Ist wirklich alles schlecht??

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21.01.2023 10:05 (zuletzt bearbeitet: 21.01.2023 10:25)
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#6
IB
IBI

ACHTUNG: bitte nur lesen, wenn ihr dafür bereit seid....viele Triggeroptionen stecken in meiner Antwort.


Zitat von Herdamit im Beitrag #1
Es ist doch sicherlich nicht immer ein Notfall oder etwas Negatives, Messie zu SEIN.


Stimmt.
Im "Messiehaften" liegt für die meisten, die so leben ein wichtiger Vorteil. Ungünstigerweise haben die wenigsten einen Zugang zu sich und können nicht nachvollziehen, welche Vorteile darin verborgen liegen.

Ich habe einige der Vorteile sehr lange nicht nachvollziehen können, weil sie die Handlung "Messie" absurd zum Vorteil zu sein scheint. Als Kleinkind ist mensch sich seiner Handlungen und Reaktionen am wenigsten bewusst, da das Gehirn in diesen Lebensphasen sich in der "Ausbau- und Erweiterungsphase", gleichsam des gesamten Körperbaus befindet.
Jeder kann nur so reagieren wie ihm Fähigkeiten und körperliche Konstitutionen zur Verfügung stehen sowie wie ihm geholfen wird, damit umzugehen.

Irgendwann können diese damals sehr wichtigen (über-)lebensreaktionen in eine "krankhafte" Situation kippen bzw. erwachsen daraus die ein oder anderen in der ICD 11 Liste benannten und anerkannten Syndrome oder auch syndrome, die nicht von medizinischen experten anerkannt sind.
Aus Perspektive eines gesunden menschen, mag das messiesysndrom einen krankhaften eindruck erwecken.
Aus Perspektive eines Messies, ist das Syndrom unter anderem dazu da, einen Halt zu bieten und eine Sicherheit, die die Gegenstände ermöglichen.
Normalerweise würde ein Mensch die Sicherheit im inneren seines Körpers finden und ebenfalls ein Gefühl für gehalten werden, doch wenn das in Kindheitstagen zum "Ausfall" gehört hat, von den Eltern oder anderen Bezugspersonen, gehalten zu werden und in sicherheit gewogen zu werden, woher die Sicherheit nehmen.
Gegenstände laufen uns nicht weg. Sie rutschen höchstens mal bei Erschütterungen von ihrem hohen Turm, den der Messie gebaut hat, und die Erschütterung hat die Person ggf. ausgelöst oder eine Panzer der die Strasse vibrieren lässt und damit das ganze Haus (auf unser Haus und der Strasse trifft das zu).
Messie sein bedeutet oftmals Ersatzhandlung für etwas, das er in frühen Kindheitstage nicht erhalten hat. Und bevor ein Messie sich die Sicherheit und den Halt nicht aus dem eigenen inneren heraus geben kann, ist für die Person, die Ersatzhandlung die stimmige Wahl.

Andere glauben, dass Drogen oder Alkohol dazu verhelfen.
Die nächsten nutzen nutzen ihren Spieltrieb dazu und merken nicht, wann der Ernst der Lage nach Aufmerksamkeit ruft.
Meistens erkennen die wenigsten Menschen, woraus die "krankhaften" Verhaltensweisen resultieren und noch weniger Menschen wissen nicht, was eine Person unterstützen könnte, um diese Muster aus sich selber heraus verändern zu können.
Menschen zu befähigen, ihre Lebensweise zu verändern, wenn GENAU diese Muster Sicherheit und HALT bieten, ist nicht einfach. Es braucht erst eine andere Qualität von Sicherheit und Halt, ehe Bereitschaft da sein kann, die Lebensweise drastisch zu verändern.
Für mich ist das der Fall und ich vermag mir bisher noch keinen inneren HALT und keine eigene innere Sicherheit zu geben. Ich arbeite daran und täglich kommt ein kleines MY davon mehr in meinen Körper zurück.
Für mich ist es o.k., in einer chaotischen Wohnung zu leben, für meinen Partner nicht.
Für mich ist es wichtig, die Gegenstände um mich zu haben, denn den Halt den ich brauche, bekomme ich von meinem Partner nicht. Er hat seine eigene innere Sicherheit und braucht kein Chaos um sich, das wirkt auf ihn verunsichernd.
Somit gibt es sehr unterschiedliche Perspektiven in Bezug auf Chaos, um nur diese Mini-Beispiel dazustellen.
Mein Partner weiss nicht, dass ich mit Gegenständen um mich herum mit Sicherheit und Halt gebe. Das kann er nicht nachvollziehen, weil er diese Gefühle anders spürt als ich.
Das können viele Therapeuten ebenfalls nicht einschätzen, was es bedeutet, wenn das nicht vorhanden ist.
So etwas mit Worten erklären, ist nicht einfach, wenn das Gegenüber das nicht zu spüren vermag, sondern eher mit dem Verstand und der logischen Ebene den Inhalt liest.

