Selbstwertschätzung inkl Aufräumgeschichte von Bessie

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29.05.2013 17:48
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#31
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Hallo, ich nochmal

...ich sitze hier vor einer PC-Baustelle und wie's aussieht braucht dieses Idiotenprogramm noch ewig um durchzulaufen, da kann ich Euch auch in der Zwischenzeit noch was schreiben.

Ja Sonja, auch aufgeräumte Wohnungen haben ihre Tücken. Manchmal, wenn ich bei Freunden in einer Chaosbude bin, habe ich tausend Ideen wie man die verschönern könnte, aber mach das mal in einer Wohnung, die bereits "optimiert" ist.
Von Zeit zu Zeit kommt mir der Gedanke, das Chaos mehr Kreativität bietet als Ordnung. Nicht falsch verstehen, ich mag es sehr, wenn alles übersichtlich ist, aber ich habe eben diesen ständigen Anspruch das auch zu erhalten. Das hat was mit perfekt sein wollen zu tun und es gibt nun mal keine 100 Prozent aufgeräumte Wohnung, sondern nur eine Routine zur Erhaltung eines Zustandes.
Wenn jemand ständig von seinem Chaos was wegnimmt, aber das Chaos erhalten möchte, weil es ihm/ihr gefällt, so muss er/sie auch ständig für den Erhalt der Unordnung sorgen oder zumüllen oder was auch immer. Beide "Dinge" sind Extreme, die ordentliche Wohnung, wie die unordentliche. Ich denke, dass auch hier das Mittelmass das Gesündeste wäre, eine Ordnung, die auch Schlamperei zulässt, aber Menschen neigen nun mal dazu in Extremen zu leben und die sind anstrengend, egal wie gut oder schlecht sie sind.

Nein Sonja, ich habe keinen Zwang zum wegschmeissen, mein Ding ist immer noch das Horten, wahrscheinlich auch wegen emotionaler Ebene, aber ich ringe mich durch, eben mal was wegzuschmeissen um die Ordnung z.B. einer Schublade wieder herzustellen.

Eines ist heute anders, wenn ich mich von etwas trenne, habe ich nicht mehr diese panischen Gefühle des Verlierens, ich kann heute darauf vertrauen keinen Mangel zu "erleiden".
Als Beispiel mal: ein antikes Klavier, keiner spielt es, es ist schwarz lackiert und verdunkelt durch seine Wuchtigkeit den Raum, der Platz den es einnimmt, der steht ihm nicht zu, aber Gefühle hängen dran. Warum sollte man davon nicht nur die Kerzenleuchter (früher hatten Klaviere solche links und rechts) behalten und diese in einem schönen Rahmen an die Wand hängen, das reicht doch als Erinnerung.
Warum eine alte Schreibmappe von XY aufbewahren und nicht nur den schönen Stift, der darin steckt?
Nein!!! Unsere Gefühle gehen nicht verloren, auch wenn wir die Dinge selber nicht mehr haben, die Erinnerungen reichen, keine Angst, wir lösen uns nicht auf.

So, hier geht´s grad weiter am Server, bis dann
Das Leben muss vorwärts gelebt werden, kann aber nur im Rückblick verstanden werden.

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03.06.2013 14:11
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#32
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Hallo Ihr Lieben,

*puh* ein arbeitsreiches Wochenende liegt hinter mir, aber manche Arbeiten kann man an Servern nur dann ausführen, wenn gerade niemand drauf "rumhoppst", sprich: am Wochenende.

Sonja kurz zur Tischlerarbeit mit der Garderobe, es wurde von der Wohnungsgesellschaft vorgeschrieben, diese Arbeiten von einer Fachfirma ausführen zu lassen und die Rechnung vorzulegen, beim Balkon war das etwas ganz anderes, da wurde die Arbeit ja nur von mir "vorgeschrieben" ;-)

Heute habe ich mir frei genommen und wie so oft (zumindest in letzter Zeit) an solchen Tagen falle ich in ein Loch, weiß nichts mit mir anzufangen und bin in einer depressiven Stimmung.
Ich merke es immer daran, dass mir Tätigkeiten wie die Wäsche zu waschen, aufräumen oder putzen besonders schwer fallen, auch zum Einkaufen musste ich mich heute aufraffen. Versteht mich nicht falsch, mir gefällt mein Leben, aber ein stabiler Mensch, der auch in sich ruhen kann, bin ich nicht, vielleicht werde ich niemals einer sein, deshalb versuche ich "einfach" mein Leben zu leben, so gut es geht, einen Tag nach dem anderen.
Ich hätte gerne einen festen Freundeskreis, weiß aber nicht wie ich sowas aufbauen oder dann auch erhalten sollte. Alle "typischen" Sachen wie z.B.: Essen gehen, bowlen, Party machen, shoppen ect., die man mit anderen eben so zusammen macht, interessieren mich nicht sonderlich, was aber nicht heißt, dass ich sowas nie mache.
Ich fühle mich auch unter Menschen, die ich mag habe, alleine. Ich würde das gerne ändern und weiß nicht wie.

Nun aber zurück zum "Wohnungsthema".

Meine Wohnung war schön, selbst der Balkon und ich konnte durch eine selbst aufgezwungene Routine (ja natürlich mit bunten DIN A3 "Zetteln") alles in einem ansehnlichen Zustand erhalten, an manchen Tagen war das gar nicht so einfach, aber ich hielt lange genug durch um die meisten Arbeiten als selbstverständlich zu erledigen.

Mal ein Beispiel: das Auto fahren. Wenn einer damit anfängt, überlegt er noch wenn er einsteigt, was als nächstest zu tun ist. Spiegel richten, Gurt anlegen, den Schlüssel ins Zündschloss, Schlüssel umdrehen, Kupplung treten, Gang einlegen, Handbremse lösen usw. und so fort.
Stellt Euch vor (mal alle, die Auto fahren), dass Ihr noch nach 2 Jahren Fahrpraxis bei jedem kleinen Detail nachdenken müsstest, grauenhaft, Gott sei Dank bekommt man Routine und die "Dinge" laufen automatisch ab, ohne großes Nachdenken.

