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Selbstwertschätzung inkl Aufräumgeschichte von Bessie
Ich glaube, dass es für manche hilfreich ist, für das Verlassen des einen Extrems zeitweilig in das andere Extrem zu verfallen, und dadurch wieder ein Gleichgewicht zwischen beidem schaffen zu können. Für mich war das so: ich war eine Zeitlang sehr pedantisch, perfektionistisch und habe immer alles sofort erledigt. Das war für mich wichtig, aber nicht weil ich Angst gehabt hätte, rückfällig zu werden, wenn ich mir hier und da eine kleine Schwäche gestatte. Eine ordentliche Umgebung gab mir vielmehr ein gutes Gefühl, und ich wollte dieses gute Gefühl, ich brauchte es. Ich war geradezu süchtig danach.
Eine Zeitlang konnte es mir gar nicht spartanisch genug sein, aber irgendwann kam auch der Punkt, als ich die vielen verwaisten Stellflächen und leeren Wände zu kahl fand. Wo mir dann auffiel, dass in diese Ecke eine hübsche Lampe gehört, und dort oben auf den Schrank vielleicht eine Rankenpflanze, dorthin eine Kerze. Aber ich musste da nicht unbedingt irgendwas hinstellen, nur damit es nicht leer ist. Ich lasse es leer, bis ich das richtige Stück gefunden habe. Denn ich kenne mich: Wenn ich überall etwas stehen hätte, und dann etwas finden würde, das mir unheimlich gut gefällt, dann würde ich es nicht kaufen, weil ich ja schon etwas habe, und dieses Ding nicht unbedingt brauche.
Teilweise lasse ich auch Flächen deshalb leer, weil ich aus Erfahrung fürchten muss, dass mir die Kinder meine Deko nur wieder kaputt machen würden, wenn sie in diesen Ecken herumtoben. Ich möchte sie aber nicht wegen meiner Deko einschränken. Ich kann ja wieder mehr dekorieren, wenn sie älter sind. Bad und Küche habe ich mir dafür schon wieder zurück erobert.
Eine gute Alternative, um eine schöne Raumatmosphäre zu schaffen, ohne dabei hauptsächlich auf rein dekorative Elemente zurückzugreifen, ist die Gestaltung mit Farben. Bei der Auswahl von Vorhängen, Blumenübertöpfen, Kissen, Überwürfen, Bildern (oder zumindest den Bilderrahmen), Auslegeware etc kann man gezielt eine oder zwei Farben pro Raum festlegen. Dann ist man auch nicht so in Versuchung, wenn man irgendeinen Gegenstand sieht, der einem für sich allein betrachtet gut gefallen würde, der aber in keins der vorhandenen Farbkonzepte passen würde. An sowas kann ich dann viel leichter vorbeigehen, und weil ich weiß, dass ich mir nichts wahllos kaufe, habe ich auch kein Problem damit, mir "die perfekte Nachttischlampe" zu gönnen, wenn sie mir begegnet.
Ein wichtiger Schritt war für mich, meinen Haushalt als (echt mies bezahlten...) Job zu sehen. Mit Arbeitsbeginn, Pausenzeit und Feierabend, Sonn- und Feiertag frei. Auch das habe ich eine Weile sehr ernst genommen. Das war deshalb sinnvoll, weil ich mir auch erst mal wieder angewöhnen musste, etwas liegen zu lassen, und nicht erst zur Ruhe zu kommen, wenn ALLES getan ist. Also ich bin aus dem Sofort!-Extrem hin zu einem gesunden Mittelweg. Aber ich muss sagen, das ging dann wirklich einfach.
Inzwischen war ich ja dann auch wieder in einer glücklichen Beziehung, aber weil mein (damals noch Freund, heute Ehemann) immer sehr lange Arbeitszeiten hatte, wollte ich dann auch nicht mehr herumwuseln, wenn er nach Hause kam. Da lag es nahe, zu sagen: Okay, du hast Feierabend, dann mach ich jetzt auch Feierabend.
