Ich schreib jetzt auch...

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12.06.2015 02:53
#1
Sc

Hallo..

Ich bin aufgrund eines Textes hier, den jemand geschrieben hatte und der meiner Situation sehr nahe kommt.

Ich bin 28, weiblich und lebe in einer kleinen Wohnung. Ich arbeite als Taxifahrer

Ich habe früher stark unter Depressionen gelitten und leide Heute noch unter Todesängsten. Lange Zeit ging es mir gut, naja, so rede ich mir ein.

Gefühlt ist das immer so eine ambivalenz. Nach außen hin mache ich immer alles, mehr und mehr, nach innen hin versiffe ich mehr und mehr..

Mein Vermieter hat mich, recht freundlich darauf aufmerksam gemacht, das es bei mir riecht, kann ich ihm leider nicht widersprechen. Da ich nach außen hin alles mache, vernachlässige ich das was gemacht werden muss für mich mehr und mehr. Meine Wohnung sieht aus wie Sau, ihr kennt das. Und ich schaffe es nicht, solche Dinge zu erledigen. Ich weis nicht warum. Ich kann mich aufraffen zu ner freundin zum kaffee zu fahren, aber nicht um den Müll runter zu bringen. Wenn es hier klingelt leide ich Todesängste. Jetzt habe ich heute frei gehabt und begonnen aufzuräumen und zu putzen.. fertig geworden ist nicht mal ein raum weil es so viel ist.. ich habe aber angst das vermieter vor der tür steht...

grade bin ich hier, weil ich hier sitz und kurz vorm heulen bin :(

Frage: würdet ihr den vermieter anrufen und ehrlich sagen "ok, ich bin hier versackt aber ich arbeite hart daran, es wäre schön wenn sie mir den raum lassen und ich nicht mit dem druck im nacken schlafen müsste das sie morgen klingeln und schimpfen und ich habe mich in meiner depression so verstrickt das ich da jetzt bitte ne woche brauch um wieder raus zu finden" oder würdet ihr es nicht tun?

also das meiste hier is müll und wäsche.. wo viel müll und wäsche is, kann man nicht putzen... teufelskreis.. überlege jetzt, ob ich mir heute morgen von meinem doc wieder antidepressiva verschreiben lasse, die helfen mir zeitweise... die absprache mit ihm ist da, das ich mir wenn ich merke es geht mir schlechter, jederzeit welche holen kann....

ich habe auch schon überlegt ob ich mit meinen ganzen hobbys spreche, das ich erstmal zurückschraube und nur noch das wichtige mache: arbeiten und aufräumen und vor allem mich wieder pflegen...

was würdet ihr tun? ich habe einfach so viel angst im nacken... angst vor dem vermieter, angst vor den nachbarn.... ich habe eigentlich super liebe eltern... meine mom würde sofort kommen und helfen... würde mir aber nicht helfen, weil wir das schon mal hatten und da war ich ehrlich "mom ich habe mich verstrickt hilf mir beim putzen" ... die folge is das sie eben nicht kommt, still ist und mir hilft und nicht sieht wie ich leide, sondern die ganze zeit dann am meckern ist... dann fühle ich mich noch schlechter deshalb traue ich mich nicht mit ihr zu reden :/

über euren rat wäre ich sehr dankbar...


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12.06.2015 06:55
#2
Sc

Ich darf leider nicht mehr bearbeiten...

Also... bei mir isses (ich hab schon viel gelesen in den paar stunden hier) wirklich wenn ich motiviert arbeiten könnte ne tagesaufgabe...

vielleicht findet sich ja in der nähe jemand zum gegenseitigen helfen dann isses nich so unangenehm weil der andere hat ja das gleiche problem


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12.06.2015 09:34 (zuletzt bearbeitet: 12.06.2015 11:35)
avatar  ( gelöscht )
#3
Gast
( gelöscht )

Hallo Schnitzel,

herzlich Willkommen hier im Forum!

Ja, Geschichten - und besonders die Gefühle, die damit verknüpft sind, können ähnlich klingen. Salopp gesagt: Alle Müllberge sehen gleich aus. Nur, wie sie zustande kommen, kann sich unterscheiden, und auch wenn es außerhalb unseres kleinen Schneekugel-Universums hier niemanden schert: Diese Unterschiede sind bedeutsam, denn unterschiedliche Ursachen benötigen unterschiedliche Problemlösungsansätze.

Da du keine Beiträge nennst, kann ich nur wiederum anhand deiner Schilderungen Ähnlichkeiten feststellen, zwischen der aktuellen Geschichte von "ich301202", und damit letztlich mit meiner eigenen. Für beide Situationen war es sinnvoll, die Prioritätensetzung umzukehren. Auch du erwähnst Prioritätensetzung, und überlegst, ob du sie verändern sollst. Du willst etwas weglassen, das dir gut tut, und stattdessen etwas tun, vor dem dir graut.

Das Interessante dabei ist, wie du zu deiner Entscheidung gekommen bist. Edamia zum Beispiel - oder auch ich - wir ordnen unsere Prioritäten nach Dringlichkeit, und damit letztlich nach Logik. Du tust jedoch das genaue Gegenteil. Du setzt als Priorität, was du gern tust, und vernachlässigst, was du nicht gern tust. Das ist kein Vorwurf oder gar ein vernichtendes Urteil, sondern eine schlichte Analyse deines Handlungsschemas - zumindest so, wie es sich für mich nach deiner bisherigen Schilderung darstellt.

