Komfort hat höheren Wert als Sicherheitsbedenken

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07.10.2021 15:35
#6
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...könnte es eventuell sein, dass es bei Messies so ist, dass sie aufgrund von Überforderung den Überblick verlieren? Aufgrund von Überforderung es nicht mehr schaffen, aufzuräumen und die Dinge zu ordnen?
Ich würde mich ehrlichgesagt nicht gut dabei fühlen, über Wolframs Spühlkasten 'von außen' zu urteilen. Ohne IHN zu FRAGEN, WAS der Spühlkasten für ihn bedeutet. Wie er sich fühlt, wegen dem Spühlaksten. Eventuell fühlt es sich eben für Wolfram gut an, wenn er genau diesen Spühlkasten jetzt sofort einbauen kann. Eventuell würde es sich für ihn ganz furchtbar anfühlen, wenn er wochenlang nach einem ähnlichen neuen Spühlkasten suchen müsste, keinen ähnlichen finden würde, den er mag?
Ich glaube, das kann man einfach nicht 'von außen beurteilen'. Wichtig ist immer, die Menschen zu fragen, warum sie etwas tun, was es für sie bedeutet und wie sie sich dabei fühlen.
Ich glaube nicht, dass es dabei 'nur' um den reinen Geldwert der Dinge geht.
Als Beispiel: Eventuell hast du einen alten, kaputten Schrank. Du hast ihn von deiner geliebten Großmutter geerbt und er erinnert dich an sie.
Jetzt kommt ein anderer Mensch zu dir und sieht die Situation nur von aussen und sagt 'Wirf doch den alten kaputten Schrank auf den Müll, ein neuer Schrank kostet doch kaum was'
Wie fühlt sich das für dich an?
Jetzt stell dir vor, der Mensch sagt zu dir folgendes:
'Ich sehe, der Schrank ist alt und kaputt!! Aber du hebst ihn auf und willst ihn reparieren!! WIESO machst du das?'
Dann hast du die Möglichkeit Antwort zu geben: 'Weil mich der Schrank meine liebe Oma erinnert.'
Dann fühlst du dich erstmal verstanden, statt abgelehnt ; )
Und von da an kann es dann weiter gehen. Eventuell bietet der liebe und verständnisvoll Mensch dir jetzt an, dass er dir beim reparieren des Schrankes hilft. Weil DU dich ENTSCHIEDEN hast, den Schrank zu behalten. Und weil er dir WIRKLICH auch GEFÄLLT und praktisch ist.
Oder aber ihr redet über deine Großmutter, und nach einer Weile MERKST DU, dass du den Schrank nur als Erinnerungsobjekt aufghoben hast, und er DIR NICHT GEFÄLLT. Dann hilft dir der liebe Mensch dabei, den alten Schrank zu entsorgen und einen neuen, ganzen zu kaufen.
Was ich damit sagen will ist folgendes: In beiden Fällen hat der Mensch DIR die ENTSCHEIDUNG überlassen. Hat dich aber auch dabei unterstützt, die Entscheidung zu finden ; )
Wenn jemand einfach nur von außen 'beurteilt' dann fühlt sich das für den 'Verurteilten' Menschen fast immer sehr ungut an.
Noch ein Beispiel:
-'Den ganzen unnötigen Krempel brauchst du doch garnicht, wirf das alles weg!'-
oder:
-'Ich fühle mich nicht wohl hier weil es sehr vollgestellt ist. Für was brauchst du denn die Sachen?'
(der letzte Satz kann (kann, nicht muss!!) dazu führen, dass sich der Mensch Gedanken macht, weil er sich erstma verstanden fühlt. Eventuell(!) kann das dann der erste Schritt sein, Hilfe anzunehmen beim ordnen und eventuell auch aussortieren.)
Vor kurzem habe ich hier auch etwas gelesen, was mir sehr gefallen hat, zu diesem Thema!! leider weis ich nichtmehr, in welchem Thread es stand oder wer es gepostet hatte!!
Es ging in etwa darum, dass man ein Maß findet, mit dem man SICH SELBST WOHL FÜHLT, also dass man sich z.B. entscheidet, von 10 ähnlichen Dingen zwei zu behalten aber eben nicht zwanzig. Damit hat man dann eben wieder beides, nämlich Sicherheit und Komfort erfüllt.
Ah, und um nochmals auf dieses Gefühlsthema zu kommen, mir hat das wirklich sehr geholfen beim ausmisten, WIE sich ein Obejkt für mich anfühlt!! Verbinde ich damit gute oder negative Gefühle? Gefällt mir die Farbe davon oder fühl ich mich unwohl wenn ich das Objekt betrachte?
Oder auch: Freue ich mich darauf, ein kaputtes Objekt zu reparieren/ ein verschmutztes Objekt zu reinigen/ eine chaotische Kiste mit altem KrimsKrams zu sortieren? Oder löst das in mir einen furchtbaren Widerwillen aus?
So bleiben dann recht schnell die Dinge übrig, die sich gut anfühlen, und worauf ich mich freue, dafür meine Zeit zu investieren : )
Und alles andere kommt zum Second-Hand Kaufhaus wenn noch OK oder zum Abfall.
So, und jetzt muss ich mal weitermachen : D
Liebe Grüße : )
die SPeicherAssel : )


