Aufstehen. Losgehen. Jetzt.

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01.05.2015 06:40 (zuletzt bearbeitet: 15.06.2015 16:32)
avatar  Merle
#1
Me

Ein liebes Hallo an alle hier in der Runde!

Gestern habe ich einen völligen Tiefpunkt erreicht - nicht ich bewohne die Wohnung, sondern der Kram besitzt mich. Und Staub und Unordnung ...
Ich will das so nicht mehr.
Halbherzig wusel ich seit einiger Zeit schon herum, das eine verbessert sich, in der anderen Ecke verschlechtert es sich ... Es reicht.

Leider bin ich chronisch krank und bewegungseingeschränkt, mit wenig Geld (was bei jedem Gegenstand, den ich wegwerfen will, den Gedanken auslöst: Und wenn ich mir das nie wieder kaufen kann?) und auch mein Mann hat Probleme. Er stammt aus einer extremen Messiefamilie und sammelt alles. Wirklich alles.
Auch der Staub macht mir zu schaffen.

"Früher" hatte ich vielleicht eine Kruschtel-Ecke, insgesamt habe ich nicht gesammelt, nicht gestapelt, gar nichts. Selbst Erinnerungsstücke an enge Angehörige konnte ich gut loslassen. Ich haben zwei, drei Teile behalten, der Rest durfte gehen. Jetzt mühe ich mich schon damit, eine ausgeleierte Unterhose oder einen alten Kuli zu entsorgen. Sicher tragen die Schmerzen mit dazu bei - ich bin mit der alltäglichen Hausarbeit schon total ausgelastet. Und je schwächer ich werde, desto mehr klammer ich am Krempel. Als würde mir der Sicherheit geben! Der Mann, der alles festhält, erschwert die Sache. Er verzweifelt schon, wenn ich einen leeren Karton entsorgen will. Seit ich mit ihm zusammenlebe, stapelt es sich halt richtig.
Mich selbst konnte ich wohl immer antreiben, als ich fitter war. Aber zwei Leute in Bewegung versetzen, wenn ich eh nicht mehr krauchen kann - das fällt sooo schwer.

Aber, wie auch immer ... es ist beschlossen. Ich werfe halt trotzdem systematisch weg auch wenn der Körper dabei weh tut.
Was soll's.
Wenn ich es nicht mache, tut meine Seele weh.
Das mag ich noch weniger.

Ich hoffe hier auf Anregungen, Motivation, gegenseitige Unterstützung.
Einfach ein gegenseitig Begleiten und viel dazu lernen.

Ich freu mich drauf,
Merle


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01.05.2015 09:26
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#2
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Hallo Merle,

herzlich willkommen hier im Forum.

Schön, dass Du hier bist und Dich entschieden hast, etwas zu ändern.

Beim Lesen Deines Textes kam mir der Gedanke, ob Du aufgrund Deiner Krankheiten möglicherweise Anspruch auf eine Haushaltshilfe hast? Ich kenne mich damit aber nicht so gut aus.

LG Franca


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01.05.2015 11:24 (zuletzt bearbeitet: 01.05.2015 11:25)
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#3
Gast
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Hallo Merle,

auch von mir ein herzliches Willkommen im Forum!

Ich muss gestehen, dass mir für mein Bild von euch noch Infos fehlen, und ich daher noch keine richtige Möglichkeit sehe, bei euch anzusetzen. Könntest du eventuell mal eine typische Woche von euch beiden beschreiben? Also nicht bis ins kleinste Detail, nur: Wann steht wer ungefähr auf, wann geht wer immer schlafen, ist jemand berufstätig, was macht ihr am Wochenende, womit verbringt ihr den größten Teil eurer arbeitsfreien Zeit?

Streitet ihr häufig? Wenn ja: Worüber, und wie läuft das typischerweise ab? (und das möglichst detailliert: wer fängt meistens an, wie reagiert der andere, und wie endet es)


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02.05.2015 07:25 (zuletzt bearbeitet: 15.06.2015 16:32)
avatar  Merle
#4
Me

Danke für eure Antworten!

numi ... ich verstehe deine Fragen, und habe auch einen Text geschrieben und dann nicht abgeschickt.

