Chaosqueen stellt sich vor

  • Seite 1 von 3
15.08.2013 19:35 (zuletzt bearbeitet: 15.08.2013 19:59)
#1
avatar

Gerne stelle ich mich Euch vor!!!!

Also ich bin die Chaosqueen58, die Biggi. Die Zahl ist mein Geburtsjahr und ich bin dem zu Folge 55 Jahre. Geboren bin ich im Rheinland, ca. 20 km von Bonn entfernt. Ich bin mit einem 4-fachen-Herzfehler (eine Fallotsche Tetralogie, falls das jemand wissen will) zur Welt gekommen. Erkannt hatte man die Herzerkrankung bei einer Untersuchung im Alter von 6 – 8 Wochen. Meine Eltern wurden dann mit mir in die Kinderklinik nach Bonn geschickt, damit man das genauer untersuchen konnte. Ich muss damals regelrecht auf den Kopf gestellt worden sein und ich bin dann auch medikamentös eingestellt worden. Trotzdem bekam ich damals bis zu 24 Anfälle am Tag. Die sahen so aus, das ich blau anlief, keine Luft mehr bekam, meine Notfalltropfen bekam und ich ganz schnell auf den Arm und an ein offenes Fenster gebracht werden musste. Aus diesem Grund habe ich Nachts auch im Bett meiner Eltern geschlafen. Als ich dann älter wurde, waren diese Anfälle nicht mehr ganz so häufig oder so schlimm, aber dennoch durfte ich mich absolut nicht anstrengen. Das hieß das Treppenlaufen für mich tabu war oder überhaupt laufen über längere Strecken (ich konnte höchstens 2 – 3m ohne Atemnot laufen) . Ich lernte wohl deswegen auch erst mit zwei Jahren laufen. Meine Eltern trugen mich die Treppen, hatten sich für die Fahrräder einen stabilen Anhänger besorgt und einen recht großen und stabilen Kinderwagen (ich saß noch mir 7 Jahren in diesen beiden Gefährten). Mein ganzes Glück war es damals mit ihnen in unseren Schrebergarten zu fahren und mich dort langsam und vorsichtig zu bewegen. Im Alter von ca. 4 Jahren brach ich mir das rechte Wadenbein. Ich saß hinten bei meiner Ma auf dem Rad im Kindersitz (die waren damals noch nicht so gut wie heute) rutschte mit dem rechten Fuß von der Stütze und geriet zwischen die Speichen. Dies ist mein erster KKH – Aufenthalt an den ich mich bewusst erinnern kann. Der nächste kam im Nov. ein Jahr später mit einem Blinddarmdurchbruch mit Vereiterung die den gesamten Bauchraum bedrohte, mit 5 Jahren. Mein Leben hing am seidenen Faden. Ich wurde nach Bonn zur 1. Op meines Lebens gefahren. Zwischen durch immer mal ein paar Tage im KKH zu Herzkontrolle. Der nächste längere KKH – Aufenthalt an den ich mich erinnern kann, waren die Masern (mit 6 Jahren), wieder wurde ich nach Bonn in die Kinderklinik auf die Isolierstation, gebracht. Alles war für mich lebendsbedrohlich, wegen dem Herzfehler. Im gleichen Jahr erkrankte mein Vater an Leukämie, eine Folge der 11jährigen Gefangenschaft in den Bleibergwerken in Sibirien. Ein Jahr später wurde die 1. Herzop gemacht. Ich wurde am 28.07.1965 operiert und mein Vater verstarb am 29.07.1965. Ich durfte 6 Wochen nicht erfahren das mein Papa tot war. Die Ärzte rieten meiner Mutter davon ab es mir zu sagen, da sie Angst hatten ich würde dann auch sterben, ich war ein Papakind. Man kann sich gar nicht vorstellen was das für ein Kraftakt für meine Mama war. Dann hatte ich erst einmal Ruhe vor längeren KKH – Aufenthalte. Nur alle 6 Monate zur ambulanten Herzkontrolle. Im Alter von 13 Jahren dann die nächste Herzop (im August 1971). In der zwischen Zeit hatte sich aber mein Rückgrat verkrümmt und ich hatte eine Skoliose bekommen. Meine Ma entdeckte die im Februar, bei einer Anprobe eines Kleides, welches sie mir nähte. Wir sind gleich nach Bonn in die Uni gefahren und dort einem Orthopäden vorgestellt worden. Leider konnte man zu dem damaligen Zeitpunkt nichts für mich tun, da die Op im August am Herzen, lebenswichtiger war. Als ich dann nach der Herzop (bei der ich wieder einmal um mein Leben kämpfen musste) entlassen war und einigermaßen bei Kräften war (ich hatte in 8 Wochen 20 kg an Gewicht verloren), sind wir wieder zu den Orthopäden gefahren. Dies war im Oktober 71 und die Skoliose war schon sehr schlimm geworden. Man beriet sich mit dem damaligen Arzt der mein Herz operiert hatte, mit meiner Mama und mit mir und wir einigten uns darauf das ich dann im März 72 zu Op – Vorbereitung in die Uni aufgenommen werden sollte. Während des Aufenthaltes stellte sich heraus, das man mich am Rücken leider nicht operieren könne, ohne die Herzop zu gefährden. Meine Mutter überließ mir die Entscheidung, da es ja mein Leben war. Ich verzichtete dann auf die Op und bekam ein Korsett für die nächsten 5 Jahre. Damit mussten wir auch wieder zur jährlichen Kontrolle. Ihr könnt mir glauben das dieses Ding zu tragen nicht angenehm war, vor allem in der Pubertät.

