Einsicht ist der erste Weg zur Besserung?

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13.04.2014 21:12
#1
Mo

Mich hat es auch zu euch verschlagen.
Ich weiß gar nicht wie ich anfangen soll...
Alles was ich momentan fühle ist scham. Naja jetzt erstmal von Anfang an.
Ich wusste schon seit einiger Zeit dass ich ein Messie bin, konnte es mir bis jetzt nur nicht eingestehen, doch als dann plötzlich mein Vermieter in der Wohnung stand und das Chaos (stark untertrieben) gesehen hat wusste ich, dass ich endlich etwas verändern muss.
Ich schaffe es einfach nicht alleine, kaum ist es wieder annähernd sauber sieht es nach einem Tag wieder genauso aus. Es beeinflusst mein ganzes Leben. Ich ziehe 2 mal im Jahr um und Freunde lade ich so gut wie keine mehr ein.
Ich war schon immer sehr unordentlich aber mir ist alles komplett über den Kopf gewachsen. Ich finde einfach keinen Ausweg mehr. Und mein Vermieter will mit mir sprechen wovor ich wahnsinnige Angst habe.
Das Chaos beherrscht mein Leben.

Das musste ich jetzt erstmal los werden. Hat schon mal gut getan das mit Gleichgesinnten zu teilen. Ich hoffe sehr hier Hilfe zu finden.


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13.04.2014 22:59
#2
Mo

Bad und Küche sind wieder begehbar :)
Je länger ich mich mit dem Thema beschäftige fallen mir immer mehr Dinge ein die auch in anderen Lebensbereichen nicht Rundlaufen. Da wäre zum Beispiel mein Problem mit dem Essen: Seit vielen Monaten (fast schon Jahren) ernähre ich mich größtenteils vom Bäcker oder Snacks to-go. Da ich große Angst davor habe was andere über meine Einkäufe denken, das gleiche im Kleidungsladen. Deshalb kaufe ich oft Sachen die ich gar noch will oder gar nichts und gehe schnell wieder raus. (Total schwachsinnig)
Am Morgen gehe ich schon eine Stunde früher aus dem Haus und abends fahre ich erstmal mit dem Bus vorbei um zu schauen ob die Luft rein ist und ich meinem Vermieter ja nicht über den Weg laufe.
Rechnungen und wichtige Dinge, die eigentlich schnell und einfach zu erledigen wären, schiebe ich bis kurz vor die Katastrophe raus und wenn man mich erreichen will "stelle ich mich tot".
Das hat bis jetzt jeden Hauch der Chance auf eine Beziehung zu Nichte gemacht, wo noch dazu kommt, dass ich es nicht schaffe andere Leute in mein Leben einzubeziehen, was mich schon einige Feundschaften gekostet hat.

Habt ihr irgendwelche guten Tipps, wie man es schaffen kann die Ordnung (wenn es mal so weit ist) aufrecht zu erhalten? Ich bin über jeden Ratschlag unglaublich dankbar.


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14.04.2014 08:33
avatar  ( gelöscht )
#3
Gast
( gelöscht )

Hallo MonaLisa,

herzlich Willkommen hier im Forum! Schön, dass du zu uns gefunden hast :)

Du hast viele Baustellen in deinem Leben, und du stellst im Threadtitel in Frage, ob Einsicht der erste Weg zur Besserung ist. Ja und nein.
Die Redewendung heißt genau genommen "Einsicht ist der erste SCHRITT zur Besserung."
Das heißt, die Einsicht oder Erkenntnis zu gewinnen, ist die minimale Grundvoraussetzung dafür, dass sich überhaupt etwas ändern kann. Nehmen wir zum Beispiel meinen Schwiegervater, wegen dem ich hier gelandet bin (als Angehörige): Er sieht nicht, dass er Probleme hat, das nimmt nur sein Umfeld wahr. In seinen Augen ist aber dieses Umfeld daran Schuld, dass es ihm schlecht geht. Wenn überhaupt dann sollen wir uns ändern (vor allem seine Frau).
Einsicht ist also der erste Schritt, ja - aber dadurch wird es nicht irgendwie automatisch besser, nein.

Deine Phobien erinnern mich an das Problem von @Antimensch , dessen Thread "Die Wohnung ist das Spiegelbild der Seele...." momentan etwa 25 Beiträge unter deinem zu finden ist.


Für viele ist es sehr hilfreich, sich mindestens eine Vertrauensperson zu suchen. Das kann ein Arzt oder Therapeut sein, aber auch ein Freund, ein Familienmitglied, oder ein professioneller Betreuer. Ich glaube, dass du dich mit deinen speziellen Phobien mit Profis auseinandersetzen solltest, um herauszufinden, woher das kommt, und wie du dagegen angehen kannst.
Aufräumen scheint dir nicht soooo schwer zu fallen, du hast bereits zwei Räume wieder begehbar gemacht - Glückwunsch dazu! Deine Schwierigkeit scheint mehr darin zu bestehen, den Zustand zu halten. Ich schrieb es gerade an anderer Stelle: Routinen sind wichtig; feste Tagespläne oder -aufgaben, die man sich vornimmt, die man schaffen kann, und die man idealerweise frühzeitig erledigt, und nicht erst auf den letzten Drücker - damit man nicht den ganzen Tag den Gedanken hat "oh Mann, ich muss noch...", sondern sich sagen kann "hey, ich hab heute schon....!" Wichtig sind dabei ganz, ganz kleine Schritte, und dich nach dem Erreichen dessen, was du dir vorgenommen hast, zu belohnen, dir das anzuerkennen und dich wieder dafür wertzuschätzen. Nimmt man sich zu viel vor, und schafft es dann nicht, geht der Teufelskreis aus Enttäuschung und Selbstvorwürfen ewig weiter. Viele berichten von einem großen Energieschub, der sich nach eine Weile von allein einstellt, und einem die Kraft gibt, etwas zu schaffen, das (teilweise immens weit) über das hinaus geht, was man sich für den Tag vorgenommen hatte. Bei uns hat sich die Formulierung dafür eingebürgert "...und alles andere ist Bonus". Und besonders die Bonusleistungen muss man sich selbst anerkennen.


