Es wird immer schlimmer...

08.02.2014 23:49
#1
Sc

Hallo...
Es geht um meine Schwester. Unordentlich war sie schon immer, lange haben wir uns eingeredet "sie sei halt chaotisch"...Aber jetzt belastet ihre situation meine mutter so sehr,dass ich nicht mehr zuschauen will.
Meine schwester sammelt nichts bestimmtes. es ist auch nicht so,das sie nichts wegschmeißen könnte (z.Z verkauft sie einiges auf ebay). aber ihre wohnung ist ein einziges chaos. meterhoch der müll,tonnenweise das gleiche produkt nur weil es gerade im angebot war. sie liebt ihre tiere und denen fehlt es an nichts...das heißt aber: futter für ein jahr, 10 leinen für den hund etc etc wochenlang nicht gefegt, abgewaschen wird erst,wenn nichts mehr im schrank ist. überall verschlossende briefe, mahnungen ohne ende, das konto ständig leer. auf der arbeit ist sie 100%tig und bei ihren freunden sehr beliebt. aber ihr fällt es garnicht auf...sie läd alle freunde zu sich ein und wenn die familie kommt erzählt sie immer wieviele stunden sie aufgeräumt hat, aber das 1 meter altpapier in der ecke liegt und 3 gelbe säcke und pfandflaschen ohne ende...sie sieht es nicht. für sie ist es dann "aufgeräumt" . sie hat keinerlei scham, weil sie es eben alles "nicht so schlimm" findet. das auto ist im gleichen zustand.
seit 2 jahren hat sie einen freund und war(durfte) noch nie in seine wohnung...seit einigen wochen ist er dabei bei ihr einzuziehen und sie wundert sich,wieso er solange braucht um seine sachen aus der wohnung zu holen...da ihn das chaos auch garnicht stört,befürchte ich,dass es in seiner wohnung einfach genauso aussieht.
wenn wir sie auf die problematik ansprechen, geht sie sofort in angriff über...dann sind wir die bösen die sie ja nur ärgern wollen.
meine mutter bezahlt ständig ihre rechnungen und jedesmal hat sie eine andere ausrede...
was soll ich nur tun? wenn ich versuche sie auf das chaos aufmerkssam zu machen, geht sie in abwehr und behauptet bei mir würde es genauso aussehen,wenn unsere mutter nicht bei mir aufräumen würde (was sie aber garnicht tut, wohne seit 5 jahren alleine und seit 5 jahren ist meine schwester dieser meinung)
die beiden wollen in naher zukunft ein kind...müssen wir deswegen angst haben? kann vill ein baby motivation sein, ihren lebenstil zu ändern? oder wird es dann nur schlimmer? müssen wir bald ein baby unter müll raussuchen?

sie wohnt leider 1,5 std weit weg...sodass wir ihr nicht täglich direkt beiseite stehen können (z.b das man täglich zusammen abwäscht oder so)

macht es sinn ihr extrembeispiele zu zeigen? so von wegen "abschreckung" oder so??


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09.02.2014 01:13 (zuletzt bearbeitet: 09.02.2014 01:16)
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#2
Gast
( gelöscht )

Mir gehen viele verschiedene Gedanken durch den Kopf, die zum Teil bestimmt daher rühren, dass mein Bild von der Situation nur durch die Informationen entstanden ist, die ich von dir bekommen habe. Ich will versuchen, die hier niederzuschreiben. Vielleicht löst der eine oder andere etwas bei dir aus, wozu du etwas sagen möchtest, vielleicht auch nicht. Im Grunde kann man sagen: Ich schieße von vorn bis hinten nur ins Blaue, und hoffe, dass vielleicht 1-2 Treffer dabei sind, die dich weiterbringen.

Worüber ich gestolpert bin, ist die Behauptung deiner Schwester, dass deine Mutter für dich aufräume - was, wie du sagst, nicht der Fall sei. Da kommt mir der Gedanke, dass sie vielleicht eifersüchtig auf dich ist, weil sie sich so fühlt, als schenke deine Mutter dir mehr Aufmerksamkeit und Zuneigung. Du und deine Mutter, ihr scheint euch ja auch in eurem gemeinsamen Auftreten "gegen" sie recht einig zu sein, das kann verletzen und in die Defensive drängen, vor allem, wenn man sich ohnehin schon benachteiligt, und vielleicht durch die räumliche Distanz auch ausgegrenzt fühlt. Außerdem schließe ich aus ihrer Annahme, dass es in eurer Kindheit und Jugend für euch womöglich selbstverständlich war, dass eure Mutter euch die Arbeit abgenommen hat, oder vielleicht hat sie die Arbeiten auch ungerecht verteilt (und sei es nur aus der Perspektive deiner Schwester wahrgenommen ungerecht). Vielleicht hat sie dabei versäumt, euch beizubringen, wie man einen "effizienten" Haushalt führt, und jetzt weiß deine Schwester das gar nicht, und macht es eben so gut sie kann.

