Ist alles durch Trauma bedingt, alles durch Gene, oder...?

  • Seite 1 von 54
10.12.2022 11:29 (zuletzt bearbeitet: 10.12.2022 11:32)
avatar  Robin
#1
avatar

@IBI + alle anderen auch

Hallo, für diese Debatte hab ich mal 'nen neuen Thread aufgemacht, um ein bisschen aufzuräumen! 😁

Zitat von IBI im Beitrag Erste kleine Schritte
Wir haben wohl sehr unterschiedliche Auffassungen, was den Begriff Trauma betrifft. Über den habe ich in den letzten drei Jahren viel gelernt. Diesen Teil meiner Kompetenz lasse ich mir nicht nehmen.


Ich will dir nichts nehmen. Aber ein bisschen widersprechen sollte schon erlaubt sein.
Mich würde auch interessieren, wie andere über die Sache denken, insbesondere Menschen mit PTBS.

Zitat von IBI im Beitrag Erste kleine Schritte
Alles, was du erwähnt hast, können Ursachen von Trauma sein und fast alle Diagnosen und Syndromen - wozu Asperger ebenfalls gehört - können aus Traumen resultieren.


Der Stand der Forschung ist meines Wissens, dass Asperger, ADHS u.ä. hochgradig genetisch bedingt sind. Außerdem gibt es sowohl physiologische erworbene Faktoren (z.B. kommt in auffallend vielen Biographien autistischer Menschen eine Mittelohrentzündung in der frühen Kindheit vor, und von diesen ist bekannt, dass sie ins Hirn wandern oder sich bis dahin auswirken können), als auch soziale Faktoren (z.B. vertritt ein weltweit führender Autismus-Spezialist die Ansicht, dass autistische Mädchen deshalb unauffälliger im Sozialverhalten sind, weil nichtautistische Mädchen eher dazu neigen, "Andersartige" zu integrieren und ihnen bei Schwierigkeiten zu helfen, während nichtautistische Jungen sie zuunterst in die Hackordnung stecken und verhauen).

Grundsätzlich *immer* ist unser individuelles So-sein aus inneren und äußeren Faktoren/Bedingungen entstanden, und zwar nicht *ein* äußerer und *ein* innerer, sondern jeweils viele davon, und die stehen alle miteinander in Wechselwirkung. So lässt sich übrigens sehr leicht erklären, dass jeder Mensch anders ist, während alles lineare, monokausale schnell dahin führt, dass Gruppen von Menschen als "alle gleich" gedacht werden.

Zitat von IBI im Beitrag Erste kleine Schritte
Manchmal sind sie genetisch bedingt, weil die Eltern die Traumatisierungen über ihre Gene weitergeben. Kollektives Trauma geht einige Generationen zurück.


Das ist super interessant, auch grade für mich! In der Zeit, in der ich psychisch erkrankt war, habe ich es sehr stark so empfunden, dass es eine Familienkrankheit war, die ein Trauma zur Ursache hatte, das vor meiner Geburt lag. Nicht nur meine Mutter, auch meine Oma mütterlicherseits ist ja an Alkoholismus gestorben... Weil es sich mit den selbstzerstörerischen und gewalttätigen Zwangsgedanken ganz wie ein Dämon angefühlt hat, habe ich es einen Dybbuk genannt. Das sind in der jüdischen Mythologie Familiendämonen. Niemand hat mir gesagt, was die Ursache von dem Trauma war... Als junge Erwachsene habe ich, glaube ich, selbst einen Teil davon entdeckt, als eine Mitbewohnerin ein Platte mit jiddischen Liedern auflegte. Es war, als ob ich die Stimme meiner Oma höre, ich war wie elektrisiert... Dann sind mir nach und nach all die seltsamen Andeutungen meiner Mutter über die Herkunft meiner Oma und solches Zeug eingefallen, und ich habe mich nicht getraut, mit irgendjemandem darüber zu sprechen, weil das emotional irgendwie zu heftig war für mich und ich dachte, dass mir niemand glauben würde. Ich war aber wohl eine lebende Litfaßsäule, vermute ich, denn mein Sohn hat die Sache krass aufgegriffen - obwohl ich grade mit ihm definitiv nicht darüber gesprochen hab. Er kriegte aber zu der Zeit, wo mich das so stark beschäftigte, einen ziemlich multikulturellen Religionsunterricht in der Schule, und bemalte in einer heimlichen Aktion die Wände seines Zimmers mit Davidsternen, servierte uns eine jüdische Festtagsspeise zu irgendeinem Feiertag, von dem ich nix wusste, und wollte immerzu mehr über Moses hören. (Später wechselte die Lehrerin, da wurde alles sehr christlich, und er hat das mit gleicher Vehemenz abgelehnt und sich zum Atheisten erklärt.) Mittlerweile habe ich die Bestätigung, dass meine Oma jiddisch gesprochen hat (für mehr aber auch nicht, allerdings behauptet eine jüdische Freundin, dass in der Zeit Nichtjuden kein Jiddisch hätten lernen können).

