Thema Aufräumen und dazugehörige Emotionen

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03.04.2022 14:06
#16
Wo

@Sybille

diesmal kann ich Dir nicht ganz zustimmen.
Faulsein ist nur eine Ausrede. Was soll er sonst sagen, wenn er den Grund für sein Messiesein nicht kennt.
Das Entweder Oder finde ich ausgesprochen schädlich. Das erzeugt große Ängste, die schlimmstenfalls zum Herzinfarkt führen kann. Er muß schon bei jedem Gegenstand gefragt werden. Nur, wenn es echter Abfall ist, ist das Nachfragen nicht erforderlich. Es ist doch garnicht sichergestellt, dass er gekündigt wird, wenn er irgendwelche Andenken nicht wegwirft Ist denn schon eine Wohnungsbesichtigung angekündigt? Wenn Sachen in Schränke geräumt werden können, dann sollte ihm gesagt werden, wo was liegt, sonst sucht er ewig nach seinen Sachen. Das trifft auch auf Weggeworfenes zu. Vermutlich geht es auch nur um das Saubermachen, wo die Sachen im Wege stehen. Da er sich aussuchen kann, wie er leben will, wird seine Wohnung auch nicht so schnell gekündigt. Da gibt es evtl. erst noch ein Gespräch zwischen ihm, Rosi und dem Vermieter. Also nicht den Teufel an die Wand malen.

viele Grüße
Wolfram


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03.04.2022 14:47
avatar  Rosi
#17
Ro

Hallo Wolfram, der drohende Verlust der Wohnung hängt immer wie ein Demoklates Schwert über ihm. Allerdings steht due rechtliche Betreuung mit dem Vermieter im Austausch und würde handeln, wenn es ganz eng wird.
Insgesamt wurde auch viel weggeworfen, was seiner Partnerin gehörte. Die ist im November verstorben. Ich finde das ganz schwierig, in einem Trauerprozess, solche Dinge zu entsorgen. Dem hätte ich gerne mehr Zeit gegeben
Bisher hatte habe ich geglaubt, dass er auch aufgrund seiner körperlichen Konstitution nicht wirklich was machen kann.
Also haben wir auch auf seinen Wunsch hin ihn erst einmal durchchecken lassen. Er ist fitter als er sich im Augenblick fühlt.
Tatsächlich hätte ich die Ordnung in der Wohnung hinten angestellt und hätte vielleicht angefangen mit ihm spazieren zu gehen.
Ist halt alles sehr verzwickt.


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03.04.2022 14:50
avatar  Rosi
#18
Ro

Vielen lieben Dank.
Ich möchte einfach gute Arbeit machen.
Und der Austausch mit den Kollegen ist etwas schwierig.
Deshalb wollte ich mir hier Anregungen holen.


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03.04.2022 16:22
#19
Wo

Wie Du es machst, ist es einigermassen richtig. Spazieren gehen, ist gut, aber aufpassen, dass er nicht plötzlich zusammenbricht. Wer hat denn wann die rechtl. Betreuung veranlasst? Und wie hat der Vermieter von seinem Messie erfahren? Und was geht an der Wohnung kaputt oder am Gebäude? Warum ist das Wegwerfen so eilig? Ich habe nach 20 Jahren angefangen, wegzuwerfen.
Wer bezahlt die kaputte Tür?

viele Grüße
Wolfram


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03.04.2022 18:31
avatar  IBI
#20
IB
IBI

Zitat von Rosi im Beitrag #17
Insgesamt wurde auch viel weggeworfen, was seiner Partnerin gehörte. Die ist im November verstorben.

Neben den Behörden ist das jetzt eine wunderbare Ergänzung zur Komplexität der Situation.

Sehr viele Menschen werden in einer Trauersituation zum Messie bzw. die Trauer trägt zur Depression bei und dann ist es nicht nur noch "Faulheit", auch wenn sie vorgeschoben wird.

