Komplizierte Situation

  • Seite 1 von 19
26.01.2014 02:52
avatar  ( gelöscht )
#1
Gast
( gelöscht )

Hallo zusammen,

ich habe es mit einer - für meinen Geschmack - ziemlich komplizierten Situation zu tun. Sie ist so verworren, dass ich im Moment nicht mal weiß, wo ich überhaupt ansetzen soll. Klar ist eins, das hier wird lang - ich werde es sicher brauchen, weil ich momentan nicht mal einschätzen kann, was für die Lösung des Problems wichtig sein könnte, und was nicht. Ich gucke mir das Ganze inzwischen seit acht Jahren an. Ich habe diverse Male Hilfe angeboten, die von allen Beteiligten immer abgelehnt oder als aussichtslos verworfen wurde. Jetzt hat sich daran etwas geändert - die Hilfe wird nun dringend erbeten, aber die Situation ist so kompliziert wie nie zuvor - und da steh ich nun, und weiß gar nicht, wie ich unter diesen Umständen überhaupt helfen kann, denn um die bloße Frage "Wie kriegen wir das außer Kontrolle geratene Gerümpel wieder in den Griff?" geht es gar nicht mehr. Oder doch? Doch nun der Reihe nach:

Meine Schwiegereltern haben beide eindeutig ein gestörtes Verhältnis zum Aufbewahren von Dingen. Wie weit das geht, ist für mich schwer einzuschätzen, und es wird dadurch nicht erleichtert, dass sie sich mMn in ihrem Verhalten gegenseitig in verschiedener Art und in wechselnden "Machtverhältnissen" beeinflussen.
Als ich die beiden kennenlernte, war er der Alleinverdiener mit drei "großen" Kindern, die alle noch im Haus lebten. Seine pflegebedürftige Mutter lebte ebenfalls mit in der Familie, wurde aber allein von meiner Schwiegermutter gepflegt. Er lehnte jeden Umgang mit der schwerkranken (aggressiven, dementen und in jeder Hinsicht schwerst belastenden) Mutter ab - weigerte sich jedoch zugleich vehement, sie in einem Heim unterzubringen.

Er war - und ist - mehr der Typ, der technische Gerätschaften, Baumaterialien, an die er günstig herangekommen ist, und Ähnliches hortet, weil man das "ja noch mal gebrauchen" kann. Er fährt bei jedem Wetter auf den Wertstoffhof, und sammelt dort - unter dem Vorwand, dem Ausichtspersonal zu "helfen" - kofferraum- oder gar anhängerweise Sperrmüll, den er dann nach Hause schleppt. Auch der Job ermöglicht ihm immer wieder, z.B. palettenweise Toilettenpapier, Reinigungsmittel in Großgebinden, ganze Wagenladungen Geräte (Schneebesen, Schaufeln) oder Werbegeschenke (Kappen, Regenschirme, Kugelschreiber...) anzuschleppen. Nicht alles davon ist völlig unnütz, aber in diesen Unmassen wird es lächerlich. Allein das Lagern erfordert, viel zu große Räumlichkeiten anmieten zu müssen, so dass die "Lagerkosten" den Wert der gehorteten Dinge jährlich um ein Vielfaches übersteigen.
Seine Hobbys sind verschiedene Sammlungen: Mit Werbung bedruckte Spielzeugtrucks, Kronkorken, Bierdeckel, Meterstäbe, Münzen. Keine davon wird in irgendeiner Form präsentiert oder auch nur gebündelt gelagert. Um den Eindruck seiner Persönlichkeit zu vervollständigen, muss ich noch hinzufügen: Er ist definitiv Alkoholiker, und wahrscheinlich depressiv. Er neigt dazu, verbal Wut an seiner Frau auszulassen - aber nahezu ausschließlich, wenn die beiden allein sind. Beinahe allen Wutanfällen ist gemein, dass er sich dann in irgendeiner Form übervorteilt oder nicht ausreichend wertgeschätzt fühlt, besonders, wenn es um Nahrungsmittel geht (etwa, weil ihm jemand Wurst "weggefressen" hat, die er für sich haben wollte). Er ist auch ausgeprägt "futterneidisch", eine Unart, die sich in Form von gestörtem Essverhalten bei der ganzen Familie breitgemacht hat. Er bittet grundsätzlich niemanden um irgendwas (bedankt sich entsprechend auch nicht), sondern lässt alle Formen von Hilfe von seiner Frau arrangieren, und beschwert sich dann hinterher bei ihr, wenn die Hilfe nicht genau so funktioniert hat, wie er es wollte. So etwa neulich, als er - wegen eines einmonatigen Fahrverbots - jemanden brauchte, der ihn morgens zum Wertstoffhof fährt und mittags wieder abholt. Das übernahm dann mein Mann an seinem freien Tag, und er brachte ihn 10 Minuten nach Beginn der Öffnungszeit, und holte ihn 10 Minuten vor Schluss. Mein Schwiegervater ließ sich während der Fahrt nicht das geringste anmerken, aber kaum war er mit seiner Frau allein, brach das Donnerwetter über sie herein, weil mein Mann ihn damit um 20 Minuten beraubt hatte, in denen ihm gottweißwas durch die Lappen gegangen sei. Eine klassische Situation; ich könnte dergleichen noch viel mehr Beispiele aufzählen.