Trotzallem hatte ich eine sehr schön Kindheit. Meine Eltern taten alles um mein Leben so schön wie es nur geht zu machen. Verwöhnt wurde ich trotzdem nicht. Für meinen Papa war ich ein Wunder, da man ihn in Russland gefoltert hatte (Stromstöße in die Hoden usw.) und er nicht wusste ob er überhaupt zeugungsfähig war. Meine Ma war eine sogenannte Spätgebärende mit 37 und ich war ihr 5. Kind. Ich kenne leider nur eine Schwester. Die beiden Brüder sind damals im Krieg geboren und zur Adoption gegeben worden, eine Schwester starb als Säugling. Meine große Schwester ist 10 Jahre älter als ich, leider habe ich heute nur sehr, sehr selten mit ihr Kontakt. Aber ich wusste mich von meinen Eltern geliebt. Meine Kindheit war also in diesem Punk nicht so schlimm, wie ich es hier bei eignen gelesen habe.

1966 bin ich erst mit 8 Jahren eingeschult worden. Trotz der Herzop musste ich immer noch recht vorsichtig sein. Konnte mich also an den Pausentobereien meiner Klassenkameraden nicht beteiligen oder am Sportunterricht. Dafür habe ich schon als Kind gerne und viel gelesen. Bücher waren damals meine Freunde. Dort konnte ich mit meiner Phantasie alle die Abenteuer erleben, die ich im realen Leben nicht mit machen konnte. Als ich dann das Korsett tragen musst, fiel ein Stück Jugend weg. Ich konnte mit diesem Ding nicht tanzen gehen, oder was man als 14, 15jährige so macht. Das Korsett wog mehr als 5 kg und war aus Leder und Stahl. Wieder waren die Bücher für mich da. Wieder konnte ich dort alles machen und erleben was ich in Real nicht konnte.

Um es abzukürzen, den das Wichtigste wisst Ihr nun. Ich wurde noch am Unterleib operiert, ein Eileiter und ein Eierstock mussten entfernt werden und der andere Eileiter wurde durchtrennt, da ich besser keine Kinder bekommen sollte, wegen der starken Rückgratverkrümmung. Damit zerbrach mit 22 Jahren mein Lebenstraum von einer großen Familie.1992 wurde ich dann auch an der Skoliose operiert, nach dem ich beim Orthopäden über sehr starke Schmerzen und Atemnot geklagt hatte. Er schickte mich in die Uniklinik in Hamburg (seid 1982 lebte ich in Hamburg), dort erklärte man mir das ich mich operieren lassen müsse, ansonsten würde ich meinen 40. Geburtstag nicht mehr erleben. Die Lunge würde auf Dauer von der Skoliose abgequetscht und auch mein Herz würde deswegen Schaden nehmen. Also ließ ich mich operieren und wieder einmal kämpfte ich während dieser Op um mein Leben. Trotzdem habe ich, auch nach dieser Op, noch ständig Schmerzen in der Wirbelsäule und bin seid vielen, vielen Jahren in Schmerztherapie. Vor ca.10 Jahren bekam ich dann noch Migräne und vor ca. 4 Jahren eine Depression. Die Depression wird medikamentös behandelt.

