ratlos und allein im Chaos

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27.11.2013 06:29 (zuletzt bearbeitet: 27.11.2013 06:38)
#76
Mi

Hi,
ich habe mich eben im Forum angemeldet und weiss nicht, wie ich mich am besten vorstellen soll. Ich bin eine Frau und habe Probleme... ;)
Aber ich muss direkt mal etwas zu dem Posting schreiben, bzw. habe Fragen dazu:

Zitat
Hallo Single!
Sagen wir mal. Es gibt in meinem aller-, allerengsten Umfeld einen Menschen, der unter einer schweren Soziophobie leidet. Ich bin seine einzige echte Bezugsperson, Kollegen kommen privat nicht an ihn ran, Nachbarn und Exklassenkameraden, selbst die Familie, nerven ihn nur und es ist unglaublich anstrengend für ihn, auch nur mit einem Unbekannten (Amt) ein Telefongespräch zu führen, von realen Gesprächen gar nicht zu reden.
Zitat Ende

Wie hat er denn Kollegen, Freunde kennengelernt, wenn er Menschen ausweicht? Das kann ich mir gerade gar nicht vorstellen.
Hatte er das schon immer?
Wenn nicht - was ist zu dem Zeitpunkt, als das auftrat, passiert?

Zitat
Es gibt viele Gründe für so ein Problem (lassen wir jetzt Unordnung ruhig mal weg). Ich weiß, dass es daraus resultieren kann, das "ungeliebte" Kind gewesen zu sein, ständig erfahren zu haben, dass man überflüssig, ungewollt, nix wert ist. Mir sind auch Fälle bekannt, wo die Soziophobie aus einem anderen (gar nicht so seltenen) psychischen Problem entsteht, nämlich einer Kommunikationsschwäche. Dabei tritt oft im Gespräch eine Wortfindungsaphasie auf, d.h. einem fallen auf einmal die Worte nicht mehr ein, man weiß nicht mehr, wie man sich ausdrücken soll, obwohl man den Wortschatz, die Intelligenz und die prinzipielle Fähigkeit sich aus zu drücken durchaus besitzt.
Zitat Ende

Seltsamerweise ist es gar nicht sooo wichtig, dass man weiss, woher es kommt. Man sollte die Ursachen, Gründe erkennen und Punkt!

Zitat
Von meiner Seite her bedeutete es Geduld, Geduld, Geduld, zuhören, auf ihn eingehen und wieder Geduld. Dazu gehörte die Bereitschaft, mich gegen Veretzungen zu wappnen und mir immer wieder, so schwer es auch war, vor Augen zu halten, dass sich seine Angriffe nicht gegen mich richteten. Z.B., mal ehrlich, wer käme so ohne Weiteres damit klar, dass man einen Freund vor Dritten nicht mir Vornamen ansprechen darf? Er duldet das aber nicht, hat panische Angst davor, etwas von sich preis zu geben, seis sein Alter, sein Name, sein Geburtstag - nichts. Jeder, noch so winzige, Ausrutscher von meiner Seite führt auch heute noch zu schlimmen Verstimmungen.
Zitat Ende

Warum unterstützt Du denn seine Neurosen?
Verstehe mich nicht falsch - ich habe Verständnis für alle möglichen Macken, Neurosen, Ängste und was weiss ich. Was ich nicht verstehe ist, warum er das nicht ändern will und Dir sogar Stress macht (Verstimmungen, Angriffe... geht's noch?!). :/

Zitat
Wie man sich das antun kann? Er ist ein wundervoller, ehrlicher und lieber Mensch, eine echte Bereicherung meines Lebens. Und das ist den Preis wert.
Zitat Ende

Das tut mir leid, dass es den Preis wert ist. Es gibt bestimmt jede Menge wundervolle, liebe Menschen, die einen nicht (oder nur gering) mit eigenen Macken belasten. So lieb kann er nicht sein, wenn er Deine Nerven wie selbstverständlich beansprucht.
Kann sein, dass mein Geschreibsel grosskotzig klingt - ist es aber nicht. Ich weiss echt, wovon ich rede. Ich halte es schon seit relativ langer Zeit so, dass ich mir sage, dass meine Mitmenschen nicht unter dem, was ich mit mir herumtrage, leiden sollen. Wie gesagt, es geht nicht um kleine Ticks o.ä. Aber ich möchte, dass sich die Menschen irgendwann auch mit mir wohlfühlen. Das verstehe ich unter Respekt. Für seine Krankheiten kann niemand etwas - aber man kann etwas dafür, wenn man sich nicht ändern will. Oder zumindestens das, was man als Neurose mit sich herumträgt, nicht selber eindämmen will. Und mir kann niemand erzählen, dass er seinen Phobien u.s.w. hilflos ausgeliefert ist, bzw. gar nicht anders kann, als Freunde damit zu belasten!