Und so ist es bei der Haushaltsführung auch, zuerst ständige Kontrolle der einzelnen Schritte und irgendwann läuft's einfach ohne großes Nachdenken, einfach so. Und das ist das Tolle, es läuft von alleine ab, ohne große Anstrengung ohne großes Zutun. Das Geschirr in die Maschine oder nach dem Essen von Hand abwaschen, wenn der "Schmutz" noch leicht abgeht und danach erst auf's Sofa usw. Es gibt immer mal wieder schwere Zeiten, aber auch da habe ich Trick's um mich selber zu motivieren, etwas für mich selber zu machen, weil ich es mir wert bin, weil ich "das" verdient habe, dass ich mich um mein Wohlbefinden kümmer.

So, nun mal zum Besuch meines Vaters und meiner Stiefmutter.

Als ich 11 Jahre alt war, ließen sich meine Eltern scheiden, nach einer jahrelangen furchtbaren Ehe, die von Alkohol (beide haben gesoffen), körperlicher Gewalt und seelischen Erniedrigungen geprägt war. Beide haben noch im gleichen Jahr neue Partner geheiratet., ich wurde rumgereicht bis ich dann entgültig bei meiner Mutter bleiben musste. Mit 16 Jahren bekam ich eine Lehrstelle in einer 50km entfernten Nachbarstadt und konnte Gott sei Dank ausziehen. Jeden Tag ließ meine Mutter ihren Frust über ihre neue Ehe an mir aus, grauenhafte Zeit und ich war heilfroh endlich mal Ruhe vor dieser Frau zu haben.

Man, ich schweife schon wieder ab, also: der Besuch. Irgendwann klingelte mein Telefon und mein Vater war dran. Natürlich war mal wieder jemand aus seinem Bekanntenkreis jung gestorben und deshalb erinnerte er sich daran, dass er ja auch noch `ne Tochter hatte, also wollte er mich besuchen. NEIN!!! Er kündigte mir sein "Kommen" an, wie der Bezirksschornsteinfeger seinen Besuch. Wir sind am XX. um XX:XX Uhr am Bahnhof, hol uns ab, wir können ja bei Dir übernachten, Platz genug hast Du ja!!

Ich kann Euch meine Gefühle nur schwer beschreiben, aber alleine die Tatsache meinen Vater am Telefon zu haben, ließ mir die Knie'e weich werden und es war wie ein Schlag in den Magen, mir wurde augenblicklich übel. Ich konnte mich seinem in den Hörer "gebellten" Befehl nicht widersetzen (er war früher ein hohes Tier bei der Marine, Widerspruch wurde nicht geduldet) also sagte ich kleinlaut zu und fühlte mich wie ein kleines Kind. Ich stand noch lange neben meinem Telefon, nachdem ich aufgelegt hatte und überlegte verzweifelt (und ich meine VERZWEIFELT) wie ich das wieder abbiegen könnte. Aber mir war auch klar, wenn nicht zu diesem Termin, dann wird er später zu Besuch kommen, aber er wird irgendwann hier sein.

5 Tage später fuhr ich BRAV zum Bahnhof, ließ ein paar Höflichkeitsfloskeln ab und brachte die beiden in meine Wohnung. Ich hatte sogar Bier und Grappa gekauft. Nun muss ich Euch wohl gar nicht sagen, dass das Bier nicht das Richtige und der Grappa ungenießbar war, aber ich hab's Euch dennoch geschrieben ;-) damit Ihr in "gute" Stimmung kommt, wie ich damals :-(((.

Selbstverständlich war es ein Unding, dass ich mir keinen Urlaub genommen hatte, dass das von ihm damals gekaufte Bett nicht mehr da war (in dem von mir angeschafften konnte "man" beim besten Willen nicht schlafen), die Pflanzen auf dem Balkon zu mickerig waren usw., also auch für Leute mit starken Nerven, der Mann ist die Zereissprobe, auf die Ihr gewartet habt.
Ich war froh am nächsten Tag wieder zur Arbeit gehen zu können. Und obwohl man doch in meinem Bett nicht schlafen konnte, hielt es die Zwei nicht davon ab noch 3 Tage "dranzuhängen" und den Schwarzwald tagsüber unsicher zu machen.

Ich schlief auf den Isomatten im kleinen Zimmer, hing abends mit meinem Vater und seiner Frau in einer Kneipe in der Nachbarschaft rum, die ich bisher nur vom Wegsehen kannte und "unterhielt" mich mit anderen Schnapsnasen und grinste dümlich vor mich hin, ob deren blöder Witze. Eine rundum gelungende Woche *harhar*.

Das Beste stand mir aber noch bevor, denn als ich am Donnerstagabend von der Arbeit kam, hatte ich schon auf der Treppe nach oben in meine Wohnung so ein komisches Gefühl. Ich schloss auf und ging rein, ein Zettel lag im Flur, sie sind beim XXX in dessen Kneipe (toll, schon mit allen dort per Du und beste Freunde) und ausserdem roch es merkwürdig in meinem Flur. Ich muss es so schreiben: vorsichtig ging ich weiter, sah ins Wohnzimmer und .................... konnte meinen Augen kaum trauen!!!

Da stand eine Wohnwand (Buche)von mindestens 3 Metern Breite und eine Couchgarnitur Schlafsofa mit 2 Sesseln und davor ein Buchentisch und hinten in der Ecke stand ein kleiner Buchentisch, außerdem waren Gardinen und Vorhangschals angebracht worden.

Ich bekam (glaube ich zumindest) den ersten und bisher einzigen Wutanfall meines Lebens, ich schrie, tobte und heulte, wirklich alles gleichzeitig. Ich schlug auf das Sofa ein und kreischte wie eine Gestörte. Wenn das ein Psychiater mitbekommen hätte, ich glaube, der hätte mich einweisen lassen.
Irgendwann beruhigte ich mich wieder, dann kam Scham, - hoffentlich haben die Nachbarn nichts gehört, - Du bekommst was geschenkt und bist dermaßen undankbar ......

.....aber auch wieder ... nur ein winziger Funke ... Selbstachtung ... Selbstwert ... das ist meine Wohnung!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Die soll sein wie ich sie will und nicht vorzeigbar für andere, die nur kurz zu Besuch sind. Vor allem war es eine ganz bewusste Grenzüberschreitung, denn ein paar Tage vorher hatte ich beiden gesagt, dass es mir so gefällt und ich keine "schweren" Möbel haben möchte. Ein Satz meines Vaters war:
So kann man doch nicht leben, hier kann man doch niemand zu Besuch empfangen!