Wer weiss, vielleicht waren beide Messie bzw. Vermüller.
Viele Messies - ob es auf ihn zutrifft ist bitte zu prüfen - hängen emotional sehr an ihren Gegenständen. Die Gegenstände ermöglichen sich an schöne Momente zu erinnern, wenn er sie sieht. Ein Teil der Gehirnfunktion wird sozusagen in die Wohnung ausgelagert. Klingt ungewöhnlich, doch für meine Person kann ich das so darstellen, denn ich weiss inzwischen über meine Hirnfunktionen, dass sie sich bereits in früher Kindheit nicht normal entwickeln konnten und damit "Ersatzverhaltensweisen" entstanden sind.
Die emotionale Hirnbrücke ist in ihrer Funktion eingeschränkt.
Wenn die nicht richtig entwickelt ist - wofür der Klient nichts kann - ist es extrem intensiv für ihn mit der Trauer umzugehen oder mit übrigen Emotionen.
Die Energien im Körper fliessen kaum und sie wie eingefroren.

Daher meine Bitte----egal welche Art Emotionen ihr begegnet - bitte sehr behutsam dosieren, sonst kann sein Nervensystem das nicht verarbeiten und reagiert mit dem überlebensmechnismus des Erstarrens und damit des Nichtstuns.

Es muss nicht sein, dass es bei ihm so ist, wenn er den Verlust der Gegenstände seiner Partnerin verkraftet hat. Doch es kann sein, dass ihm nicht nur der Tod der Partnerin zu schaffen macht, sondern auch der Verlust vieler ihrer persönlicher Dinge, mit denen er positive Erinnerungen verbindet.

Er ist erwachsen. Vielleicht könntet ihr einen "Test" machen und ihn bitten einige Tage mit einem Schafsack und wenig Hab und Gut auf der Strasse unterwegs zu sein und zu nächtigen. Dann fällt es ihm vielleicht leichter zu wählen, wie er leben möchte. Obdachlos ohne Adresse oder in seinen aktuellen 4 Wänden.

Jedenfalls könnte eine leere Wohnung für ihn der Trigger sein, an die Leere in seinem inneren unbewusst erinnert zu werden. Die fehlende Partnerin ergänzt die Erinnerung an eine Leere. Das wird das Aufräumen nicht erleichtern. Ihm ist das alles unbewusst und er kann keinem sagen, warum es ihm so schlecht geht wie es ihm schlecht geht.

Als ich einige Monate in einer aufgeräumten Wohnung lebte, die ich bewusst nicht füllen wollten, habe ich lange gebraucht, um die Leere als Trigger zu identifizieren. Ich merkte, dass es mir schlecht ging, doch ich hatte keine Ahnung, dass es die Leere war, bis ich darüber etwas in einem Buch über Entwicklungstrauma las. Dann ging es mir erst recht schlecht, denn diese Leere ist kein sonderlich tolles Gefühl, wenn sie mit voller Wucht ins Bewusstsein rückt.
Da ich um diesen Trigger weiss, finde ich mein Chaos in meiner Wohnung sehr angemessen, bis es mir gelingt all dieses Themen rund um meine innere Leere emotional zu verarbeiten.
Glücklicherweise ist es nicht das Vermüllungssyndrom, das mich begleitet. Nassmüll und Kompost und anderen Müll, der zu schimmeln neigt, hat bei mir kein Bleiberecht. Da tickt mein Gesundheitsanteil stärker und in dieser Hinsicht funktioniert das Aufräumen bei mir.

Die Chance, dass ihr ihn mit einer Hau-Ruck-Entsorgungsaktion zu schnell wieder mit einer Leere konfrontiert, die er nicht ertragen kann und ihn so re-traumatisiert ist bedauerlicherweise sehr hoch. Mit dem Wissen, dass der Vermieter sich Sorgen um die Substanz seines Gebäudes macht.

Ich weiss nicht wie alt der Klient ist, möglicherweise ist für ihn ein Anschluss in ein "betreutes Wohnen Modell" hilfreich, bei dem er sehr regelmässig unangekündigten Besuch erhält, um seine Wohnung in einem chaotischen, aber nicht vermüllten Zustand aufrecht zu erhalten.
Seit diesem Jahr ist Messie in der ICD als Diagnose -sie nennt sich im Fachjargon anders - drin, und möglicherweise gibt es dadurch entsprechende Unterstützungsmöglichkeiten - ähnlich wie eine Suchtklinik für Alkoholiker.

Seid möglichst transparent über die Folgen, die sein "Nichthandeln" nach sich zieht und ja, egal was ihr gerade wählt, mir scheint, emotional wird es ihn überfordern und da wär eine therapeutische Unterstützung angebracht.


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