Kaufsucht & Messie: Was kann man als Angehöriger tun?

29.01.2017 13:18
avatar  raj81
#1
ra

Hallo zusammen,

ich würde euch gern unsere aktuelle Situation beschreiben, weil wir nicht wirklich wissen, was wir noch machen können...

Mein Vater (70) hat eigentlich seitdem ich denken kann immer extrem viel eingekauft, meist Dinge, die er gar nicht benötigt. Das nahm in den letzten Jahren immer weiter zu. Vor zwei Jahren haben meine Geschwister und ich ihn davon überzeugt, eine Psychotherapie zu machen. Leider hat sich dadurch nichts geändert, vermutlich, weil er in der Therapie kaum über diese Probleme spricht, weil er sie selbst als nicht so extrem wahrnimmt wie alle anderen.

Meine Geschwister und ich wohnen seit vielen Jahren aufgrund von Studium / Arbeit / eigener Familie etc. z.T. weit weg von meinen Eltern.

Im Elternhaus leben außer meinem Vater noch meine Mutter und ein Bruder. Meine Mutter ist aufgrund eines Unfalls eingeschränkt mobil und im Alltag komplett von meinem Vater abhängig. Mein Bruder lebt wegen einer psychischen Vorerkrankung nach wie vor zu Hause und ist im auch von meinen Eltern abhängig.

Das Haus ist zu ca. zwei Dritteln komplett vollgestellt mit all den Sachen, die mein Vater über die Jahre gekauft hat. Ein Stockwerk, wo die Waschmaschine und Tiefkühltruhe steht, ist für andere Personen nicht mehr begehbar. Alles ist mit Kisten vollgestellt, auf den Treppenstufen gibt es bis zu 4-5 Meter hohe nicht wirklich stabile Stapel. Auch das "Wohnzimmer" ist inzwischen zu großen Teilen mit den Sachen meines Vaters vollgestellt. Meine Mutter und mein Bruder leiden darunter sehr. Meine Schwester mit ihren Kindern kann seit Monaten meine Eltern nicht mehr besuchen kommen, da dies für die Kinder zu gefährlich wäre.

Auch ist es beängstigend, dass mein Vater vermutlich monatlich weit mehr ausgibt, als er an Rente erhält. Wir befürchten, dass er sich ziemlich verschuldet hat, aber niemand außer ihm hat Einblick in die Finanzen.

Was könnten wir in dieser Situation tun, um zu helfen?

Wir haben schon mit seinem Therapeuten telefoniert, aber er hat noch keine Idee, was man tun könnte.

Eine Überlegung ist, meinen Vater davon zu überzeugen, eine stationäre Therapie zu machen. Wir sind uns aber nicht sicher, ob er dem zustimmen würde.

Ein krasserer Schritt wäre, die Vormundschaft für unserem Vater zu übernehmen. Ich weiß aber nicht, ob dies überhaupt möglich ist, da ich mir nicht vorstellen kann, dass er zustimmen würde.

Ich wäre über jeden Tipp (z.B. an wen kann man sich wenden?) extrem dankbar!

Liebe Grüße

Joe


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30.01.2017 08:36
avatar  Anneli
#2
An

Hallo Joe,
im Grunde genommen hast du ihn ja schon entmündigt, wenn du mit seinem Therapeuten über ihn gesprochen hast, was ich von dem Therapeuten, gelinde gesagt, für absolut unethisch halte. Es gibt eine Schweigepflicht und die ist einzuhalten.

Du solltest dich mal fragen, worüber dein Vater mit diesem "Therapeuten" seit 2 Jahren spricht (wenn du es nicht schon weißt). Etwas scheint es ja zu geben, was ihn sehr stark beschäftigt.

Mit 70 ist man heutzutage noch nicht so alt und dein Vater scheint kooperativ zu sein, weil er euren Vorschlag mit dem Therapeuten aufgegriffen hat. (Wer zahlt eigentlich den?)

Du solltest versuchen, mit deinem Vater zu reden und ihm eine Stütze zu sein. Vielleicht klärt sich euer Problem dann von ganz alleine. Die Betonung liegt auf Stütze! Wenn du ihm Vorhaltungen machst, bringt das gar nichts. Aber ich kann mir vorstellen, dass es nicht leicht ist, für seine Frau zu sorgen, gleichzeitig die Verantwortung für einen labilen Sohn zu haben, dem nächsten Kind das Studium zu finanzieren und zu sehen, dass man das alles nicht mehr schafft und ganz alleine davor steht.