Und nun?????
Was sollte ich nur tun???? Wen kann ich um Unterstützung bitten???? Niemand!!!! Ich muss es alleine regeln!!!! Für diese Situation für mein weiteres Leben!!!! Sonst gehe ich erneut unter, denn dieses Zimmer hatte mit mir nichts zu tun!!!!

Man Leute, ich werde so dermassen wütend während ich Euch das hier schreibe, meine Tastatur bekommt heute einen so harten Anschlag zu spüren wie noch nie, ich habe Herzrasen, habe noch nie mit jemand darüber gesprochen, nun schreibe ich es auf, damit diese Wut auch mal rauskommt! Aus mir raus, damit ich sie los bin!!

Ich setzte mich in die Küche, mein alter Küchenstuhl hatte schon in manch harter Stunde zu mir gehalten, war ein Gefährte, so auch an diesem Tag. Ich spürte ihn und wurde ruhiger, wenigstens einer, der immer für mich da war, nie meckerte und auch nicht von sich aus in meinem Reich was änderte, der keine Ansprüche stellte. Klingt blöde, wenn man so über seinen Küchenstuhl schreibt, aber ich habe ihn lieb, er ist immer noch bei mir.

Endlich konnte ich wieder denken, - wo waren eigentlich meine Möbel?? - wenn was geliefert wird, kann es auch wieder abgeholt werden! - Du musst von Deinem Vater VERLANGEN, dass der alte Zustand wieder hergestellt wird! - Du gehst in die Kneipe und wirst dort mit ihm sprechen, wenn's zu blöde wird gehst Du und "die" können sehen wo sie schlafen!!!

Ich ging ins Bad und richtete mich einigermaßer wieder her, sah immer noch verheult und verquollen aus, egal! Dieses Gespräch mit meinem Vater war wohl mit eines der Schwersten, die ich je in meinem Leben geführt habe, aber ich habe es geschafft und am nächsten Tag wurde der ganze Mist wieder vom Möbelhaus abgeholt. "Die" hatten doch echt meine Sachen dem Möbelhaus zum Verschrotten mitgegeben, aber ich hatte Glück ich bekam meine, nein ich bekam MEINE Möbel unbeschadet zurück, auch diese idiotischen Gardinen kamen wieder weg.

Zum Abschluss des Besuchs meines Vaters setzte ich noch einen, nee gleich zwei obendrauf:
1. - ich fuhr sie nicht zum Bahnhof, ich bestellte ihnen ein Taxi!!!!!
2. - sagte ich ihnen: wenn ihr noch jemals wieder zu Besuch kommt, nehmt Euch ein Hotel!

Natürlich kamen sie nie wieder zu Besuch, aber auch damit kann ich leben. Was ich in diesen Tagen durchgekämpft habe, nennt man glaube ich "erwachsen" werden und das mit damals schon über 30 *kopfschüttel*
Also Ihr merkt es schon, es ist nie zu spät, etwas für sich selber zu erkämpfen, auch wenn's sehr schwer ist, es lohnt sich.

Ich wünsche Euch noch einen schönen Tag, ja, mein Keller und mein Dachboden kommen auch noch an die Reihe, jetzt muss ich mich erstmal wieder beruhigen, mir laufen die Tränen, ist alles sehr aufwühlend.

Liebe Grüße an alle, Bessie

Das Leben muss vorwärts gelebt werden, kann aber nur im Rückblick verstanden werden.

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03.06.2013 18:42
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#33
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IBI

Liebe Bessie,

heftig heftig heftig und ich kann sehr gut nachfühlen, wie dich dieses Erlebnis erneut aufwühlt während du uns das wissen lässt. Danke fürs Teilen.

Und ja, wenn vielleicht auch zu einem recht hohen Preis, du hast für dich gesorgt und deine Wohnung verteidigt wie du sie willst und deinem Vater deine Grenzen aufgezeigt. ECHT SPITZE und ein SEHR BEWUNDERNSWERTER Schritt.
Denn auch wenn dein Vater es gut mit dir gemeint hat, ist es eine heftige Grenzüberschreitung gewesen, dir dein Wohnzimmer ungefragt umzugestalten.

Ich danke dir für deinen kurzen Absatz, von dem du meintest du schweifst ab... ich denke, viele Betroffene haben bereits in der Kindheit schlimme Erlebnisse gehabt - einige mögen sich nicht mal mehr erinnern, weil sie es soooo gut verdrängen - und fragen sich, weswegen sie möglicherweise eine chaotische Wohnung haben.
Naja, ich habe das Trauern und Verarbeiten schlimmer Erlebnisse zu Hause nicht gelernt und bin derzeit dran, mich diesen Themen zu stellen und viele Erlebnisse zu betrauern und zu akzeptieren, dass sie leider so schlimm waren wie sie waren und sich das nicht mehr ändern lässt, doch mit diesen Schritten spüre ich immer wieder Erleichterung. Manchmal ist es soooo schwierig zu ertragen, dass ich mich mehrmals diesen Situationen widmen kann, weil es zuuuu viel auf einmal ist. Ich brauche immer mal wieder PAUSEN und bin, was diese Themen angeht, sehr froh, dass ich derzeit keine Arbeit habe, denn diese Belastung ist sehr anspruchsvoll und zusätzlich arbeiten, wäre eindeutig eine Überforderung für mich.

Was meine Frage bezüglich der Aufträge kann ich deine Antwort nicht nachvollziehen. In beiden Fällen hast du, wie ich dich verstanden habe, die Aufträge erteilt, weil du eine Garderobe wolltest und deinen Balkon speziell gestaltet haben wolltest.
Die Vorgabe von der Wohnungsgesellschaft entstand nach deinem Garderoben-Entscheid und es war wichtig, dass du dir das Einverständnis geholt hast.
Und beim Balkon hast du das Gefühl es hätte DEINE Arbeit sein sollen und bei der Garderobe nicht? In beiden Fällen hattest du nicht das KNOW HOW fürs Selber machen. Jedenfalls ist das mein Verständnis des Gelesenen, also Auftrag notwendig.
Also mag ich nochmal fragen: was war es bei dem Erleben mit dem Balkon, dass es nicht DEINE Arbeit war, was du bei der Garderobe nicht hattest? Wie du merkst, bin ich sehr hartnäckig...hoffe, du kannst mir vergeben.