Ich möchte damit keine Diskussion über Religion lostreten. Also bitte keine Kommentare in die Richtung. Es geht hier um die Frage, ob und wie traumatische Erfahrungen in der Familie weitergegeben werden. Vielleicht auch, was eine traumatische Erfahrung *ist*...

Weißt du das sicher mit den Genen? Ich denke, dass wir, wenn wir über was nicht reden können, was aber wichtig ist, mit versteckten Zeichen und abgebrochenen Andeutungen nur so um uns werfen, und dass vielleicht sogar Telepathie eine Rolle spielt. Von letzterer auszugehen hilft m.E. auch, um die Sprachentwicklung bei Kindern zu verstehen. Es ist nämlich nur ein Teil der Wörter gegenständlich genug, dass man durch Zeigen oder Kontext verstehen kann, was damit gemeint ist.

Zitat von IBI im Beitrag Erste kleine Schritte
Ich habe emotionalen Missbrauch erfahren, zu einer Zeit als ich noch nicht bewusst denken konnte.


Hmmm. Das gibt es und ist furchtbar! Und es ist sicherlich schwer, an die Erinnerungen überhaupt ranzukommen. Und da ist der Punkt: Woher weiß man dann, dass es so war?

Zitat von IBI im Beitrag Erste kleine Schritte
Seine Kindheit mit alkoholkranken Eltern verbringen zu müssen, könnte zu emotionalen Missbrauch geführt haben oder anderen Arten des Missbrauchs.


Klaro! Besonders, als meine Mutter mir sagte, sie würde sich gern scheiden lassen, aber das ginge ja nicht "wegen der Kinder" (wörtlich!). Emotional habe ich das gar nicht an mich rangelassen, intellektuell auch nicht, aber mein Verhalten hat sich komplett verändert. Ich wurde mit 15 vom Kind, das noch auf selbstgebastelten Steckenpferden ritt, zur Erwachsenen, die überhaupt nicht einsieht, wieso irgendjemand das Recht haben sollte, sie zwangsweise in der Schule mit irgendwelchem Zeugs zu behelligen, oder nachts zu Hause zu sein u.ä., und mit 17 hab ich geheiratet und meinen eigenen Haushalt gegründet.

Zitat von IBI im Beitrag Erste kleine Schritte
Ich nehme zur Kenntnis, dass du deine Lebenserfahrungen nicht als traumatisch einstufst, obwohl in all deinen Beschreibungen reichlich Grundlagen dafür aus meiner Sicht vorhanden sind.


Ich habe kein PTBS. Selbstverständlich machen wir alle mehr oder weniger Erfahrungen, die "irgendwie" traumatisierend sind. Ich erinnere mich an ein Buch von einem Psychologen, der sehr überzeugend argumentierte, dass schon der Geburtsvorgang eine hochgradig traumatisierende Erfahrung ist.

Zitat von IBI im Beitrag Erste kleine Schritte
So wie du habe ich früher ebenfalls gedacht.