Rede mit ihm als Freund!

GLG und uns allen einen wunderschönen Tag,
Anneli


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30.01.2017 10:08
#3
to

hallo Joe
mich wundert, dass der Therapeut mit dir über deinen Vater gesprochen hat, denn das fällt eigentlich unters Ärztegeheimnis. Solange dein Vater keine Einsicht hat dass er krank ist und unter was für einer Krankheit/Sucht er leidet, wird sich nichts daran ändern. Wichtig wäre eine Lösung für Eure Mutter und den Bruder zu finden. Denn für die beiden sind die Lebensumstände nicht wirklich positiv.Schon als gesunder Mensch verzweifelt man beinahe wenn man mit einen kaufsüchtigen Sammler zusammen leben muss. Macht vieleicht, das ist nur ein kleiner Tip ob es hilft kann ich nicht sagen, eurem Vater klar, dass es so für Mutter und Bruder nicht weitergehen kann.1. aus gesundheitlichen 2. aus psychischen Gründen. Vieleicht hilft es wenn er versteht, wie sehr eure Mutter unter dem ganzen leidet. Dazu müsste sie aber hinter euch stehen, und ihm sagen wie sie sich fühlt. Wie gesagt vieleicht würde es etwas bewirken.
LG Marina


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30.01.2017 15:25
avatar  Wolfram
#4
Wo

danke Anneli,

da kann ich Dir nur zustimmen.

Vielleicht war das garkein richtiger Therapeut, ein Therapeut hätte etwas rausfinden können. Allerdings keine wesentliche Änderung.
Der Vater sollte mit dem Sohn sprechen, aber es könnte durchaus sein, dass er das selber nicht weiß.
ich stelle wiederholt fest, wie leichtfertig junge Eltern, (hier Vater) von den Kindern entmündigt werden, nur um den Willen der Kinder durchzusetzen. Lieben diese Kinder ihre Eltern nicht?
Ist es wirklich so wichtig, die Eltern in einem entmündigten Zustand zu besuchen. Ich verstehe das nicht.
Das Wohnzimmer ist nur zu 2/3 belegt, also sind Tisch, Stühle und auch kleine Gänge frei. Was hat der Besuch an der Waschmaschine zu suchen? Tiefkühltruhe könnte ich mir vorstellen, wenn der Besuch was holen soll. Wenn das nicht geht, wegen zu enger Gänge, @Draculara, dann muß der schlankere Vater die Sachen selber holen.
Sind denn solche kleinen Unbequemlichkeiten es wert, den Vater zu entmündigen und damit zu verlieren. Er will dann nämlich nichts mehr mit Euch zu tun haben.

viele Grüße
Wolfram


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30.01.2017 15:36
#5
avatar
Moderator

@raj81

Willkommen an Board. Das ist eine heikle Situation. Wenn dein Vater unter Betreuung gestellt wird, so heißt das heute, Vormundschaft hieß das früher, dann wird ihm ein Betreuer vom Gericht zugeteilt. Das könnt ihr nur übernehmen, wenn ihr Erfahrung in dieser Materie habt und der Vater damit einverstanden ist, dass ihr seine Angelegenheiten regelt. So wie ich das sehe, wird er dem nicht zustimmen! Im Gegenteil, dann entgleitet euch dieses Familienmitglied völlig, er wird immer sauer sein, dass ihr ihm den Betreuer auf den Hals gehetzt habt. Der könnte zwar die Entrümpelung beantragen, aber wenn das gegen den Willen des Vaters gemacht wird, ist das auch ein Eingriff in seine Privatsphäre und vor allem wird er mit noch mehr Kaufsucht und Sammelwut reagieren, so dass jede Woche eine Haushaltshilfe kommen muss. Kann er seine Finanzen nicht mehr selbst managen, kauft er vielleicht nicht ein, kann aber immer noch Sperrmüll sammeln oder zur Müllkippe fahren, um noch funktionstüchtige Möbel oder Geräte zu holen. In der Not ist man zu allem fähig. Das löst aber seine psychischen Probleme nicht.

Wenn der Psychologe mit euch über den Vater reden darf, dann hat der Vater dem zugestimmt. Es wäre ein Vertrauensbruch, ihn jetzt entmündigen zu wollen. Damit ist niemandem wirklich geholfen.

Viele Grüsse
Draculara

http://www.draculara.de

http://messie.bplaced.net/messie

Eine Lösung setzt ein Problem voraus. Ich kenne meine Fehler, das hält mich aber nicht davon ab, sie zu machen

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