Bist Du ein Messie?

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04.03.2016 19:42 (zuletzt bearbeitet: 04.03.2016 19:42)
#1
Au

Nein, Deine Wohnung sieht nicht aus wie die, die manchmal im TV zu sehen ist. Aber wie wird das in Zukunft sein. Du bist vor zwei Jahren vom EG in den 1. Stock gezogen, das EG ist derzeit nicht bewohnbar. Nicht weil ein neuer Anstrich fehlt, aber die Zimmer sind noch vollgestellt bzw. der Inhalt nur teilweise mit umgezogen. Heute fände in den Räumen im Obergeschoss auch nichts mehr Platz. Wenn Besuch ins Haus steht, räumst Du in den „sichtbaren“ Räumen auf. Was sich in der Folgezeit wieder ansammelt, nimmt den Weg ins Zwischenlager.
Der Zeitpunkt, auf den wir uns schon seit mehr als 15 Jahren freuen kommt nun endlich in Sichtweite … der Ruhestand. Wir haben so lange in unserer Wochenendbeziehung ausharren müssen. Nun kann ich mir nicht mehr vorstellen, dass ich bei Dir wirklich Platz fände. Du sagst, es wäre schließlich erst dann nötig Platz zu schaffen wenn es so weit wäre. Nicht völlig von der Hand zu weisen das Argument, wenn ich nur nicht all die Jahren miterlebt hätte, dass Du Dich eigentlich von nichts trennen magst. Du sammelst nichts, was nicht irgendwie begründbar und wirklich toll wäre. Magazine, Motorräder (vorwiegend klassische und in allen Stadien der Reparaturbedürftigkeit), klassische und modernere Kleinbusse in verschiedenen Bearbeitungsphasen erstarrt oder im Zustand als Ersatzteilträger, Ersatzteile weil diese ja nicht mehr käuflich sind, das Holz um neue Fenster für zwei Wohnungen selbst zu fertigen. Werkzeuge, speziell für die Arbeit an klassischen Fahrzeugen, eine Motorradwerkstatt in Wohn- u. Esszimmer, in der Doppelgarage und im Gartenhaus, deren Ausstattungen jeden Fachmann erblassen lassen und mit der Du auch umgehen kannst, eine Hebebühne im Garten, eine vollständige Schreinerei im Keller und eine tolle große volle Funkbude/Zwischenlager inkl. riesigem Antennenmast im Garten. Deine vielseitigen Interessen und Fähigkeiten beeindrucken jeden der Dich kennenlernt, mich natürlich auch. Du liebst sportliche Herausforderungen auf hohem Niveau, Dich mit anderen zu messen ist Dir wichtig. Neben all dem ist wenig Platz, aber ist das gegen mich gerichtet, oder bist Du ein Messie?


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04.03.2016 21:01
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#2
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@Augenstern

Hallo Augenstern!

Schön das du den Weg zu uns gefunden hast. Hab gerade deinen Beitrag gelesen und entweder ist dieser voller Ironie oder du schreibst uns in Rätseln. Auf jedenfall triffst du den Nagel auf den Kopf so wie das Leben beschreibst.

Nur ich werde immer noch nicht ganz schlau draus, sollte ich vielleicht nochmal lesen...

Viele Grüsse
Emin


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04.03.2016 23:01
#3
Au

@Messie

Hallo Emin,

das ist die ganz ernst gemeinte Frage, ob es sich bei meiner Schilderung um die Beschreibung des Lebensalltags eines Messie handeln könnte. Könnte es?

LG Lusia


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04.03.2016 23:41
avatar  Emin
#4
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Administrator

@Augenstern

Hallo Luisa!

Oh ja wie gesagt das mit dem Nagel auf den Kopf....Es ist wohl vielen hier aus dem Herzen gesprochen und auch aus Ihrem Leben. Das Problem ist wie zwischen den Zeilen zu lesen ist was du sehr Ironisch mit einer Portion Sarkasmus beschrieben hast: Die Verhaltensmuster wiederholen sich tag täglich aus neue. Das was dabei rauskommt sehen ja einige hier um sich herum wenn sie mal den Kopf drehen. Alles voll und das womöglich bis zur Decke gestapelt wie bei mir früher. Toll gemacht!

