Ich schaffs einfach nicht...

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06.03.2014 22:15
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#6
IB
IBI

hallo samtpfote,

schön, dass wir uns im Chat getroffen haben. danke für dein vertrauen.

ich habe den eindruck, du verlangst gerade viel zu viel von dir. o.k., dich belastet, dass du einen grossen teil deiner Bewegungsfreiheit in deiner Wohnung einbüsst, doch ich denke, mit dir diese art "hari kiri" zu begehen, ist nicht die angemessene lösung.

ich habe gerade nicht die ultimative Idee, doch ich denke, dinge, auf die du bereit bist am ehesten zu verzichten und in kisten zu packen oder falls noch platz in schränke, so dass du in die höhe stapeln kannst anstelle in die breite, könnte die vorübergehende lösung sein. das Risiko dabei ist, das "vorübergehend" recht lange dauern könnte und du weiterhin dinge in deine Wohnung bringst.

hey Bobby hat vorher einen tipp aus seiner DA gruppe notiert. möglicherweise findest du jemanden, dem du vertraust und dir gestattet, dass du bei jeder kauf- oder sperrmüllsammelaktion anrufst und info gibst, dass du erneut dinge beschaffst, die DU nicht brauchst. dann kannst du so vielleicht dem Risiko vorbeugen.

ich bin inzwischen verfechter von Trauerarbeit geworden, denn sie hat mir in vielen bereichen geholfen. viele dinge, beispielsweise den Tod meines vater vor über 30 jahren habe ich nicht betrauert, weil es mir keiner beigebracht hat bzw. ich keinen hatte, der gewusst hat, mich bzw. unsere Familie zu begleiten. meine mutter war dazu nicht in der lage. und alles was nicht betrauert wird, könnte langfristig zu Depressionen führen. im letzten jahr habe ich begonnen, diese trauer nachzuholen. seit dem ist das loslassen von dingen geringfügig leichter.
was echt hilfreich ist: menschen finden, die einem trost spenden, wenn man sich mit den traurigen Themen beschäftigt.

ein kleines Erlebnis aus unserer Selbsthilfegruppe: wir sind sehr weit fortgeschritten und jemand begann zu weinen. die anderen haben dieses traurige fast nicht ausgehalten und begleiten können und darüber hinweg geredet. einfach mal still daneben sitzen, kann schon trost spenden. also für diese arbeit sind gleichgesinnte bedingt geeignet. einige wenige sehr empathische gleichgesinnte habe ich kennen gelernt, die vermutlich mit trauer und Traurigkeit von anderen umgehen können, habe ich kennen gelernt, doch für viele ist das leider fast nicht auszuhalten.
ich habe das ebenfalls lernen müssen, damit umzugehen. inzwischen gelingt mir das viel besser als früher. - o.k. ich nehme das Müssen aus diesem satz zurück. es hat sich ergeben, dass ich das lernen konnte und damit habe ich das auch gemacht.

seit dem nehme ich meine depressiven schübe viel bewusster wahr und weiss, da ist wieder etwas trauriges, das gesehen werden will. vieles kann ich mit mir selber aushandeln und für viele benötige ich eben meine begleiter. sie können helfen Inspirationen für andere perspektiven und Sichtweisen zu geben, die ich selbst nicht erkannt habe.

schau mal hin, ob der Zeitpunkt für deine räumaktion wirklich jetzt ist, oder ob der Zeitpunkt für andere "Baustellen" da ist.

viele grüsse
sonja


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06.03.2014 22:40
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#7
Gast
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Hallo Samtpfote,

auch dir ein ganz herzliches Willkommen hier :)


Ich versuche mal, ein bisschen Anspannung abzubauen, indem ich deinem Text mit etwas Humor kontere:

Von deinen 20 Punkten muss ich dir ganz klar was abziehen:

- du verbringst deine Nächte nicht auf einem Stuhl sitzend, weil du vor lauter Zeug keinen Platz mehr hast, um dich hinzulegen
- du findest auch kleinste Dinge binnen 3 Minuten wieder (eine Fähigkeit, um die dich der eine oder andere hier wahrscheinlich beneidet - ich brauch SICHER deutlich länger, um irgendwas bestimmtes zwischen den Werkzeugen zu finden!)
- du hast EINE Katze, um die du dich rührend kümmerst, für die du da bist und die Verantwortung für sie ernst nimmst - und nicht 200, die du verwahrlosen lässt...
- du hast dein Leben in vielen Punkten ganz klar im Griff: Du gehst arbeiten, du hast auf der Arbeit Ordnung und System, wäschst deine Wäsche, trennst den Müll, spülst das Geschirr...
- du hast die Depressionen überlebt!
- du bist zu der Ansicht gekommen, dass dir dein Leben so wie es zur Zeit ist, nicht mehr gefällt, und willst es hinter dir lassen - und du bist aktiv geworden, um daran zu arbeiten. Man kann nur wiederholen: Das ist mit Gold kaum aufzuwiegen - es gibt so viele, die diesen Punkt nie erreichen, und du hast den bereits abgehakt.

