Messie muss umziehen und ist plötzlich schwerkrank / Helfer werden ausgebremst

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20.02.2013 01:30 (zuletzt bearbeitet: 20.02.2013 01:40)
avatar  Grosi
#1
Gr

Guten Tag an alle,

ich meine, mein Bekannte (Anfang 60) ist Messie. Sie hortet alles, was niemand mehr braucht. Plastiktüten, Einmachgläser, Teedosen, Vasen, Bücher, Taschen, Kosmetikartikel, Besteck, Töpfe, Handtücher, Kleidung, jedes noch so kleine Geschenk aus Jahrzehnten usw. Sie hat von allem viel zu viel, wirft einfach nichts weg, kann sich nur sehr schwer von etwas trennen. Sie müllt ihre Wohnung aber nicht zu, wie ich das aus Fernsehsendungen kenne, deshalb bin ich nicht sicher, ob sie auch ein Messie ist.

Sie wohnt seit mehr als 30 Jahren in einer sehr großen und sehr vollgepackten Wohnung, kann aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr die vielen Treppen steigen. Sie hat vor vier Monaten eine deutlich kleinere Wohnung angemietet und wollte jetzt Ende diesen Monats umziehen.

Sie klagte seitdem im Bekannten- und Freundeskreis (auch ich) , dass sie "alles allein" machen müsse. Fakt ist tatsächlich, dass ihr kaum noch jemand helfen wollte. Man wusste aus langjähriger Erfahrung eben, dass es müßig ist, ihr beim Ausräumen helfen zu wollen. Niemand wollte erneut in die missliche Situation kommen, helfen zu wollen aber nicht helfen zu können: wiederholte Versuche in der Vergangenheit, ihr beim Auf- udn Ausräumen zu helfen, liefen immer so ab, dass sie sich neben den jeweiligen Helfer setzte und bei fast jedem Teil die Anweisung gab, dass dies und jenes "noch gebraucht" werde und deshalb nicht weggeworfen werden könne. Das für die Helfer immer wieder frustrierende Ergebnis: Sie hatten eine erhebliche Menge an Zeit und Energie in diese Hilfsversuche gesteckt, aber kaum etwas erreicht. Stiegen sie dann frustriert aus ihrer Helferrolle aus, wurden sie als Freunde "aussortiert".

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Aktuell hat sich jetzt nach einem plötzlichen Krankenhausaufenthalt der Gesundheitszustand der Frau so verschlechtert, dass sie kaum noch laufen kann. Die behandelnden Ärzte sagen, dass sie sich so wenig wie möglich belasten und aufregen darf. Eine Besserung ist nicht mehr wahrscheinlich, eher eine Verschlechterung ihres Zustandes. Sie braucht also so viel Hilfe wie nur möglich - in drei Wochen muss der Umzug über die Bühne gehen.

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Nun gibt es einige Menschen, die mit viel Engagement zum Helfen kommen. Mehr als die Hälfte von ihnen ist aber schon nach wenigen Stunden entsetzt darüber, wie stark sie die Hausherrin kontrollieren, maßregeln und beherrschen will. Alles hat ausschließlich nach ihren Vorstellungen zu passieren. Jedes noch so kleine Teil hat, bevor es in einen Umzugskarton oder in einen Abfalleimer darf, ihrem strengen Blick vorgestellt zu werden. Dass das die Helfer zunehmend erschöpft und verärgert, ist klar.

Auch ich bin eine der aktuellen Helferinnen. Auch ich habe vor vielen Jahren versucht, ihr beim Entrümpeln zu helfen und fühlte mich mehr und mehr benutzt. Alles musste nach ihrer Nase laufen und ständig versuchte sie, mir Energien abzuziehen. Ich fühlte mich damals so erschöpft, dass ich bei einer Psychologin Hilfe suchte. Schließlich brach ich selbst die Freundschaft ab. Das ist jetzt einige Jahre her. Im letzten Jahr trafen wir uns zufällig wieder und versuchten, an unsere damalige Freundschaft - jetzt mit mehr Distanz als damals - anzuknüpfen.

