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12.03.2017 19:13
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#1
Gast
( gelöscht )

Hallo,

Ich bin Anfang 30, angefangen hat meine Mutter, soweit ich mich erinnern kann, vor etwa 20 Jahren, ich selbst bin vor mehr als zehn Jahren zu Hause ausgezogen und komme nur noch möglichst selten zu Besuch oder versuche es so kurz wie möglich zu halten.

Oft denke ich, es sollte mich nicht mehr so belasten. Aber das tut es immer noch, zumindest immer wieder. Ich bin vor allem unglaublich wütend.

Gerne würde ich andere kennenlernen, die auch Angehörige sind.Wenn es Gespräche mit dem Rest der Familie in Abwesenheit meiner Mutter gibt, herrscht Resignation und Wut vor und vor allem wechseln sehr schnell die Rollen, wer sie in Schutz nimmt. Meist meine Schwester. Weil ja alle schon gegen meine Mutter sind. Und dann gibt es meist Streit bzw. es endet immer damit, dass man eh nichts machen kann, man am besten einfach irgendwann das Haus abfackeln sollte....

Meine Mutter hat mal ein Jahr Therapie gemacht, sie hat sich geweigert irgendetwas darüber zu erzählen, so haben wir anderen Zweifel, ob sie diese Probleme jemals angesprochen hat. Die Therapeutin kann ja nicht hellsehen.

Gespräche mit meiner Mutter darüber sind vollkommen unmöglich. Früher hatte ich dann oft das Gefühl ich rede gegen eine Wand, sie schaltet einfach ab und scheint nichts mehr mitzubekommen. Ich dachte lange das ging nur mir so, aber erst vor einer Weile hat mir meine Schwester erzählt, dass es ihr genauso geht.

Gibt es "Messies", die gleichzeitig einen "Putzzwang" haben? Es passt für mich so gar nicht zusammen. Dreimal täglich staubsaugen, während man andere Zimmer nicht mehr betreten kann. In bestimmten Bereichen jedes Haar vom Boden aufheben, während an anderen Stellen der Teppich schimmelt, weil sich dort seit Jahren Zeug stapelt.

Kann man wirklich überhaupt nichts tun?


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12.03.2017 21:30
#2
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@Tochter

Herzlich Willkommen bei uns im Forum.

Es gibt unterschiedliche "Messie"-Arten. Angefangen bei vollen und sortierten Wohnungen, über Chaos bis hin zum nicht mehr durchkommen. Ebenso gibt es alle Stufen von penibel sauber bis hin zu Schmutz und Schimmel. Das, was im Fernsehen gerne gezeigt wird, ist nur ein kleiner Teil.
Bei uns gibt es viele Sachen und teilweise waren Zimmer nicht betretbar, aber ich habe immer geputzt.

Was Deine Mutter angeht. Ist sie mit ihrem Leben unglücklich? Oder sagt sie, das ihr das alles nicht mehr gefällt und sie das ändern will? Wenn sie nämlich dieses Leben in Ordnung findet, wird es schwierig etwas zu ändern. Sie wird dann eher komplett dicht machen. Vielleicht hat sie auch Angst, das man ihr alles wegnehmen will.

Mein Vorschlag, falls Ihr das noch nicht gemacht habt. Redet mit ihr, sagt, wie ihr euch fühlt, das ihr Angst um sie habt. Bietet ihr Hilfe an und macht ihr klar, das nichts verschwindet oder gemacht wird, was sie nicht will.

Und hört auf, euch gegenseitig Vorwürfe oder so zu machen. Ihr könnt doch nichts dafür.

Herzliche Grüße

Alex



Ich bin wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich. Konrad Adenauer


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12.03.2017 22:36
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#3
Gast
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Danke schonmal für die Antwort.