Zu wissen, dass der "Arbeitstag" zu einer bestimmten Uhrzeit endet, war auch nützlich, um zu planen, was an dem Tag dringend gemacht werden muss, wie lange das ungefähr dauert, und somit auch abzuschätzen, mit welchen Dingen man sich zuerst beschäftigen sollte, damit sie auf jeden Fall vor Ablauf der Zeit erledigt sind. Für sich selbst festzulegen, dass man es bis zu einer bestimmten Uhrzeit oder bis zu einem bestimmten Tag erledigt haben will (nicht muss, sondern will, das ist ein wichtiger Unterschied), hat - zumindest für mich - gewirkt. Sonst hätte ich mir immer weiter gesagt: hat ja Zeit, kannst du auch morgen noch machen. Oder ich hätte - im anderen Extrem - bis tief in die Nacht daran herum gewerkelt, und wäre am nächsten Tag wieder total erschöpft gewesen und hätte meinen Rhythmus verschoben - was mir eine Zeitlang auch auf keinen Fall passieren durfte. Heute kann ich auch mal wieder eine Nacht durchmachen, wenns Spaß macht, ohne dass mich das total aus der Bahn wirft.
Und mal von alledem abgesehen, kann man mit zwei Kleinkindern weder in dem einen, noch in dem anderen Extrem leben. Weder gibt es "Haushalt nach Dienstplan", noch kann man es sich leisten, jede Nacht bis in die Puppen zu rödeln. Das machen die Kinder nämlich nicht mit. Ich hatte das gesunde Mittelmaß schon gefunden, bevor das erste Kind geboren war, aber durch die Wichte haben sich einerseits die Alltagsroutinen gefestigt, andererseits muss man eben auch immer damit rechnen, dass etwas Unerwartetes passiert, das von einem Flexibilität verlangt.
Dadurch, dass ich meine Aufbewahrungsaufteilung optimiert habe (und immer weiter optimiere), darauf achte, dass hygienerelevante Flächen frei bleiben und somit leicht zu reinigen sind, mir Mechanismen angewöhnt habe, dank derer ich vieles ganz nebenbei erledige, und mich von dem Anspruch verabschiedet habe, alles auf einmal erledigen zu wollen, verbringe ich heute jeden Tag gefühlt wesentlich weniger Zeit mit Aufräumen und putzen, habe dabei aber ganz eindeutig ein wesentlich besseres Ergebnis als früher, nämlich eins, mit dem nicht nur ich zufrieden bin, sondern auf das ich auch von anderen angesprochen werde, wie ich das denn bitte mache, mit zwei Kindern und Haustieren. Den Dreck und die Arbeit, ihn zu beseitigen, habe ich genauso wie jeder andere auch. Ich bin aber viel schneller damit fertig, und habe deshalb noch Zeit, um zum einen Dinge zu erledigen, die andere gern aufschieben, und zum anderen Zeit für die Kinder und mich selbst. Zeit zum Beispiel, die ich nutzen kann, um hier was zu schreiben, ohne dass ich das Gefühl hätte, dadurch in Stress zu geraten, wenn ich mir diese Zeit nehme. Wenn ich mal keine Lust habe, in der Bude was zu machen, dann mache ich eben auch mal (gefühlt) nichts. Das einzige, wobei ich streng mit mir geblieben bin, ist, dass ich mir abends vor dem Einschlafen noch überlege, was ich am nächsten Tag auf jeden Fall abhaken will, und das ziehe ich dann auch durch. Inzwischen weiß ich auch genau, was machbar ist, und wenn es mal zu viel auf einmal wird, dann teile ich es eben anders ein, und entscheide mich für den kommenden Tag nur für die dringendsten dieser Arbeiten. Also immer ganz locker, aber trotzdem mit einem gewissen Grad Selbstdisziplin.
Gesundes Mittelmaß eben. Musste ich auch erst lernen, und zumindest ich habe beide Extreme dafür durchleben müssen, um dieses Gleichgewicht finden zu können.
Numi, ich finde deine Beiträge auch immer sehr interessant.
Hmmm.... in dieses andere Extrem würde ich auch gerne mal verfallen! Zumindest eine Zeitlang um Routinen aufzubauen!