Was das Thema "Freundeskreis" angeht, mag ich dir einige Tipps geben, sofern du daran interessiert bist.
Falls du nicht interessiert bist, so mag der ein oder andere Leser das wissen wollen, insofern teile ich mein Wissen und meine Erlebnisse diesbezüglich:
Ich mag vorausschicken, dass ich mit jedem JOBWECHSEL über mehrere hundert Kilometer umgezogen bin.
Ich wünsche mir, dass sich das ändert, doch bis jetzt war es so.
Und wenn man in neuen Gegenden alleine ist, dann kann das ganz schön unangenehm werden und wir brauchen Menschen um uns herum, also auch Möglichkeiten, Menschen und Freunde zu finden.

Was ich so mache bzw. gemacht habe:

In Nürnberg gab es den Doppelpunkt, der neben Veranstaltungen auch Kleinanzeigen beherbergt - den Doppelpunkt gibt es nach 15 Jahren immer noch.
Irgendwann habe ich eine Anzeige für Inliner Fahren und andere sportliche Aktivitäten beantwortet und habe den Clou meiner Nürnberger Zeit gelandet. An der Person, die die Anzeige aufgeben hatte, hing später ein Bekanntenkreis von über 20 Personen. Mit 3en von Ihnen habe ich heute noch Kontakt.
In dem Sommer hatte ich sooo viele abendliche Verabredungen, dass ich kaum Zeit hatte zum Essen und habe diesen positiven Stress genossen und dabei 4 Kilo abgenommen.
Und weil Nürnberg so schön war - bisher meine Lieblingsstadt von denen, die ich in Deutschland kennen gelernt habe - habe ich damals noch die Samstag Abend Radio Kennenlern-Show angerufen. Dort haben sich weitere 3 Kontakte gefunden - natürlich waren auch welche dabei, mit denen es nicht gefunkt hat für eine freundschaftliche Beziehung. Ich habe keinen FREUND bzw. LIEBESPARTNER gesucht, sondern mir waren Freunde und Bekannte das WICHTIGE.
Mit einem davon bin ich später jeden Freitag abend in die Rockfabrik gegangen und wir haben abgerockt, über Weiber geredet - der Bekannte hatte den Geschmack, dass Frauen mind. 1.75 und leichter als 50 kg sein sollten - ich entsprach diesem Format nicht. Wäre er NICHTRAUCHER gewesen, hätte ich gerne aus dieser Freundschaft mehr gemacht, aber ich kann schwärmen und mir eine Freundschaft erhalten - später hat er sich mit einer Arbeitskollegin liiert und dieser Kontakt besteht leider nicht mehr, aber die Rockfabrik gibt es immer noch und ca. 3-4 mal im Jahr bin ich dort am Freitag zu finden - ich habe vor einigen Jahren einen alten Mann auf der Tanzfläche gesehen und musst wissen, wie alt er genau ist und damals war er 72 und dieses Jahr habe ich ihn wieder auf der Tanzfläche gesehen, was mich sehr beeindruckt.

In Stuttgart habe ich das mit dem Radio nochmal ausprobiert, doch da war es weniger erfolgreich. Seit dem steht mein Name nicht mehr im Telefonbuch, denn einer der Anrufer hatte meine Adresse schnell gefunden und gemeint, er käme vorbei und springe mit mir in die Kiste. Glücklicherweise kam er nicht.

In Magdeburg ist mir das Freunde gewinnen weniger erfolgreich gelungen als in Nürnberg, da war Friendscout24 recht neu. Ich habe in der Zeit 5 Menschen kennen gelernt über diese Plattform. Eine Person wurde mein Freund.
Eine weibliche Person, die immer wieder mal zu Besuch kam und meinen Balkon genossen hat.
Ein anderer ursprünglich aus Zittau, den es beruflich nach Magdeburg verschlagen hatte so wie mich auch, hat uns irgendwann einmal mit zum Zelten mitgenommen. Ostern wird die Saison eröffnet. Das war schon speziell, denn dort haben sich je nach Wetterlage 20 hartgesottene und sonst bis 50 Leute zum Zelten getroffen aus vielen Gegenden Ostdeutschlands und einige in den Westen verschlagene. Hey Leute, einige von denen haben nach 5 Jahren nicht bemerkt, dass ich die WESSIE Quote in diesem Haufen aufrecht erhalten habe. Meinem jetzigen Freund hat das Zelten und Wandern nicht so sehr gefallen und der Weg wurde immer länger, so dass ich nicht mehr dabei bin.
Was meine Bekannten in Magdeburg gemeinsam hatten, alle waren eine Zeit lang wohnhaft ausserhalb dieser Stadt.
Eine Gruppe mit der ich einmal im Monat zum Bowling gegangen bin habe ich über einen anderen Friendscout Kontakt gefunden, doch es war ausschliesslich bowlen, nebenher privat Treffen - nee das war mit denen in Sachsen-Anhalt nicht möglich. Drum ist derjenige aus Zittau (liegt an der polnischen Grenze, also ehemals DDR) jedes Wochenende unterwegs gewesen und hat sich nicht in Magdeburg aufgehalten. Eine sehr harte Bekanntschaften Schule, diese Stadt.
In Magdeburg habe ich erstmals etwas von NLP gehört - Neuro Linguistisches Programmieren, da ging es mir nach 3 -4 Jahren sehr schlecht und ich wurde sehr depressiv und meine Wohnung sah immer schlimmer aus. In dieser Zeit hat eine Bekannte bei ihrem Besuch bei mir gesagt, es sieht ja richtig Messiemässig bei mir aus.
Die ein oder andere Geburtstags- bzw. Silvesterfeier mit meinen Bekannten aus anderen Städten habe ich in dieser Wohnung umgesetzt, doch die dazugehörigen Aufräumaktionen wurden immer anstrengender. Diejenigen, die meine Wohnung sonst kannten, meinten sie hätten sich in der Adresse geirrt, weil es so aufgeräumt war.
Gäste zu begrüssen ist was schönes, wenn man genügend Platz hat und einen gewissen aufgeräumten Status erreichen kann.
In dieser Zeit wurde mir das Buch - Feng Shui gegen das Gerümpel des Alltags - empfohlen. Mit dem und jener weiblichen Bekannten, die meinem Balkon gern hatte, habe ich einiges aufräumen können und weggegeben.
Ach ja, in Magdeburg habe ich den ein oder anderen Volkshochschulkurs besucht. Bekanntschaften dort zu knüpfen finde ich schwieriger.

