Angst und negative Gefühle hinnehmen

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09.10.2021 12:09
avatar  Liepa
#36
Li

@IBI
Meine Zeit ist schon begrenzt, deswegen versuche ich immer relativ kurz mich auszudrücken.
Es ist völlig normal, dass Du hier lieber schreibst als zuhause selber aufräumst. Da muss auch keine tiefere Gründe suchen. Schreiben gefählt dir und dir bereitet auch Freude, dass Du anderen evtl helfen kannst (was denkst Du, warum schreibe ich hier...). Das alles ist gar nicht falsch. Die Lösung liegt in Begrenzung. Also ca Du räumst 1 Stunde auf und dafür darfst du hier einen Beitrag schreiben. Das lässt sich beliebig einstellen, je nach deinen Bedürfnissen. Aufräumen ist nicht angenehm, weil man muss ständig Entscheidungen treffen und Sinn macht es nur dann, wenn es wirklich ausgemistet wird. Statt die Dinge hin und her schieben.

Zweitens, Freunde würden schon helfen, aber auch nicht jeder Freund hat das Bedürfnis überhaupt etwas mit deiner Wohnung zu machen. Vielleicht wollen sie mit dir gerne wandern, eine Quatschrunde etc. Es ist doch auch gut. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass man sehr schnell bei solchen Hilfeaktionen bei anderen zermürbt ist. Es vergehen Stunden ohne ein greifbare Ergebniss, es wird an jedem Gegenstand geklammert. Du kannst doch selber denken, da verliert man sehr schnell Geduld und Lust (man investiert doch eigene Zeit für andere). Also normal wäre der Vorschlag, "kannst du mir ein paar Stunden beim Ausmisten helfen" . Und wenn der Freund zustimmt, dann das dankbar annehmen. Und dann sieht man weiter, ob man solche Aktionen wiederholt oder nicht und wieviel hat der Freund Zeit. Oft wird die Hilfe von anderen auch grubdsatzlich abgelehnt, weil man möchte nicht das jemand in eigenen Sachen wühlt sich.

MfG
Liepa


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09.10.2021 20:44
#37
An

Von meinen Messies in der Familie habe ich schon Ängste gehört, die mit dem Gedanken einher gehen, wenn man überlegt, etwas zu entsorgen:
- Man könnte es noch brauchen.
- Es könnte eine Situation eintreten, in der man es braucht.
- Man braucht immer einen Ersatz, weil ja das aktuell Benutzte (z.B. der Staubsauger) könnte kaputt gehen.
- Wenn man es braucht, und es ist nicht da, dann wird es teuer werden oder es gibt keines mehr zu kaufen.
Neulich habe ich mich gefragt, ob meine Familie diese Ängste stärker hat als ich, weil sie auf dem Land leben und ich in der Stadt. In der Stadt kann man sich alles kurzfristig besorgen. Ein Mal ist mir am Tag vor einer wichtigen Dienstreise mein einziger Reisewecker kaputt gegangen. Also ging ich nach Feierabend schnell ins Einkaufszentrum und kaufte mir einen neuen. Seither habe ich aber immer zwei Wecker, weil es tatsächlich nicht immer klappt, spontan einen Wecker zu kaufen. Allerdings haben Messies ja nicht nur Angst davor, dass ein Wecker kaputt geht, sondern dass am selben Tag zwei Wecker kaputt gehen könnten und man neuerdings keine Wecker mehr kaufen kann. Oder man bekommt Besuch und jeder Besucher braucht einen Wecker. (Ist Quatsch. Wenn man richtig viel Besucht hat, kann einer den Weckdienst übernehmen oder die Leute werden von selbst wach, sobald jemand über ihre Luftmatratze stolpert, haha.
Ich mache oft Witze im Stil von "Wenn die Aliens landen, dann werde ich es brauchen" oder "Wenn die Endzeit kommt, dann werde ich es brauchen" oder "Eines Tages werden sie keine XY mehr verkaufen". Aus meiner Sicht gibt es ur sehr wenige Dinge, für die ich sofort einen Ersatz brauche. Ich könnte beispielsweise auch mal eine Woche ohne Staubsauger leben. Es gibt nämlich noch Besen und Kehrschaufel fürs Grobe. Dank Ebay ist es sogar so, dass auch das, was nicht mehr hergestellt wird, leicht besorgt werden kann. Auch Ersatzteile für uralte Drucker und Co findet man noch bei Ebay. Ich muss also nichts horten!
In einem guten Buch stand, dass wenn man Dinge hortet, dann offenbart man damit großes Misstrauen. Misstrauen gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber Gott, dass sie einem das verschaffen, was man braucht. Oder Misstrauen gegenüber sich selbst, dass man in der Zukunft in der Lage sein wird, sich das zu besorgen, was man braucht. Sehe ich auch so. Ohne Ersatz und doppelten Boden zu leben, verlangt Vertrauen. Ich habe auch während des Lockdowns keine Lebensmittel gehortet. Dass ich kein Clopapier gehamstert hab, habe ich aber bereut, das wurde dann echt knapp. *grins* Aber es ist mir gelungen, noch kuschelweiches Bärchenpapier mit roten Herzen darauf zu ergattern. Für einen kurzen Moment habe ich während dieser Hamsterphase beim Anblick von leeren Regalen verstanden, warum meine Eltern so viele Lebensmittel gehamstert haben. Sie haben so etwas nämlich während der Kubakrise erlebt und kurz nach dem Krieg gab es auch nicht alles zu kaufen. Aber wie gesagt, außer Clopapier und Lebensmittel gibt es wenig, was man nicht mal für eine Weile entbehren könnte.
Anna