Bei seiner Frau lag der Schwerpunkt der "Sammelleidenschaft" hauptsächlich auf Lebensmitteln, Haushaltsprodukten und Lagermitteln für alle Eventualitäten (Tupperware und andere Dosen - sie hat z.B. einen kompletten Doppel-Küchenschrank nur mit Plastikdeckeln, säuberlich nach Größe sortiert; wo die dazu gehörigen Gefäße sind, weiß allerdings nur Gott allein). Sie ist (bzw WAR, aber dazu weiter unten mehr) der Typ, der 50km fährt, um einen Zwanzigerkarton Shampoo zu kaufen, weil er dort im Angebot ist. Nicht, dass es ein von einem Familienmitglied besonders gern genutztes Shampoo wäre - nein, einfach nur, weil es billig ist. Dass sie mehr Benzin verfährt, als sie mit den Shampoos spart, war ihr lange Zeit nicht beizubringen. Oder sie kauft Dinge, die sie nicht braucht, weil es dazu einen Gratiskorb gibt, sie löst Coupons ("Kauf 2 nimm 3") ein, oder kauft in rauen Mengen Joghurts o.Ä, die eigentlich keiner essen mag, weil auf der Packung Sammelpunkte sind, die man gegen irgendwas eintauschen kann.

Ich persönlich bin häufig damit beschäftigt, die Geschenke, mit denen wir von beiden überhäuft werden, abzuwehren, weiter zu verschenken oder zu entsorgen. Wir bekommen ständig Lebensmittel, die wir oft gar nicht ge- bzw verbrauchen können, so z.B. 5l-Eimer mit Preißelbeergelee, ganze Käseräder, Paletten mit 70-80 Joghurts kurz vor Ablauf des MHD, und alle Naselang neue Rutschautos, Roller etc für die Kinder, die er auf dem Wertstoffhof ergattert. Nehmen wir es nicht, steht es bei der Schwiemu rum, die uns dann bittet, dass wir es nehmen und entsorgen sollen, weil sie es nicht unbemerkt aus dem Haus schaffen kann - und wenn wir es dann zum Wertstoffhof bringen...tadaa...steht der Schwiegervater schon da, nimmt das Zeug in Empfang und trägt es wieder heim zu ihr.

Äußerlich wirken beide auf den ersten Blick einfach nur ungepflegt. Auf den zweiten sind sie sich jedoch nicht mehr so ähnlich: Er ist tatsächlich sehr ungepflegt, und duscht nur nach massiven Beschwerden seitens anderer Familienmitglieder, oder vor bevorstehenden Anlässen wie einer Beerdigung - jedoch, ohne sich die Haare zu waschen, er macht sie nur nass. Seit etwa einem Jahr lässt er sich auch die Haare nicht mehr schneiden, und rasiert sich nicht mehr.
Sie hingegen ist immer sauber, verzichtet jedoch seit undenklich langer Zeit darauf, sich irgendetwas zu gönnen. Haare und Nägel sind praktisch kurz geschnitten, Schmuck, Kosmetik, Maniküre, Pediküre, Körperhaarentfernung sind für sie vollkommen bedeutungslos. Sie trägt die alten Klamotten ihrer Söhne auf, weil es bei ihr ja egal ist, ob die Sachen Löcher oder Flecken haben - es sieht ja ohnehin niemand. Hobbys hat sie keine. Sie lebt für die Familie, die Enkel sind ihr ein und alles. Das Haus verlässt sie nur für ihre - sehr häufigen - Arztbesuche und zum Einkaufen.

Nicht nur bei der Körper- sondern auch bei der Haushaltspflege scheint sie mir die "vernünftige Kraft" in diesem Familienkonstrukt zu sein. Sie war immer diejenige, die den ganzen Haushalt schmiss, den Messiewahn ihres Mannes unter Kontrolle hielt, drei Kinder praktisch allein großzog, nebenbei seine (!) Mutter pflegte, und das alles auch noch mit Minimalbudget. Es ist verständlich, dass man dann anfängt, durch Sonderangebote ein paar Cent hier und ein paar dort zu sparen - jedoch ist sie damit wohl irgendwann über das Ziel hinausgeschossen, und selbst zu einer Art "Messie" (?) geworden - aber einer ganz anderen Art, als ihr Mann. Ich habe schon überlegt, ob sie womöglich damit anfing, um Vorwände zu haben, dass er sich mit seinem "schlimmeren" Müll nicht überall hin ausdehnen konnte.
Charakteristisch für sie ist es, dass sie es einerseits braucht, gebraucht zu werden, und dass sie andererseits, wenn sie nicht gebraucht wird, den Spieß sofort umdreht, und ihre Kinder durch (imho fadenscheinige) Begründungen dazu bewegt, bei ihr anzutanzen, weil sie sie "braucht". Sie hat sich selbst gegenüber so wenig Wertschätzung, dass ihr gar nicht in den Sinn kommt, dass man sie "einfach so" besuchen könnte, um eine Tasse Kaffee zu trinken. Es muss immer einen Grund, Anlass, Vorwand geben. Repariere dies, trage mir jenes hinein, besorge mir etwas vom Supermarkt, ich will die neue Wäschespinne einbetoniert haben, die alte Terrasse ist mir zu klein, die Wand muss verputzt werden, diese Steckdose soll dort weg, und jene da hin, ich habe eine neue Lampe, die angebracht werden muss, ich kann das Brennholz nicht umschichten, die Couch muss verschoben werden, ich weiß nicht, wie man die Wii-Controller lädt, auf meinem PC ist glaube ich ein Virus...bitte komm vorbei, und richte das. Früher hat sie zudem bei jedem Hauch eines drohenden Konflikts sofort einen Asthmaanfall bekommen, oder ihr Zucker schoss in die Höhe, oder der Blutdruck...aber wenigstens das hat sie sich inzwischen weitgehend abgewöhnt. Oder wir sind alle perfekt darin geworden, sie nicht mehr dazu zu provozieren. Ich fürchte, eher letzteres.