Neuer Job, neue Stadt - Rosenheim:
Nachdem ich mich mit dem Thema Messie vertrauter gemacht habe und das NLP kennen gelernt habe, habe ich mich in diese Richtungen umgesehen.
Was Messie angeht, bin ich bis nach München in die Selbsthilfegruppe gefahren und habe dort liebe Menschen kennen gelernt. Und wie das so ist, ein Kontakt besteht heute immer noch - ihr könnt euch vielleicht denken, dass ich inzwischen woanders wohne.
In NLP habe ich diverse Weiterbildungen gemacht und siehe da und staune, da gibt es immer wieder einmal Übungsgruppen an denen man teilnehmen kann. Frau auch. Ich auch.
Übungsgruppen habe ich als lohnende Abwechslung zum Feierabend erlebt und ich kam in Kontakt mit den unterschiedlichsten Menschen, die nicht wussten, welcher Gruppe ich sonst noch angehörte.
Ich finde das ERLEBEN, das Menschen, die sich nicht als krank erleben, ebenfalls ihre Probleme und Schwierigkeiten im Leben haben, sehr sehr sehr wichtig, denn viele von uns Betroffenen benutzen ihre Krankheit als Ausrede und wenn ich Menschen mit ähnlichen Themen erlebe, die nicht krank sind, kann ich das als Ausrede nicht mehr verwenden.
Und das sind sehr viele Themen, die einfach zum Leben dazugehören für jedermann und jederfrau.
In Rosenheim hatte ich meine erste Zeit der Arbeitslosigkeit und diese habe ich genutzt um eine eigene Selbsthilfegruppe zum Thema Messie zu gründen. Hey, beim ersten Termin waren 13 Personen anwesend. Ich war beeindruckt und natürlich halten diese Kontakte im lockeren Zustand, so dass ich weiss, dass diese Gruppe immer noch existiert. Und mich freut es, zu wissen, dass es bereits 5 Jahre sind.
Beruflich hat mich das Unternehmen in Rosenheim immer wieder in die Schweiz ins Mutterhaus geschickt. Das berichte ich euch, denn aus der freundschaftlichen Beziehung zu einem Schweizer Arbeitskollegen, den ich beim Firmenstammtisch zu dem ich eingeladen wurde, kennen lernte, ist inzwischen mein jetziger Partner geworden.
Weil er damals solo war und weil ich in der Schweiz nicht alleine ausgehen wollte, habe ich ihn angesprochen und gefragt, ob wir etwas miteinander machen. Das haben wir erst 4 Monate und später noch einmal für einen Zeitraum von 3 Monaten so gemacht. Das Wissen um die vielen Kilometer zwischen Rosenheim und Schweiz hat uns irgendwann nicht mehr aufgehalten.
Auch Friendscout24 war in dieser Zeit erneut ein hilfreiches Mittel, um einen weiteren Bekannten zu finden. Er lebt mit seiner Familie inzwischen auch in Nürnberg - wie praktisch für mich....

Und wie ihr euch vielleicht denken könnt, lebe ich inzwischen in der Schweiz.
Weil ich nicht ausschliesslich an dem Freundeskreis meines Freundes gebunden sein will und wollte, habe ich mich hier auch auf die Suche nach eigenen Bekanntschaften gemacht.
Zum einen sind wir gemeinsam im Motorradclub - also sein ursprünglicher Freundeskreis. Was den Verein angeht, habe ich sehr viel Zeit und Überwindung benötigt mich als Mitglied zu bewerben, denn als ich als Kind bzw. Jugendliche in Vereinen sein wollte, war es zu teuer und wurde mir vehement verwehrt und diese Verbot hat sich mächtig eingeprägt.
Auch wenn Motorräder jetzt nicht mein Lieblingsthema sind, ist halt das wichtigste für meinen Freund, bin ich ein ganzes Jahr mitgegangen und wir haben auch Aktivitäten gemacht, die nicht unbedingt mit Motorrad zusammen hängen. Diese Mischung gefällt mir und in diesem Verein haben wir kaum Regeln, so dass keiner zu etwas gezwungen wird.
Da kann jeder mitmachen wie er Lust und Laune hat und das ist recht angenehm in einem Verein dieser Art dabei zu sein.

NLP Übungsgruppen und eine Selbsthilfegruppe habe ich hier ebenfalls wieder gefunden, so dass ich immer wieder mal in eigenen Angelegenheiten unterwegs bin.
Zu Anfang unserer Beziehung hiess es, ich würde mich zu sehr an meinen Freund klammern, das hat jetzt deutlich nachgelassen.
Und währenddessen habe ich neben NLP auch GFK (Gewaltfreie Kommunikation) für mich entdeckt. Mit dem habe ich viele Schritte vorwärts gemacht und ihr könnt euch vielleicht denken, dass es für das auch Übungsgruppen gibt.Auch in solchen Kursen habe ich den ein oder anderen kennen gelernt, jetzt bin ich gespannt, wie lange diese Kontakte halten werden.
Karate als Sport habe ich für mich entdeckt, wobei es sehr schwierig ist, als Erwachsener anzufangen, denn sie sind für gewöhnlich sehr jung, wenn sie mit dem Sport beginnen. Was mich dabei stört, ist, dass die farbigen Gürtel Prüfungen bedürfen und ich will mich diesbezüglich nicht stressen, wenn ich in der Firma genug stress habe.

Ich bin übrigens auch in einer Therapiegruppe - da lernt man auch Menschen kennen. Den Erhalt der Kontakte über diese Treffen hinaus obliegt den Gruppenteilnehmern.


So jetzt habt ihr viele Infos, wie ich so meine Kontakte finde, und ich kann immer wieder von Neuem starten, wenn ich den Wohnort wechsle. Das ist sehr anstrengend. Viele Kontakte halten die Kilometer leider nicht aus, doch einige halte ich erfolgreich seit über 15 Jahren aufrecht. Das freut mich total und ich bin sehr stolz auf uns und schätze das sehr. Meine Schleife zurück zur Selbstwertschätzung.

Bevor ich es vergesse: ich habe keine Familie zu versorgen und kann mir daher diese vielen Termine gönnen. Viele, die Familie haben, können sich das nicht so aussuchen und finden Kontakte über andere Eltern oder ihre Kinder.