Zitat von Wolfram im Beitrag #4
Solange ich keinen schmalen Gang zum Laufen habe, fühle ich mich unwohl.

Wolfram, der Satz liegt mir quer im Magen und fühlt sich unangenehm an.
Ich verstehe ihn so: du brauchst einen schmalen Gang, in dem nichts weiter im Weg liegt.
Die Wände des schmalen Gangs bieten dir Halt und Sicherheit und würden dich ggf. "auffangen".
Ist der Gang zu breit, geht dir diese Sicherheit bereits verloren???
Auf andere Menschen würde ein solche schmaler Gang bedrohlich wirken, weil sie im Fall einer Gefahr nicht schnell genug flüchten könnten.
Oder weil ein Panzer das Haus durchrütteln könnte und die Wände einstürzen könnten und sie dann in diesem Bereich gefangen wären.

Zitat von Gitta im Beitrag #5
Jemand, der viele Sachen hat und platzmäßig etwas beengter lebt, ist nicht deshalb an sich auch in Not.

Kommt auf den Blickwinkel der Not an, Gitta.
Emotional möchte ich bemerken, ist die Not vermutlich sehr gross, weil emotionen schnell überwältigend wirken können und dann sind die beengten räume da, um sicherheit und halt von aussen zu geben.
überwältigende ereignisse erinnern bedauerlicherweise schnell an bedrohungen, in denen ÜBERLEBEN das allerwichtigste war. das möchte ich als NOT bezeichnen.
Ist die NOT also aktuell und im JETZT oder ist es eine alte NOT aus der VERGANGENHEIT, die immer wieder hochgespült wird und sich im JETZT auf die Weise des beengten Wohnens präsentiert?


Mir fällt noch etwas sehr wichtiges auf:
Wenn ein Messie nicht weiss, was innere SICHERHEIT und HALT haben, bedeutet und wie sich das anfühlt, kann die Person schwerlich nachvollziehen, was die Menschen meinen, die dieses Gespür von Halt und Sicherheit in ihrem inneren Körper haben.
In beide Richtungen ist Mitgefühl schwerlich möglich, denn diejenigen, denen es gegeben ist, kennen das Gespür dafür nicht, wenn es fehlt.

Sprich Menschen finden, die beide Varianten wahrnehmen und einnehmen können, ist eine Herausforderung.
Sie vermögen kaum nachvollziehen, warum ein Messie lebt wie er lebt, sondern finden diese Infos auf Basis von Analysen und Fragebogen heraus, bewerten es und können die emotionale Sicherheit, die ein Messie braucht, dennoch nicht regulierend anbieten, weil sie selbst vielleicht wenig davon haben.
Ich bemerke, was es braucht, um mir anders Halt und Sicherheit zu geben und weniger von meinen Gegenständen abhängig zu werden, doch auch das bedarf noch einige Zeit an "Arbeit", um dorthin zu gelangen und dann sagen zu können....von diesen Gegenständen bin ich emotional nicht mehr abhängig und energetisch genauso wenig. Eine innere "Unabhängigkeit" aufbauen, ist für einen Messie eine Herausforderung und dazu braucht es, dass ich Körpergrenzen stärke und trainiere, die ich bisher kaum wahrgenommen habe. Es braucht seine Zeit, bis Körpermuskulatur und Bindegewebe den Halt bieten können, den vielleicht bei anderen die schmalen Gänge von Gegenständen bieten.
Je mehr Körpergewahrsein ich mir verschaffe, desto mehr Fülle entdecke ich in mir und desto weniger Fülle brauche ich aus dem Aussen, die mir Gegenstände bieten. Je mehr von der Fülle ich in mir entdecke, desto mehr sortiert und strukturiert sich mein Körper um und desto mehr Klarheit und Gelassenheit entsteht. Das innere Chaos des Körpers findet mehr und mehr in seine von der Natur vorherbestimmte Grundordnung zurück. Der Körper weiss, sehr genau, welche Form der Ordnung er wollte und der Körper kennt viele Fehlhaltungen als NORMAL an, weil es für ihn "immer" so war.


