Kann man überhaupt noch etwas tun?

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20.08.2013 13:27
#1
Fr

Kann man als Angehöriger überhaupt noch etwas tun?

Seit ich denken kann, lebe ich in einem Messie-Haushalt, es ist jetzt nicht so schlimm wie man es z.B. im Fernsehen sieht aber
dennoch habe ich mich immer geschämt, wenn Freunde oder Bekannte da waren. Meine Eltern kriegen es einfach nicht hin, die
Ordnung im Haus aufrechtzuerhalten.

Ich habe schon so oft alleine aufgeräumt...ein paar Tage sah es echt okay aus aber alleine kann ich die Ordnung eben nicht
aufrechterhalten. Bald ist schon wieder alles vollgestellt. Meinem Vater scheint das egal zu sein, meine Mutter gibt meinem Vater die
Schuld obwohl viele Dinge, die einfach rumliegen ihr gehören und meine Schwester (gerade in der Pubertät) lässt ganze Zimmer im
Chaos versinken.

Da meine Schwester kein eigenes, richtiges Zimmer hat und Dinge nicht wegwerfen will, überschwemmt sie u.a. das Wohnzimmer
mit ihrem Müll. Wenn ich mal aufräumen möchte, weil es in meinen Augen einfach nicht mehr geht, stellt sie sich komplett quer und
ich kann nichts tun...meine Eltern leisten mir dabei keine Unterstützung. Meine Mutter gibt dann wieder meinem Vater die Schuld usw...

Mein eigenes Zimmer ist wohl ein letzter Hort der Ordnung im Haus. Freunde habe ich schon seit Jahren nicht mehr eingeladen obwohl
viele gefragt haben, ob sie mal vorbeikommen könnten...Ich schäme mich einfach unglaublich dafür obwohl ich ja kein Messie bin. In
den letzten Monaten habe ich es mittlerweile aufgegeben, noch für Ordnung (außer in meinem Zimmer) zu sorgen. Es bringt einfach nichts
und verzehrt nur unnötig Kraft...meine Schwester hat mittlerweile das (ohnehin kaputte) Sofa für sich in Beschlag genommen und lagert
auch dort alles ab.

Ich kann nur hoffen, dass meine Schwester nicht auch ein Messie ist. Alles in Allem hats meine Kindheit wohl zerstört aber ist halt so.
Zur Info noch, ich bin 20/m und schaue, dass ich früher oder später für immer ausziehe.

Die Frage die ich mir jedoch stelle ist:

Kann man überhaupt als Angehöriger noch etwas tun? Zwar heißt es immer, besonders wenn man noch jünger ist, geh zum Jugendamt
und erzähle denen alles aber dann würde wohl die Apokalypse Zuhause ausbrechen. Gibt es noch irgendeine Möglichkeit, das Verhalten
meiner Eltern und meiner Schwester (sie ist 12) zu ändern?

mfg Frostwolf


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20.08.2013 14:58
avatar  IBI
#2
IB
IBI

Hallo Frostwolf,

eine Frage über die ich eine Weile nachgedacht habe, was du tun könntest.

Das Verhalten anderer Menschen ändern - kannst du nicht.
Dein Verhalten ändern - ja das ist möglich.

Ich habe eine Idee - zum Ausprobieren:
Vielleicht magst du mal deinen Beitrag im Wohnzimmer mit deinen Sachen leisten und dort etwas ansammeln.
Ja etwas paradox die Idee und sie soll dich nicht ermuntern Messie zu werden.
Sie dient dazu herauszufinden, wie deine Schwester und Mutter und Vater reagieren, wenn du deinen Teil vom Wohnzimmer in ähnlicher weise wie sie in Anspruch nimmst.

jedenfalls ist dieses verhalten eines, dass von dir vermutlich nicht erwartet wird, und du hast die Chance anhand der Reaktionen was draus zu machen.

vielleicht fällt dir etwas anderes ein, was du machen könntest, dass keiner in der Familie von dir erwartet. und dann beobachte die Reaktionen.
eine andere Idee:
deine freunde einladen und ihnen sagen, so leben meine Eltern und in meinem zimmer lebe ich anders. und deinen freunde das chaos offen zeigen und so offen wie möglich damit umgehen. sage deinen freuden, dass du deine grenzen kennst, aber auch akzeptieren kannst, dass deren leben so ist wie es ist und deinen weg gefunden hast, dich damit zu arrangieren.

Wenn du deinen Plan hast auszuziehen, dann verfolge ihn. Ich denke, dir deine Grenzen herzustellen ist wichtig.
So wie du schreibst, werden deine grenzen in eurer Behausung - sprich dein zimmer - respektiert. das ist super von deinen leuten.