Ich glaube wir Betroffenen müssen in zweierlei Hinsicht Acht geben, was das Thema Freundschaft und Bekanntschaft angeht (jedenfalls trifft es auf mich zu):
Zum einen Aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr an diesen Personen klammern und wir sie dadurch verprellen und verscheuchen. Und zum Zweiten Aufpassen, dass wir nicht von Menschen ausgenutzt werden, so nach dem Motto, sie können von uns als Freund alles verlangen. Hey Leute, diese Menschen sollten euch die ein oder andere Bitte ebenfalls erfüllen und wenn das nicht der Fall ist, dann könnten sie einfach eure Gutmütigkeit und Hilfsbereitschaft ausnutzen. Und das sind nicht die besten Beziehungen. Ich weiss: lieber solche als gar keine.
Manchmal habe ich an Kontakten viel zu hohe innere Ansprüche (sie unterstützen mein mich Klammern wollen). Das ist sehr enttäuschend, wenn diese Personen die Ansprüche nicht erfüllen.
Je länger man an einem Ort ist, desto intensiver können die Kontakte werden. Und auch mit vielen Kilometern und Wochenende bin ich seit fast 9 Jahren am selben Ort in der Schweiz, so dass ich nicht unbedingt wieder umziehen möchte, doch wenn der Beruf das mit sich bringt, werde ich es wohl wieder machen und wir werden wieder Wochenendbeziehung starten....

Bessie, dass Thema mit dem sich in Gruppen allein fühlen kenne ich auch. Ich denke, manchmal liegt es daran, dass mich die Gesprächsthemen in diesen Augenblicken nicht interessieren oder ich strenge mich so an, dass ich rechts und links die Gesprächsthemen verfolgen will, dass ich mich dabei überfordere und daher nicht mehr in der Lage bin bei der Gruppe zu bleiben.

Ich hoffe sehr, dass mein Betrag, den ein oder anderen inspiriert, sich vor die Türe zu wagen und "Gleichgesinnte" zu welchem Thema auch immer zu finden. Und vielleicht findet jemand neue Hobbies und Themen, die er oder sie bis jetzt nicht entdeckt hat, obwohl wir schon sooo vielseitig sind.

Und ich weiss, dass viele Betroffene so viele Veranstaltungen besuchen gehen, dass sie keine Zeit mehr zu Hause in ihrer unaufgeräumten Wohnung verbringen müssen....so ist man auch unter Menschen und kann den Aufenthalt in einer unerträglichen Wohnung vermeiden und man hat natürlich keine Zeit zum Aufräumen...

Ja, das angemessene Mittelmass wäre sicher das Beste für uns, doch daran halte ich mich selber auch nicht. Ich habe genügend Ausreden, dass ich mein Chaos derzeit nicht in Ordnung bringe. Und mit diesem Statement setze ich mich selbst herab.
Das was ich als Wertschätzung dem entgegen setzen kann: Ich sorge gut für mich und meine Seele.

Viele liebe Grüsse
Sonja


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07.06.2013 16:56
avatar  bessie
#34
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Hallo an alle,

liebe Sonja,
danke für´s "teilen", Du hast wirklich allen Grund stolz auf Dich zu sein, Du sorgst für Dich. Vielleicht hast Du Angst davor, dass es Dir "zu gut" geht und behältst deshalb etwas Chaos, damit Du eine "eingefahrene" Rolle nicht ganz aufgeben musst?

Hm, ich hab mir nochmal so Gedanken über die "Sache" mit der Garderobe gemacht, aber ich kann´s nicht anders beschreiben, es war da von vorn herein klar, dass ich diese Arbeit nicht selber machen kann, es sollte ja später wie ein eingebautes Möbelstück aussehen und nicht wie Latten vom Baumarkt zusammengenagelt. Ich hatte mir nur zwei Optionen vorstellen können: entweder der olle Einbauschrank bleibt oder eine Garderobe, die einer "vom Fach" herstellt, was anderes habe ich mir damals gar nicht überlegt.

Beim Balkon war es ganz anders, ich wollte von Anfang an diese Arbeiten selber machen, hatte den Anspruch das alleine hinzukriegen und dann klappte es nicht. Der Versuch wurde von meinem Hirn blockiert(?) abgelehnt(?), da kamen Gedanken wie: das schaffst Du nie und dann war´s halt "rum" und ich hatte das Gefühl, "es" nicht geschafft zu haben. Gefühle, versagt zu haben?


Dann schleppe ich Euch mal auf meinen (damaligen) Dachboden, aber schaut Euch bitte nicht so genau um *würg* :-)

Der Dachboden hatte es im wahrsten Sinne des Wortes: in sich!!! Dort stand so gut wie kein Müll, es waren alles Sachen, die ich schön fand, mal vom Spermüll oder Flohmarkt mitgebracht, geschenkt bekommen manches auch selber gekauft. Eigentlich hatte ich das meiste mal "ursprünglich" für meine Wohnung vorgesehen, aber nie Platz oder Verwendung dafür gehabt.

Bis ich endlich an den Dachboden "ging" war es schon wieder fast Frühjahr, aber in diesem Jahr zog sich auch der Winter in die Länge und dort oben war es a....kalt. Als dann die ersten warmen Tage kamen, war auch bald der nächste Sperrmülltermin und ich dachte dort so Einiges "wegzubekommen",

ABER für alle die es bis jetzt noch nicht wissen:

ich bin Messie!!!

Will sagen, einfach mal eben aussortieren: "is nich" !!!!

Nun gut, ich machte mit `ne Tasse Kaffee, schnappte meinen Küchenstuhl und ab nach oben, sowas von gemütlich ;-). Wie ich von dem Maschendrahtverschlag saß, kam mir der Gedanke: ... und andere sitzen nun gemütlich in einem Cafe *grins*, naja, da oben war's auch schön *kicher*. Einige Spinnen kamen um nachzusehen, was ich da mache *kreisch* ich finde diese Tiere faszinierend, aber gleichzeitig hab ich Angst vor denen. Ich krieg dann Gänsehaut und mich kribbelt es am ganzen Körper *schüttel*.