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21.01.2023 11:29
avatar  Gitta
#7
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Ja, etwas müssen mir die vielen Sachen geben. Und Sicherheit steht bei mir gewiss weit oben auf der Wunschliste. Ich merke auch, wenn ich mal größere Räumaktionen mache, und sei es nur Sachen umräumen, fühlt es sich so an, als ob ich mir etwas aus dem Herzen reißen würde.

Tja, warum eigentlich, wenn ich mir die Sachen jahrelang nicht angesehen habe? (Natürlich nur, weil ich dazu aus Zeitmangel nicht gekommen bin 😉 ). Ja, aber sie sind da und ich könnte sie jederzeit ansehen. Sie sind nicht „weg“. Für immer.

Natürlich sollte ich auch ohne meine Sachen „gut genug“ sein, wie @IBI schreibt. Und normalen Menschen geht es wohl auch so.


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21.01.2023 13:08
#8
He

@ IBI
Danke für deine Stellungnahme - allen deinen aufgeführten Punkten stimme ich zu! Und all das (Wissen) kann eine große Hilfe sein für die, die unter ihrer Situation leiden, sie ändern möchten/müssen.

Was ich allerdings zum Ausdruck bringen wollte, das ist: Wir Menschen sind doch alle total unterschiedlich. Der eine ist ein "Messie", ein anderer hat einen "Putzfimmel", es gibt "Workaholics", "Computerfreaks", "Sammler", "Motorradfans", "Extremkletterer" und und und... All diese bunte Vielfalt ist positiv. Und solange die Person nicht selbst "leidet" oder anderen zur Last wird, ist doch ALLES okay! Kein Grund zum Verurteilen, Ab- oder Auf-Werten... oder Sich-Schlecht-Fühlen...

@ Gitta

Was ist denn dann ein "normaler Mensch"??

Spannende Diskussion, oder?

LG,
Herdami


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21.01.2023 13:27
#9
An

Ja, das Gerümpel hat auf jeden Fall eine Bedeutung und erfüllt eine Funktion. Sonst wäre es ja einfach, sich davon zu trennen. Darum wäre eigentlich der richtige Weg für den Messie, herauszufinden, wozu das Zeug alles da ist. Manches macht auch bei Tageslicht betrachtet Sinn, anderes nicht. Aber dieses Verstehen muss von innen kommen, also die echte Überzeugung, dass man bisher einem Irrtum aufgesessen ist und dieser Kram den gewünschten Zweck gar nicht erfüllt. Beispielsweise Ü-Ei-Figuren sind nicht wirklich eine gute Geldanlage. Ich kriege die Dinger bei Ebay kaum los. Das mag mal ein Boom gewesen sein, wo man irrwitzige Beträge dafür bekommen hat, aber diese Zeit kommt wohl nicht wieder.


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21.01.2023 17:39
avatar  Gitta
#10
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@Herdamit
Mit normalen Menschen meine ich in diesem Zusammenhang in erster Linie Menschen, die „normal viele" Sachen haben. Also die auf einer Verteilungsachse gesehen eher am Durchschnitt liegen.

Und in zweiter Linie Menschen, wie IBI sie im Beitrag vorher beschrieben hat, also Menschen mit gesundem Selbstbewusstsein. Ob diese allerdings so oft vorkommen? Lästermäuler und schlechtredende Nachbarn, wie wir sie ja am meisten befürchten, sind eher nicht in dieser Gruppe einzuordnen. Eher in der Gruppe: ich muss meinen (wahrscheinlich zu geringen) Selbstwert mal ordentlich aufblähen, in dem ich mich als besserer Mensch als meine Nachbarn hinstelle. 😉


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