Ich weiß, wie es sich anfühlt - Depressionen

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05.10.2014 21:01
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#1
Gast
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Ich möchte einfach mal beschreiben, wie ich in meine Depressionen gerutscht bin und wie ich mich dabei gefühlt habe.

Warum ich das mache?

Ich glaube, dass sich viele von Euch in tiefen Depressionen befinden, dieses aber nicht wahr haben wollen. Sich aus welchen Gründen auch immer dagegen wehren.

Meine erste Depression hatte ich im Alter von 27 Jahren.
Zwei Jahre zuvor war ich mit meinem damaligen Freund zusammen gezogen. Wir hatten im Haus meiner Oma eine kleine Wohnung. Das Zusammenleben gestaltete sich sehr schwierig. Für beide war es die erste eigene Wohnung ohne Eltern. Klar hatten wir viele Freunde und bei uns ging die eine oder andere Feier ab :-)
Da war aber auch anderes: wir arbeiteten beide, ich im Schichtdienst, und der Haushalt wollte auch erledigt werden. Hinzu kann, dass meine Oma ihrem Mieter wegen Eigenbedarf gekündigt hatte. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, so dass ich mich bemühte, ihr zu zeigen, dass sie sich keine Vorwürfe zu machen hat. Ich übernahm sehr viele Arbeiten für sie und verwöhnte sie. Was ich aber wirklich gerne gemacht habe; wir hatte ein sehr gutes Verhältnis zueinander.

Tja, der Haushalt... Mein Mann machte gar nichts, nichts, nichts und nochmal nichts. Er kam nach Hause und hatte einfach Feierabend, legte die Beine hoch oder ging 3 x abends in der Woche zum Badmintontraining. Ich fühlte mich mit allem allein gelassen und wurde immer unglücklicher.

Bei der Arbeit fühlte ich mich zunächst noch wohl. Ich war neu in dem Bereich und bereits nach einem halben Jahr hatte ich "Frischlinge" an der Hand.

Insgesamt wurde ich immer unzufriedener, beschwerte mich auch bei meinem Freund, dass ich mich im Stich gelassen fühlte und forderte Hilfe ein. Er wehrte sich dagegen und wir stritten oft.

Entschuldigt bitte, ich mach mal kurz Pause


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05.10.2014 21:31 (zuletzt bearbeitet: 06.10.2014 22:35)
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#2
Gast
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Sonja als Moderator: Ich finde den Kommentar von Funzo unangemessen und habe ihn daher ersetzt.


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05.10.2014 22:51
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#3
Gast
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Schließt es sich denn aus, zu helfen, wo man helfen kann, und an anderer Stelle selbst Hilfe zu brauchen? Ich meine, nein.

Serafina macht nur eine Pause bei ihrer Schilderung - wohin sie führt, werden wir (hoffentlich) noch lesen.


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05.10.2014 23:05
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#4
Gast
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Sorry, wo war ich stehen geblieben?

... und wir stritten oft. Trotzdem machte er weiterhin nichts. Ich erledigte alle Pflichten. Wahrscheinlich, so weiß ich das heute, weil es alles für mich "normal" geworden war. Wer erledigte die Sachen denn, wenn nicht ich es machte? Niemand. Gleichzeitig wurde ich immer trauriger und missgestimmter. Aber irgendwie konnte ich nicht "NEIN!" sagen. Ich konnte mich nicht dagegen wehren und habe einfach immer "funktioniert".

Mein Körper machte dann aber irgendwann nicht mehr mit. Es war Neujahr 90/91, als meine Eltern sich nachmittags zu Besuch ankündigten. Ich konnte nicht aufstehen und habe bitterlich geweint, ohne zu wissen, warum. Meine Eltern kamen und sahen, dass es mir schlecht geht. Als sie fragten, was los sei, wurde es nur noch schlimmer. Ich konnte aber nicht sagen, was mit mir los ist, weil ich es selber nicht wusste. Selbst, wenn ich versuchte, mich zusammen zu reißen, verschlechterte es sich nur. Ich kannte mich selbst nicht mehr und fühlte mich völlig verloren.