Sie hat inzwischen sogar eingesehen, dass sie sich selbst nichts gönnt - aber sie hat noch nichts dagegen unternommen. Ich glaube, weil sie einfach gar nicht weiß, wie das überhaupt geht. Und sie hat trotz aller Selbsterkenntnis bis heute noch nicht kapiert, dass sie ihren Kindern damit absolut keinen Gefallen tut. Kommt das Gespräch an diesen Punkt, lügt sie mir etwas vor, was ihre angebliche Zurückhaltung betrifft.

Mein Schwiegervater ist gegen seine Frau und seine Kinder geizig, und meine Schwiegermutter ist gegen sich selbst geizig. Weil sie gegen ihn nicht ankommt, hat sie wohl das wenige, das mein Schwiegervater den vier anderen Familienmitgliedern zugestand, bei sich selbst eingespart, damit die Kinder mehr hatten. Überflüssig zu sagen, dass trotz dieses schier endlosen Geizes nie Geld übrig blieb. Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben war den Kindern größtenteils verwehrt; keiner von ihnen war je im Urlaub.

Eine erste Wende kam, als er nach mehreren Eskalationen endlich einwilligte, seine Mutter in ein Heim zu geben, wo sie relativ kurze Zeit später auch verstarb. Dann verließ zunächst der älteste Sohn (mit mir) das Haus, und wenig später die Tochter, mit dem erstbesten Mann, der bereit war, sie da rauszuholen. Der jüngere Sohn blieb bei Vater und Mutter, und gemeinsam suchte man (auf Drängen meiner Schwiegermutter, und damals zu meinem persönlichen Entsetzen) ein Haus zur Miete, das näher an unserem Wohnort lag, weil sie näher bei ihrem ersten Enkelkind sein wollte. Der Umzug war die perfekte Gelegenheit, sich von manchem Gerümpel zu trennen. Meine Schwiegermutter nutzte sie teilweise - der Schwiegervater überhaupt nicht. Bei ihm blieb es bei Lippenbekenntnissen. Das neue Haus war in jeder Hinsicht ein Albtraum. Mit fast 300qm viel zu groß für drei Personen, aber unmöglich geschnitten. Ein Klo für zwei Etagen, die Nebenräume winzig, ein großer Teil der Quadratmeter lag in idiotisch angelegten Schlauch-Fluren, von denen sogar zwei parallel verliefen. Den mit Abstand größten Raum des Hauses - einen "Partykeller" ließ man mit der guten Absicht, ihn zu einem "Spiel- und Billardzimmer" umgestalten zu wollen, woraus nie etwas wurde, komplett leer. Im Lauf von zwei Jahren sammelte sich dort Sperrmüll an, den alle drei zusammentrugen - man hatte ja reichlich Platz, und viele Ideen. Mein Mann wurde ständig für irgendwelche Projekte rund um das Haus herbestellt, und kaum war eins abgeschlossen, fiel der Schwiegermutter das nächste in, womit sie die Jungs auf Trab halten konnte (und mMn einen Vorwand hatte, ihre Enkel zu sehen).
Durch die größeren zur Verfügung stehenden Flächen begann mein Schwiegervater dann, noch extremer zu horten, als früher in dem Mehrparteienhaus, in dem er von seinem Vermieter stark in seinen Möglichkeiten beschnitten wurde (nebenbei bemerkt, der war ebenfalls Messie, und die beiden stritten sich in erster Linie um das Vorrecht, wer wo welche Sachen lagern konnte...)
Es begann damit ein nicht endender Kampf um jeden der 300 Quadratmeter. Wenn sich die Schwiegermutter - anfangs noch relativ motiviert - von etwas trennte, rümpelte er die frei gewordene Fläche sofort mit seinem Zeug zu. Dazu glaubte er sich berechtigt, weil er ja den Löwenanteil der finanziellen Last stemmte, und die anderen ohne ihn nicht existenzfähig seien.

Wir diskutierten damals wieder und wieder die Alternative, dass Schwiegermutter und Sohn ihn verlassen und sich was "kleines, gemütliches" suchen sollten, das der Sohn allein bezahlen könnte. Doch aus Gründen, die ich bis heute nicht nachvollziehen kann, entschlossen sie sich stattdessen, zu dritt ein Haus zu kaufen.

Das war dann irgendwann auch gefunden, ein hübsches Haus in einer Wohnsiedlung, ca 240qm mit zwei separaten Wohnungen und einem ausgebauten Keller. Ein Mietvertrag wurde geschlossen, zwischen dem Sohn - der als Hausbesitzer eingetragen ist - und den Eltern, die durch ihre Mietzahlung die Hauptlast bei der Ratenzahlung tragen. Mutter und Sohn hielten sich damit für sehr clever: Wenn der Sohn der Hausbesitzer ist, kann er dem Vater Vorschriften machen, ihn zwingen, sein Gerümpel auf engeren Raum zu begrenzen. Auch bei diesem Umzug nutzte der Vater trotz aller Beteuerungen die Gelegenheit nicht, Teile seines Gerümpels loszuwerden. Und die gesamte Familie unterschätzte, was er in den letzten zwei Jahren angeschafft hatte. Statt des einen Containers, der beim Auszug aus dem von uns allen gemeinsam bewohnten Haus nötig gewesen wäre, wären es nun drei Container gewesen. Weggeworfen wurde jedoch praktisch gar nichts davon. Anfangs hatte der Sohn noch geschworen, er würde solch einen Umzug kein zweites Mal mitmachen, sondern diesmal einfach einen Container holen und alles wegwerfen, was der Vater nicht rechtzeitig aussortiert hätte, und der könne nichts dagegen tun. Doch dann schaffte er alles abermals von Hüh nach Hott, dem Drängen der Mutter nachgebend, die den ihrer Meinung nach unweigerlich folgenden Konflikt mehr scheute, als das Umziehen von dutzenden Tonnen Müll.

