Mondschein- meine Geschichte und ich wünschte mir es gäbe einen Weg

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05.08.2016 11:13
#1
Mo

Ich schreibe meine Geschichte und mein Problem in der Form auf, dass ich die empfohlenen Fragen beantworte. Beim Beantworten habe ich gemerkt, dass diese wirklich hilfreich sind. Weil sie schon noch einmal helfen ein Stück zurück zu treten und zu versuchen, von verschiedenen Perspektiven auf das Problem zu sehen.

1. Ich denke, dass es wirklich Probleme gibt, Dinge wegzuschmeißen und loszulassen. Und wenn dann der Berg so groß ist und vielleicht noch ein aktuelles Problem hinzukommt, dann glaube ich, dass mein ehemaliger Partner in ein Gefühl von Lähmung verfällt und dann erst mal nur ganz wenig oder nichts mehr geht.

2. Ich meine, dass das Papier das größte Problem ist. Im Arbeitszimmer ist ganz viel davon und muss durchsortiert und vor allem entdichtet werden. Aber ich finde, dass es auch ein Problem mit Lebensmitteln gibt. Mein ehemaliger Partner sieht das eher nicht so. Er sagt immer wenn die Packungen zu sind, dann muss man das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht beachten. Es ist so, dass er überlagerte Lebensmittel nicht wegwerfen kann, bzw. ihm das sehr schwer fällt.
Auch mit kaputten Dingen ist das so, die also das Potential haben, repariert zu werden, wie z. B. ein kaputter Tisch, der in der Mitte durchgebrochen ist.

3. Nein es lebt keiner mehr in der Wohnung.

4. Als wir noch in der Beziehung waren sah der typische Alltag so aus, dass wir gemeinsam gefrühstückt haben. Dann ist er in seine Wohnung gefahren um dort zu arbeiten, das heißt um zu versuchen das Papier zu sortieren, wegzuwerfen. Und samstags um zu wischen und das Bad zu putzen. Abends kam er wieder und wir haben dann die Abende gemeinsam verbracht, eigentlich immer mit fernsehen.
Die Beziehung hat sich komplett in meiner Wohnung abgespielt aus zwei Gründen:
Ich brauche um mich herum Ordnung und Überschaubarkeit. Außerdem habe ich Ängste vor Gas und in seiner Wohnung gibt es eine Gastherme und einen Gasherd. Übernachten wäre dort für mich deshalb nicht möglich gewesen, aber ein Besuch und Zeit verbringen am Tag, das würde ohne äußeres Chaos mit meinen Ängsten machbar sein.

5. Ich würde mal jetzt keine Diagnosen benennen. Aber so viel steht fest, dass die Messieproblematik nach einer sehr schmerzhaften Trennung aus einer über 20 jährigen Ehe (die auch damit einherging, dass seine Kinder den Kontakt zu ihm ablehnten) ausbrach. Zudem gab es parallel ganz große Existenzsorgen im Zuge der Trennung (drohende massive Verschuldung die aber durch ihn abgewendet werden konnte). Und was in dieser Zeit auch als massive Belastung wirkte war eine gravierende Mobbingproblematik., sowie knallharte 12 Stunden Dienste mit wenig freien Tagen und in einem sehr existentiellen Arbeitsbereich mit schweren Erlebnissen.
Irgendwann kam dann der Punkt wo arbeiten nicht mehr möglich war. Er hat eine schwierige Weiterbildung absolviert und auch erfolgreich abgeschlossen. Da waren dann aber auch keine Ressourcen für die Wohnung vorhanden. Nach Abschluss der Ausbildung ist der Einstieg ins Berufsleben noch nicht gelungen, was aber auch als große Belastung wirkt….

6. Als wir noch in der Beziehung waren konnte ich das Problem immer mal besser und mal schlechter kompensieren. Aber dadurch dass jeder seine eigene Wohnung hat, und sich in Bezug auf die Beziehung alles bei mir abspielte, funktionierte das Modell.
Manchmal vermisste ich eine realistische Perspektive, wie zusammenzuziehen zu können. Aber ich konnte mit den Status von zwei Wohnungen ganz gut leben. Auch wenn ich immer wahrgenommen habe, dass durch diese ganzen Sachen in seiner Wohnung und dem Arbeiten darin unserer Beziehung ganz viel an Energie und Präsenz entzogen wird. Also auch Lebendigkeit.
Ich habe ihn nur sehr selten besucht. Ich bin selbst psychisch seit über 1,5 Jahren sehr angeschlagen und kann gegenwärtig deshalb auch meinen Beruf nicht mehr ausüben und suche (manchmal verzweifelt) Wege wieder in Arbeit zu kommen. Wenn ich ihn besucht habe, dann war das für mich emotional sehr schwer und ich habe Wochen gebraucht, um mich davon zu erholen. Das war auch schon so, bevor ich selbst in die Krise kam. Und als ich das letzte Mal da war (Ende März) haben mich Gefühle von Hilflosigkeit Hoffnungslosigkeit völlig überflutet und der Besuch hat eine ernsthafte Krise ausgelöst. Die haben wir dann aber bewältigt.