Die Vogel-Strauß-Taktik habe ich auch hinter mir, was Papiere betrifft. Ich habe wie du mit Aufräumen (und vor allem Ausmisten) angefangen, und mich dabei ganz lange vor dem Papierberg gedrückt, weil ich vor dem am meisten Angst hatte. Aber irgendwann war nichts anderes mehr übrig, das ich noch hätte ausmisten oder aufräumen können, nur noch dieser Berg - und weil alles andere nicht mehr drückte, erschien es mir schließlich machbar. Da lag also dieser riesige Papierstapel, voller unangenehmer Post - oft noch gar nicht geöffnet, denn ich hatte ja sowieso kein Geld, um es zu zahlen. Beim ersten Durchgang habe ich nur das Altpapier aussortiert: Werbung und Pizza-Menükarten, die Umschläge, und alles, was doppelt und dreifach da war (man braucht ja eigentlich nur das Aktuelle). Zu meinem Erstaunen blieb von diesem Riesenhaufen nur eine Handvoll übrig. Die konnte ich dann zwar immer noch nicht bezahlen, aber es fühlte sich nicht mehr so furchtbar an! Allein den Überblick gewonnen zu haben, gab mir schon das Gefühl, das Problem mit den unbezahlten Rechnungen so gut im Griff zu haben, wie man es unter diesen Umständen im Griff haben kann.

Rückwirkend betrachtet stelle ich mir diese Probleme gern als Steinhaufen vor. Umgeben von hunderten, tausenden kleiner Steinchen liegen halb verschüttet ein paar richtig dicke Brocken. Versucht man, die Brocken anzugehen, so wird man scheitern. Man weiß nicht recht, wo man zupacken soll, und die kleinen Steinchen halten auch das gesamte Ausmaß der dicken Brocken verborgen. Trägt man die vielen kleinen Steinchen nach und nach ab, bis nur noch die großen Brocken übrig sind, so kann man diese schlussendlich auch wegräumen. Oder kleiner hacken und dann wegräumen. Oder man hat einen Helfer, der sie mit einem weg trägt.
Für mich war jede auf dem Boden liegende ungewaschene Socke, jedes ungeputzte Fenster, jede unsortierte Schublade ein solcher kleiner Stein. Die konnte ich bewegen, die anderen nicht. Vorher hatte ich das Bild vom Steinhaufen noch nicht so unbedingt im Kopf, sondern habe mir einfach nur gesagt, dass ich "im Rahmen meiner Möglichkeiten" handeln will. Schulden begleichen lag nicht im Rahmen meiner Möglichkeiten, aber Schubladen aufräumen schon.



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14.04.2014 10:06
#4
Me

Hallo MonaLisa,
erst mal ein herzliches Willkommen.
Dein Text kommt mir so bekannt vor: Nur ganz schnell aus dem Laden wieder raus, bevor man mich von oben bis unten begutachtet. Im Kleiderladen und auch im Supermarkt.
Das, was ich aufs Band packe, ist garantiert ungesund für mich, Süßes, Fettiges, .... und alle denken: "Guck mal die Dicke, kein Wunder, dass die so fett ist, wenn sie solche Sachen kauft."
Mein Kleiderkaufproblem hat sich durchs Internet natürlich ein wenig verbessert. Und wenn ich bei UP einkaufe, fahre ich nach Holland, da kennt mich ja niemand.
Du siehst, mit DEM Thema bist du nicht alleine, wenn du auch vielleicht andere "Spezialitäten" hast.
Wenn du dich hier im Forum umschaust, wirst du sehen, dass jeder sein Päckchen hat ... und bestimmt bekommst du viele Tipps, die du Ausprobieren kannst. Irgendetwas ist für dich auch dabei. Ich bin sehr froh, dass ich hier eine Plattform gefunden habe, ohne Scham erzählen zu können.
Liebe Grüße
Messiemaus


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14.04.2014 19:43
#5
Mo

Sprichwörter sollte man richtig schreiben. Ich hab den Beitrag wohl so oft verändert, dass mir der Fehler passiert ist.

Euch beiden wirklich ein großes Dankeschön, es ist einfach nur toll, dass es hier Leute gibt die einem "zuhören".
Das Bild mit Steinen trifft es wirklich super. Ich werde mir versuchen jeden Ziele zu setzen und mir eine Aufräumroutine zuzulegen.
Mit dem Gedanken an eine Therapie spiele ich bereits schon seit einiger Zeit, konnte mich aber bis jetzt nicht überwinden. Genausowenig wie jemanden aus dem Freundeskreis einzuweihen. Ich denke nicht, dass es jemand versteht.
Was eine Therapie angeht habe ich Angst davor, was ich dem Therapeuten sage, davor, dass er denkt ich bilde es mir nur ein. Es gibt Leute mit größeren Problemen..


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