Minimalismus und Cleanie-Wohnungen

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17.01.2018 17:32
#1
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Moderator

Wenn ich Videos von Minimalisten sehen, die ihre Wohnung präsentieren mit wenig Einrichtung, sehr spartanisch und trotzdem hübsch, oder auch Cleanie-Wohnungen, so Vorzeige-Wohnungen, wo z. B. Marie Kundu zu Besuch war oder Tine Wittler mit gewirkt hat, nach Einsatz in 4 Wänden oder nach Wohnungstausch Putzteufel gegen Messie, dann bin ich doppelt frustriert. Einmal, weil es bei uns nie so aussehen würde. Dann, weil ich nicht wüsste, wie ich das alleine schaffen sollte, die Wohnung in einen derart vorzeigefähigen Zustand zu bringen.

Zusätzlich schäme ich mich noch mehr für unsere Messiewohnung und unser Unvermögen, was ändern zu können. Die Prokrastination/Aufschieberitis kommt noch dazu. Ich sehe das Chaos und lasse es einfach stehen, weil ich nicht weiß, wohin damit. Ich bin so hilflos gegen die vielen Sachen, die ja auch alle benötigt werden. Dazu kommt, dass es allgemein heißt, Messies würden sammeln. Keine Wertgegenstände, nur Gebrauchsgegenstände. Ja ich habe 4 Scheren und 4 bis 5 Maßbänder, aber nicht, weil ich sie sammele, sondern weil ich die hier irgendwo verbliebenen Maßbänder und Scheren einfach nicht wiederfinde. Was ich neulich gekauft habe, liegt auf dem Wohnzimmertisch, wo ich es ja oft auch suche, wenn ich es brauche. Nein, ich sammle keine Scheren. Ich finde sie nur nicht! Deshalb habe ich so viel davon.

Wolle sammle ich, weil ich zugreife, wenn ich Sonderangebote sehe im Discounter oder bei Tedi oder so. Wenn ich dann Socken stricken will, ist was da. Will ich Pullover stricken, ist immer was da. Es wird Jahre dauern, das alles zu verstricken.
Ich sammle Schmuck. Ohrringe in allen möglichen Farben, passend zu den Klamotten, und möglichst auch Ketten in den passenden Farben dazu. Das ist das, was ich sammle. Die anderen Sachen, die ich 4-5fach habe, sind deshalb gekauft worden, weil ich die anderen einfach nicht mehr finde.

Dann empfinde ich es als frustrierend und komme mir minderwertig vor, wenn ich sehe, wie Minimalismus und Feng-Shui angepriesen wird und Wohnungen im Fernsehen gezeigt werden, die derart vorzeigbar sind, von Minimalisten und Sauberkeitsfanatikern, oder einfach nur von Innendekorateuren oder -architekten. Dann fühle ich mich noch schäbiger und schäme mich erst recht für das ganze Chaos hier und den Dreck, weil es kaum Flächen gibt, die man einfach so sauber putzen könnte.

Wir sind seit 12 Jahren Messies. Ich habe keine Ahnung, wie sich das ändern könnte. Von Ergotherapie bei Prokrastination habe ich schon gelesen. Wenn ich das in die Suchmaschine eingebe, finde ich entweder nur Praxis für Ergotherapie, was auch Physiotherapie sein könnte. Die einzige Praxis, die beides anbietet, befindet sich in einem anderen Landkreis. Von denen kommt bestimmt keiner zu uns nach Hause.

Wenn es ums Selbstwertgefühl geht, lebe ich auch den Minimalismus. So wenig wie irgend möglich vorhanden. Dann sieht man noch die andere Seite immer und hat Angst, herablassend beurteilt zu werden. So ist das, wenn man nichts findet: Man hat alles 5fach, findet aber nur eine Sache davon. Meist die, die man vor kurzem gekauft hat. Besuche ich Vater oder Schwester, habe ich noch mehr das Gefühl, schlampig zu sein und hätte Angst, wenn einer von beiden plötzlich auf der Matte stünde. Wir würden dann auch nicht öffnen.

Viele Grüsse
Draculara

http://www.draculara.de

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Eine Lösung setzt ein Problem voraus. Ich kenne meine Fehler, das hält mich aber nicht davon ab, sie zu machen

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17.01.2018 20:31
avatar  Inci
#2
In

Hallo @Draculara,

ich schreibe hier nun, wie ich das mache, denn mein Haus ist ja auch zu voll.
Du schreibst, dass Du viele Sachen mehrmals kaufen würdest, weil Du nichts wieder findest.
Wär es denn nicht eine Möglichkeit, z.B. 3 von 5 Scheren weg zu schmeißen oder zu verschenken und die 2 besten aufzuheben?
Ich mache das so.
Wenn ich dann mal keine Schere finde, habe ich Pech gehabt. Dann finde ich sie ein anderes Mal durch Zufall.
"Ich bin so hilflos gegen die vielen Sachen, die ja auch alle benötigt werden"- nee, die werden nicht alle benötigt. Man benötigt nicht 5 Scheren....
Auch ich horte Wolle. Aber das ist doch Quatsch. Wolle kann man immer kaufen.