Mal ne Frage zurück: Wer hat dir das Aufräumen und Ordnung herstellen beigebracht? Deine Eltern waren das eher nicht, so wie du das formulierst.
und wird deine schwester es lernen können?
hat sie Freundinnen, die sie besuchen kann, um zu spüren, wie es ist in aufgeräumter Umgebung zu leben?
kannst du sie darin unterstützen?

wenn du denkst, dass deine schwester bei den wohnlichen Bedingungen in (Lebens-)gefahr ist, dann schalte das Jugendamt ein. vermutlich wird sie aus dieser Wohnung rausgeholt und in eine heim oder pflegefamilie oder so untergebracht. dieser schritt ist wirklich sehr gut zu überlegen, denn deine Eltern erleben möglicherweise ein Trauma und deine schwester auch eines. und damit ist nicht zu spassen. so etwas ist schwer zu verkraften.
ich selbst kenne mich nicht damit aus, aber ich habe von fällen gehört, bei denen die kinder vom Jugendamt aus den Wohnungen herausgeholt wurden.
bitte sei vorsichtig mit der Apokalypse.


falls du dich überwinden kannst und die Ideen ausprobieren willst, dann wünsche ich dir viel spass dabei und viel beobachtungsgeschick.

viele grüsse
sonja


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20.08.2013 18:51
#3
Fr

Danke für die rasche Antwort :)

Die Idee einen Teil des Wohnzimmers für mich "zu beanspruchen" kommt mir wirklich etwas paradox vor...ich kanns ja mal versuchen aber nach meinen Erfahrungen, ist es ihnen egal wem das Zeug gehört, dass dort ständig rumliegt.

Ob ich mich überwinden kann Freunde einzuladen weiß ich nicht, ich will einfach nicht, dass einer von denen das Chaos sieht, auch wenns nicht meines ist.

Bezüglich der wohnlichen Bedingungen, es ist wirklich nicht so schlimm wie man es oft im Fernsehen sieht...der Boden ist, in den meisten Räumen zwar nicht gerade sauber aber meistens "relativ" frei. Meine Schwester hat Freundinnen, die waren auch schon ein paar Mal da...aber manchmal scheint es mir so, als wäre es ihr egal, ob Andere das sehen. Sie war auch schon bei ihren Freundinnen und hat dort sicherlich gesehen, wie Ordnung aussieht.
Zum Jugendamt gehe ich nicht...das würde glaube ich nur in einer Katastrophe enden.
Anzumerken ist noch, dass meine Schwester gelegentlich einfach mal einen "Aufräumschub" hat.

Wer mir das Aufräumen beigebracht hat?
Ich selbst, weil ich mich (besonders im Winter, wenn man meist nur im Haus ist) in diesem Chaos absolut nicht wohlfühle. Früher war mein Zimmer auch noch ziemlich
vollgeräumt, damals hatten auch meine Eltern und meine Schwester Zeug dort drinnen, aber irgendwann (schon ein paar Jahre her) habe ich einfach mal zwei Tage lang
alles auf- oder rausgeräumt.

Das Problem ist einfach, meine Mutter wirft nur selten was weg und mein Vater kommt einfach nicht in die Gänge, wenn ich mal sage, wir brauchen ein neues Sofa usw.
Bei meiner Schwester bleibt halt die Hoffnung, dass es an der Pubertät liegt...aber momentan kann man kaum etwas von ihr wegwerfen und sie stappelt alles.


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20.08.2013 19:18
avatar  IBI
#4
IB
IBI

Hallo Frostwolf,

naja, wenn du dich mit dem Thema "Scham" auseinander setzen willst und für dich was gutes tun willst, dann probierst du den Tipp mit deinen Freunden umzusetzen.
ich rede nicht von heute oder morgen oder ... sondern von dem Zeitpunkt, an dem du bereit bist dich zu überwinden und damit zu akzeptieren, dass deine leute so leben und deine grenzen darzustellen und zu zeigen, wie du lebst. verzichte nicht zu lange auf deine kontakte.
das wäre eine Leistung deiner Veränderung, wenn du das machen willst. dann stehst du zu dir und zu deiner Familie und kannst grenzen zeigen.
ich weiss, meine worte lesen sich leichter als getan. doch ich denke, das ist ein wichtiger schritt für dich. je eher du ihn gehst, desto leichter wirst du später mit Situationen umgehen können, für die du meinst, dich schämen zu müssen.

hey, du hast deine grenzen klar gemacht - du hast die Sachen, die dich nichts angehen und dir nicht gehören aus deinem zimmer verbannt. und wie es scheint, haben deine leute das respektiert und akzeptiert.

wie reagieren denn die Freundinnen deiner schwester?
was sagen die so?
vielleicht kann deine schwester dir etwas dazu sagen.

viele grüsse
sonja


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23.08.2013 19:43
avatar  Karin
#5
Ka

..................................Kann man als Angehöriger überhaupt noch etwas tun?

Ja kannst du. Bewahre die Ruhe, hab Geduld und freu dich auch nur über die Kleinste Kleinigkeit wenn sich was zum Positiven ändert. Geduld heisst für mich auch Jahrelang es zu Ertragen. Nimms hin dann fällts dir leichter. Mir gehts so dabei. Viel Glück wünsch ich euch.
Leidvolle Grüsse einer Mitfühlenden
Karin


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