7. Von seinem Vater ist bekannt, dass er auch ein Problem räumlicher Desorganisation hatte. Auch sein Bruder hat das Problem. Aber beide konnten bzw. können relativ normal wohnen, da dies Problem durch Partner im Haushalt kompensiert wird.

8. Nein, von echter Verwahrlosung kann keine Rede sein. Mein ehemaliger Partner geht ja täglich in die Wohnung und kämpft um Fortschritte. Er macht auch eine Therapie wo er alles offen bespricht und auch konkrete Schritte woran er arbeitet. Aber auch immer mit Blick auf Auslösefaktoren, Biographie ….
Klar kann er die Wohnung nicht so putzen wie „man es normalerweise tut“, aber es gibt keine Verwahrlosung.

9.10. Nein es gibt auch keine Selbst- oder Fremdgefährdung

11. Auf dieses Forum bin ich schon seit längerer Zeit gestoßen. Einfach weil ich um das Problem, bzw. die Erkrankung weiß und mir darüber bewusst bin, dass sich informieren hilft um damit besser zurecht zu kommen (das habe ich schon beim Thema Alkoholismus erfahren, ich bin damit aufgewachsen). Also ich habe schon vor der Trennung im Forum gelesen.

12. Jetzt mit dem letzten Punkt komme ich zu meiner Frage, meinem Problem.
Wie kam es plötzlichen Trennung? Ich habe vor einiger Zeit in meiner Wohnung einen Schädlingsbefall festgestellt. Das war für mich sehr schlimm und wie ein Schock. Ich habe leider (das tut mir heute wirklich sehr leid) meinem ehemaligen Partner sofort die Schuld dafür zugeschrieben, dass er es über seine Taschen in meine Wohnung gebracht hat. Also ich habe gesagt: „Ich weiß dass mit dem Messieproblem ein erhöhtes Risiko für Schädlingsbefall einhergeht. Und ich habe so viel auch tragen können, aber das kann ich jetzt nicht mehr“. Ich habe mich sofort getrennt.
Ein paar Tage später stellte sich heraus, dass jemand im Haus dasselbe Problem vor einiger Zeit hatte, so dass ein völlig neues Bild in Bezug auf die Ursache entstand. Ich habe das sofort meinem ehemaligen Partner gesagt und die Trennung zurück genommen. Und die Schuldzuweisung tat mir wirklich gesagt sehr leid und ich hoffe, dass ich ihm gegenüber das genug zum Ausdruck gebracht habe.
Leider ist es so, dass ich im Zuge meiner Erkrankung selbst sehr viel mit Ängsten die aus Gedanken kommen zu tun habe. Und das ist das Problem von meiner Seite her, dass ich, wenn er da ist, diesen Gedanken, dass ein Problem in meine Wohnung herein getragen wird einfach nicht los werde. Ich habe da voll die Bilder im Kopf aus seiner Wohnung plus das Wissen um das erhöhte Risiko. Die Ängste die daraus erwachsen sind groß. Ich konnte dann vor lauter Angst den letzten Abend wo wir zusammen waren auch gar nicht mehr sprechen und war komplett in mich gekehrt. Ich habe dann aus dieser großen inneren Not heraus die langjährige Beziehung beendet.
Ich weiß, dass dies auch alles Unterstellungen sind und ich bitte Euch, die Ihr das lest, dass auch so einzuordnen, dass dies auch aus meiner Erkrankung gespeist ist und ich auch keinem von Euch zu nahe treten oder etwasvunterstellen möchte.
Wir leiden beide sehr unter der Trennung. Ich glaube für ihn ist es noch schlimmer und das tut mir alles auch sehr leid. Es ist halt so, dass sich für ihn etwas Schlimmes wiederholt, was entscheidend zum Ausbruch der Problematik beigetragen hat.