Jetzt kommt aber das Problem, dass ich das hier nicht so offen herein schreiben möchte, vor allem was meinen Partner betrifft.
Da breite ich ja seine persönlichsten Themen dann offen aus.
Dem würde er auch nicht zustimmen.

Jetzt sitze ich natürlich in einer Zwickmühle.
Wie kann ich das so allgemein formulieren, dass du sehen kannst was ich meine, ohne etwas preiszugeben das nicht in die Öffentlichkeit gehört?
Da muss ich noch einmal nachdenken.

Vielleicht geht es auch kurz: Er ist in Rente, ich noch nicht.
Wir engagieren uns ehrenamtlich. Drei- viermal die Woche treffen wir irgend jemand aus der Familie oder Freunde.
Der Tag- Nacht-Rhythmus ist recht willkürlich. Bei ihm, weil er irgendwie immer schlafen kann, und bei mir weil ich durch die Schmerzen eher weniger schlafe.
Der Computer frisst sehr viel Zeit auf.

Wir streiten eigentlich nie.
Drei- viermal in unseren gemeinsamen Jahren habe ich meinen Frust heraus geschrien und habe mich danach entschuldigt.
Er würde nie sagen was er will oder nicht, sondern er handelt durch stille Verweigerung.
Ich fühle mich manchmal irritiert, weil er nicht spricht. Wenn deshalb etwas schief gegangen ist weil ich eine Info nicht bekommen habe, dann sag ich schon mal: Mensch, sprich doch mit mir! Ich beiße nicht! In letzter Zeit ist mein Tonfall irgendwie schärfer geworden. Das stört mich ziemlich. Denn normalerweise gehen wir recht liebevoll miteinander und das möchte ich wieder haben.


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02.05.2015 09:31 (zuletzt bearbeitet: 02.05.2015 11:25)
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#5
Gast
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Hallo Merle,

ich kann gut verstehen, dass du das nicht alles öffentlich ausbreiten willst.

Ich werde jetzt mit dem arbeiten, was du mir gegeben hast. Da ich es nicht weiter eingrenzen kann, liefere eben ich dir die Vielzahl von Informationen, von dene ich meine, dass sie dir von Nutzen sein könnten.

Meine ersten Gedankenansätze: Du bist gleichzeitig Betroffene und Angehörige, und du bist momentan die einzige von euch beiden, die etwas ändern möchte, aber nicht weiß, wie.
Dein Mann muss mit ins Boot. Sonst ist es einerseits nicht zu schaffen, und andererseits für dich zu frustrierend.
Dein Mann könnte an einer Erkrankung leiden. Auf den ersten Blick könnten Depressionen im Spiel sein, oder Chronisches Erschöpfungssyndrom, oder - weniger dramatisch - eine Mangelernährung. Hier gibt es eine Liste mit (weiteren) möglichen Auslösern (oder sich ungünstig auswirkenden Begleitumständen):
Mögliche Ursachen

Für Angehörige haben wir einen gesonderten Bereich, in dem sich viele nützliche Informationen zum Umgang mit Betroffenen finden lassen. Was du andeutest, ist eine problematische Kommunikation, die ich jetzt anhand der spärlichen Informationen verkürzt so interpretiere: Du stellst eine Forderung, er "verweigert still", du resignierst. Deine Resignation ist sein Erfolg, wodurch er lernt, dass stumme Verweigerung eine wirksame Strategie ist - weshalb er sie weiter wiederholt.