Zitat
Er hat niemals gedacht, ich wolle ihn aushorchen, hat niemals gedacht, er sei für mich nur eine "Trophäe", die ich haben will, weil sie so schwer zu bekommen ist oder ich heuchle nur Interesse, um ihn dann bloß zu stellen
Zitat Ende

Sorry, aber das ist auch das mindeste Vertrauen, was man von einem Freund erwarten kann.
Ich gehe jetzt mal davon aus, dass er Dir das gesagt hat - wie kommt er denn darauf, dass andere ihn aushorchen wollen und wieso sieht er sich als "Trophäe"? Das klingt seltsam und ich würde Dir gerne zur Vorsicht raten!
Aber vielleicht habe ich das ja auch falsch verstanden....

Zitat
Leise lach, wenn ich ihm allerdings heute erzähle, dass es für mich schon ein wenig belustigend ist, dass ich bekommen habe, worum sich viele andere drängeln (denn es gibt durchaus viele Menschen, die gern mehr Kontakt zu ihm hätten) dann kann er das durchaus richtig einordnen und lacht auch darüber.
Zitat Ende

Verstehe ich nicht. Was hast Du denn bekommen? Und warum wollen andere Leute zu ihm Kontakt und drängeln deswegen sogar? Da stimmt doch irgendwas nicht. Ausser Dir macht das wahrscheinlich niemand mit.

Zitat
Allein ein verbaler Schritt in seinen Egoraum, eine zu persönliche Frage (und bei ihm ist fast jede Frage zu persönlich) führt bei ihm zu einer sofortigen Fluchtreaktion.
Zitat Ende

Das bedeute ja, dass Du detailiert aufpassen musst, was Du sagst.
Ganz ehrlich? Der Typ hat es sich in seinem Elend bequem gemacht und erwartet, dass andere sich anpassen.

Zitat
Wir können unseren Umgang mit anderen, exakt so ausgestalten, wie es für uns allein richtig ist, so lange wir das anderen auch zugestehen.
Zitat Ende

Aha! Aber das scheint für ihn aber nicht zu gelten.

Wenn Du selber Probleme mit Dir herumträgst, bist Du übrigens auch die verkehrte Person, um so jemanden zu "behandeln". Durch sowas gerätst Du in Situationen hinein, die mit 100%-iger Sicherheit nicht besser werden.
Wenn ihm etwas an Dir liegt, dann sollte er entweder professionelle Hilfe in Anspruch nehmen oder selber etwas an sich ändern. Alles andere ist für'n A....*.
Irgendwie hört es sich fast so an, als ob nach dem Typen gefahndet wird. ;) :) Keiner darf seinen Namen erfahren, vor Dritten nicht mit seinem Namen ansprechen....Warum denn nicht? Echt, bei aller Liebe, aber sowas geht gar nicht. Ich habe noch nie von einer Phobie gehört, bei der der Betroffene nicht will, dass man seinen Namen nennt. Das soll aber nicht heissen, dass es sowas nicht vielleicht doch gibt.

Ich will Dich auch nicht belehren oder so. Aber das ist eine Beziehung, in der der eine etwas negatives macht und der andere es sich gefallen lässt und ihn auch noch darin unterstützt. Worauf soll das hinauslaufen?
Es gibt bei all solchen Problemen (auch Messie-sein, psychische Beschwerden u.ä.) nur vier Möglichkeiten.
1. Man will sein Problem nicht erkennen - das ist dann übel. 2. Man erkennt sein Problem und will etwas daran ändern. Wobei es nicht darum geht, ob man es auch zufriedenstellend hinkriegt. 3. Man erkennt sein Problem und will bewusst nichts dran ändern. 4. Man erkennt sein Problem und redet sich ein, dass man daran etwas ändern will. In Wahrheit will man es unbewusst doch nicht. Man würde ja gerne, aaaber....Da findet man sich lieber mit seinem Elend ab und "verschiebt" die Lösung auf später.
Der letzte Punkt ist der tückischste und häufigste. ;)
Wo steht Dein Bekannter denn?