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07.10.2021 20:35
avatar  Liepa
#7
Li

Won was sind die Messies überfordert? Ich sehe hier nur eine Antwort, nämlich von der Masse der Dingen, Papieren usw, die überall liegen. Sollte man wirklich glauben, dass zu allen Dingen irgendwelche Emotionelle Bindung besteht? Und jemand müsste Messie liebevoll befragen, wie er zu diesem oder jeden Ding steht? Ich würde sagen, es gibt kaum Leute die bereit sind in ihre Zeit für solche Beschäftigungen investieren, jedes Gegenstand zu befragen. Man kann ja ab und zu etwas helfen, aber am Ende entscheidet Messie selber, was ihm wichtig ist, welches Ziel er erreichen möchte. Wenn ein Messie fühlt sich komfortabel in seiner Umgebung, sollte man ihn nicht stören. Meine Frage war als Denkanstoß gedacht, ob der Komfort nicht wichtiger ist, als viel Besitz, die wir wegen Angst von eventuellen kaum vorstellbaren Situationen aufbewahren. Es geht hier nicht um einen konkreten Beispiel von Wolfram.
Ich muss leider kurz fassen, aber ich hoffe es ist verständlich, was ich meine.

MfG
Liepa


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11.10.2021 10:16
avatar  IBI
#8
IB
IBI

Zitat
Von was sind die Messies überfordert?



Ja, die Masse der Dinge gehören dazu. Die Masse der Dinge drückt jede Menge Überforderungen der alltäglichen Aufgaben, die einem das Leben stellt, aus, die Messies nicht zu bewältigen vermögen.

Die Lockdowns haben viele Menschen überfordert. Schicksalsschläge können überfordernd wirken, und die meisten Messies haben deftige Schicksalsschläge kennen gelernt, mit denen sie zum Zeitpunkt des Geschehens überfordert waren.

Diese Art der Überforderungen aufzuarbeiten, braucht anderes als nur wegen des Komforts aufzuräumen. Ja, viele Messies haben den Hang dazu, sich emotional an ihre Gegenstände zu binden und daher ist der Weg, den SpeicherAssel beschrieben hat, durchaus ein richtiger Ansatz für viele, aber nicht für alle Messies.

Oh, ja, Überforderung ist nicht zu unterschätzen und viele Betroffene merken nicht einmal, dass sie überfordert sind bzw. es früher einmal waren.


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13.10.2021 13:58 (zuletzt bearbeitet: 13.10.2021 14:06)
avatar  Fundus
#9
Fu

Zitat von Liepa im Beitrag #7
Won was sind die Messies überfordert? Ich sehe hier nur eine Antwort, nämlich von der Masse der Dingen, Papieren usw, die überall liegen.