Fein, dann verstehst du mich ja. Und ich kann vielleicht was lernen.

Zitat von IBI im Beitrag Erste kleine Schritte
Von mir zu denken, dass ich gesund bin trotz meines chaotischen Syndroms war nicht einfach.


Das ist gut, dass du so denkst! Das ist für mich nämlich der wesentliche Punkt. Man soll Krankheiten nicht ignorieren, aber man soll auch gesunden Leuten nicht einreden, dass sie krank sind.

Zitat von IBI im Beitrag Erste kleine Schritte
Bist du gesund trotz deines diagnostizierten Asperger Syndroms?


Ja klar! AS ist Teil der menschlichen Vielfalt. Man erkrankt nicht daran, und man wird auch nicht"wieder gesund". Man ist so geboren und bleibt so. Genauso wie manche Leute rothaarig geboren werden oder homosexuell.


 Antworten

 Beitrag melden
10.12.2022 12:58
avatar  IBI
#2
IB
IBI

ALLES durch TRAUMA ALLES DURCH GENE

Deinem Threadtitel widerspreche ich.....ALLES ist es sicher nicht.
Es können Kombinationen aus diversen Erfahrungen zusammen kommen und ein Teil davon beruht auf TRAUMA.
Die Chance ist hoch, wenn sich durch TRAUMAintegration etwas bessert, dass sich die anderen Bereiche parallel mit verbessern.
Die Neuroplastitizität unserer Zellen ist hoch.
Das hat oft Kopfschmerzen gegeben, wenn sich die Zellen neu geordnet haben und Bereiche durchblutet wurden, die mein Hirn selten verwendet hat. Heilende Kopfschmerzen nehme ich an und sind ein gutes Zeichen, trotzdem, dass es mit physischem Schmerz verknüpft ist.

Zitat von Miranda im Beitrag #1
Der Stand der Forschung ist meines Wissens, dass Asperger, ADHS u.ä. hochgradig genetisch bedingt sind.

Ja, das hörte ich auch.
Gleichzeitig gibt es Medikamente, die Einfluss nehmen auf die Krankheitsbilder, sprich sie verändern irgendwas in den Zellen.
Es gibt ein Buch - das empathische Gen. Ich bin noch nicht fertig mit Lesen, doch der Genetiker, der es schreibt, sagt, dass auch GENE sich ändern können.
Also, wenn du "veränderbare" Gene geerbt bekommen hast, besteht die Chance, dass sich etwas bei den Syndromen bessern kann.

In unserer Familie gibt es einen erblichen Gendefekt. Er zeigt sich nicht bei allen Familienmitgliedern und ist höchst selten weltweit.
Ist er durch Trauma vor vielen Generationen entstanden? Oder gab es andere Ursachen dafür, ein spezieller Virus oder was auch immer?
Keine Ahnung.
Inzwischen weiss ich, dass wir unseren Vater an diesem Gendefekt und seinen Folgen verloren haben.
Ich kann es weder auf TRAUMA noch auf GENE zuordnen, weil nicht bekannt ist, woher der Gendefekt resultiert. Durch falsche Ernährung unserer UR-UR-UR-UR-UR-.....UR-Ahnen?

Zitat von Miranda im Beitrag #1
Mittelohrentzündung in der frühen Kindheit vor, und von diesen ist bekannt, dass sie ins Hirn wandern

Das Mittelohr ist Nahe am Gehirn und die Entzündungs-Bakterien können das Hirn beeinträchtigen.
Bei Demenz sind es oftmals Bakterien, die von der Mundschleimhaut her, die Nervenstrukturen im Hirn beeinträchtigen.
Solche Darstellungen habe ich im Buch - die darm hirn connection gelesen.

Zitat von Miranda im Beitrag #1
In der Zeit, in der ich psychisch erkrankt war, habe ich es sehr stark so empfunden, dass es eine Familienkrankheit war, die ein Trauma zur Ursache hatte, das vor meiner Geburt lag.