Ich weiß nicht, wie groß Eure Wohnung ist. Wir haben früher in 80 qm gewohnt, meine Eltern und 4 Kinder. Bei uns war kein Chaos. Es war aufgeräumt. Wir hatten nicht viel, weil man nicht viel braucht. Es ist unser Konsumwahn. Wolle kaufen weil es ein Sonderangebot ist.., ja, kenne ich,; ich kann in meinem ganzen Leben die Wolle nicht mehr verstricken.. Deshalb habe ich mir verboten, weitere Wolle zu kaufen.

Ich hatte 5 Sitzungen Ergotherapie. Es wurde nicht bedeutsam an meinem Messieproblem gearbeitet. Jedoch an meinem Selbstwertgefühl. Es war richtig toll.
Ich schiebe nicht mehr so viel auf. Und zwar deshalb nicht, weil ich mir dafür zu schade bin.
Es ist schwierig, ein Rezept zu bekommen, die Rezepte belasten sehr das Budjet des Arztes. Am besten dafür ist ein Facharzt.
Ich war in einer "normalen" Praxis für Ergotherapie. Ergotherapie mit dem Schwerpunkt Prokrastination gibt es hier auch nicht.

Ich bin mir auch zu schade für ein Chaoshaus. Vor ein paar Monaten wollte ich noch aufgeben. Jetzt denke ich, um Gottes Willen, mein schönes Haus, aufgeben, niemals! Ich kriegs schon irgendwie hin alles.

Ja, mir fällt das Wegschmeißen auch sehr schwer. Die Entsorgung ist dazu noch so schwierig und teuer.

Ich meine ja auch immer, dass ich das ganze Zeugs brauchen würde. Jedoch benutze ich das meiste gar nicht. ...! Ich beschäftige mich mit ganz anderen Dingen. Das Zeugs ist nur dafür da, dass ich es irgendwann mal brauchen KÖNNTE.
Ich brauche meine Tiere und meinen Garten. Das ist auch den ganzen Tag meine Beschäftigung. Das Zeugs liegt hier einfach nur rum, ärgert mich und kostet Energie. Nicht sehr sinnig!

Ich glaube, das Wichtigste ist die Erkenntnis, dass man so manches Zeugs nicht braucht.

Inci


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18.01.2018 11:40
avatar  Wolfram
#3
Wo

danke @Inci

kaufen und nach Benutzung wegwerfen, weil sich die Schere wieder angefunden hat, kann ich auch nicht.
Es ist nicht sichergestellt, dass es immer Wolle zu kaufen gibt. Dazu müssen nämlich andere arbeiten. Verwendbare Wolle wächst nicht auf der Erde.

@Draculara

Wir haben doch so viel zu tun. Wenn Du eine Schere nicht findest, die Du gerade brauchst, legst Du diese Arbeit beiseite und machst etwas anderes. Wozu brauchst Du zum Filmen eine Schere. Nur so als Beispiel. Sicherlich wird sich die Schere auch nicht anfinden, wenn Du nur am PC sitzt. (eigene Erfahrung). Wenn Du aber irgendetwas anderes machst, wo Du in Bewegung bist, dann wirst Du irgendwann auch die Schere finden. Wichtig, nicht danach suchen. Dann kommt manchmal so ein AHA Effekt. Oh, da ist ja die Schere, die ich so lange gesucht habe.
Also Aufgaben tauschen und Du sparst Geld.

viele Grüße
Wolfram


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18.01.2018 12:17
#4
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Moderator

@Wolfram @Inci Jetzt habe ich die eine Schere in der Küche und die andere im Arbeitszimmer. Meist brauche ich die Schere sofort, wenn ich eine Verpackung aufschneiden muss oder einen Reisbeutel oder ähnliches. Da kann ich nicht den Reis einfach hin legen und einen Tag später essen, wenn ich die Schere gefunden habe. Darum habe ich eine gekauft damals, als ich die nicht fand und die andere im Arbeitszimmer auch verlegt hatte. Einmal, auch wenn es ein schweres Unterfangen ist, kann man mit dem Messer aufschneiden. Das ist aber auch so ein Problem. Unsere ganzen scharfen Messer, insbesondere 3 Schälmesser für Kartoffeln, sind weg, und ich weiß nicht wo ich suchen soll. Es läuft darauf hinaus, dass ich ein 4. kaufen muss, weil ich die 3 anderen einfach nicht finde. Sie sind normalerweise in der Besteckschublade, und warum dort nur noch normale Speisemesser sind, weiß ich nicht. Das ist schwer zu verstehen, wenn solche Sachen "einfach spurlos verschwinden". Aber es ist so.