Nachdem ich in den letzten Tagen beim Räumen geholfen habe, spüre ich, dass meine Frustration und Wut von damals sich wieder melden. Ich spüre das deutlich und sehe mich in der Klemme. Ich könnte den Kontakt schlagartig abbrechen, schaffe es aber nicht, sie im Wissen um ihre schwere Erkrankung im Stich zu lassen.

Meine Versuche, ihr freundlich-humorvoll oder ganz sachlich klar zu machen, dass sie es sich jetzt wegen der drängenden Zeit einfach nicht mehr leisten kann, jeden Helfer zu beaufsichtigen - und schließlich zu vertreiben - laufen ins Leere. Ihre Standard-Antwort dazu: "JETZT kann ich über sowas nicht reden. Das können wir machen, wenn der Umzug hinter mir liegt".

Ich habe aber keine Lust mehr, mich immer wieder klein zu machen. Mein Rücken schmerzt zunehmend, ich fühle mich kraftlos. Es ist so unsinnig, innerhalb von zwei-drei Stunden intensiver Arbeit nur einen Umzugskarton voll zu kriegen. Aber ich will sie auch nicht sitzen lassen, denn immer mehr Menschen, die ihr in den letzten Tagen geholfen haben, kommen nicht wieder.

Wie gehe ich bloß mit dieser vertrackten Situation um? Hat jemand von Euch eine Idee oder so etwas schon mal erlebt?

Viele Grüße
Grosi


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20.02.2013 09:46
#2
to

Hallo Grosi
Auch wenn deine Bekannte ihre Wohnung nicht "zumüllt" wie du schreibst ein Messie ist sie auf jeden Fall.Denn es ist ja das bezeichnente für einen Messie NICHTS aber auch gar nichts wegwerfen zu "können" bzw bei Aufräumaktionen den Helfern kontrollierend auf die Finger zu sehen.
Aufgrund von gewissen Auflagen der Gemeinde mußte bei meiner Mutter im Außenbereich ihres Grundstückes sowie im Innnebereich des Hauses aufgeräumt werden. Die Gemeinde hatte ihr nämlich damals schon mit Entmündigung gedroht. Das war im Jahr 1999. Selbst die Diakonie half mit indem sie zum Aufräumen kamen, ihr auch die Container bezahlten.
Nachbarn halfen auch teilweise mit. Es ging ca 3 Wochen einigermaßen gut da sie ihre Augen zum Glück nicht auf mehrere Personen richten konnte, auch wenn sie es versuchte.
Die Diakonie bzw der mithelfende Leiter der örtlichen Diakoniestation hatte als Entlohnung nur darum gebeten einige Dinge (da sich imens viele Neuwaren unter ihrer "Sammlung" befanden) zu erhalten die dann für hilfsbedürftige in der Diakonie angeboten würden. Alles was der gute Mann jedoch für die Diakonie weglegte, wurde ihm von meiner Mutter wieder weggenommen und er erhielt von ihr dafür kaputte Dinge und alte halb zerissene ungewaschene Kleidung, die man keinem Menschen mehr zumuten konnte.
Nach drei Wochen warf sie dann alle Helfer incl. mich aus dem Haus. Der Komentar des Diakonieleiters dazu war:" man kann dieser Frau nicht helfen weil sie sich nicht helfen lässt, also muss man sie leben lassen wie sie es sich ausgesucht hat.
Jedesmal wenn sie seither mich gefragt hat ob ich ihr helfen könnte, endete diese Hilfe in reinem Umstabeln, denn wegwerfen durfte ich nichts.
Jedesmal war ich dann physisch sowie auch psychisch so fertig dass ich mich am liebsten irgendwo eingegraben hätte. Also habe ich irgendwann aufgegeben.
Jetzt da sie bei uns im Haus ihr Zimmer vollmüllt, droht sie uns, sobald wir ihr sagen wenn sie nicht ausräumt tun wir es, mit Rechtsanwalt und Polizei, denn es wäre IHR Zimmer und da hätten wir nichts drin verloren und nichts anzufassen geschweige denn wegzuwerfen oder zu entfernen.
Ich sage mir inzwischen man kann diesen Leuten nicht helfen solange sie selbst es nicht wollen.
Solange sie nicht einsehen dass sie Messies sind, solange wird auch keine Therapie helfen.
Jeglicher Versuch etwas zu tun, ruiniert nur das eigene Nervensystem.
LG Tochter 52


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20.02.2013 10:34
avatar  Grosi
#3
Gr

Herzlichen Dank für Deinen Beitrag, Tochter 52!

