Zwischenbericht von Sonja nach dem dritten Pausenjahr

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24.04.2019 23:38
avatar  IBI
#1
IB
IBI

Hallo ihr lieben,

ich bin jetzt in meinem dritten Jahr Forumspause. Nun ja, so ganz richtig nicht, denn ab und zu schaue ich schon hinein. Meist allerdings dann, wenn ich sehe, dass Menschen, mit denen ich vor 3 Jahren sehr in Verbindung war, etwas schreiben.

Bei mir bewegt sich derzeit reichlich. Ich habe ein intensives Jahr mit vielen Kursen in Gewaltfreier Kommunikation hinter mir. Glücklicherweise haben wir dort einen Trainer, der sich fast Therapeut nennen könnte, denn er macht deutlich mehr als nur Gewaltfreie Kommunikation. Das hat dazu beigetragen, dass ich emotional viele Schritte weiter gekommen bin. Ich habe auch die Erkenntnis gewonnen, warum das Aufräumen in der Wohnung derzeit nicht wirklich sinnvoll ist. Eine leere Wohnung triggert in mir ein als Säugling gewonnenes Gefühl der Leere (für die ich als ich klein war keine Worte kannte, aber heute gibt es die Worte dazu) an. Solange das nicht vernünftig in mir verarbeitet ist, macht Aufräumen der Wohnung nicht wirklich viel Sinn, weil es ziemlich unerträglich werden kann, die Gefühle überhaupt zu bemerken.
Ich bin soweit, dass ich erst einmal in mir aufräumen will, indem ich mich mit meinen Entwicklungstrauma beschäftige und Menschen finde, die mich darin unterstützen.
Leider finde ich es schwer diese Menschen zu finden, denn ich spüre oft, wenn etwas nicht stimmt, aber ich kann nicht benennen, was nicht stimmt. Ich kann oft nicht sagen, was ich gerne hätte und brauche, das dazu beiträgt, dass ich mich besser spüren lerne. Was ich inzwischen weiss, ist das es Menschen gibt, die das unterstützen können. Und es gibt reichlich Menschen, die genau das nicht können, auch wenn sie sich für Experten halten. Diese Spreu vom Weizen zu trennen hat mich viele Jahre gekostet und viel ausprobieren. Die Erkenntnis nicht fähig zu sein zu spüren, was eigentlich los ist, trägt leider ihren Teil dazu bei. Ich bin froh, dass ich im letzten Jahr sehr viel Gespür in mir dazu gewonnen habe und damit auch Lebendigkeit. Manchmal habe ich fast Angst vor so viel ungewohnter Lebendigkeit, doch sie ist ein grosser Teil, der dazu beiträgt, dass sich das Leben lebenswert anfühlt.

Es trägt auch dazu bei, dass ich viele Dinge spüren lerne, die ich von mir wegschieben musste, damit ich überleben konnte und mit der frühen Not in mir irgendwie klar kommen konnte. Leider wirken viele dieser alten Muster bis ins heute hinein, weil sie unbewusst ablaufen und sich im automatisch reguliertem Gedächtnis eingelagert haben, da die anderen Gedächtnisteile zu dem Zeitpunkt leider noch nicht ausreichend entwickelt haben.
Vieles von dem, das ich hier von mir gebe, habe ich auch in Büchern nachgelesen.

Neben der Gewaltfreien Kommunikation sind NARM und SE zwei Techniken, die in der Traumatherapie angewandt werden. Beide sind sehr neu für mich, doch sie scheinen wirksam zu sein, denn mir geht es mit meinem Schlecht gehen deutlich besser als vor einigen Monaten.
Vielleicht klingen meine Worte schräg und paradox, doch genau um dieses Hin- und Her und diese Zuversicht versus Angst und vieles andere scheinbar Gegensätzliche geht es. Davon so viel wie möglich ins Bewusstsein und emotional in den Körper zu bekommen, das macht vieles so viel anders. Ich schreibe das so mal eben locker daher, aber locker ist es oft leider nicht, dennoch kann vieles leichter werden und in Ruhe kommen. Andere nennen es ENTspannen. Das tut sehr gut.