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09.10.2021 20:55
avatar  Sybille
#38
Sy

Zitat von Liepa im Beitrag #28
Ich muss leider sagen, dass ich bis jetzt habe keine Ahnung, wie sollte man gegenüber einen Messie verhalten. Keine Hilfe anbieten? Keine Ratschläge geben? Der Zustand seines Wohnungs überhaupt nicht ansprechen? Meine beste Freundin ist ziemliche Messie und ich habe längst jede Hoffnung und Mühe aufgegeben, ihr in diesem Hinsicht etwas zu helfen. Höchstens ich erzähle ab und zu über meine Erfolge bei ausmisten und mal empfehle irgendwelches Video. Erfolg null, aber sie ist meine Freundin und ich denke, dass sie ist mit dem Zustand auch einigermaßen zufrieden. Deswegen wäre schon interessant, was wird dann konkret erwartet, was wäre richtig.



Ich finde das total interessant @Liepa Du schreibst, Deine Freundin sei mit dem Zustand ihrer Wohnung "einigermaßen zufrieden" - gleichzeitig fragst Du Dich, wie Du ihr helfen kannst.
Gegenfrage: Warum willst Du ihr denn bei etwas helfen, womit sie zufrieden ist?

Ich habe vor ein paar Jahren eine Therapie gemacht und danach eine Entscheidung getroffen, die die meisten Menschen nur schwer nachvollziehen konnten. Ich habe entschieden, dass der Zustand der Wohnung mir nicht so wichtig ist.
Warum?
Weil ICH mir wichtiger war als meine Wohnung und es MIR schlecht ging. Ich habe daher erstmal angefangen mich um mich zu kümmern. Habe angefangen viel Sport zu treiben. Habe meine Freunde und Hobbys wichtig genommen. Habe abgenommen, bis ich mich nicht mehr als fett empfunden habe. Und erst als DAS ALLES lief. Habe ich der Wohnung überhaupt wieder etwas Aufmerksamkeit gegönnt.
Es kann sicherlich nicht jeder Mensch so vermurkst sein wie ich, trotzdem finde ich die Frage, ob der Messi tatsächlich Hilfe beim AUFRÄUMEN braucht sehr wichtig.
Weil.
Vielleicht vergammelt die Wohnung weil etwas anderes WICHTIGER ist, was nicht erfüllt ist? Und derjenige versucht (möglicherweise unterbewusst!) verzweifelt erst da auf einen grünen Zweig zu kommen, weil die dumme Wohnung ja nun im Vergleich vollkommen wumpe ist?