Vielleicht hat deine Schwester auch ein weitaus größeres Müllproblem, als ihr zu erkennen vermögt, wenn ihr sie besucht. Vielleicht putzt sie wirklich stundenlang, bevor ihr bei ihr aufkreuzt. Dann fühlt sie sich stolz über die erbrachte Leistung, aber ihr erkennt ihr das nicht an, sondern nörgelt nur, was alles noch nicht gemacht ist, obwohl eigentlich das genaue Gegenteil hilfreich wäre, gelobt zu werden, und Anerkennung zu erfahren für das, was sie "ohne euch" aus ihrem Leben gemacht hat. (Achtung, da steckt ein kleines bisschen Überspitzung drin, um dir zu verdeutlichen, was - vielleicht! - die Schwierigkeiten in eurem Umgang verursacht.

Juristisch gesehen hat deine Schwester zunächst das durch das Grundgesetz gesicherte Recht darauf, so zu leben, wie sie will. Wenn sie sich damit wohlfühlt, sich und andere nicht damit gefährdet, und z.B. die Bausubstanz des Gebäudes nicht durch ihre Nachlässigkeit beschädigt oder auch öffentliche (städtische) Flächen oder gar Fluchtgänge vermüllt, kann man gegen das Chaos kaum etwas machen.
Wenn ihr wirklich das dringende Gefühl habt, dass sie jemanden braucht, der sich um sie kümmert, so könntet ihr euch an das zuständige Landratsamt wenden, dort gibt es eine Betreuungsstelle, und dieser eine sogenannte Betreuungsanregung geben. Das würde dann sorgfältig geprüft werden. Dass sie möglicherweise zu überschulden droht (die ungeöffneten Briefe und Mahnungen sind dafür ein Anzeichen), könnte dabei eine gewichtigere Rolle spielen als das Chaos. Liegt für die Betreuungsstelle keine Notwendigkeit zum Einschreiten vor, oder lehnt deine Schwester die angebotene Hilfe weiter so deutlich ab, bleibt euch leider kaum etwas anderes übrig, als zu akzeptieren, dass sie so leben kann, wie sie es für richtig hält. Und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es sehr schwer ist, daneben zu stehen, sich hilflos zu fühlen, und doch genau zu wissen, dass Hilfsangebote nicht nur unerwünscht sind, sondern die Situation für den Betroffenen noch verschlimmern können, weil sie dadurch den Druck verspüren, dass sie anders zu sein haben, als sie sind, auch wenn ihnen das nicht gefällt. Ich finde das Bild interessant, sich vorzustellen, dass alle paar Tage einer in _deine_ Wohnung kommt und dich annörgelt, dass es bei dir viel zu ordentlich ist, du brauchst unbedingt mehr Dreck und Müll, sonst kann man sich bei dir nicht wohlfühlen. Irgendwann kackt über solche Einmischung in seinen persönlichen Lebensstil wohl jeder über.

Ich vermute, dass ihr am ehesten weiterkommt, wenn ihr euch nicht auf das Oberflächliche konzentriert, sondern die Frage zu ergründen sucht, warum sie so ist, wie sie ist. Warum sie tut, was sie tut. Nach einer Wertbeimessungsstörung klingt es für mich so jedenfalls nicht.
Küchenpsychologisch interessant finde ich, dass sie ihre Tiere so verwöhnt und anscheinend krankhaft bemüht ist, diesen etwas Gutes zu tun, allerdings auf eine übertriebene Art, von der das Tier im Grunde gar nichts hat. So etwas kennt man von Eltern oder Tierbesitzern, die damit versuchen, einen Mangel an Zeit, Liebe, Fürsorge wiedergutzumachen - derer sie sich bewusst sind und schuldig fühlen. Dass Frauchen mit ihm spricht und ihm den Kopf krault, ist dem Hund sicher wichtiger als zehn Halsbänder oder Leinen. Also, warum kauft sie diese Dinge? Ich meine, warum kauft sie sie wirklich? Und kauft sie die anderen Dinge aus den gleichen Gründen? Will sie damit eine Leere in ihrem Leben füllen, ist es eine Art Belohnung für sich selbst, oder übertriebene bzw fehlgesteuerte Sparsamkeit, ist es womöglich zwanghaft? Ich meine, das sind die Dinge, denen du auf den Grund gehen solltest. Ich denke, es ist wichtig für dich und deine Mutter, herauszufinden, wie deine Schwester tickt, und wenn ihr Verhalten durch etwas ausgelöst wird, an dem ihr Anteil habt, dann euer Verhalten zu ändern. Also beispielsweise, wenn sie sich ausgestoßen fühlt, einen Weg zu finden, ihr wieder deutlich zu zeigen, dass sie ein wichtiger Teil eurer Familie ist, und dass ihr sie lieb habt, ganz egal, wie viele Pfandflaschen sie auch gebunkert hat.