Ich glaube nicht, dass es bei dir mit einer Prioritätenumkehr schon getan ist, weil du - wie schon gesagt - dich zu etwas Unangenehmem zwingen willst, auf Kosten von etwas Angenehmem. Dabei spielt das Belohnungszentrum nicht mit. Es sei denn, man lernt, mit dem Belohnungszentrum zusammenzuarbeiten, statt dagegen. Das funktioniert, indem man sich die unangenehmen Aufgaben (hier: Körperpflege, aufräumen, putzen) gezielt mit etwas Angenehmem versüßt, was im Anschluss folgt.

So formuliert klingt das einfach, in der Praxis ist es eigentlich auch recht einfach - die meisten Menschen ("Normalos") tun das ohne nachzudenken. Schwierig ist das für jemanden, der das nicht gewohnt ist, in dessen bisherigem Verhaltensmuster eine Selbstbelohnung nicht vorkommt, oder die Abläufe durcheinander geraten sind. Das Gehirn soll sich eine Erfahrung vorstellen, die es nicht kennt - und das lehnt es ab.

Ich komme deshalb darauf, dass sich in dein Belohnungszentrum ein Fehler eingeschlichen hat, weil du so viele negative Verstärker erwähnst. Deine meckernde Mutter, der Druck, der vom Vermieter ausgeht... für die meisten Menschen würde es ausreichen, sich in Bewegung zu setzen, und "den Scheiß hinter sich zu bringen", damit das aufhört. Du hingegen suchst in erster Linie nach Möglichkeiten, wie du diese negativen Verstärker verringern kannst: Durch ein Verständnis weckendes Gespräch mit dem Vermieter, und damit mehr Zeit (=weniger Druck), indem du deine Mutter in dieser Situation lieber meidest, und durch Antidepressiva, die ja letztlich auch den Leidensdruck mindern sollen.

Wenn man weiß, dass Menschen primär durch "positive und/oder negative Verstärker" angetrieben/motiviert werden, dann kann man sich folgendes ableiten:

1. In deinem Leben gibt es massig negative Verstärker. Aber sie reichen bisher noch nicht aus, um dich zu motivieren.
2. Du suchst nach Möglichkeiten, die negativen Verstärker zu verringern, weil du glaubst, dass du dich mit weniger Angst und Druck besser in Bewegung setzen würdest.


Fazit: Das ist ein Trugschluss. Es kann nicht funktionieren. Du hast gelernt, dass weniger Druck, Angst (und Schamgefühl) ein Gefühl der Erleichterung bewirken, und nach diesem sehnst du dich. Das Gefühl stellt sich auch ein, wenn man eine Aufgabe restlos erledigt hat. Bei dir bleibt aber diese "nach-erledigt-haben-Erleichterung" immer aus, weil du nie etwas fertig erledigst (nie endender Putz/Aufräum-Teufelskreis).

Ich glaube, dass dir diese beiden Artikel am ehesten weiterhelfen könnten:
Leistung & Belohnung - Anleitung zur Selbstmotivation

Spar dir das Putzen

Wenn du dazu Fragen hast, wenn es dir nicht helfen sollte, oder wenn du einfach nur gerne deine Fortschritte in einer Art "Online-Tagebuch" mit uns teilen möchtest (vielen hilft das, dranzubleiben), dann bist du herzlich eingeladen, hier weiterzuschreiben, oder im "Messies unter sich"-Bereich einen neuen Thread zu erstellen.


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12.06.2015 10:06
#4
Sc

Das war eine sehr ausführliche Antwort, ich danke dir dafür.

Die beiden Themen die du mir verlinkt hast, habe ich im laufe der Nacht wo ich wirklich unten war schon gelesen..und als nachvollziehbar empfunden.

Das meine Priorität auf dem liegt was ich gerne mache und ich mich zu anderen Dingen nicht motivieren kann stimmt. Und es ist ein Teufelskreis aus dem ich nicht so schnell raus finde. Wenn es mir gut geht, dann klappt das. Wenn es mir schlecht geht wie derzeit, versinke ich über Monate im Chaos bis ich es mir selbst eingestehe doch dann is der Berg so riesig, das er unüberwindbar erscheint. Es kommt nämlich dann der Punkt wo ich "will" und nicht muss. Doch dann arbeite ich ohne Struktur und ohne Plan und lasse mich sofort wieder von schönen Dingen ablenken. Da hast du völlig Recht.

"Mit etwas süßem Verbinden" genau das habe ich noch nicht gefunden für mich. Was wohl auch daran liegt das ich mich lieber Belohne statt unangenehme Dinge auszuhalten. Ein Stück weit ist es auch so, das ich obwohl ich Angst habe, doch genau diese negativen Verstärker die du ansprichst brauche um mich in Phasen wie jetzt "in meinem Elend zu suhlen" sprich, ich gehe bewusst die Abwärtsspirale. Warum ich das tue weis ich für mich allerdings noch nicht so genau.

Das ich den leichten Weg nehme stimmt auch. Weil ich mich für den schweren oft nicht durchringen kann das muss ich zugeben.

Die Verhaltensmuster kann ich klar benennen, ich kann sie auch gut reflektieren an mir selbst... ich schaffe es nur nicht sie zu ändern..... *seufz*


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12.06.2015 10:15
#5
Sc

Ok ich probiere das mal:

1. ein konkretes Ziel
Stube, die gleichzeitig Arbeitszimmer ist, muss schön werden...

2. ein realistisches Ziel
Stube und Arbeitszimmer müssen normal begeh und bewohnbar sein

3. ein Ziel, das der Betroffene selbst kontrollieren kann
Das verstehe ich nicht O.o

4. eine Belohnung bei Zielerreichung
Da ich dann wieder auf meinen Balkon kann ohne zu Räumen, kaufe ich mir am Montag schöne Pflanzen für den Balkonkasten :)



So in etwa?


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