Klar, wenn alles volliegt, führt die schiere Masse an Kram zu einer tatsächlichen Überforderung. Wer erst zehn Minuten lang die Badewanne freiräumen muß, wird seltener duschen, und wenn die ganze Spüle vollsteht, kann man nur noch eine Tasse und drei Löffel gleichzeitig spülen, die man danach zum Abtropfen auf die Terrasse stellen muß.

Aber das Sammeln kommt schon von einer vorherigen inneren Überforderung. Ich merke es an mir, daß die Notwendigkeit, ein Problem das ich habe, in Zusammenarbeit mit anderen Menschen lösen zu müssen, statt es allein zu beherrschen, mich zumindest in die Nähe einer Überforderung bringt. Ich weiß nicht, wie die Leute reagieren werden (bzw. in der heutigen Zeit weiß ich es ziemlich genau: mindestens mit Gleichgültigkeit, hamwa nich, kriegnwa auch nichmehrrein, oder schamlosen Ausnutzung der Situation.)

Es mag Leute geben, denen es Spaß macht, Probleme auf sich zukommen zu lassen und sie dann mit teils enormem Einsatz sofort zu lösen. Die haben dann aber auch oft die Eigenart, andere Menschen unter ebenso enormen Druck zu setzen, um ihnen sofort das zu geben, was sie wollen. Wenn sie damit erfolgreich sind, brauchen sie keine Vorräte, sondern sie klingeln nachts um drei Sturm bei einem Kumpel, der den nötigen Kloabsperrhahn im Keller hat.

Andere sind da risikoaverser und versuchen Probleme zu vermeiden. Ich versuche, mindestens unbewußt, zu vermeiden, daß ich auf die Mithilfe anderer Leute angewiesen bin, durch lernen, wissen und selberkönnen und auch durch den Besitz der notwendigen Gegenstände dazu. Denn ich bin so der Typ, der am Imbißstand eine Currywurst bestellt und die Verkäuferin sagt "Nö, *IHNEN* verkaufe ich nichts!" und drumherum fressen alle Würste. Oder ich gehe einmal in den Baumarkt, weil ich ein spezielles Teil doch nicht habe, und dieser sowie acht andere Baumärkte haben es dann auch nicht.

Zitat von Liepa im Beitrag #7
Sollte man wirklich glauben, dass zu allen Dingen irgendwelche Emotionelle Bindung besteht?


Zu einzelnen Dingen kann eine persönliche Bindung bestehen. Der Lieblings-Irgendwas, das Buch von Tante Erna zur Einschulung. Bei anderen Sachen ergibt sich aus deren Anwesenheit und Verfügbarkeit ein Gefühl z.B. der Sicherheit. Man ist gewappnet. Der "Mann in den Bergen" hat dazu seine Schrotflinte neben der Tür stehen. Der heutige Großstadtmensch eben einen neuen Spülkasten.

Bei wieder anderen ist es vielleicht eine Verletzung der Seele (auch mit Krankheitswert), die sie durch Anwesenheit von Dingen lindern können. Da kann ich nur spekulieren, aber wer sich einsam fühlt, mag vielleicht 10 Katzen um sich herum haben, oder in jedem Zimmer Dutzende Puppen, die ihn anschauen. Es kann auch sein, daß ich die vielen Kartons mit elektronischen Bauteilen in Wirklichkeit gar nicht sammle, weil ich damit schnell und bequem Reparaturen ausführen kann, sondern weil sie auf unbewußter Ebene genau solche Gefühle bei mir ansprechen bzw. Ängste lindern.


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17.10.2021 22:13
avatar  Emin
#10
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Administrator

@speicher°assel @Liepa @IBI @Fundus @Hatifa

Hallo zusammen!


Zitat von speicher°assel im Beitrag #6
...könnte es eventuell sein, dass es bei Messies so ist, dass sie aufgrund von Überforderung den Überblick verlieren? Aufgrund von Überforderung es nicht mehr schaffen, aufzuräumen und die Dinge zu ordnen?