Wir sind per Whats up und manchmal auch per Telefon im Kontakt zu einander. Es hat sich so herausentwickelt, dass wir Beide noch etwas Hoffnung haben.
Ich habe signalisiert, dass wenn seine Wohnung in einem organisierten, strukturierten und hygienisch sauberen Zustand ist, ich mir eine Beziehung wieder vorstellen kann. Ich habe auch geschrieben dass ich aber dann auch die Beziehung anders führen wollen würde. Das heißt ich würde mich, wenn es bei ihm kein Chaos mehr gibt, auch meinen Ängsten stellen (Gasängste) möchte, und nicht aus diesem Grund seine Wohnung meiden und die Beziehung komplett zu mir verlagern würde. Und dass dies auch dafür sorgen würde, dass die Beziehung mehr auf Augenhöhe ist.
Aber ich, weiß, dass die Bedingung geordneter Wohnverhältnisse eigentlich falsch und für ihn Gift ist, weil das ja massiv Druck erzeugt. Aber auf der anderen Seite ist es ehrlich….

Ich habe auch meine konkrete Hilfe angeboten, zum Beispiel gemeinsam die überlagerten Lebensmittel wegzuwerfen und die Küche zu putzen. Vorher hatte ich recherchiert was es für Hilfsmöglichkeiten gibt (Begleitetes Wohnen, Haushaltshilfe über Pflegedienst, Messiecouches gibt es nicht wo wir wohnen und wenn wäre es für meinen ehemaligen Partner nicht bezahlbar da er mittlerweile Geld aus dem SGB 2 bekommt. ), weil ich weiß, dass die Hilfe von nahen Angehörigen eigentlich meistens problematisch und nicht hilfreich ist. Ich habe ihm angeboten, beim Beantragen einer solchen Leistung zu helfen. Aber Hilfe von außen in seiner Wohnung kann er sich gar nicht vorstellen. Er sagt seine Hilfe ist die Therapie, die er macht. Und den Rest in seiner Wohnung muss und möchte er allein schaffen, um nicht abhängig und nicht abgestempelt zu werden und seine Eigenständigkeit nicht aufzugeben.

Ich bin froh dass ich das Beantworten der Fragen geschafft habe und ich bitte Euch um Euer Verständnis für das was Ihr lest. Ich weiß dass einiges von meiner Seite her nicht ok ist aber ich bekomme es nicht besser hin. Und den Beitrag ins Forum zu stellen kostet mich schon Mut.


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05.08.2016 13:24
#2
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Hallo Mondschein,

vielen Dank für deinen ausführlichen Text und für dein Vertrauen!
Ja, ihr habt beide ziemlich zu kämpfen, und so kann es geschehen, dass man nicht immer so reagieren kann, wie es eigentlich dem eigenen Anspruch entspricht. Ich verstehe, dass es dir unangenehm ist, aber Ängste sind eben manchmal irrational und wir können nicht immer so handeln wie wir es für richtig halten.

Ich sehe bei euch durchaus Möglichkeiten, dass ihr eine Gemeinsamkeit finden könnt, ohne dass ihr dauerhaft überfordert seid.
In kleinen Schritten geht es dann hoffentlich.

Du sagst, ihr habt weiter Kontakt, schreibt auf Whatsapp und so weiter.
Vielleicht könnt ihr euch vorerst hin und wieder auf neutralem Boden treffen?
Es gibt von diversen Bäckereiketten oder Kaufhauscafes über IKEA bis hin zu McDonalds durchaus preisgünstige Lokale, wo man sich mal treffen kann, auch wenn die Umgebung nicht gerade anheimelnd ist. Überlegt vielleicht, ob das eine Möglichkeit wäre.

Wenn du Angst vor Gas hast - es gibt Gaswarnmelder für Gasaustritt ab rund 40 Euro, die du da anbringen könntest, auch Warnmelder für CO ab circa 50 Euro. Dann noch eine Löschdecke in die Küche, und das reicht. Das sind einmal ungefähr 100 Euro und du kannst dich sicher fühlen. Wenn du den Stresslevel auf diesem Gebiet herunter fahren kannst, hast du mehr Energie für das Hinnehmen des Wohnungs-Chaos, um es gemeinsam langsam abzubauen. Könnte die Wohnung umgestaltet werden - er richtet einen Raum bewusst das Arbeitszimmer "Büro mit Lager" ein, also Regale für die Papiere etc. und das andere ist der Wohnbereich in den nichts herausschwappt - eventuell tauscht er das Büro in einen größeren Raum?