Ich habe eine riesengrosse Zuversicht, dass es möglich ist, in meinem Inneren das Entwicklungstrauma "aufzuräumen", damit ich dann auch das Chaos um mich herum in eine Ordnung bringen kann. Ich weiss nicht, wann das sein wird, doch ich weiss, dass es sein wird und möglich ist. Die hilft mir weiter zu machen.

Was mir zusätzlich eine Belastung schafft, die ich bisher nicht wirklich greifen und deswegen auf Hinweise von aussen angewiesen bin, ist dass ich neben dem Entwicklungstrauma auch noch transgenerationale Trauma als Auswirkung hinzu. Das sind Trauma, die eigentlich unsere Eltern bzw. Grosseltern mit sich herumtragen, die unbearbeitet sind und sich dadurch auf die nächste Generation übertragen können. Echt übel, wenn das noch obendrauf kommt. Tja, dieses Erbe lässt nicht leider nicht ausschlagen, das gilt es irgendwie aufzuarbeiten oder der nächsten Generation weiter zu geben. Die nächste Generation habe ich nicht, also bleibt mir das aufarbeiten.

Es gibt noch so vieles in mir, über das ich nichts weiss. Es ist als wäre das wie im Nebel. Es ist ziemlich unangenehm für mich, über mich etwas zu erfahren, indem andere mir mitteilen, was sie wahrnehmen. Andere, das sind definitiv ausgewählte Menschen. Jedermanns Rückmeldungen kann ich leider nicht ernst nehmen und möchte ich auch nicht. Das würde mich echt kaputt machen. Doch es gibt Rückmeldungen, die ich sehr ernst nehme, auch wenn ich im Augenblick so gut wie nichts mit diesen Aussagen anfangen kann.

Wenn ich mich wie im Gleichgewicht fühle, dann kann ich recht klar äussern, was ich möchte und brauche. Wenn das nicht der Fall ist, dann irre ich wie im Nebel umher, was leider öfter der Fall ist als mir lieb ist.
Indem ich vieles akzeptiere, dass es o.k. ist wie es im Moment ist (nicht wie es für immer und ewig ist - auf diese Nummer bin ich lange hereingefallen) kann ich selber dazu beitragen, dass ich ins Gleichgewicht kommen kann. Menschen zu haben, mit denen ich mich über meine traumatischen Muster austauschen kann, hilft ebenfalls sehr.

Diese Menschen können auch traumatisch belastet sein, müssen dabei nicht unbedingt zu denen gehören, die sich die Messie-Ausprägung ausgewählt haben. Das finde ich noch spannend, das wir in vielen Dingen und Erlebnissen so verschieden sind und dennoch können wir auch sehr über gemeinsames sprechen.

Auch wenn es mir gut tut, dass nieder zu schreiben, kann ich mir vorstellen, dass viele Leser denken könnten, das ist doch alles Unmöglich und Blödsinn, das sie da erlebt. Es gibt noch so viel mehr, das ich schreiben könnte, doch ich möchte euch nicht langweilen.

So viel für den Moment.

Liebe Grüsse
Sonja


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25.04.2019 14:52
avatar  Wolfram
#2
Wo

@Aus Chaos entsteht Neues

danke Sonja,

ich habe über Gewaltfreie Kommunikation 1 Infovortrag, 3 Kurse, 2 oder 3 Übungen gemacht. Am hilfreichsten waren allerdings die Original Vorträge auf 3 DVDs. Bei allen anderen kommen eigene Erfahrungen hinzu, die das Bild verfälschen können.

Bei dem Gefühl der Leere habe ich mal überlegt, wie das bei mir war. Ich erinnere mich nur, dass ich im Laufstall am Gitter stand und dass ich in der hinteren Ecke saß. Es kam mir alles normal vor und lebte nur den Augenblick. Das Sitzen in der hinteren Ecke ist allerdings typisch im Leben geworden und in der SHG vermeide ich solch ein Verhalten.

Entwicklungstrauma ist nach meiner Meinung schwerer zu bewältigen als Schocktrauma. Schocktrauma ist ein einmaliges Erlebnis, das auch öfter auftreten kann, aber unabhängig voneinander sind. Somit läßt sich das auch bewältigen, auch wenns lange dauert. Beim Entwicklungstrauma treten die gleichen Traumata wiederholt auf. Wie das bewältigt werden kann, weiß ich noch nicht.