Zuletzt noch ein paar Worte zum Heiraten und zum Baby, bevor ich ins Bett muss:
Ihr könnt eurer Schwester nicht verbieten zu heiraten. Wen sie will, wo sie will und wann sie will. Ihr könnt ihr nicht verbieten, ein oder mehrere Kinder zu bekommen. Auch wenn ihr findet, dass das eine saublöde Idee wäre. Ihr könnt ihr nur Ratschläge geben, und im schlimmstenfall müsst ihr ihre Entscheidung mit ihr ausbaden, als Familie. Und ohne "ich habs dir ja gleich gesagt", denn wenn der Traum platzt, tut das auch ohne diesen Spruch schon weh genug.

So, nun noch was zum Baby:
Ein Baby kann allgemein Motivation sein, seinen Lebensstil zu ändern, ABER ich sag dir hier klipp und klar meine persönliche Meinung als zweifache Mutter: Wenn eine Person ihr Leben OHNE Baby nicht auf die Reihe bekommt, sehe ich rabenschwarz für eine Zukunft MIT Baby. Und dabei reden wir noch nicht mal von möglichen psychischen Störungen, sondern ganz allgemein von mentaler Unreife. Das Baby macht ALLES komplizierter.
Es braucht Platz. Es macht noch mehr Arbeit. Da werden Formulare fällig, da muss soooo vieles organisiert werden, und mit Kindergeld, Elterngeld etc fängt der Spaß erst an. Wenn nicht gerade der Vater der Alleinverdiener im Haus ist (und danach riechts bei dem beschriebenen Freund nicht gerade), flattert einem ständig Post ins Haus, Tendenz steigend, und durch Kindergarten, Schule, Kurse etc ist sichergestellt, dass es für die nächsten rund 20 Jahre nicht nachlässt. Ein Baby kostet Geld, und das nicht zu knapp, und auch das wird nicht billiger. Mal ganz davon abgesehen, dass Berufs- und Partyfreunde zu 90% schneller weg sind, als man "Stinkewindel" sagen kann. Also: Ein Baby taugt nicht als Problemlöser für irgendwas, ganz egal was. Auch nicht für die Probleme deiner Schwester, oder eure Probleme als Familie.

Dennoch. Wenn sie eins haben will, dann könnt ihr nichts dran ändern. Ihr könnt es nicht verhindern. Ihr könnt sie nicht zwingen, zu verhüten, oder abzutreiben. Ihr könnt nur für euch die Entscheidung treffen, ob ihr deine Schwester so annehmen wollt, wie sie ist, sie so lieben wollt, wie sie ist, und ihr zur Seite steht bei allem, was sie tut. Auch - und gerade! - wenn sie Scheiße baut.



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09.02.2014 01:56 (zuletzt bearbeitet: 09.02.2014 02:06)
#3
Mi

Lieber schokokeks,

ich glaube deiner Schwester unbesehen, das sie die Anzahl an Stunden, die sie angegeben hat aufgeräumt zu haben, auch wirklich aufgeräumt hat. Es ist unglaublich wie viel Zeit man zu Putzen oder Aufräumen braucht, wenn man zuviel Kram hat und Schwierigkeiten hat Prioritäten zu setzen oder einfach ein anderes ästhetisches Empfinden.

Wenn ich deinen Beitrag so lese, denke ich nicht, das du im Augenblick etwas ändern kannst. Sie hat wahrscheinlich noch kein allzu großes Problem, sondern eher das Gefühl ihr macht eines daraus. Deswegen blockt sie ab. (Sie könnte auch abblocken, weil sie sich überfordert fühlt, aber da sie noch selbst aufräumt und Besuch empfängt und es kein Ungezieferproblem gibt, scheint es noch nicht soweit zu sein) Es würde nichts ändern, wenn du jeden Tag antanzen würdest, um abzuwaschen. Das würde meines Erachtens die Blockade noch verstärken und ein Umdenken verhindern.