Resigniert schaffte die Familie einfach alle Besitztümer des Vaters in den Keller, stapelte und quetschte sie dort irgendwie hinein, bedeutete ihm, dass er sich fortan auf diese Räume zu beschränken habe, dass Dachboden, Flure, Waschküche, Garten, Gartenlaube und Garage für ihn tabu seien (der Sohn sicherte die Einhaltung durch die alleinige Kontrolle über die zugehörigen Schlüssel), und man überließ ihn dort unten "seinem Schicksal". Seine Frau, nun endlich "allein" in ihrer EG-Wohnung, entrümpelte kräftig (dass da immer noch einiges im Argen liegt, sieht man nur, wenn man die Schränke öffnet), der Sohn zog in den 1. Stock, wo er etwa 80% der Wohnfläche leerstehen lässt, weil er keine Verwendung dafür hat, und im Keller herrscht das Grauen. Innerhalb eines knappen Jahres ist das passiert, was ich mir schon immer gedacht habe: Ohne das beständige Wirken seiner Frau ist seine persönliche Lebenssituation vollkommen eskaliert. Er konnte das Chaos schon vor dem Umzug nicht mehr beherrschen, und durch das "lieblose" Zwangsräumen, Bündeln und "Ins-Zimmer-werfen" durch die Familie sehe ich dafür nun absolut keine Chance mehr, selbst wenn er ein Dutzend Helfer hätte. Auf 50qm türmt sich inzwischen genug Material für schätzungsweise 4 Container, vom Boden bis zur Decke. Er hatte ein Bett, das irgendwann durchgebrochen war. Wir besorgten ihm Ersatz. Da er keine Lust (?) hat, das Alte zu entsorgen (sich aber auch nicht dabei helfen lassen will, und auch gar niemandem erlaubt, seine Räume zu betreten), steht das kaputte Bett noch immer dort. Vom Neuen hat er sich nur die Matratze genommen, und schläft darauf auf dem Boden - er benutzt nicht einmal ein Spannbetttuch, und hat auch noch nie das Bettzeug gewechselt. Lebensmittelreste, Bierflaschen und anderer Müll türmt sich zusätzlich zu den immer größer werdenden Bergen von Elektroschrott. Er benutzt einen Kühlschrank, der jedoch kaputt zu sein scheint, aus dem ein bestialischer Gestank dringt, und abgesehen von einem kleinen Weg zwischen Tür, Bett, Fernseher und Kühlschrank ist der Raum nicht mehr begehbar. Die Toilette ist seit Einzug nicht mehr geputzt worden, und so widerlich versifft, dass sich der letzte Freund, den er noch hatte, angeekelt von ihm abgewandt hat. Auf die Kritik des Freundes hin besorgte er sich einen anderen Klodeckel - bringt ihn aber nicht an. Die Sauferei ist schlimmer geworden, die Ess-Gier ist ebenfalls eskaliert, und ich glaube, der einzige Grund, warum der Mann trotzdem jeden Tag arbeiten geht, ist der, dass er Angst hat, ihm könnte sonst irgendwelches Gerümpel entgehen, das ihm bei der Arbeit in die Hände fällt.

Spricht ihn seine Frau auf die Situation im Keller an, wird er sofort aggressiv. Spricht ihn der Sohn in seiner Eigenschaft als Vermieter an, blockt er ab, zieht sich beleidigt zurück - und lässt dann seine Wut in gewohnter Weise an seiner Frau aus, sobald der Sohn weg ist, so dass der Sohn inzwischen auch lieber schweigt, um seine Mutter zu schützen. Ich bin mir sicher, dass das alles die falschen Taktiken sind, aber es hört mir keiner zu, wenn ich einen anderen Umgang miteinander vorschlage. Die Fronten sind zu verhärtet.
Keiner in der Familie ist mehr bereit, irgendwie auf ihn zuzugehen, mit ihm zu reden, und ihn dazu zu bewegen, irgendwie Einsicht zu zeigen. Ich wäre dazu im Prinzip bereit, halte es aber für ausgeschlossen, dass ich allein zu ihm durchdringen könnte. Ich stehe für ihn unterhalb seiner Söhne, die er nicht respektiert, und noch dazu bin ich "nur" eine Frau. Die Söhne haben schon lange "die Schnauze gestrichen voll" von ihm, und wollten ihn schon vor Jahren am liebsten loswerden.
Aber - und das ist das, worum es mir hier jetzt geht: Jetzt ist auch endlich meine Schwiegermutter "äußerlich" bereit dazu, den letzten Schritt zu gehen. Der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, waren wohl Leute, die sich über ihn bei der Gemeinde beschwert haben, weil er sie auf dem Wertstoffhof belästigt.
INNERLICH hat sie ihn schon vor Jahrzehnten verlassen; die beiden führen eine reine Zweckbeziehung, und wohnen seit ich sie kenne räumlich getrennt. Früher kochte, putzte, wusch sie und kaufte ein - heute hat sie das Putzen bei ihm eingestellt, lässt ihn aber (auch nur, um Konflikte zu vermeiden) bei sich mitessen, will aber sonst eigentlich nicht, dass er ihre Wohnung betritt. Leider fängt er inzwischen an, sich immer häufiger und länger in ihrer Wohnung breit zu machen. Daher bezweifle ich, dass man diese Situation schon als erfülltes Trennungsjahr werten könnte, so dass auch die angestrebte Scheidung erst mit einer realen Trennung von Tisch und Bett verbunden wäre, die in der Praxis ohne massive Konflikte kaum durchzusetzen sein dürfte.