Ich möchte in meinem Leben keine Leute mehr, die mich unnötig belasten, und das wie selbstverständlich von mir erwarten. Und ich versuche auch, das im Kontakt mit anderen so zu halten. Jemand, der das nicht kann/will ist Opfer seiner eigenen Ängste und Krankheiten, die dann auch noch gehegt und gepflegt werden. ;)

So, das war mein Einstiegsposting und das Wort zum Mittwoch.
Ich hoffe, ich finde hier im Forum auch noch Tips zum "Chaos in Laos".

Andi


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27.11.2013 16:32
#77
Ta

Hallo Andi !
Herzlich willkommen in unserer Runde !
Du kommst ja ganz schön selbstbewusst daher. Es gefällt mir, dass Du die Fragen und Bemerkungen so formulierst, dass ich Dir nicht böse sein kann,
obwohl Du den Finger in die Wunde legst. Das kann dann weh tun, kann aber auch der erste Schritt zur Heilung sein.
Auf diese Weise konnte ich jedenfalls eine Sache nochmal aus neutraler Perspektive anschauen, was mir sehr geholfen hat.

Doch auf der anderen Seite frage ich Dich, was macht denn Freundschaft aus, wenn Du Deine Sorgen verschweigst ?
Wie gehst Du um mit scheinbar ausweglosen Situationen, wenn Du von solcher Sackgasse niemandem erzählen willst ?

Was Biggi angeht im Umgang mit ihrem Nachbarn, so finde ich ihr Verhalten in Ordnung und nachvollziehbar.
Sicher möchte sie ihn davor bewahren, vollends in die Einsamkeit abzurutschen.
Vielleicht bekommt ja der junge Mann durch den regelmässigen Kontakt mit ihr eines Tages Mut genug, sich seinen Problemen
zu stellen und gegebenfalls professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, damit er wieder mehr Mut hat,selber unter Leute zu gehen.
Klar muss man da aufpassen, dass man selber heil bleibt. Ich finde, Biggi löst das gut,indem sie zwar regelmässig zu ihm geht,
aber es durchaus auch mal riskiert, dass es kracht. Dadurch hält sie ihre Grenze aufrecht. Und er weiss das.
Kränkungen können sehr tief gehen und darum kann auch die Heilung lange dauern. Den Weg dahin muss man selber finden und gehen,
das ist richtig. Aber es fällt schon mal leichter, überhaupt damit anzufangen, wenn da einer ist, der ein bisschen Verständnis und Geduld hat
und nach einem sieht. Ähnliches hat Kayla erzählt aus ihrem Erfahrungsschatz im Umgang mit Menschen, die in eine Sackgasse geraten sind.
Ich weiss, wovon ich rede, denn seit ich hier bin,wo man mich versteht und ich andere verstehen kann, geht es mir besser.
Das mit der Ordnung wird auch langsam.
Grüssele Mausohr


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27.11.2013 20:37 (zuletzt bearbeitet: 27.11.2013 20:39)
avatar  bessie
#78
avatar

Hi Andi,

in Laos kenne ich mich nicht so gut aus ;-) ...

Dein Wort zum Mittwoch finde ich klasse, diese Situation sollte man nicht zu leichtfertig sehen, denn der/diejenige, der/die dort mit drinsteckt muss sich bis zum "Anschlag" verbiegen und könnte doch nichts richtig machen...

ganz krass ausgedrückt:

Ich sehe hier eine Umerziehungsmaßnahme mit erniedrigendem Niveau...sehr gefährlich für die Psyche einer Person, die in so etwas involviert ist...

von daher Danke für Deinen Beitrag...schön, dass Du hier bist, Bessie

Das Leben muss vorwärts gelebt werden, kann aber nur im Rückblick verstanden werden.