Ich denke, ehrlich, du kannst im Augenblick nicht viel mehr machen, als vielleicht mit deiner Mutter sprechen, dass sie es unterlässt, weiterhin die Rechnungen zu bezahlen, damit deine Schwester ihre wahren Grenzen eher spürt. Ansonsten kannst du sie höchsten über DEINE Befürchtungen in Kenntnis setzen. Aber vergiss nicht, es sind deine Ansichten, nicht ihre und sie müssen auch nicht unbedingt richtig sein. (Mein Schwiegermutter z.B. hat auch einfach viel zu viel ist aber wahnsinnig ordentlich und somit kein Messie. ) Unordnung ist subjektiv und solange keine Gesundheitsgefährdung vorliegt, oder die Bausubstanz des Vermieters in Gefahr gerät, darf sie so leben, wie sie es für richtig hält!

Deine Chance besteht darin, ihr anzubieten, ihr zu Helfen - ohne Vorwürfe -, wenn sie selber das Gefühl hat, sie muss etwas ändern. Viele Messies sind ausgebremst durch ihr großes Schamgefühl, das sie erstmal überwinden müssen. Wenn du dich als Helfer anbietest, der nicht urteilt, sondern unterstützt und noch die guten Seiten an ihr siehst, könnte sie sich vielleicht eher öffnen, wenn sie soweit ist. Um dahin zukommen, muss sie erst mal gegen ihre persönliche Wand fahren. Damit sie das kann, denke ich, müsstet ihr aufhören Druck zu machen und ihr Verhalten weiterhin zu unterstützen, indem ihr die überfälligen Rechnungen bezahlt.

Zeig ihr, das du sie liebst und wertschätzt, sag ihr das du gerne bereit bist, falls sie mal ein paar extra Hände braucht, dann warte bitte gelassen ab, ob es soweit überhaupt kommt. Sollte sie deine Hilfe in Anspruch nehmen, handele bitte wohlwollend - ich denke, alles andere würde sie vielleicht wieder in den Rückzug oder die Blockade treiben.

Ich wünsche Dir eine rieeeesen Portion Gelassenheit - ist in fast jeder Lage von Nutzen!

LG Sissi

(numi, ich hab mich bei deine "Stinkewindel"Formulierung, weggeschmissen vor Lachen! Und deine Beschreibung ist wirklich, wirklich zutreffend. Ich bin jetzt mal ehrlich: Ich habe gewusst, das Kinder teuer sind - aber soooo teuer?!? Handhoch wem es auch so ging)

Schrittchen für Schrittchen - Hauptsache die Richtung stimmt!

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19.02.2014 18:31
avatar  Sonea
#4
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Hallo Schokokeks,

ich bin im Grunde selber Meinung wie numi und sissi und möchte an der Stelle nur noch kurz was zu dem Gang zum Landratsamt ergänzen. Ich würde ganz klar davon abraten, wenn deine Schwester nicht ausdrücklich darüber informiert wurde und zugestimmt hat. Ich kann nur aus eigener Erfahrung sprechen, habe selbst gefühlt tausende Mahnungen schon bekommen, inklusive den Gerichtsvollzieher, der mir meine Haustür beinah eingetreten hätte. Das ist echt sch****, aber lehrreich! Die Vorstellung, dieses Gedankenspiel hatte ich damals auch, jemand würde zur Behörde rennen und für mich einen Betreuer in Sachen Finanzen organisieren, hätte (zumindest bei mir) dazu geführt jeglichen Kontakt abzubrechen und für immer und ewig stink sauer zu sein. Die Frage ist auch wo fängt das an und wo hört das auf, mich in meiner Selbstbestimmung einzugrenzen?

Viel Wichtiger fände ich es, zum einen nicht mehr die Verantwortung zu übernehmen und deiner Schwester die Chance zu geben, selbst die Konzequenzen für das Nicht-bezahlen der Rechnungen zu erleben zu können. Dann steht halt mal der Gerichtsvollzieher da und nimmt von den vielen Doppelt und Dreifachgegenständen halt was mit.
Zum anderen, ohne Druck, eure Unterstützung anbieten...z.B. die Post zu sortieren, Prioritätenstapel machen, vielleicht auch gleich Überweisungsträger auszufüllen. Als ich nicht mehr durchgeblickt habe, bin ich zu einer Freundin die genau das mit mir gemacht hat.

Ganz liebe Grüße und viiiiiiel Verständnis für dein Schwesterherz!
Sonea


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