Wolle gibt es vielleicht alle paar Jahre im Discounter zu kaufen. Und dann greife ich natürlich zu. Mal ist es Sockenwolle und mal für Kopfkissen oder ähnliches.
Bei Rossmann gibt es auch nur ein paar Monate lang eine bestimmte Wollart (Farbe und Stärke müssen stimmen) zu kaufen. Wenn es andere gibt und die nicht mehr nach Rossmann liefern, muss ich für den Pulli oder was ich stricke, genug eingekauft haben, damit es für den Pulli/die Jacke reicht.

Maßbänder habe ich jetzt 2 neue. Das eine ist noch in der Tasche und das andere auf dem Tisch. Aber weil solche Sachen wie beispielsweise Schälmesser "einfach verschwinden", muss ich nun mal viele neu kaufen. Das Suchen würde einfach zu lange dauern. Selbst wenn ich suche, ist nicht gewährleistet, dass ich finde, was ich suche. Meist finde ich was anderes und weiß dann nicht, wohin damit. Beispiel: Ich suche Maßbänder und finde Schälmesser. Die Schälmesser kommen in die Schublade, das Maßband wird nicht gefunden, also muss ich es kaufen. Oder: Ich suche Klebeband und finde stattdessen Reißzwecken. Die sind im Glas, und das Glas muss ich zu meinen Handarbeitssachen stellen. Neulich habe ich zufällig mein Telefonbuch gefunden (wo ich alle Nummern und Namen eingetragen habe). Nicht das von der Telekom, das private. Ein Jahr war es weg. Gesucht hatte ich Überweisungsträger und hab dann einfach neue bei der Bank geholt.

So ist es, wenn man was nicht findet. Man sucht und findet was anderes. Froh über den Fund bin ich trotzdem, schließlich sind dort Familienangehörige und Geburtstage auch drin. Meist sind es aber Sachen, wo man nicht weiß, wohin damit. Eben auch bei kleinen Sachen, die man nicht mehr unterbringt. Oder so was wie Schuhe, die alle nicht mehr in den Schuhschrank passen und einfach kreuz und quer im Flur rum liegen. Oder Haartönungen, weil im Bad einfach kein Platz mehr ist, ich habe schon Plastikkisten übereinander gestapelt für die Sachen, die nicht mehr ins Regal passen. Die lasse ich dann eben auf dem Fußboden oder in der Kiste liegen, weil sie sonst nirgends rein passen und ich erst färbe, wenn ich beim Friseur war. Anziehsachen, die nicht mehr in den Schrank passen, wenn es so eng ist, dass man sie einfach über die Kleiderstange stopft oder irgendwo dazwischen pfeffert. Oder die über dem Koffer drapiert werden, weil die Schränke alle voll sind. Sachen, die (noch) nicht passen, bleiben einfach im Schrank für den Fall, dass sie doch wieder passen... Ich finde für nichts eine Lösung und lasse das Chaos wie es ist, weil ich nur einen Stapel von einem Zimmer ins andere tragen kann. Abtragen, also weg schmeißen, kann ich nicht. Es wird alles gebraucht.

Viele Grüsse
Draculara

http://www.draculara.de

http://messie.bplaced.net/messie

Eine Lösung setzt ein Problem voraus. Ich kenne meine Fehler, das hält mich aber nicht davon ab, sie zu machen

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18.01.2018 12:48 (zuletzt bearbeitet: 18.01.2018 13:13)
avatar  Inci
#5
In

@Wolfram

ja, ich meinte die qualitativ schlechtesten Scheren wegschmeißen, vielleicht geht das. Von 5 3 behalten.

Ja, ich kanns ja auch nicht. Habe immer Ausreden. :"Diese Schere könnte ich noch im Stall benutzen.."

Ich habe auch immer Problem mit Scheren, ständig braucht man die. Deshalb liegt immer eine auf dem Schreibtisch. Und eine in der Küche.

@Draculara Aber man BRAUCHT doch nicht so viel Zeugs, oder?

Ich habe für mich überlegt, was bedeutet "brauchen"? Manches Zeugs brauch ich nur, weil ich mich nicht trennen kann und nicht in die Situation des Loslassens zu kommen. Dann habe ich lieber überfüllte Schränke.

Man sagt mir immer, dass ich loslassen soll. Ja, ich soll es!
Durch diesen Satz lerne ich es aber nicht :-(



Mich ärgert der ganze unnötige Quatsch hier und das finde ich gut. Mit dem Ärger ist ja ein Anfang da. Damit kann sich ja was verändern.

Inci


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