Trauma hat die Eigenheit, sich zu wiederholen....wenn sich der Alkoholismus in eurer Familienkette wiederholt, ist die Möglichkeit hoch, dass es ein Transgenerationales Trauma ist.

Zitat von Miranda im Beitrag #1
Nicht nur meine Mutter, auch meine Oma mütterlicherseits ist ja an Alkoholismus gestorben..

So zeigt sich die Wiederholung beispielsweise

Ich hatte kürzlich eine Sitzung mit einer Person, die sich mit Ahnen verbinden kann. Bis in die 4. Generation meiner Ahnen mütterlicherseits - sowohl die Kette der Mutter meiner Mutter als auch die Kette des Vaters meiner Mutter - hat sie meine Ahnen gebeten, mich loszulassen.

Es gibt ein Buch: Die sieben Seelen eines Lebens.....das hatte mich sehr beeindruckt.

Zitat von Miranda im Beitrag #1
Weißt du das sicher mit den Genen?

Nein, ich weiss es nicht sicher.
Wenn ich lese, dass es Gene gibt, die veränderlich sind, glaube ich daran, dass die Möglichkeit besteht, negative Genveränderungen zurück in neutrale oder positive zu verwandeln.
Glaubst du daran, dass GENE fest sind----dann bleibt es wie es ist.
Die Evolution würde nicht stattfinden, wenn sich GENE nicht ändern.
Ich glaube daran, dass ich auf meine Gene einen Einfluss nehmen kann, mit dem Wissen, dass sich auf dieser Körperebene die Veränderungen langsam vorwärts kommen.

Zitat von Miranda im Beitrag #1
Woher weiß man dann, dass es so war?

Hypnose zum Beispiel. Erzählungen der Eltern. Wenn ein Bild nach einer SE Sitzung in mir auftaucht, in dem ich als Säugling von der Wickelkommode gefallen bin, wird dieses Bild seinen Grund haben.

Zitat von Miranda im Beitrag #1
Ich habe kein PTBS.

Ich habe diesen Diagnosebegriff nicht verwendet, sondern das Wort TRAUMA.
Deine Interpretation, wenn du an Trauma denkst.

Gemäss unserer Definition ist TRAUMA keine Krankheit. Dann gibt keine Diagnose im Krankheitssinne dazu.
Trauma kann dazu führen, dass aus einzelnen Symptomen Syndrome entstehen und die können diagnostiziert werden, das ist korrekt.


Zitat von Miranda im Beitrag #1
Geburtsvorgang eine hochgradig traumatisierende Erfahrung ist.

Jep, das ist es.....eine Hypnoseerfahrung dazu hatte ich.


 Antworten

 Beitrag melden
10.12.2022 15:38
avatar  bisram
#3
bi

Inzwischen gibt es Forschungen das nicht alles an den Genen liegt, sondern an Epigenen, die wir sehr wohl über Ernährung und Lebensführung beeinflussen können, so dass genetisch verebte Dispositionen zu Krankheiten diese am Ausbruch hemmen. Mit homöopathischen Mitteln lassen sich auch genetische Krankheitsinformationen löschen. Einfach mal googeln nach Miasmen. Zum Beispiel einer Deiner Vorfahren im Mittelalter hatte die Krätze. Die Information der Krankheit ist in Deinen Genen gespeichert. Aber Du bekommst unter heutigen Hygienebedingungen keine Krätze, aber Du bekommst vielleicht eine Schuppenflechte durch ein Trauma einer Grenzverletzung (Zwang zum Friseur zu gehen als Kind gegen den eigenen Willen, sexueller Mißbrauch oder ähnliches). Also es braucht immer noch einen Auslöser / Trigger bevor die Krankheit ausbricht.


 Antworten

 Beitrag melden
10.12.2022 15:47
avatar  bisram
#4
bi

es muss "vererbte" Dispositionen heißen


 Antworten

 Beitrag melden
10.12.2022 19:10
avatar  IBI
#5
IB
IBI

DAnke Bisram
stimmt, diese GEn-unterscheidung gibt es in dem von mir erwähnten buch.


 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!