Es geht hier darum aus diesem Teufelskreis der Gewohnheiten auszubrechen. Im Moment können wir das bei @Franca und bei @DieAndere sehr gut hier im Forum beobachten. Lest bei den beiden mal mit, das kann einen anstecken! Die beiden haben sich auf den Weg gemacht und werden nicht mehr müde. Zwar zweifeln sie selbst noch an sich und haben bedenken wegen Rückfall doch im Grunde haben sie fast Angst vor der eigenen Courage.

Luisa wie ist es bei dir? Was machst du mit deinem Leben? Oder was macht das Leben mir dir?

Schönen Gruss
Emin


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06.03.2016 14:21
#5
Au

Was machst du mit deinem Leben? Oder was macht das Leben mir dir?

hallo Emin,

aktuell gibt mir das Leben gerade ein wenig „mein“ zurück. Meine Kinder sind erwachsen und eigenständig lebend. Wir sehen uns so oft wie möglich so lange es allen gut geht und etwas häufiger wenn es bei einem gerade mal kneift. Meine Kinder und ich haben lange Zeit in einem Mehrgenerationenhaushalt gelebt, was einiges an Anpassungsfähigkeit brauchte und vieles an gegenseitiger Unterstützung bietet. Mein Vater ist nach langjähriger Pflegebedürftigkeit 2010 verstorben, meine Mutter ist dement, wie auch ihre Mutter es war und wird von Pflegekräften zuhause versorgt. Sie ist mittlerweile bettlägerig und insofern für mich „pflegeleichter“, das mag im ersten Moment hart klingen, ist aber so und jeder Mensch der Demenz kennt wird das verstehen.

Wir leben seit 16 Jahren eine Wochenendbeziehung, was vielleicht erklärt, weshalb ich die rein räumlichen Auswirkungen einer Sammelleidenschaft nicht permanent vor Augen habe. Die intensive Zuwendung zu immer neuen Projekten, die immer kurzzeitigere Beachtung zu finden scheinen, habe ich mir mit dem außergewöhnlich breiten Interessenspektrum und ausgeprägten handwerklichen und technischen Fähigkeiten erklärt. Beruflich haben wir beide fordernde, sichere und wertschätzende Arbeitsplätze, in heutiger Zeit und unter der Vorgabe auch den eigenen Lebensunterhalt sichern zu müssen, haben wir uns entschieden bis zum Ruhestand eine Wochenendbeziehung zu führen. Meine Interessen lagen und liegen nicht im Bereich des Leistungssports, um also nicht entweder nur begleitend bei einschlägigen Events oder allein sein zu müssen, habe ich ein Ehrenamt übernommen.

Im Sommer nächsten Jahres werden wir unseren Ruhestand bzw. vorzeitigen Ruhestand antreten können. Wir hatten uns mal vorgestellt, dann zusammen zu ziehen und mit einem entsprechend ausgerüsteten VW-Bus zu reisen um bleiben zu können, wo und wie lange es uns gefällt.

Und nun schließt sich der Kreis, ich habe begonnen meine Zweifel zuzulassen, weil ich keinen Platz für mich sehe, weil ich nicht erkennen kann, wo all die wichtigen und unverzichtbaren Dinge einen solchen finden sollten. Ganz komme ich nicht um den Gedanken umhin, selbst auch dement werden zu können und dann auf übersichtliches, beherrschbares Terrain angewiesen zu sein. Ich habe mein Zuhause während der letzten Jahre nur mit dem Notwendigsten versorgt. Meine Unsicherheit hat mir ein Stück „meines“ Lebens zurückgegeben. Ich renoviere gerade meine Küche, der Rest hat es auch mehr als nötig. Man könnte sagen, ich nehme mein Leben gerade wieder in Besitz und lasse alles andere auf mich zukommen. Und ich bin neugierig ob es stimmt, dass, wenn man etwas bei sich verändert, sich alles um einen herum ebenfalls verändert. Ein Selbstversuch sozusagen.

Eine gute Zeit wünscht
Lusia


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