Ihr könnt´s Euch vielleicht vorstellen, es war eine sehr große Überwindung dort oben zu bleiben und einen Plan zu machen. Ich sah mir das "Gerümpel" an, soweit ich überhaupt was erkennen konnte und stellte fest, dass es MIR unmöglich war hier oben irgendwas zu sortieren, auch wegen der Spinnen!!! Dann hab ich beschlossen, mein kleines Zimmer und den Flur zu nutzen, indem ich die ganzen Sachen erstmal dort hinstellen wollte um dann Stück für Stück zu entscheiden, was ich damit machen wollte.

Auch hier zeigte sich später, dass diese Entscheidung fatal war, was meinen allgemeinen Wohnungszustand betraf. Um dort oben irgendwas anfassen zu können, brauchte ich Handschuhe, anders konnte ich mich wegen der Spinnen nicht überwinden. Und natürlich hatte ich wahnsinnige Angst, dass eines dieser Tiere mit in meine Wohnung kommen könnte, also sah ich alles was ich runtertrug sehr gründlich an und alles was ich anfasste, fasste ich zögernd und langsam an und .... so dauerte die Räumerei ewig.

Mein Gedanke war auch, dass die Sachen auch wenn was auf den Sperrmüll sollte, zumindest schon mal 2 Stockwerke weiter unten war. Ich erinnerte mich noch sehr lebhaft an die Treppenrennerei vom zweiten Stock nach unten und wie fertig ich damals war. Deshalb wollte ich mir selber Treppe Hochpaterre, 4 Etagentreppen und Treppe zum Dachboden nicht in einem "Törn" antun.

Man, sagte ich nicht am Anfang: alles gute Sachen? Naja, kann man so oder so sehen!

Wieso ich auch hier oben wieder Altkleidersäcke fand, weiß ich nicht so genau ... und Schuhe, man, soooo viele Schuhe ... noch 2 alte Ohrensessel, riesig und sauschwer ... alte Farbeimer von vor WIEVIEL?? Jahren ... Werkzeug (ach, da ist es ja *strahl*) ... alte Plüschtiere (sooo niedlich, kann man doch nicht wegschmeissen, wie niedlich die schauen) ... Geschirr!!! ... Blumentöpfe (hier auch?) .... Kleinelektrogeräte, hey, sogar `ne Kaffeemaschine ( wer mitgelesen hat, erinnert sich vielleicht an meine "Antihaltung" zu Kaffeemaschinen generell) ... Sonnenschirme (mit und ohne Löcher :-)) ... Eisenlaternen ... Vogelkäfige ... eiserne Kerzenständer ... und was weiß ich nicht noch alles.

Mein Dachbodenabteil war wirklich nicht sehr groß, aber es war voll gestopft bis unter die Dachziegel und manches stand noch draussen um die Ecke rum beim Schornstein, `ne echte Gruselecke, ich hätte dort auch etwas stehen lassen können, niemand wäre aufgefallen, dass die Sachen von mir sind, aber es war mir auch hier vom "Bauchgefühl" ein Bedürfnis ALLES zu "bereinigen". Ich brauchte 3 volle Tage, Samstag, Sonntag und noch den Montag als kurzfristigen Urlaubstag um alle Sachen (incl. einem kleinen, dann abgebauten Kleiderschrank) in meine Wohnung zu bringen.

Als endlich, endlich der Dachboden leer war, schloß ich wieder mal einen Pakt mit mir:

nie wieder auf dem Dachboden etwas abzustellen egal, was das ist!!!!

Nur kurz zur Info, bis heute habe ich mich daran gehalten *freu-freu-freu*.


Am Montagabend saß ich im Flur auf meinem Küchenstuhl und plante was ich nun mit diesem ganzen Zeug anfangen wollte. Zunächst war es mir sehr wichtig, dass auch niemand anderes in meinem leeren Dachbodenabteil was abstellte, also brachte ich noch am selben Abend Pappe ringsum am Maschendraht an, fegte den Fußboden, baute ein Schloss an, sperrte ab und war heilfroh nicht wieder "da hoch" zu müssen. Die 2 Riesensessel hatte ich zum Trockenboden rübergeschoben und stellte fest, dass dort noch 2 Teppiche (gut eingestaubt) von mir lagen.
Also gut, dann musste ich wohl doch noch mal "da hoch" nur es war mir auch klar: alleine schaffe ich diese Sachen nicht runterzubringen, aber darum wollte ich mich ein anderes Mal kümmern.

Mein Plan war am Dienstag nach Feierabend gleich weiterzumachen, aber daraus wurde mal so überhaupt nichts. Das Aussortieren dieser Sachen stellte sich für MICH viel schwerer heraus, als ich jemals gedacht hätte.
Ich war mir so sicher gewesen nach meiner Wohnungsentrümpelung wären der Dachboden und der Keller ein Kinderspiel, aber irgendwas blockierte mich, wieder eine Handlungsunfähigkeit und die ........... sollte Wochen dauern und hatte zur Folge, dass meine GESAMTE Wohnung, bis auf den Balkon im Chaos versank.

Wie ich dann weitergemacht bzw. nicht gemacht habe, schreib ich Euch ein ander Mal, denn ich muss nun los.

Lieber Gruß, Bessie

Das Leben muss vorwärts gelebt werden, kann aber nur im Rückblick verstanden werden.

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10.06.2013 15:53
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Hallo Ihr Lieben,

wie ich Euch ja schon im vorigen Teil geschrieben hatte, war die Sache mit dem Weitermachen gar nicht einfach.
Wenn ich abends nach hause kam und in meinem schönen Flur und dem kleinen Zimmer diese ganze Sachen sah, KONNTE ich mich einfach nicht überwinden "anzufangen". Oft dachte ich: nimm irgentwas in die Hand und schlepp es runter, stell es zu den Mülltonnen vielleicht kann jemand was davon gebrauchen, aber es ging nicht.

Dieser Frust legte mich lahm, in meiner gesamten Wohnung breitete sich erst eine leichte Unordnung, dann eine große und schließlich ein Chaos aus, in allen Räumen lag etwas, was dort nicht hingehörte und ich schaffte es nicht auch nur einen Teller vom Wohnzimmer wieder in die Küche zu bringen.

Nur diesmal war es anders als früher. Früher hatte ich Chaos, ohne es großartig zu bemerken, jetzt hatte ich Chaos, merkte es und .... konnte dennoch nichts dagegen machen. Diese Zeit war wohl am Schlimmsten für mich, ich dachte jeden Tag an meine schwer erkämpfte Ordnung, daran wie schön sauber alles war (jetzt mochte ich nicht mal in Strümpfen, geschweige denn Barfuss durch die Wohnung laufen) aber ich schaffte es nicht den Staubsauger "anzuschmeissen".