Obwohl mein Mann und ich eindringlich davor gewarnt haben, haben die drei vor relativ kurzer Zeit beschlossen, sich finanziell noch enger miteinander zu verflechten, als je zuvor. Auch der Sohn hat sich nun in ein gefährliches Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Vater begeben, als er ihn als Hauptmieter für zwei der drei Wohnparteien in seinem noch abzubezahlenden Haus einsetzte. Bei einer Kündigung aus Eigenbedarf sehe ich schwarz. Ebenso bei einer Kündigung wegen Vermüllung. Das Messiesyndrom ist zwar fortgeschritten, aber noch nicht so weit, dass es zu extremer Geruchsbelästigung kommt. Ob Ungeziefer und/oder Schimmel schon da sind, ist momentan schwer einzuschätzen, aber der Fall ist ja auch deshalb kompliziert, weil dem "Vermieter" der krankhafte Sammelwahn seines Mieters schon vor Einzug bestens bekannt war.

Früher hatte die Mutter hauptsächlich Angst vor den finanziellen Konsequenzen, wenn sie ihren Mann verlässt, der ihr immer damit drohte, dass sie "keinen Cent" von ihm sehen würde, dass er sich auf der Stelle arbeitslos melden würde, wenn sie ihn rausschmeißt. Aber allein das Rausschmeißen ist ja hier schon problematisch, da die familiären Verhältnisse jetzt vor dem rechtlichen Mietverhältnis in den Hintergrund treten. Inzwischen macht ihr das Finanzielle jedoch gar keine so großen Sorgen mehr. Sie hat viel eher Angst, dass es nicht bei verbaler Gewalt bleiben könnte, erst recht, wenn er noch über einen längeren Zeitraum das Recht hat, die Kellerräume zu bewohnen (sie kann ihn ja nicht aus "seiner" Wohnung schmeißen, nur weil die im gleichen Haus ist, wie ihre - oder doch?)
Wir haben auch schon überlegt, dass sie selbst auszieht - aber wovon soll sie dann leben? Zu uns kann sie jedenfalls rein rechtlich nur übergangsweise, und dauerhaft möchte ich auch gar nicht mit ihr unter einem Dach leben. Mal ganz davon abgesehen, dass wir sie auch finanziell nicht dauerhaft mittragen können. Zu ihrer Tochter kann sie auf keinen Fall, die sind inzwischen wie Hund und Katz.
Ich bin völlig ratlos. Ich sehe überall nur, was _nicht_ möglich ist, und sehe uns da in einer nicht nur psychisch, sondern auch rechtlich verzwickten Lage - sieht da jemand Möglichkeiten, zumindest einen der drei Konfliktherde (Mietverhältnis, Scheidung, Krankheit) zu de-eskalieren?

Wenn ich nicht genau wüsste, dass meine Schwiegermutter Hilfe WILL, würde ich mir das alles herzlich egal sein lassen. Aber ich kann ihr ja schlecht über Jahre hinweg raten, dass sie am besten dran ist, wenn sie endlich den Mut aufbringt, ihn zu verlassen, und ihr dann, wenn sie so weit ist, sage, dass sie die Trennung mit diesem Hauskauf gründlich verzockt hat.

Deshalb hoffe ich, hier hat vielleicht jemand Ideen, bei welchem der Betroffenen am ehesten Ansatzpunkte bestehen, oder jemand kann mir von ähnlichen (Trennungs-)Erlebnissen berichten, und wie sich diese am Ende vielleicht haben lösen lassen. Es würde mir vielleicht schon helfen, Einblicke in die Mentalität eines Messies zu gewinnen, der auch Alkoholiker ist. Sind das (wie ich insgeheim vermute) alles hohle Drohungen eines - entschuldigung - bemitleidenswerten Wichtels, der sich nur vor jemandem aufspielt, den er zu dominieren glaubt, während er bei solchen, die ihm Parolie bieten könnten, zu viel Angst hat? Oder sind solche Drohungen ernst zu nehmen? Wer wäre für uns eurer Meinung nach der beste Ansprechpartner: Scheidungsanwalt, Mietrechts-Anwalt - oder beide - Schiedsmann (imho nicht zuständig, oder doch?), Polizei, Caritas/Frauenschutz-Verein, Psychologe? Wenn ja: Für SIE oder für IHN? Paartherapie?

Bin wirklich für alles offen - auch und besonders gern für eure Deutung der Kräfte- und Abhängigkeitsverhältnisse in dieser Situation, und welche der beteiligten (oder außenstehenden) Parteien was genau ändern müsste (die Mutter, der Vater, die Söhne oder ich).

Vielen Dank schon mal fürs Lesen (und Gedanken ordnen lassen ;) )







 Antworten

 Beitrag melden
26.01.2014 07:34
#2
Ta

Hallo numi ! Herzlich willkommen in unserer Runde !
Menno....sprachlos bin und zugleich gratuliere ich Dir zu deinem Mut und deiner Aufrichtigkeit,Deiner Liebe,mit der du an der Seite deiner Schwiegermutter bist und bleibst.
Du musst ein Mensch sein, der sehr viel Liebe zu verschenken hat.
Raten kann ich Dir jedoch nur, dass Du neben aller Sorge um die Schwiegereltern sehr gut auch für Dich sorgst, denn das alles wird
Dich immer wieder viel Kraft kosten. Doch Du darfst ja dabei nicht noch selber untergehen.
Grüssele Mausohr


 Antworten

 Beitrag melden
26.01.2014 13:42
avatar  ( gelöscht )
#3
Gast
( gelöscht )

dankeschön für deinen Zuspruch, Tante Mausohr ;)

Ich verstehe es schon, mich abzugrenzen, aber das ist ja in diesem Fall auch mit ein Problem: Weil sich die Söhne, die Tochter - und ich eben auch - bisher immer deutlich von der Problematik distanziert haben, steht die Mutter allein da. Solange sie selbst es nicht anders wollte, und immer wieder Gründe vorschob, warum sie ihn nicht verlassen könne, haben wir auch keine großen Schwierigkeiten damit gehabt zu sagen: "Tja, dann lass sie halt, wenn sie es nicht anders will." Nur jetzt will sie eben anders, jetzt müssen wir aktiv werden, sind auch im Prinzip bereit dazu - aber haben keine Ahnung, wie wir vorgehen sollen, weil uns alle Wege, die uns eingefallen sind - ziemlich verbaut sind.