Es ist leider so, dass Aufgenommenes zunächst in einer hinteren Ecke gespeichert wird und bei passender Gelegenheit durch Verbinden mit Neuem wieder hervorgeholt wird.
Dadurch vergeht viel Zeit. Ein Therapeut kann die Zeit zwar etwas abkürzen, aber das Gehirn eines anderen kann er zur Erkenntnisaufnahme nicht beeinflussen.
Je mehr Du dazulernst, desto mehr Andockstationen hast Du für Neues.

Es ist unsere Aufgabe, Unbewusstes ins Bewusstsein zu rücken, um Zusammenhänge zu erkennen.

Was ist NARM und SE?

Gegensätze sind offenbar nur scheinbar. Ich verstehe dadurch andere Menschen schlechter, aber wenn ich die Zusammenhänge kenne, sind die Gegensätze plötzlich garkeine mehr.
Ja, wenn ich die Zusammenhänge kenne, ist das für mich entspannend. Ich brauche darüber dann nicht mehr nachzudenken.

Ich frage mich, ob ich meine Thrombose geerbt habe, wie es die Mediziner sagen oder ob ich die Thrombose durch das schlechte Selbstbewusstsein bekommen habe genauso wie meine Mutter.
Aufarbeiten ist die bessere Wahl, sollten auch die Eltern mit Kinder machen, dann würde nicht so viel Schlechtes weitergegeben. Nach vielen Generationen sähe es dann besser aus.

Im Nebel stochern finde ich normal, auch wenn man herauskommt und dann neuer Nebel entsteht.

Die Messie-Ausprägung habe ich mir nicht ausgewählt, hatte aber auf meiner Webseite geschrieben, dass wir froh sein können, "nur" Messie zu sein.

Eigene Erlebnisse können doch nicht unmöglich sein, zumal alles logisch zusammenpasst. Langweilig auch nicht, es ist spannend.

viele Grüße
Wolfram

@Messie
@Draculara
@Jennifer


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25.04.2019 19:17
avatar  IBI
#3
IB
IBI

Lieber Wolfram,

danke für deine Zeilen und dass du darin vieles logisch findest.

Dass deine Erfahrungen mit GFK nicht mit meinen übereinstimmen, kann ich verstehen. Ich glaube, das ist das besondere an meinem Trainer. Er verwendet im Hintergrund noch andere Techniken, die er in diese Ausbildung einfliessen lässt und das hat mir so sehr geholfen.

NARM = Neuro Affective Renational Model
SE = Somatic Experience

Leider nicht als Technik von den Krankenkassen anerkannt.

Ja, das denke ich auch, dass Entwicklungstrauma anders aufzuarbeiten ist als Schocktrauma.
Dazu kommen mir Gedanken in den Sinn, die ungeprüft sind.
Menschen mit Messieausprägung, die es fast nicht schaffen, ihren Weg aus der Situation zu schaffen, könnten Entwicklungstraumen zu Grunde liegen haben.
Menschen, deren Basis ein Schocktrauma für ihr Messiedasein ist, können ggf. mit dem "Klick" im Hirn in die Aufräumbewegung kommen.
Ist eine Theorie, die mir in den Sinn kam, nachdem ich deine Zeilen gelesen habe.

Bei Entwicklungstrauma ist einem selbst oft nicht die Zeitspanne zugänglich. Ich kenne meine Erlebnisse durch Erzählungen meiner Mutter und durch Hypnosen. Das "gemeine" daran ist, weil einem diese frühen Entwicklungsstörungen nicht zugänglich sind, lässt man sich leider meist nicht darauf behandeln und sucht Therapiemethoden, die möglichweise kontraproduktiv wirken. Ich habe so viele Jahre gebraucht, um zu erfahren, dass viele der Therapiemethoden, die ich probiert habe, nicht die richtigen waren. Was ich sehr wohl gelernt habe, dass die meisten Methoden bei mir nicht wirksam waren.