Damit das kein Ungleichgewicht in eurem Kontakt gibt und nicht du nur die "Gebende" bist - was könnte dein Freund für dich machen? Was kann er, und was wäre für dich eine Hilfe?

____________________
Viele Grüße, Jennifer

Das Leben umarmen ... ✨🤲

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18.08.2016 10:57
#3
Mo

Hallo,

ich wollte mich mal wieder melden. Es gibt gerade keinen Weg. Die ganze Problematik ist wirklich sehr schwer. Ich kann das nicht mehr tragen. Angebote von meiner Seite zumindest in der Küche alte Lebensmittel wegzuwerfen und gemeinsam dort zu putzen (ich würde das auch allein machen) kann mein ehemaliger Partner nicht annehmen. Mit den Lebensmitteln das ist für mich das schwierigste Thema. Ich bin fassungslos wenn mein ehmaliger Partner beispielsweise eine alte Packung mit einem Milchprodukt von 2012 nicht wegwirft, alte gebackene überlagerte verpackte Kuchen, alte Tüten mit Nüssen. Ganz abgesehen von Mehl, und noch viele andere Produkte (Mehlmischungen .....) die komplett völlig überlagert sind. Es ist nicht meine Wohnung, aber ich bin trotzdem zutiefst betroffen. Mein ehemaliger Partner macht Fortschritte, aber das Tempo ist echt ganz langsam. Manchmal bin ich mir nicht so sicher ob sich die Haufen nicht immer wieder von Ort A nach B, von B nach C .... verlagern und nur in Minischritten reduziert werden könnnen. Das Problem ist mein ehemaliger Partner kann Dinge einfach nicht so wegwerfen wie andere.
Sich eine dritte Person zu organisieren, die ihn unterstützt, das kann er sich überhaupt nicht vorstellen und unsere Diskussionen sind dahingehend schon sehr emotional gewesen, weil er sich oft ziemlich aufregt, wenn ich das ins Gespräch gebracht habe.
Und ich versuche das alles zu verstehen und es ist so traurig, dass die Dinge so sind wie sie sind.


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18.08.2016 11:46
avatar  Wolfram
#4
Wo

Hallo Mondschein,

Du sprichst nur von überlagerten Lebensmitteln, kein Wort von Schimmel, befallenen tieren, gewölbte Deckel, Gerüche, offene lebensmittel. Ich kann daraus nur entnehmen, dass Du die Überlagerung aus dem aufgedruckten Datum entnimmst. Das ist aber falsch.
Das Datum besagt nur, dass der Händler das Lebensmittel bis zu diesem Datum zurücknehmen muss, falls es schlecht geworden ist.
Meine H-Milch z.B. hält noch 6-8 Monate nach dem Datum. Mehl und Zucker halten ewig, ziehen nur Tierchen an, darum in Glasgefäße umlagern. Hoffentlich sind die Glasgefäße nicht weggeworfen worden.

Statt wegwerfen, aufessen. Spart auch Geld.

viele Grüße
Wolfram


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29.08.2016 04:14
avatar  Emin
#5
avatar
Administrator

Zitat von Mondschein im Beitrag #3
Mein ehemaliger Partner macht Fortschritte, aber das Tempo ist echt ganz langsam.



@Mondschein

Dann ist doch alles in Butter! Er macht Fortschritte schreibst du. Mache NICHT den fehler ihn dafür zu Kritisieren. Lobe Ihn immer überschwenglich wenn er auch nur das kleinste aufräumt oder entsorgt. Das ist keine Ironie von mir, ich meines das wörtlich. Keinen Druck, keine Eile. Babysteps sind angesagt. Lass Ihn Entscheiden wie schnell das geht. Wenn du dem nachhelfen willst dann kann das genau nach hinten losgehen.

Ich finde es sehr gut das du deinen Ex nicht vergisst und Ihm gutes tun willst. Bitte entschuldige wenn ich das nun so krass sage doch meine Erfahrung ist das vor allem Frauen oft Eiskalt werden können wenn sie sich erstmal getrennt haben und einfach alles vergessen, die guten Zeiten zusammen und so weiter...deshalb Hut ab vor dir! Wenn ich das von dir höre würde ich dich ungesehen sogar meinem Bruder dich als Partnerin empfehlen. Auch keine Ironie! Schön das es noch solche Frauen wie dich gibt.


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