Ein erstes, winziges Signal zur Veränderung gab es heute bei einer "Familienkonferenz", in der mein Mann gegenüber Mutter und Bruder eingestand (zum ersten Mal überhaupt), dass er und sein Bruder immer vor dem Konflikt mit dem Vater "den Schwanz einziehen" (seine Worte!), um die Mutter zu schützen. Die Mutter bat daraufhin inständig darum, dass die Söhne endlich auch mal den Mund aufmachen sollen, da ihr Mann jede Kritik mit dem Verweis abblockt, dass ja "nur sie allein" ein Problem mit ihm habe, und sonst keiner. Ob die beiden wirklich verstanden haben, dass sich die Machtverhältnisse zwischen ihnen und dem Vater gedreht haben (früher hatten sie vor ihm Angst, heute ist es mMn umgekehrt) - das weiß ich nicht. Wird sich zeigen, wenn mal wieder so eine Situation eintritt.
Anschließend haben wir die rechtlichen Möglichkeiten abgewogen (sieht ganz schlecht aus), und danach den regulären Weg durchgekaut (der bedeutet halt, dass die Mutter sehr lange leidet, es viele Konflikte geben wird, und wahrscheinlich am Ende auch sehr viel Geld kosten wird), und wir haben auch durchdiskutiert, ob es eine Alternative wäre, die Situation eskalieren zu lassen, nicht indem man provoziert, sondern indem man das einstudierte deeskalative Verhalten unterlässt. Ich habe da meine Zweifel, da ich meinen Schwiegervater für wesentlich kontrollierter halte, als die anderen glauben, aber die kennen ihn halt auch länger und besser als ich.


 Antworten

 Beitrag melden
26.01.2014 16:14
#4
Mi

Liebe Numi,

ich bin echt platt von deinem Beitrag! Deine arme Schwiegermutter! ...und irgend wie auch dein armer Schwiegervater, dass er sich genötigt fühlt, so ein Ekel sein zu müssen!
Das Letztere konnte ich aber auch nur mit einigem Abstand schreiben. Er putzt andere runter, weil es ihm selbst dreckig geht. Was er aber entweder nicht bewusst wahrnimmt, oder keine Ahnung hat, wie er es beheben kann.

Besonders "nett" ist ja die Geschichte mit der pflegebedürftigen Mutter (welche irgendwie auch nach "alter Hexe" klang), die er nicht ins Heim hat geben lassen. Das war für ihn ja seeeeehr einfach, weil alles an deiner Schwiegermutter hängen blieb. Die Arme! ...und gleichzeitig bewundere ich ihre Kraft, wie sie das hat aushalten können!

(und jetzt mal unter uns...immer wenn mal wieder ein Bericht darüber kommt, das alte Menschen im Heimen nicht besucht werden, dann denke, manche haben es echt nicht anders verdient! Wir haben uns alle nicht selbst gebacken, aber bei manchem Verhalten ist Abstand wirklich wichtig für den Selbstschutz).

So, jetzt ein paar konstruktive Gedanken/Fragen:
Wie äußerte sich die Gewalt, unter der deiner Schwiegermutter zu leiden hatte? Rein verbal, oder passiv-aggressiv oder hat er auch schon einmal zugeschlagen?
Vielleicht wäre es nicht verkehrt mit einer Frauenberatungsstelle zusammen zu kommen, die sich mit Gewalt auskennt. Selbst bei rein verbaler Gewalt oder passiv-aggressiven Verhalten, ist nicht damit zu rechnen, das er mit dem Trennungsunterhalt rausrückt, der ihr zustehen würde. Und diese Beratungsstelle müssten wissen, welche Ansprüche bestehen, wie man sie einlösen kann und wer einspringen könnte, wenn alle Stricke reißen.
Schließlich gibt es da auch Frauen, die mit nichts als den Kleidern am Leib vor der Tür stehen. Und deine Schwi-Mu hat immerhin euch!
Vielleicht könnte diese Beratungsstelle auch Tipps zur Konfrontation geben! Im Augenblick scheint dein Schwiegervater gefühlsmäßig mit dem Rücken an der Wand zu stehen. Keiner versteht ihn, alle wollen was von ihm, dessen Sinn er weder erkennen kann, noch in der Lage zu sein scheint, es zu erfüllen. Dazu kommt wahrscheinlich ein Haufen uneingestandene Scham, das es sowas einfaches wie einen Haushalt (pah, Frauenarbeit!) nicht auf die Reihe kriegt. Und vielleicht ist er auch gar nicht in der Lage, diese Gefühle bewusst wahrzunehmen - sowas kommt häufiger vor als man denkt - sondern reagiert nur noch auf innere und äußere Impulse.

Dazu gibt es noch Beratungsstellen für Angehörige von Alkoholikern und auch für Angehörige von psychisch Kranker. Wenn er schon Ärger beim Wertstoffhof hatte, weil er da Leute angemacht hat, dann hat er wahrscheinlich eine Wertbeimessungsstörung. Zusammen mit Alkohol .... uiuiui.