Mittlerweile waren mein Freund und ich verheiratet und er kam mit meinem "Zustand" überhaupt nicht klar.

Am nächsten Tag, als ich mich etwas besser, aber immer noch sehr unwohl fühlte, ging ich zum Arzt und erzählte ihm von meinem Nervenzusammenbruch. Er schrieb mich erst einmal krank, damit ich ich erholen sollte.

In der Folgezeit wurde es aber immer schlimmer. Ich bekam Schwindelanfälle mit Panikattacken. Ich dachte immer, dass ich jetzt sterben müsse, wenn mein Kreislauf runter ging. Mein Arzt schickte mich von Facharzt zu Facharzt, um organische Schäden ausschließen zu können. Mein Zustand verbesserte sich nicht, wurde sogar noch schlimmer, bis ich zuletzt sogar beim Neurologen landete, wo mein Gehirnströme gemessen wurden. Eine organische Ursache für meine Beschwerden konnte nicht gefunden werden.

Ich wurde immer antriebsloser, konnte zuletzt nicht mehr Einkaufen gehen. Ich dachte immer, dass mich alle "anstarren" würden. Mir ansahen, dass mit mir etwas nicht stimmte. Und darüber dachte ich dauernd nach.

Zuhause bekam ich weiterhin keine Hilfe von meinem Mann. Ich habe dann eben versucht, so gut wie es ging zu funktionieren.

Als ich vom Arzt das Ergebnis bekam, dass ich "gesund" bin, wollte ich wieder arbeiten gehen. Am ersten Tag allerdings bin ich auf der Hälfte des Weges zur Arbeit umgekehrt. Ich KONNTE einfach nicht. Ich war gezwungen, umzudrehen. Ich dachte dauernd: Du schaffst das nicht. Es ist Dir zu viel!! Du kannst einfach nicht.

Bei der Arbeit zeigte man Verständnis für mich. Als ich am nächsten Tag wieder beim Arzt sass, sagte er mir knallhart ins Gesicht: Mädchen, Du bist überlastet. Du brauchst Glückspillen, die ich Dir nicht geben kann. Er riet mir dann zu einer Gesprächstherapie, in deren Rahmen ich Autogenes Training erlernen sollte. Ich nahm das Angebot an.

Da fiel nicht einmal das Wort "Depression", obwohl es natürlich eine war. Vor 25 Jahren sprach man da auch einfach noch nicht so darüber. Ich glaube, das Wort "Burn-Out" gab es noch gar nicht.

Ich fühlte mich die ganze Zeit wie in einem tiefen Loch, aus dem ich nicht rauskommen konnte. Ich wollte es, ja ich wollte doch endlich wieder richtig "funktionieren". Das konnte ich aber nicht alleine schaffen, dafür war ich einfach zu tief drin.

Es war nicht so, dass ich dauernd allein war. Nein, wir, mein Mann und ich, haben weiter unsere sozialen Kontakte gepflegt. Aber ich erinnere mich, dass wir Freunde besuchten und ich plötzlich da weg musste. Ich hielt es da einfach nicht mehr aus. Die vielen Stimmen, die vielen Leute und wieder hatte ich das Gefühl, die merken, dass etwas nicht mit mir stimmt. Dass ich irgendwie anders und nicht mehr belastbar bin.

Von meiner Therapie werde ich beim nächsten Mal schreiben.


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05.10.2014 23:11
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#5
Gast
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Ich muss mich korrigieren.

Mein Arzt sagte mir nicht, dass er mir die "Glückspillen" nicht verschreiben könne. Er wollte es nicht. Damals war die Forschung einfach noch nicht so weit wie heute. Es gab auch einfach noch nicht die große Auswahl wie heute. Außerdem meinte er, dass ich es erstmal mit der Therapie und Autogenem Training zur Entspannung versuchen soll.


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