Leider hatte ich auch mit meinen Männern viel Pech und bin ich nun zum 5. Mal verheiratet, die Einzelheiten möchte ich Euch ersparen. Aber meinem jetzigen Mann bin ich sehr dankbar, das er es schon seid 9 Jahren mit mir aushält (mein längste Ehe bis jetzt). Ich bin ganz gewiss kein leichter Mensch, aber ich bin bereit mich von Gott verändern zu lassen. Mein Glaube an Gott und an Jesus Christus als mein Retter und Erlöser ist mir die größte Stütze und größte Kraftquelle die ich haben kann. Die Entscheidung die Führung meines Lebens Jesus anzuvertrauen, war meine beste Entscheidung. Seid dem geht es mit mir körperlich und auch seelisch aufwärts. Gott hat mich von der Migräne geheilt und auch in die Depression hat er eingegriffen. Auch bin ich fest davon überzeugt und glaube es auch aus ganzem Herzen, das er mir auch bei der Messieproblematik helfend zur Seite steht, den ER hat mich ja erst dahin geführt, das ich mein Problem erkenne und benennen kann. Ich möchte meinen Glauben täglich leben, nicht nur davon reden.

Solltet Ihr noch Fragen haben, fragt mich einfach, ich beiße nicht. Wenn ich die Frage beantworten will, tue ich es, sonst sage ich es aber auch, wenn sie mir zu privat ist.

Gotte behüte und beschütze Euch, ER halte segnend seine Hände über Euch

Liebe Grüße
Biggi


 Antworten

 Beitrag melden
16.08.2013 01:04
avatar  IBI
#2
IB
IBI

Hallo Biggi,

danke fürs Teilen.
Ich finde es bemerkenswert, was du als Kind hast erleben müssen und mit welchen Verzichten und Schmerzen, du hast früh umgehen lernen müssen.
Und schön zu lesen, dass deine Eltern dir das beste gegeben haben, damit du es so angenehm wie möglich hattest unter diesen Umständen.
Traurig finde ich zu lesen, dass dein Vater schlimme Kriegserlebnisse hatte und leider früh gestorben ist (aus deiner Sicht).

Ich weiss nicht, ob es ein wenig Trost sein kann, mein Vater verstarb als ich 12 war. Er hat wohl meiner Mutter und einem unserer Pflegekinder immer wieder gesagt, er werde nicht älter als 40. Als ich ungefähr 40 war, habe ich erfahren, woran er tatsächlich gestorben ist und dass, weil mein Bruder ein ähnliches Krankheitsbild hatte wie mein Vater. Da hat meine Mutter das erzählt.

Zurück zu dir:
ich finde es toll, dass ihr beide, du und dein Mann, euch hier im Forum zeigt und uns wissen lasst, dass es bei euch krieselt. was ich auch aus euren Worten lese: ihr liebt euch sehr und die umstände sind es, die euch derzeit die Kriese bescheren.
ich bin der Meinung, dass du zwar die optische Ausprägung Messie durch deine persönlichen Umstände (ich vermute, dass du heute wegen deines herzens immer noch auf dich und deine körperlichen Aktivitäten achten musst) und dazu eine Depression - na klar, kommt da eine optische chaotische Wohnung raus - du aber nicht der Messie im klassischen sinne bist.

