"Warum hast du bloß so viel Zeug?!"

16.03.2021 16:51
#1
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Das hörte ich ständig von meinen Eltern. Mein Vater (O-Ton): "Ein solcher Haufen Lumpen!" Meine Mutter: "Da passt du bestimmt bald wieder rein, ich hab die Hoffnung noch nicht aufgegeben..." Als ich einen Sack zusammen packte, den ich zum Altkleidercontainer bringen wollte, sah mein Vater das mal und sagte: "Ich würd nicht alles weg schmeißen. Wer weiß, vielleicht wirst du ja wieder fett!" Da hatte ich zwar schon 2 Jojo-Effekte gehabt, war aber noch nicht so realistisch eingestellt wie heute und habe, nachdem ich abgenommen hatte, gedacht: Ich werde nie wieder so fett, dass ich das anziehen muss! Das geschah noch ein paar Mal, bis ich vor ca. 20 Jahren geschnallt habe, dass es nur noch aufwärts geht, falls sich das Gewicht überhaupt ändert. Geringe Schwankungen (eine Kleidergröße) gibt es, aber ich habe zumindest die kleineren Größen alle schon weg gebracht. Jetzt sortiere ich die Sachen aus, wo die Wolle kratzt, die ich nicht anziehen kann, und nach dem, ob mir die Farbe gefällt oder ob Flecken drin sind, die nicht mehr raus gehen.

Bezeichnend ist eben, ich habe nicht nur eine Farbgarnitur im Schrank, z. B. grüne Hose, grüne Shirts, grüne Pullover. Ich habe auch hummer-apricot geblümte, hummerfarbene Shirts und Tops, koralle, jeansblau... Eben mehrere Farbgarnituren. Dann auch nicht nur schilfgrün oder Smaragd, sondern beide. Dann auch nicht nur Apricot, auch Koralle, Terrakotta, Camel... Eben alles Mögliche. Hosen habe ich auch mehr, als ich in einem Jahr anziehen könnte.

Wenn man aber bedenkt, ich mache z. B. im Urlaub nicht jede Woche die Wäsche, wenn ich woanders bin. Hotelwäsche hab ich noch nie in Anspruch genommen, die Waschmaschinen auf den Campingplätzen auch nicht, hab lieber ein paar Shirts mehr eingepackt und anschließend zuhause gewaschen, außer es ging direkt in den nächsten Urlaub. Dann braucht man die vielen Sachen.

Mein Bärchen hat auch immer noch so furchtbar viele Hemden, auch wenn er schon mal einen (nur!) Sack weg gebracht hat. Diese vielen Oberhemden braucht er nicht mehr, das war seine "Arbeitskleidung". Ich arbeite seit 2006 nicht mehr, er seit 2016. Wir sind beide Rentner. Und haben so einen Riesenhaufen Klamotten. Ich habe mich zusammengerissen und bin dabei, den 5. oder 6. Sack Altkleider zusammen zu packen. Wenn man sieht, das werde ich voraussichtlich in X Jahren auch nicht anziehen, oder feststellt, diese Farbe steht mir überhaupt nicht, oder diese Wolle kratzt so sehr, dass ich juckenden Ausschlag kriege, ja schade um die Zeit, in der ich das gestrickt habe. Meine Materialauswahl hat sich zum Glück so weit gebessert, dass das kein Kriterium mehr ist.

Ich freue mich im Grunde darüber sehr, dass ich Ausmisten jetzt kann. Auch wenn man es noch nicht sieht und immer noch so viel Müll dazwischen liegt: Irgendwann ist genug Platz auch in den Schränken.

Nun kann man natürlich noch fragen, wozu brauchst du 6 Haarbürsten und 4 Dosenöffner, 3 Deosprays, 2 Hautcremes, 6 Scheren usw... Antworten kann ich nur: Damit ich eine von den X Bürsten usw. finde! Habe ich mal keinen einzigen Dosenöffner gefunden, habe ich mir gesagt, Suchen dauert länger als Nachkaufen und bin schnell die 100 Meter zum Supermarkt gegangen. Musste ich ein Preisschild abschneiden, olle Plastikdinger, fand keine meiner 5 Scheren, Suchen dauert länger als Kaufen, macht weniger Stress, aber mehr Kram... So summiert sich das. Jetzt habe ich in jedem Zimmer eine Schere und bin im Grunde froh darüber, weil ich weiß wo sie sind.

Natürlich brauche ich keine 4 Dosenöffner oder 6 Scheren. Aber eine wird immer mal stumpf und muss auf den Wertstoffhof, oder? Auch mit Nagelscheren ist das so! Die werden sehr schnell stumpf, große Scheren halten länger durch. Bei dem extremen Verpackungswahn der Geschäfte, ich sag mal 30 cm² Kunststoff für eine 1 cm² große Speicherkarte (heute kriegt man die gegen Vorlage einer Karte bei Rossmann an der Kasse), sogar Kunststoff Durchmesser 20 cm, ca. 30 cm³ Plastik für CDs als Verpackung, was soll man tun ohne Schere?

Besonders nervig: Nach dem Kauf der Schere musste ich auf dem Campingplatz den Stellplatz-Nachbarn um eine Schere bitten, um die Schere aus der doofen Verpackung zu schneiden! Man kann es kaum glauben, so viel Müll, wie produziert wird, braucht sich niemand über die Zunahme des Messie-Syndroms zu wundern! Sogar die Schere mit kabelbinderähnlichem Material zu fixieren, setzt dem wirklich fast die Krone auf.

Ein anderes Beispiel zum Produzieren von Müll: Erst wurden DVBT-Fernseher hergestellt. Durch das Bereitstellen von HD-Sendern war mal gezwungen, entweder einen Receiver oder gleich einen neuen, DVBT2-Fernseher zu kaufen. Da mein alter DVBT-Fernseher keinen HDMI- oder Scart-Anschluss hatte, musste ich einen neuen Fernseher kaufen. Man stellt Müll her und sorgt dafür, dass die Umwelt noch mehr verschmutzt wird, als ob das modern und nachhaltig wäre. Nachhaltige Vermüllung und Verschmutzung, ja. Praktisch und umweltschonend: Nein.

Viele Grüsse
Draculara

http://www.draculara.de

http://messie.bplaced.net/messie

Eine Lösung setzt ein Problem voraus. Ich kenne meine Fehler, das hält mich aber nicht davon ab, sie zu machen

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