Was du als "stille Verweigerung" beschreibst, klingt für mich nach "Starre"; eine reflexartige Reaktion auf eine Form von "Angriff" (in diesem Fall: Verbale Forderung, etwa: "Räum bitte mal XY auf."). Da gibt es nur drei mögliche Reaktionen (Gegenangriff, Flucht oder Starre), die in vielen Variationen vorkommen. Starre ist die Seltenste, und mündet oft ebenfalls in Flucht oder Gegenangriff. Wenn er wenig redet, ist seine Körpersprache noch wichtiger.
Typische Reaktionen, und wie man clever mit ihnen umgeht

"Der Tag- Nacht-Rhythmus ist recht willkürlich. Bei ihm, weil er irgendwie immer schlafen kann, und bei mir weil ich durch die Schmerzen eher weniger schlafe."

Das heißt, dass der Schlafrhythmus bei euch beiden auf alarmierende Weise gestört ist. Damit sind wir bei meinem zweiten Gedankengang zu deinem Mann: In den Schlaf flüchten? Zu viel schlafen? Sich wieder müde schlafen?

Hier stehen Korrekturansätze und Einschlafhilfen:

Die "Normalo-Methode"
Schlaf gut!

Bei dir denke ich, liegt sicher eine Antriebsschwäche, und möglicherweise auch ein echtes Messiesyndrom vor. Bei deinem Mann klingt es bisher auch nach beidem. Das sage ich aber unter Vorbehalt, da Informationen fehlen.
Hier noch einmal allgemeine Informationen zu den Unterschieden:

Was ist ein Messie, und was kann man dagegen machen?


Der Computer als Zeitfresser:
Das klingt nach einem beschädigten Leistungs-Belohnungsprozess (Typ 4). Meine Empfehlung wäre, dies für dich persönlich als allererstes in Angriff zu nehmen. Bei einem Messiesyndrom MIT Antriebsschwäche sollte man immer zuerst die Antriebsschwäche in den Griff bekommen, weil sie einfacher zu beheben ist, und es Grundvoraussetzung ist, sich mit seinem Messiesyndrom auseinanderzusetzen, dass man sich dazu aufraffen kann.
Leistung & Belohnung - Anleitung zur Selbstmotivation


Meine Empfehlungen für erste Gegenmaßnahmen - einfach zum Testen, ob es was bringt:


Für dich selbst, ganz alleine und ohne dass du darüber auch nur ein Wort mit deinem Mann sprichst: Computer tagsüber strikt ausschalten, und für dich als abendliche Belohnung einsetzen. "Computer ab sofort nur noch ab 19:00, und nur wenn ich dies, das, jenes erledigt habe". Mehr dazu in dem Thread zu Leistung & Belohnung.

Die Konfliktsituation mit einem "Starre-Typ" deeskaliert man durch Schweigen. Wenn sich Erstarrte nicht mehr bedroht fühlen, können sie sich aus ihrer Starre lösen. Ich würde folgenden Ablauf versuchen: Konfliktthema* kurz ansprechen -> Bemerken, dass er in Starre verfällt -> Aufstehen, Erbetenes selbst in Angriff nehmen -> Abwarten, ob er mit dazu kommt.
Sprichst du ihn vorher nicht an, dann fühlt er sich nicht involviert, es hat nichts mit ihm zu tun. Sprichst du zu viel, verfestigt sich die Starre.

*Etwas zum Konfliktthema:
- Wähle ein Problem, das A) aus seinem Arbeitsteilungsgebiet stammt, wenn ihr sowas habt, z.B. "Garage ist sein Reich"
oder B) das "nur er kann" (etwas bohren, reparieren, etwas am Auto..), falls es sowas gibt
oder C), etwas wobei er dir helfen soll, weil es für dich alleine zu viel ist.

Er wird dann wahrscheinlich "auf später" vertrösten, dann stehst du auf und fängst ohne weiter mit ihm zu sprechen, einfach an. Und schaust, ob er dazu kommt (idR nach wenigen Minuten). Und dann nach getaner Arbeit LOBEN und BEDANKEN. Auch wenns schwer fällt - er braucht das, um seine Antriebsschwäche zu überwinden. Wie gesagt: Einfach ausprobieren, und gucken, ob es was bringt.


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