Psychisch gesehen klar ja. Doch die Überforderung ist eher das Entsorgen glaube ich.




Zitat von speicher°assel im Beitrag #6
Eventuell hast du einen alten, kaputten Schrank. Du hast ihn von deiner geliebten Großmutter geerbt und er erinnert dich an sie.
Jetzt kommt ein anderer Mensch zu dir und sieht die Situation nur von aussen und sagt 'Wirf doch den alten kaputten Schrank auf den Müll, ein neuer Schrank kostet doch kaum was'
Wie fühlt sich das für dich an?

Das fühlt sich nach einem Menschen an der wenige Empathie für dich hat, wenige Verständniss und ja du sagst es in deinem Beitrag oben, eben ihm sagen warum der noch da ist. Nostalgische Gefühle, nostalgische Erinnerungen....



Zitat von speicher°assel im Beitrag #6
Den ganzen unnötigen Krempel brauchst du doch garnicht, wirf das alles weg!'-

Moment mal, das ist vermessen das ein anderer sowas meint werten zu dürfen, er kannst zwar sagen doch das kann als Beleidigung gesehen werden. Einfach gesagt, das ist ziemlich frech sogar jemand sowas zu sagen und für ihn Entscheiden zu wollen ob man das wirklich braucht.




Zitat von Fundus im Beitrag #9
Aber das Sammeln kommt schon von einer vorherigen inneren Überforderung.

Ja denke ich auch so, zwar erst ab einem bestimmten Punkt ist es doch zuviel. Ein extremer Fall den ich hatte war in Berlin vor einigen Jahren. Ich war 2016 bei einer Dame die damals 86 Jahre alt war und seit dem Jahr 1967 Küchengeräte gesammelt hat. Es waren 5 grosse Zimmer voll bis hin zur Decke mit Handmixern etc. Alles noch eingepackt in den Originalschachteln. Ich hab damals noch das angeboten mit einer Webseite zu entrümpeln und auch die Gespräche dazu zu haben. Drei Tage haben wir gesprochen, dann war sie bereit das erste Gerät wegzugeben. Ich dachte damals das ich bald überfordert bin.




Zitat von Fundus im Beitrag #9
Es mag Leute geben, denen es Spaß macht, Probleme auf sich zukommen zu lassen und sie dann mit teils enormem Einsatz sofort zu lösen. Die haben dann aber auch oft die Eigenart, andere Menschen unter ebenso enormen Druck zu setzen, um ihnen sofort das zu geben, was sie wollen.

Ja das stimmt allerdings, problematisch wird es wenn jemand solch einen als Chef oder eben Vorgesetzten hat. Ja wenn man im Abhängigkeitsverhältniss ist oder so ähnlich können diese Menschen echt einen stressen bis hin im extremfall zum Tyrannen werden.




Zitat von Fundus im Beitrag #9
Bei wieder anderen ist es vielleicht eine Verletzung der Seele (auch mit Krankheitswert), die sie durch Anwesenheit von Dingen lindern können.

Ja ich bin ganz bei dir, es beruhigt einen schon. Leider wurde mir alles genommen vor 15 Monaten. Ich habe absolut nichts mehr aus meiner Vergangenheit ausser dieses Laptop und ein paar Hosen und Poloshirts. Es existiert nichts, absolut nichts mehr was ich hatte an Erinnerungen wie Fotos aus meiner Kindheit oder sogar Fotos von meiner Verstorbenen Mutter. Es ist schon krasses Gefühl gegenüber dem Menschen der das alles vernichtet hat.



Zitat von Fundus im Beitrag #9
sondern weil sie auf unbewußter Ebene genau solche Gefühle bei mir ansprechen bzw. Ängste lindern.

Sag Bitte, falls du diese Frage beantworten magst, diese ist eine Frage aus deinem Privatleben und wir haben verständniss wenn du dies für dich behalten magst. Hast du was in der Richtung Therapeut oder so studiert, gelernt? Oder bist du belesen in Themen der Psychologie?


Beste Grüsse wie immer bei Frankfurt am Main
Emin


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