Ich würde erstmal Informationen sammeln und Möglichkeiten ausloten und dann im Familienrat - ohne Schwiegervater - das weiter Vorgehen planen. Auch damit die Emotionen sich etwas beruhigen können.

Ich wünsche dir noch ganz viel Kraft und Durchhaltevermögen. Soviel wie deine Schwi-Mu schon bei ihrer Schwi-Mu unter Beweis gestellt hat!
Hoffe das irgendwas für dich dabei war.

LG Miss Sissi

Und wer, um Himmelswillen, braucht 5l Preißelbeermarmelade?!? Das es sowas überhaupt gibt *prust*

Schrittchen für Schrittchen - Hauptsache die Richtung stimmt!

 Antworten

 Beitrag melden
26.01.2014 21:24
avatar  ( gelöscht )
#5
Gast
( gelöscht )

Hallo MissSissiVoss,

ich danke dir ganz herzlich auch für deinen Beitrag!

Ich stimme mit dir völlig überein, dass es in dieser Geschichte alle bedauernswert sind - auch die Kinder, die in dieser (teilweise sehr deprimierenden und lieblosen, von Essenszankerei und ständigem "Gewurschtel" geprägten) Umgebung aufwachsen mussten. Ich sehe es genau wie du, dass mein Schwiegervater sich sehr klein und machtlos fühlt, und deshalb über diejenige Person Macht ausübt, die er als noch schwächer empfindet, als er sich selbst sieht. Und genau wie du weiß ich nicht, ob ihm seine eigenen Fehler bewusst sind, oder nur die der anderen. Er erweckt jedenfalls von seiner Art her stets den Eindruck, dass er nur die Schuld und Fehler der anderen sieht, und sich selbst als das Opfer.

Ja, seine Mutter war sehr krank, aber (ob nun durch die Krankheit oder Charakter weiß ich nicht) war sie wirklich garstig geworden. Aber da diese Geschichte abgehakt ist, lassen wir das, ich hab es nur erwähnt, um ihn zu charakterisieren - dass er einerseits seinen Willen durchboxt, aber andererseits nicht für 5 Cent bereit ist, die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, mitzutragen. Das zeigte sich auch bei den Umzügen: Er beharrte darauf, dass sein ganzer Schrott mitgenommen werden müsse - drückte sich aber perfekt vor jedem Handschlag, das stemmte der Rest der Familie komplett ohne ihn. Und er beschwerte sich dann hinterher, dass es nicht so gemacht wurde, wie er es gern gehabt hätte.

Meine Schwiegermutter hat enorm viel Kraft aufgebracht, es ist wirklich bewundernswert - aber sie hat gesundheitlich auch einen immensen Preis dafür bezahlt. Sie hat mit viel Aufwand einige der Schäden behoben, die sie sich damit eingebrockt hat. Sie hat z.B. 30kg abgenommen, und sie mistet dauernd aus (nicht nur kleinklein, sondern wirklich sinnvoll), und wir können heute auch offen über vieles sprechen, was sie früher nicht hören wollte, etwa, dass sie mit der Lebensmittelhorterei nicht spart, sondern draufzahlt - z.B. durch die Gefriertruhe, deren Inhalt weniger wert ist, als es monatlich kostet, sie in Betrieb zu halten. Heute sieht sie das alles ein - nur wenn es darum geht, dass sie sich GAR NICHT mehr darum kümmern sollte, Mann und Sohn zu versorgen, geht sie immer noch automatisch in Rechtfertigungsmodus. Ich kanns verstehen: Wer sein ganzes Leben darauf ausrichtet, für andere da zu sein, der hat zwangsläufig enorme Schwierigkeiten damit, wenn man ihn auffordert, seinen "Daseinszweck" aufzugeben. Sie muss erst noch lernen, ihr Leben mit anderen Dingen auszufüllen.

So, nun zu deinen Fragen:
Ich bin mir nicht ganz sicher, wie ich "passiv-aggressiv" verstehen soll. Einen passiven Widerstand gegen sie kann ich nicht erkennen. Er ist verbal aggressiv. Ob er sie früher mal geschlagen hat, weiß ich nicht. Wenn, dann seit vielen Jahren nicht mehr. Die Söhne haben sich heute in unserer Unterhaltung erinnert, dass er mal ausgeholt hat, um meinen Mann zu schlagen, doch der duckte sich, und stattdessen traf die Faust den jüngeren Bruder. Da waren allerdings beide noch Kinder.
Die verbale Aggression äußert sich zumeist in Vorwürfen, Schuldzuweisungen, oder solchen Sätzen wie "ja, wenn du so blöde/vergesslich bist..." etc. Er erzählt auch vor anderen (etwa auf dem berühmten Wertstoffhof) irgendwelche Gemeinheiten über sie, wie dumm oder nervig sie sei. Bei so Sachen wie das mit der weggegessenen Wurst ist sie z.B. schuld, weil sie nicht besser aufgepasst hat, oder "ihre Brut nicht im Griff" hat. Er verlangt immer, dass sich alles auf ihn ausrichtet, und auf ihn Rücksicht nimmt, und er meint, er habe das Recht dazu, weil er das "Familienoberhaupt" sei. So hatten wir letzten Sonntag ein Familienfrühstück in ihrer Wohnung, an dem er auch teilnahm. Wir saßen da also mit 5 Erwachsenen und 2 Kleinkindern, alles quatschte durcheinander, das Telefon klingelte - es war für ihn. Und weil es ihm zu laut wurde, wollte er, dass wir "still sein oder rausgehen" sollten. Also eher sollen 6 Leute ihr Frühstück unterbrechen, bevor er sich für die Dauer des Telefonats in den Nebenraum begibt. Weil wir das nicht gemacht haben, hat sie dann hinterher wieder einen Anschiss kassiert, weil sie uns nicht rausgescheucht hat.