Natürlich war das Chaos nicht so heftig wie früher, dazu hatte ich ja auch nicht mehr genug Sachen in meiner Wohnung, aber es lähmte mich, ich heulte viel und handelte nicht- echt ätzend. Schließlich kam der Tag an dem ich mich nicht nur durch den Flur (Sachen vom Dachboden) durchhangeln musste, sondern auch im Wohn- und Schlafzimmer. Es nervte mich, ständig war ich am suchen.

Dann ging es Wochen später mal wieder aufs Wochenende zu, genauer gesagt Donnerstagabend und unser Hausmeister stand bei mir auf der Matte. Er wollte wissen, ob mir die Teppiche und die Sessel vom Trockenboden gehören, erst wollte ich das abstreiten, aber ich hatte keine Kraft zum Lügen, hört sich blöd an, war aber so. Also "gestand" ich ihm, dass ich es nicht alleine runterbringen könnte und ich hätte auch niemand, den ich fragen kann und ob er mir helfen würde, ich würde es ihm auch bezahlen. Bezahlt werden wollte er nicht, aber helfen tät er mir trotzdem, aber nur wenn das Zeug heute noch runterkommt, denn er hätte Freitagmorgen noch was auf die Deponie zu fahren und das Zeug sollte dann gleich mit.

Ich fühlte mich so kraftlos und schlapp, schnappte mir aber meinen Schlüssel und ging mit ihm nach oben. Wir wuchteten diese Sch...sessel nach unten und auf den Anhänger, danach die Teppiche. Ich dankte ihm und nahm mir vor ihm eine nette Kleinigkeit zu schenken (hab ich auch). Als ich die Treppe hoch ging, klappten mir fast die Beine weg, so kaputt war ich. Oben angekommen wankte ich ins Bett und wollte nur noch schlafen und das um halb 9 abends, egal, nichts ging mehr, erst am nächsten Morgen wachte ich wieder auf.

Etwas fühlte sich anders an, was es war kann ich bis heute nicht erklären, ich stand auf und auf dem Weg ins Bad hob ich alle Schmutzwäsche vom Fussboden auf, als wäre das selbstverständlich (!!!), nahm sie mit ins Bad und stoffte einen Teil der Klamotten in die Waschmaschine und legte die anderen in den Wäschekorb.
Nach dem Duschen putzte ich mal eben so die Dusche und das Waschbecken, tat etwas Reiniger ins Klo und stellte meine Kosmetik ordentlich an Ort und Stelle, danach erst ging ich in die Küche um Kaffee zu machen. Während ich darauf wartete, dass das Wasser kochte stellte ich einfach mal so das schmutzige Geschirr in die Maschine und stellte sie an.

Ihr könnt's jetzt glauben oder nicht, erst als ich beim Kaffee trinken war, merkte ich was ich da mal ganz kurz nebenbei alles aufgeräumt hatte. Es war erstaunlich, aber diese "Entsesselungsaktion" hatte bei mir eine Blockade aufgelöst und Gefühle freigesetzt. Ich war nämlich traurig, dass diese schönen alten Sessel nun weg waren, aber in meinem kleinen Wohnzimmer hätten sie den ganzen Raum dominiert und das wollte ich ja auch nicht. Diese ambivalenten Gefühle verwirren mich auch heute noch manchmal, aber es ist in Ordnung wegen einer Sache, in diesem Fall 2 alte Sessel traurig zu sein, dass sie weg sind und gleichzeitig glücklich, dass man Platz geschaffen hat.

Genau diese Gefühle musste ich wohl spüren, um auch mit den anderen Dingen voran zu kommen, waren ja alle schön und gut, aber wenn ich doch für sie keinen vorgesehenen Platz hatte, mussten sie weg ... so einfach war das.

Ich schleppte alles rigoros aus meiner Wohnung, stellte etwas vor meinen Keller, etwas schmiss ich in den Müllcontainer, etwas stellte ich daneben und dann schaffte ich es sogar noch beim Hausmeister zu klingeln und zu fragen, ob er noch Platz für den Kleiderschrank auf seinem Wagen hätte. Begeisterung im Gesicht eines Menschen sieht anders aus, aber er meinte ich soll's mal hinstellen, er würde dann sehen ...
Der Schrank war weg, die alten Farbeimer schaffte ich in mein Auto zusammen mit ettlichen Elektroartikeln und fuhr ebenfalls zur Deponie und erst danach zur Arbeit. Ich kam zum allerersten Mal unentschuldigt eine Stunde zu spät, niemand lynchte mich, alle waren nur froh das ich endlich da war (meine Arbeitskraft endlich da war).

Der Tag lief echt schleppend langsam, denn ich wollte nur nach Hause um dort weiterzumachen und meine Ordnung wiederherzustellen und zwar komplett. Ich habe an diesem Freitagabend fast alles geschafft und den Rest machte ich am Samstag. Den Sonntag verbrachte ich dann wieder in einer, nein in MEINER schönen Wohnung.

Ich weiß, das ich Ordnung halten kann, aber nur wenn ich nichts aufbewahre, was ich nicht haben will, möchte, brauche oder für was ich einfach keinen Platz habe. Bei jedem Teil, was ich heute kaufe, geschenkt bekomme oder auf dem Sperrmüll finde, frage ich mich immer erst:

WO soll es hin???

Damit ich nicht durch eine kleine Unachtsamkeit des *mal-eben-abstellens* wieder in eine Handlungsunfähigkeit rutsche aus der ich für Wochen nicht mehr raus komme. Ständige Wachsamkeit ist für mich notwendig, wenn ich nicht wieder versinken will, denn ich weiß, dass ich nur einen kleinen Schritt in die falsche Richtung tun muss um wieder im Chaos zu hausen.

Was nun noch übrig ist, ist mein Keller und der ist sehr emotionsgeladen, dass wusste ich gar nicht, bevor ich mit der Entrümpelung anfing, aber das schreibe ich Euch beim nächsten Mal

Lieber Gruß, Bessie

Das Leben muss vorwärts gelebt werden, kann aber nur im Rückblick verstanden werden.

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