Ich finde, das sind ganz viele positive Eigenschaften an dir, auf die du sehr stolz sein kannst, und die deine Skala aus diesem negativen Über-Extrem, in das du dich selbst einordnen würdest, in ein überschaubareres Maß runterbrechen, nämlich zurück in die Skala von 1-10, und nicht weit außerhalb davon. Ich will damit nicht sagen, dass es deshalb weniger schwer wird, sondern versuchen, dir bewusst zu machen, dass du das Positive, das Starke in dir gerade nicht im Fokus hast, und dich daran erinnern, dass das wichtig ist, um dir selbst helfen zu können. Dass du dir selbst anerkennen kannst, wie viel du überhaupt leistest, wo die meisten anderen nicht nur "mal wieder" heulend auf dem Sofa landen würden, sondern ununterbrochen heulend auf dem Sofa säßen und nie wieder aufstünden. Dafür hast du von mir ganz viel Respekt, denn da kann ich wirklich mal mitreden, das ist ne ungeheure Leistung. Um in einer Situation wie deiner noch so GUT zu funktionieren, zeugt für mich von immenser Kraft und Stärke.
Es heißt, wenn wir glauben, dass wir mit unserer Kraft am Ende sind, haben wir in Wahrheit erst 15% davon verbraucht - so können wir in Notsituationen weit, weit über das hinaus wachsen, was wir glaubten, maximal leisten zu können. Ich bin ganz sicher, dass du noch viel mehr Kraft in dir hast, als du im Moment ahnst.
Etwas in dir - viele hier nennen es den inneren Schweinehund - hat Angst vor dieser Kraft. Vor dem Unbekannten, das eintritt, wenn man sein Leben verändert. Wenn man Dinge loslässt und weggibt. Kayla und einige andere haben sich die Strategie angeeignet, diesem inneren Schweinehund nicht mit Gewalt und Schelte zu begegnen, sondern freundlich mit ihm zu reden - wie mit einem verängstigten Kind. Ihn zu beruhigen und sanft zu ihm zu sein, zu verstehen, dass er Angst hat vor dem, was er nicht kennt und nicht versteht. Und dazu gehört hier ganz besonders das Hergeben von Dingen. Wie gerade noch Bobby kann ich dir nur empfehlen, zuerst mit den hässlichen, ungeliebten, verschmähten Dingen anzufangen. Ja, den Pullover KANN man noch anziehen, aber er ist so hässlich, oder kratzig, oder der Knopf ist abgerissen (und man näht ihn sowieso nicht an), oder da sind Flecken drauf, oder man hat ihn von Tante Auguste-Gott-hab-sie-selig zur Konfirmation geschenkt bekommen, und immer wenn man den Pullover sieht, denkt man an Tante Auguste, die immer nach komischen Hustenbonbons gerochen und einem so eklig in die Wange gekniffen hat, und eigentlich will man sich da lieber gar nicht mehr dran erinnern, also - weg damit. Denn dieser Pullover ist eben NICHT in Ordnung. Er ist verseucht mit negativer Energie, mit schlechten Gedanken und Gefühlen. Das sieht man ihm nicht an, aber das ist auch bei Gift oder Radioaktivität nicht der Fall - aber wir wissen es besser! Indem man dieses "verseuchte" Ding loswird, wird man ganz automatisch auch die negativen Gefühle los, die damit verbunden sind - und so lernt der Schweinehund ganz langsam und allmählich, dass Loslassen und Weggeben etwas Gutes sind, dass es befreiend wirkt. Nicht nur räumlich durch mehr Platz, sondern vor allem in der Seele.


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06.03.2014 23:06
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#8
IB
IBI

ja numi,

diese supertollen Fähigkeiten, die wir schneller als selbstverständlich ansehen als sie sind... verlieren wir dadurch oft aus den augen. vielleicht weil wir sie nicht als Fähigkeiten erkennen.
die Fähigkeit zu wissen, wo ich was zuletzt hingelegt habe, habe ich auch, nur leider bemerke ich, dass sie vermutlich wegen Alterung verloren geht. ähnlich wie mir aufgefallen ist, dass ich begonnen habe Geburtstage zu vergessen, die ich von vielen meiner bekannten auswendig konnte. das ist schon fast 20 jahre her, dass ich dieses vergessen eingetreten ist. ich weiss, aufschreiben hilft dagegen, sie waren auch notiert, nur habe ich selten in den Kalender schauen müssen, weil ich meine Termine und Geburtstage auswendig wusste, so wie ich weiss, wo ich was zuletzt hingelegt habe.
möglicherweise gehört die Fähigkeit den strukturierten. mir war nicht klar, dass ich sehr strukturiert bin, bis mir das vor einigen Monaten 2 Personen innerhalb kürzester zeit mitgeteilt haben.

wie gut, dass wir dich haben, um zu der anderen Sichtweise gelangen zu können. danke
sonja


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06.03.2014 23:26
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#9
Gast
( gelöscht )

das ist nett von dir Sonja. Tatsächlich ist es aber umgekehrt: Ich bin nur durch euch zu dieser Sichtweise gelangt, und lerne immer noch jeden Tag etwas Neues dazu.


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06.03.2014 23:36
avatar  IBI
#10
IB
IBI

ja numi das glaube ich dir und jetzt hast du die Fähigkeit, uns das zu zeigen und mitzuteilen und setzt sie ein, um uns zu unterstüzen.
wir arbeiten noch an der Erlangung dieser Fähigkeit.

vg
sonja


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