Ich denke auch, dass er seine Drohung wahrmachen würde, alles dafür zu tun, dass er ihr keinen Unterhalt zahlen muss. Allein schon, weil er das als ultimative Demütigung empfinden dürfte, aber auch, weil ich ihn so einschätze, dass er - wenn er ganz allein zurecht kommen müsste - nicht mehr lange fähig sein dürfte, ein ansatzweise geregeltes Leben zu leben. Dass er das überhaupt noch schafft, liegt ja nur an dem Aufwand, den meine Schwiegermutter betreibt, damit er funktioniert. Er würde den Job also eher über kurz, als über lang ohnehin verlieren.

Dass meine Schwiegermutter ein Verhaltenstraining absolvieren könnte, um sich in diesen verbalen Konfliktsituationen nicht mehr so ausgeliefert fühlen zu müssen, halte ich für eine sehr gute Idee von dir. Ich hab auch schon gegoogelt, und eine Anlaufstelle gefunden, da werde ich morgen mal anrufen. Ich denke aber, dass ich zu allererst allein hingehen werde, um abzuklopfen, ob sich dieser Weg für sie lohnt. Ich möchte sie nicht damit entmutigen, dass sie mit hoher Erwartungshaltung zu einem Hilfsangebot geht, und hinterher sagt: Toll, jetzt war ich da 2 Stunden drin, und fühle mich nicht klüger als zuvor.

Der Abschnitt, der danach zu meinem Schwiegervater wieder folgt: Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, was für ein Typ Messie er ist - ich hab erst gestern Nacht hier im Forum gelernt, dass es da überhaupt verschiedene Typen zu geben scheint. Ich bin ja auch kein Psychologe, und kann mir alles auch nur anhand meiner Beobachtung und Hörensagen zusammenreimen. Heute habe ich mir den hier im Forum empfohlenen Film "Messies - ein schönes Chaos" angesehen. Für mich ähnelt er am stärksten dem Mann, der abwechselnd im Garten gefilmt wurde, oder am Kaffeetisch mit seiner Frau. Für ihn ist es ein Fest, wenn einer seiner angeblich nutzlosen Gegenstände plötzlich für ihn oder andere einen Wert bekommt, etwa, wenn ein Gerät ausfällt, und er hat sofort Ersatz parat. Dann fühlt er sich in dem bestätigt, was er tut.
Während er im Chaos versinkt, hält die Frau ihre Bereiche tipptopp in Ordnung - so gut es eben geht - und wenn sie ihn mal wieder dazu angetrieben hat, etwas auszumisten, dann setzt er sich auf den Boden, eine Flasche Bier neben sich, und fängt an, eine Schachtel mit Schrauben zu sortieren. Aber er unterscheidet sich in seiner Reaktion von dem Mann im Film deutlich: Statt zu weinen, weil ihm die Trennung von den Dingen an die Substanz geht, reagiert er mit türenschlagendem Rückzug. Ob er sich schämt? Kann ich nicht sagen. Ich würde aus dem Bauch heraus dazu tendieren, dass dies hier zutrifft, was du geschrieben hast: "vielleicht ist er auch gar nicht in der Lage, diese Gefühle bewusst wahrzunehmen - sowas kommt häufiger vor als man denkt - sondern reagiert nur noch auf innere und äußere Impulse."
Was kann man denn da tun? Wie könnte man den Mann dazu bringen, überhaupt erst mal wahrzunehmen, dass ER ein Problem hat? (Bzw sogar mehrere?)

Noch kurz zu dem Vorfall am Wertstoffhof: Da sind mehrere Typen, die sich dort das Gerümpel "unter den Nagel reißen". Den meisten geht es hauptsächlich um Kupferkabel, die werden dann geschält und das Kupfer verkauft. Damit verdient sich auch mein SV etwas nebenbei, und es ist wohl gar nicht mal so wenig (das behält er auch komplett für sich - um es zu vertrinken). Jedenfalls hat er wohl damit angefangen, die Leute beim Ausladen zu bedrängen, so dass er vor seinen Konkurrenten die Lieferung inspizieren kann.

Also - für morgen habe ich mir vorgenommen, mal diese "Interventions- und Beratungsstelle" anzurufen.

Meine Fragen:
Nach wie vor: Wen siehst du (seht ihr) am ehesten in der Lage, etwas zu ändern: Die Mutter, die Söhne, den Vater, oder mich?
Besteht überhaupt Hoffnung, das Problem auf der psychologischen Ebene zu lösen, solange er nicht den kleinsten Ansatz von Selbsterkenntnis zeigt?
Kann man den Mann überhaupt dazu bringen, zu erkennen, dass er ein Problem hat? Wenn ja - wie?
Wie beurteilt ihr den von mir beschriebenen Charakter des Mannes - ist er tatsächlich gewaltbereit, oder sind das nur leere Drohungen?
Was würde eurer Meinung nach passieren, wenn sich die Familie über die Rechtslage hinwegsetzt, und ihm ruckartig die Bude ausräumt?
Was würde eurer Meinung nach passieren, wenn sich die Mutter ab sofort vollständig weigert, etwas für ihn zu tun (ihn bei sich essen zu lassen, für ihn zu waschen...)
Was würde eurer Meinung nach passieren, wenn die Söhne ab sofort nicht mehr schweigen, um ihre Mutter zu beschützen?
Wie sollte ich mich eurer Meinung nach in der nächsten Zeit den einzelnen Beteiligten gegenüber verhalten?


 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!