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04.12.2013 00:04
avatar  Kayla
#79
Ka

Hallo Andi!
Ich finde es schade, dass Du hier gleich mit der Tür ins Haus polterst und weder vor- noch nachher irgendetwas über Dich selbst sagst. Daher werde ich mich mal ganz kurz fassen, da ich nicht weiß, ob ich vielleicht jemandem antworte, der bereits nicht mehr hier aktiv ist.
Zunächst - ich behandle niemanden. Ich arbeite ehrenamtlich allerdings auch mit Menschen (und bislang recht erfolgreich) mit psychischen Problemen. Es ist unsinn, das daran fest zu machen, ob man selbst welche hat. Der Blinde kann den Lahmen zwar nicht führen, der Lahme den Blinden allerdings schon, wobei es dem Blinden, der tastend sein Umfeld erkunden muss, noch zugute kommt, dass der Lahme nicht vorwärtsstürmen kann.
Darüber hinaus - was ich psychisch gesund? Sehen wir davon ab, dass so eine störung Krankheitswert heben kann, auch beim Messiesyndrom, ist alles unterhalb dieser Schwelle Definitionssache. Meine Wohnung, so wie sie heute aussieht, wäre in sehr vielen Ländern ziemlich perfekt. Denn die zusammengestückelten und teilweise noch nicht restaurierten, Möbel stören zwar den deutschen Ordnungssinn, haben aber darüber hinaus nur einen Aussagewert - sie sind praktisch und ich hänge an ihnen.
Mein Freund ist weder anstrengend, noch quält er mich mit seinen "Neurosen". Er ist liebevoll, ein Mensch, der sehr viel Sicherheit gibt und der treueste und verlässlichste Mensch, den ich kenne. Er hat ein Problem - aber damit können wir umgehen und tuns ja auch seit 9 Jahren ;-).
Wie man als Mensch mit einer Soziophobie zu Nachbarn und Kollegen kommt? Indem man irgendwo wohnt und irgendwas arbeitet? ;-)
Von Freunden habe ich nix gesagt. Er hat auch keine, außer denen, die er aus meinem Freundeskreis kennen und denen er vertrauen gelernt hat.
Es ist sehr wohl wichtig, woher sowas kommt. Rührt eine Soziophobie z.B. aus einer Kommunikationshemmung, verschwindet sie oft, sobald man an der Kommunikationshemmung arbeitet.
Er will es ändern und er tut es auch, mit einer Härte gegen sich selbst, die ich nicht immer in Ordnung findet, weil sie bei Misserfolgen das Selbstbewusstsein zerballert.
Nur brauchen manche Dinge trotzdem Zeit.
Und nebenbei - das Spiel funktioniert nicht, wie Du es Dir vorstellst. Er erwartet gar nichts von mir. Im Gegenteil. Er gehört zu der Sorte Menschen, die ganz schnell spurlos aus einem Leben verschwinden, wenn sie auch nur im Mindesten das Gefühl haben, anderen eine Last zu sein.
Ich bin es, die sich darum bemüht, ihm immer wieder zu signalisieren, dass er willkommen und gern gesehen ist.
Und belastend? Weißt Du, Andi, jeder definiert diese Dinge anders. Ein glattgestrickter Mensch, der seine Probleme in sich reinfrisst und immer bemüht ist, möglichst stromlinienförmig zu sein, würde mich totlangweilen. Ich habe mich auch von Menschen getrennt, die mir maßlos auf den Zeiger gingen. Er ist nicht ohne Grund noch da ;-).
Wäre das anders, wäre ich auch in Beruf und Ehrenamt falsch. Es macht mir Freude und ich mag Menschen, insbesondere Kämpfernaturen und die sind eben selten kieselglatt. Wen juckts?
Ich habe auch Jahre gebraucht, ehe mein Leben wieder rollte, warum sollen andere dafür weniger Zeit brauchen?
Ist einfach so. Sollte ich heute sterben, kann ich eins mit ruhigem Gewissen sagen. Ich bin mit meinem Leben zufrieden und am allerzufriedensten mit meinem Freundeskreis. Da habe ich gut gewählt, denn sie passen zu mir und ich mag sie - samt ihren Wehwehchen.

Alles Liebe
Kay

Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos. (Arthur Schnitzler)


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04.12.2013 13:28
avatar  bessie
#80
avatar

Hallo Kayla,

ich bin gerade etwas verwirrt, weil Du Andis Aussagen von Sinas Beitrag auf Dich beziehst...zumindest zum Teil...oder wurden hier wichtige Aussagen in PN's geschrieben von denen im Thread niemand was mitgekriegt hat?!

Liebe Grüße, Bessie

Das Leben muss vorwärts gelebt werden, kann aber nur im Rückblick verstanden werden.

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