalten (?) an den Tag, sagte ausdrücklich "Diese Sachen sind meine, dort hast weder du, noch haben andere daranzugehen", "Das habe ich von meinem Geld bezahlt, das gehört mir" oder ein Spielzeug war dann eben ihres und nur eine Leihgabe an mich, die entzogen werden konnte, sollte damit falsch (zu wild, zu laut, in ihren Augen unangemessen usw...) gespielt werden.

Die ganze Problematik mit dem zu vielen Zeug auf zu wenig Raum ist meiner Mutter sehr wohl bekannt. Sie macht selbst Witze darüber. Hilfsangebote werden aber angelehnt, insbesondere ihre Familie möchte sie nicht in ihren Sachen haben und wenn ich anbot, Container zu mieten und heranschaffen zu lassen und es eigenhändig mit ihr gemeinsam zu entrümpeln, heißt es nur sowas wie "Müsste man mal machen", aber dann wird es doch nicht umgesetzt oder aber alternativ wird festgestellt, dass alles so bleibt wie es ist.
Da das Haus ihres ist, habe ich natürlich kein Recht, dort irgendwo einzugreifen. An manchen Tagen denke ich, dass es mich alles nichts angeht und sie ihr eigenes Ding machen muss, an anderen Tagen denke ich, dass es falsch ist, es so weiterlaufen zu lassen. Es ist mittlerweile einfach so viel Gerümpel, dass meine Mutter alleine dagegen nicht mehr ankommen kann, weder finanziell noch körperlich. Wenn es so weitergeht, bleibt irgendwann ein Haus, welches die Nachkommen entrümpeln müssen, das vielleicht bereits irreparable Schäden hat, weil Sanierungsarbeiten nicht durchgeführt werden konnten oder durch die Berge an Sachen Schäden unentdeckt unentdeckt blieben.

Man fühlt sich so klein und machtlos.


 Antworten

 Beitrag melden
25.12.2020 09:16
#2
avatar

Herzlich willkommen saubär! 🎄

Ja, das ist schwierig. Auch wenn deine Mutter ein Haus hat bei dem man es nicht glauben möchte - ich nehme an, sie ist ein Ästhet. Gegenstände die ihr gefallen, „muss“ sie besitzen und kann sie einfach später nicht mehr loslassen und wenn es 10 oder 20 Gläser-Sets sind. Um beim Beispiel zu bleiben.

Manchen Betroffenen hilft es, von Kleidung, Büchern aber vor allem von den Gebrauchsgegenständen eine Lieblingssorte zu haben, und ein oder zwei andere, die gefühlt auf dem 2. Platz des Gefallens sind bleiben auch. Was einfach nur noch „da“ ist, den Platz verstopft, aber weder gebraucht wird noch dem Schönheitsideal entspricht darf dann verschenkt werden.

Ein Container ist da eine zu große Hürde. Wer mag seine Schätze in den Müll werfen?
Wo ist denn in der Nähe das nächste Sozialkaufhaus das Spenden entgegen nimmt? Vielleicht bekommt ihr ein Zimmer im Haus als Sortier-Arbeitsraum hin? Alles was dann von einer Sorte ist, kann dann je nach Thema zusammen getragen werden und nur die absoluten Favoriten bleiben. Der Rest macht dann andere froh.

Das ist ein längerer Prozess. Aber wenn man sich vorstellt es geht wenigstens häppchenweise voran, fühlt es sich schon anders an - auch für dich.

____________________
Viele Grüße, Jennifer

Das Leben umarmen ... ✨🤲

 Antworten

 Beitrag melden
25.12.2020 20:39 (zuletzt bearbeitet: 25.12.2020 20:41)
#3
avatar

hello lieber @saubär

recht herzlich willkommen, und das kommt erst am Weihnachtstag zu deiner Erkenntnis?

Würde dich natürlich nicht so bezeichnen, Saubär, aber dein nick ist so. oder wie ist es bei dir mit Sauber und Ordnung?

gestern hab noch durchgeputzt, obwohl Weihnachten ja auf dem Feld und im Stall stattfand und da ist nicht stylisch, fiehl mir grad heute ein, ja gemäß: und es begab sich....gestern fand’s ned, aber kenn ich eh etwas auswendig, ist am besten.

guten Abend, gesundheit, schöne Weihnachten weiterhin. Eine Ecke hab heute aufgeräumt und da geputzt, gleich noch mal besser, finde ich. Hab schon viel, aber ich nehm mir nun die Ecken vor.

gut nacht nachher, gesundheit
🙋‍♂️🙋‍♂️🙋‍♂️🎄🎄🎄🤗🤗🤗🌲🌲🌲🧐🧐🧐🌞🌞🌞🌞

Gepr. Immobilienmakler Real Estate Agent SGD 1,3
Certified Real Estate Agent SGD 2+

Immobilien-Weltweit Real Estate I-W-R-E, $ 34 c

 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!