Das was dir fehlt, ist, was viele kennen gelernt haben, das typische gefühl von gezwungen werden als Kind. ja aufgrund deiner krankheitsgeschichte bist du zu vielem gezwungen worden, ich vermute aber, dass sich das bei dir anders eingeprägt hat als beispielsweise bei mir. aus diesem grund, kann ich mir vorstellen, dass du einiges bei dir nicht finden wirst, was viele andere haben.
das bindungsthema könnte auf dich zutreffen, wenn du bereits das 5. mal verheiratet bist.
das sind Vermutungen von mir, die ich anhand deiner worte einmal errate. du kannst prüfen, ob ich mit meinen Ahnungen richtig liege.

und wenn ich deinen text so lese, dann denke ich, du bist wie eine katze - du hast mehr als 9 leben.

viele grüsse
sonja


 Antworten

 Beitrag melden
16.08.2013 09:23
#3
fi

Hallo Sonja,

du schreibst das es auch eine Depression sein kann. Ich lese ja auch viel und informiere mich anderweitig. Kann man denn das Messiesyndrom medizinsch nachweisen, bzw. eine Diagnose stellen? Man müsste es ja machen, damit dann die richtige Therapie findet oder?

Ich bin mir ja auch nicht sicher ob es ein reines Messieproblem ist, es sindnoch viele Fragen offen.

Liebe Grüße

fireman


 Antworten

 Beitrag melden
16.08.2013 10:00 (zuletzt bearbeitet: 16.08.2013 10:02)
avatar  IBI
#4
IB
IBI

Lieber fireman,

im Thread "Therapeuten für Messies" habe ich etwas geschrieben.

Viele Messies haben als Ausgangskrankheit entweder Depressionen, ADHS, Demenz, Sucht,....(insgesamt wurden 6 gefunden und getestet): etwa 70% (offizielle anerkannte Krankheiten nach der IC-Liste)
dann gibt es etwa 30 % - ich nenn sie jetzt der Einfachheit halber Chaoten - die die oben genannten Krankheitsbilder nicht haben (die offizielle Anerkennung ist in arbeit - wird in der neuen ICD liste vermutlich unter Hording erfasst)
Ganz viele Betroffene haben leider eine sehr schlimme Familiengeschichte als Erfahrungsgrundlage und ich finde, die trägt sehr zum Krankheitsbild bei.

Die schlimmste Geschichte, die ich kenne:
Ein Verwandter einer Hochschwangeren erschiesst 5 Familienmitglieder und sie hat es mit angesehen. Die Zwillinge kamen 2 Wochen später auf die Welt.
Kann diese Mutter in der Lage sein, sich um die Zwillinge zu kümmern und sie lieben? Und was erleben Kinder, wenn sie keine Zuwendung bekommen?
Ich kenne einen dieser Zwillinge persönlich und diese Person hat viel mehr als 20 Orte mit Material angesammelt und gefüllt.
Wie lernen diese Kinder zu überleben?

eine andere schlimme Geschichte:
wenn eine Familie beruflich bedingt alle 1-2 Jahre ihren Standort wechselt über viele Kilometer und die kinder mitgeschleift werden.
Was für kontakte können diese kinder knüpfen? welche Freundschaften aufbauen und wieder zwangsweise zurücklassen, da steht der nächste umzug an?
bei 10-12 derartiger umzüge in der Kindheit, was passiert da? haben die Eltern zeit für ihre kinder?

und weitere 5 schlimme Geschichten im buch "Selbsthilfe für messies"

Meine Vermutung (leider nicht durch eine Studie bestätigt - hey Chaosforscher, wäre das was für dich?): je schlimmer die Familiengeschichte, desto schlimmer die optische Auswirkung.

Wenn jemand Ergänzungen hat, würde ich mich darüber freuen.

Viele Grüsse
Sonja


 Antworten

 Beitrag melden
16.08.2013 10:26
#5
fi

Hallo Sonja,

danke für die Antwort. Ja wenn man solche Geschichten liest, dann ist das was man selber hat, ein kleines Problem. Diese Kinder können einem wirklich leid tun, was haben die noch für eine Zukunft. Und die Auswirkungen kann man eh nicht abschätzen.

Ich werde weiterhin an diesem Thema dranbleiben. Werde mir auch am Wochenende beide Sendungen anschauen. Dann kann man sich ja wieder mehr austauschen. Ich stelle fest, das Betroffene mehr Austausch haben, als Angehörige.

Liebe Grüße

Fireman


 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!