Ich habe lange gebraucht um für mich heraus zu finden, was für einen Therapeuten ich brauche. Ich brauche einen, der sich auf mich einstellt. Der sich mit mir und meinen Bedürfnissen auseinander setzt, auch wenn ich nicht sagen kann, was genau für Bedürfnisse ich habe. Ich brauche keinen, der meint, er könne mich mittels seiner Techniken verbiegen. Nein, verbogen wurde ich leider in meiner frühen Kindheit und ich brauche jemanden, der das bemerkt und dazu beitragen kann, dass es sich wieder gerade richtet. Dabei geht es mir nicht darum, das ich nicht bereit bin, etwas auszuprobieren, das nützlich sein könnte, sondern darum, dass ich gerne prüfen möchte, ob es wirksam für mich ist und wenn ich es nicht als wirksam betrachte, möchte ich gerne etwas anderes probieren können bzw. das sagen dürfen.

Ich habe gestern mit meinem GFK Trainer per Video telefoniert und ihn etwas um etwas gebeten. Seine erste Rückfrage an mich war, was mir an dieser Bitte wichtig sei und ich mir damit erfüllen möchte. Seine Antwort war NEIN. Indem er mir diese NEIN sehr ausführlich erklärt und begründet hat, konnte ich antworten. O.k. ich erkenne, dass es mein Thema ist mit dem ich derzeit nicht klar komme und sagte, das ich das mit der Therapeutin weiter vertiefen werde. Es hat eine gute halbe Stunde gekostet, über meine Bitte zu sprechen. Ich möchte nicht näher auf den Inhalt eingehen, sondern damit mitteilen, das er mich ernst genommen hat und so lange mit mir darüber gesprochen hat, bis ich eine innere Ruhe damit gewonnen hatte, dass er die Bitte nicht erfüllen würde.
Wir hatten auch einen Austausch zum Thema Überforderung und maximaler Herausforderung und dass die Grenze dazwischen sehr schwierig ist zu bemerken und spüren. Maximale Herausforderung ist weit über die Komfortzone hinaus, aber sie ermöglicht Veränderungen. Überforderung hingegen verhindert Veränderungen.

Warum ich diese Beispiele nenne. Weil er ein Mensch ist, der mir gut tut und mich erleben lässt, was ich brauche. In Gesprächen mit ihm kann ich meinen Gefühlen trauen. Wenn sie nicht einverstanden sind, kann ich das sagen und er geht darauf ein, so dass ich mich beruhigen kann. Das bietet leider nicht jeder Therapeut an.

Liebe Grüsse
Sonja


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25.04.2019 20:11
#4
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Moderator

@Aus Chaos entsteht Neues

speziell über Trauma guck mal bei Youtube nach Dami Charf. Ich habe einen Onlinekurs gebucht und bin froh, dass ich ihn behalten und nicht zurück gegeben habe. Es kommt so viel Neues an Modulen noch drauf, obwohl die Webinare jetzt gelaufen sind und sie keine Fragen mehr live beantwortet. Dabei ist auch ein Kurs, wie Veränderung gelingt, und wie wir mit dem Körper auch arbeiten können, weil viele Beschwerden ja psychosomatisch sind und unsere Seele auch in einem Körper steckt, den wir ebenfalls wertschätzen lernen können. Mir hat das bisher sehr weiter geholfen und vor allem lerne ich mich so auch selbst besser verstehen und dadurch Schuldgefühle und Wut auf mich abzubauen.

Viele Grüsse
Draculara

http://www.draculara.de

http://messie.bplaced.net/messie

Eine Lösung setzt ein Problem voraus. Ich kenne meine Fehler, das hält mich aber nicht davon ab, sie zu machen

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25.04.2019 22:21
avatar  IBI
#5
IB
IBI

Hallo Draculara,

freut mich zu lesen, dass du von dem Kurs profitierst vor allem in Bezug auf deine Schuld- und Wutgefühle.
Ich habe besagten Kurs zurück gegeben, weil es nicht meiner Wellenlänge entspricht ohne ein Gegenüber mit Videos zu lernen.

Schön, dass es dir gelingt auf diese Weise zu lernen.

Liebe Grüsse
Sonja


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