Weißt Du, ob Messies depressive Menschen sind? Meine Bekannte leidet seit Jahren an Depressionen und war mehrfach in stationärer Behandlung. Mir fehtl einfach das Gespür dafür, ob sie nicht kann oder nicht will. Ich habe den Eindruck, dass sie nicht kann und sich in einem Teufelskreis befindet, aus dem sie nicht heraus kommt ...

Liebe Grüße
Grosi


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20.02.2013 12:05 (zuletzt bearbeitet: 20.02.2013 12:06)
avatar  Grosi
#4
Gr

Ich habe gerade nach einem Gespräch mit einer Psychologin mit ihr telefoniert und ihr gesagt, dass ich zu ihren Bedingungen nicht mehr helfen werde. Ich sagte, ich sei nicht mehr bereit, die Umzugskartons mit 100 Vasen, 200 Handtüchern usw. vollzupacken. Sie solle bitte darüber nachdenken, wie kräftezehrend ihr Verhalten auf ihre Helfer/innen wirkt und dass sie damit rechnen müsse, dass bald niemand mehr für sie da ist. Sie solle diese enge Zeitspanne bis zum Umzug jetzt definitiv dazu nutzen, ihr Verhalten an die Situation anzupassen und den Helfer/innen weitgehend freie Hand beim Packen zu lassen. Und dies, ohne dass sie die Kartons nochmal nachkontrolliert.

Wenn sie das nicht tut, werde ich ihr tatsächlich nicht mehr helfen.

Ich erwarte jetzt natürlich keine völlige Veränderung ihres Verhaltens und bin mir im Klaren darüber, wie schmerzlich es für sie ist, loslassen zu müssen. Aber ich bin inzwischen sicher, dass ich ihr nur so helfen kann. Und mich dabei nicht vergesse - ich habe mir selbst gegenüber die Verantwortung, stabil auf meinen beiden Beinen stehen zu bleiben.

Meine Bekannte sagte übrigens zum Abschluss des Gespräches: "Danke für deine Ehrlichkeit, das ist wirkliche Freundschaft für mich".

Ich danke für's Lesen - ich grüße alle herzlich.
Grosi


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20.02.2013 16:05
#5
to

ob sich deine Bekannte auch daran hält nicht alles zu kontrolieren bezweifle ich sehr.
Und wenn dann höchstens für ein paar Tage, so war es bei meiner Mutter ja auch.
Messies können tatsächlich stark depressive Personen sein.
Auf jeden Fall sind es Menschen die Angst haben vor jeder Art von Veränderung.
Und etwas wegzuwerfen bedeutet immer eine Veränderung, darum sammeln sie alles was sie erhalten denn sie nehmen es ja in ihren Lebensmittelpunkt auf, und ist es dann wieder weg weil es weggeworfen wird, dann bedeutet das eine Veränderung.
Das Problem ist meist keines für den Messie denn der fühlt sich ja irgendwie wohl in seiner Umgebung zumindest fühlt er eine Art Geborgenheit. Das Problem besteht eher für die Angehörigen, Freunde und Bekannte.
Denn sie werden beim Versuch etwas zu ändern nervlich belastet. Gerade dann, wenn sich das Sammeln dann so wie bei uns auch am Ende auf unsere Wohnung ausdehnt, oder wenn man als Kind oder Partner mit einem Messie zusammenlebt, auch wenn man eine geschwisterliche Verbindung und Freundschaft mit einem Messie hat zehrt es sehr an den Nerven.


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