Komischerweise stört mich seit langer Zeit auch die Unordnung in der Wohnung einer Freundin. Mit deren Einverständnis habe ich sie auch schon penibel genau aufgeräumt, gesaugt und geschrubbt. Auch im Job war ich ein geordneter Putzteufel... Es geht also, ich kann das und bin dabei fast schon zwanghaft!
Nur in den eigenen 4 Wänden fließt die Energie gerade andersrum und ist ebenfalls ein Zwang und Kampf.
hallo,
heute wurde mir der tipp angeboten mich in meinem schmerz zu achten und zu respektieren.
langfristig ist die aufgabe dazu gedacht, jedes schämen über einen fehler meinerseits gleich welcher art, zu reduzieren.
ich weiss nicht, ob ihr das bemerkt, doch ich gehöre zu denen, die oft lächeln in Situationen, in denen es unangebracht ist, weil ich mich in dem augenblick schäme und nicht zu dem stehen kann, was ich vorher gesagt oder gemacht habe. das lächeln selbst könnt ihr hier leider nicht sehen und ich denke in meinen worten kaum herauszulesen.
ich bin ziemlich schnell eine, die sich schämt, und jedes mich schämen bedeutet Verachtung meiner selbst. und ich schäme mich sooo viel, dass ich die hälfte meiner schämenden Reaktionen nicht mal bemerke. mich selbst verachten ist sehr selbstverständlich.
o,k, der letzte satz ist herabsetzend mir gegenüber.
habt ihr euch mit dem Thema beschäftigt? spätestens wenn viele hier schreiben, dass sie angst haben, jemanden hinein zu lassen, ist das aus meiner sicht mit reichlich schämen verbunden nebst der angst.
falls ihr euch fragt, wofür das schämen gut ist: es ist eine von mehreren idealen (not-)lösungen, dem gefühl der Hilflosigkeit auszuweichen.
und dieses gefühl ist bei mir schneller angetriggert als ich das wort schreiben kann...
wünsche euch eine gute nacht
viele grüsse
sonja
hallihallo,
heute habe ich mich bei jemanden aufgehalten, der seine aufschieberist herr werden will, in dem er sich sozusagen einen aufpasser an die seite holt. die rolle habe ich übernommen.
und gleichzeitig habe ich eine meiner kisten im Büro ins Auto geladen und bei ihm am Küchentisch sortiert. die kiste schiebe ich seit jahren vor mir her...., weil ich das als anstrengend erlebe und natürlich ungern mache.
also die kiste ist durchgearbeitet und so sortiert, wie ich es mir vorgestellt habe (schulter klopfen). ich schreibe euch das wegen etwas anderem: ich hatte keine Chance mich wirklich abzulenken, weil ich nichts anderes als die kiste mitgenommen habe und musste daher in gewisser hinsicht konzentriert bei der aufgabe bleiben. den anderen konnte ich nicht gross stören, denn ich war sein gewählter "aufpasser".
also er ist mit seinen Sachen einigermassen voran gekommen und ich habe in der zeit meine kiste abgearbeitet.
also kann es gut sein, wenn man bereits seine unterlagen thematisch grob vorsortiert (in der kiste war alles, was ich zum Thema steuer glaube aufheben zu müssen aus den letzten 6 jahren), damit loszuziehen und einen ort zu finden, an dem man sich wirklich NUR damit beschäftigen kann oder mit sich selber.
in einigen wenigen Städten werden solche "arbeitsorte" angeboten und heute erkenne ich den wert dieser orte für menschen wie uns.
also insofern ist dieses Konstrukt als aufpasser beim anderen zu sein genau richtig für mich und meinen papierkram. vielleicht komme ich auf diesen weg mit meinen Sachen weiter. jedenfalls Kiste geschafft. jetzt "nur" noch ein ort für die Sammelmappen definieren. und soll ich euch was sagen, ich bekomme eine kleine summe finanziell dafür. seine Sachen erledigen und dann noch symbolisch bezahlt werden dafür, echt speziell.
viele grüsse
sonja
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