Was konkret BEI MIR PERSÖNLICH "richtig wäre"? Also meine Freundinnen haben alle die wundervolle Eigenschaft, mich auch mit chaotischer Wohnung zu mögen. Sie sagen Dinge wie "Gottseidank weiß ich ja, dass ich nicht aufräumen muss, wenn Du zu Besuch kommst" oder treffen sich mit mir in der Pizzeria, wenn ich gerade Mal wieder niemanden reinlassen mag. Sie schenken mir keine Aufräum-Bücher sondern Konzert-Tickets, Schmuck, Fun-Sport-Artikel oder ne Einladung zum Essen.
Warum das hilft meine Wohnung in Stand zu setzen? Weil meine Messi Wohnung ein Symptom der Tatsache ist, dass ich mich nicht leiden kann. Ich habe Jahrzehnte in dem Glauben verbracht, dass alles gut wäre, wenn ich bloß tot wäre. Mich zu zwingen die Wohnung aufzuräumen hilft mir nicht. (JA, hab ich getan. JA, mehrfach. Danach war ich völlig am Boden, kam kaum noch aus dem Bett, geschweige denn zur Arbeit und nach ein paar Monaten sah es schlimmer aus als vorher)
Das Gefühl zu entwickeln, dass es vielleicht doch keine Vollkatastrophe ist, dass es mich gibt. DAS hilft.
Und dann schaffe ich manchmal "Mal eben" etwas in 2 Stunden, was vorher unüberwindlich schien. Mein Chaos ist ein Symptom. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich habe das dem Symptom zugrunde liegende Problem in Arbeit, das ist meiner Meinung nach das einzige, was man da wirklich langfristig tun kann und DAS nimmt einem keiner ab. Muss man allein durch.
Und das führt dann dazu, dass mir die Menschen am meisten geholfen haben, die "gar nichts" getan haben. Einfach meine Freunde waren.

Aber natürlich haben wir schon festgestellt, dass wir sehr unterschiedliche Messis kennen und ich glaube sowieso, dass jeder nach seiner facon ordentlich, selig oder was auch immer werden muss.
Nur meine persönliche Erfahrung...


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09.10.2021 21:24
avatar  Liepa
#39
Li

@Sybille
Ich habe nicht gefragt, wie ich meiner Freundin helfen kann. Ich akzeptiere sie so wie sie ist, und sie ändert sich nicht. Man muss damit halt leben, und es ist ok so. Mit "einigermaßen zufrieden" meine ich den Zustand, dass sie selber ihr Messiesein akzeptiert, weil sie weiss, dass sie nichts grundsätzlich ändern kann. Sie gibt übrigens sehr viel ab, doch zumindest genausoviel falls nicht mehr, kommt wieder rein. Aber man kann damit leben und es ist schließlich ihre Entscheidung, wie sie lebt.
Im Grunde genommen, der Zustand ihrer Wohnung ist ihr genauso wie dir "nicht so wichtig". Es ist eine durchaus brauchbare Lösung, zumindest in psychologischen Hinsicht. Sich selbst so akzeptieren, wie man ist. Sie verbringt Zeit sehr gerne ausser Haus und ist damit wirklich zufrieden. Putzen und aufräumen ist nicht ihre Stärke. Bei dir war das wohl anders, wenn ich das richtig verstanden habe. Du putzt und räumst auf gerne, oder? Dann ist es natürlich nicht so einfach der Zustand der Wohnung selber akzeptieren. Ich hoffe du findest irgendwelche Lösung, womit du gut leben kannst.
Ich glaube, grundsätzlich viele Messies wollten teoretisch ihre Wohnungssituation verbessern, aber praktisch ist das nicht ihre Priorität. Man hat wichtigeres im Leben zu tun.

MfG
Liepa


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09.10.2021 21:35
avatar  Liepa
#40
Li

@Anna1111
Du hast vollkommen recht, wir können sehr vieles, von dem was wir besitzen entbehren oder zumindest eine Weile entbehren. Ich etappe mich öfters, dass es gibt Dinge, die mir éminent wichtig sind, aber deren Zahl ist doch sehr begrenzt. Gegenüber anderen Sachen kann man schon einigermaßen locker sein, bei Bedarf findet man schon etwas passendes.
Trotzdem loslassen fählt mir schwer, jedes Mal muss ich mich überwinden. Ich denke, viele sind nicht bereit sich selbst überwinden und warten auf inrgendwelche wunderbare Veränderung ihrer Psyhe, die dann lässt alles leicht ausmisten. Ich halte solche Erwartungen für unrealistisch. Ich habe noch nie so einen Fall gehört.

MfG
Liepa


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