Ob meine Mutter glücklich ist oder nicht, habe ich keine Ahnung. Früher war ich mir relativ sicher, dass sie nicht bemerkt hat, dass es ein (immer größer werdendes) Problem ist. Jetzt frage ich mich, ob sie es tatsächlich nicht sieht oder nur uns (oder allen) gegenüber niemals zugeben würde. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass man es selbst nicht bemerken kann.

Dazu kommt noch, dass mein Vater der jahrelang definitiv sehr darunter gelitten hat, auch anfängt. Zum Teil vielleicht auch, weil für seine eigenen Sachen tatsächlich kein Platz mehr ist, aber das ist schwierig zu beurteilen. Er hat auch einfach aufgeben und redet wenn dann nur verächtlich darüber (ich selbst aber inzwischen auch).

Besser machen es einige Bekannte, die auch eindeutige Tendenzen in diese Richtung haben und ihr (von mir verhasster) Nebenjob (zeitlich ist es wohl eher der Hauptjob) auf dem Wertstoffhof. Von dort stammt der Großteil. Dass sie gerne Dinge kauft, die billig sind, auch wenn sie sie nicht braucht, macht es nicht besser.

Reden geht nicht, ging auch noch nie wirklich.

Mein Bruder hat vor Jahren mal jemanden zu Hilfe geholt. Genaueres weiß ich nicht, er hat es wiederum leider nicht mit dem Rest der Familie abgesprochen.

Klar habe ich früher versucht zu helfen.

Ich erinnere mich an die Absprache, ich fange an den ehemaligen Hobbyraum im Keller in Kisten zu sortieren. Es war ausgemacht, dass ich nicht einen einzigen Papierschnipsel wegschmeissen darf. Ihre Aufgabe war, danach die sortierten Sachen auszusortieren, sprich den Großteil wegzuschmeissen (gut ihrer Meinung nach natürlich nur einen kleinen Teil). Nach zwei Tagen konnte man einen kleinen Teil des Bodens wieder sehen.
Ihren Teil der Abmachung hat sie nie eingehalten, sondern es wurde noch schlimmer, weil sie daraufhin auch den vormals noch einigermaßen benutzbaren Gang zugemüllt hat (es tut mir leid, aber ein anderes Wort dafür habe ich nicht) in dem die Kisten zwischengelagert werden sollten (ein Narr wer das glaubt) und nicht einen einzigen Papierschnipsel entsorgt hat. Viele Dinge waren kaputt, zum Beispiel Bilderrahmen, da man ja gar nicht mehr sehen konnte, auf was man läuft. Nun ein paar Jahre später, kann ich in diesem Raum die Tür noch ca. 40 cm öffnen und dahinter ist so eine hohe Wand voll Dinge wild aufeinandergestapelt/geworfen, dass ich nicht mehr darüber schauen kann (und ich bin ziemlich groß).

Also seitdem weiß ich nicht mehr wie man da noch helfen soll. Wenn es für sie unmöglich ist, selbst bei mehreren Umzugskartons ausschliesslich mit leeren Leitzordnern wenigstens einige davon zu entsorgen, weiß ich nicht mehr was das bringen soll. Genauso gibt es z.B. auch Umzugskartons voll Schmierpapier auf die man theoretisch noch was schreiben kann. Ich kann ja noch ein kleines bisschen verstehen, dass es schwierig ist Bücher einfach so wegzuschmeißen, selbst wenn man sie mehrfach besitzt, aber es gibt viele Dinge, da fühle ich mich einfach nur ohnmächtig und sehr, sehr wütend.

Vertrauen in Abmachungen jeder Art oder ihre Ankündigen, dass irgendeine Ecke leerer geworden ist, habe ich keine mehr. Sie möchte Lob dafür, tut mir leid, von mir gibt es für Sachen von A nach B räumen kein Lob mehr. Wenn alles zu viel, nützt aufräumen nichts mehr und es hält nur sehr kurz an, danach ist es meist schlimmer als vorher.

Als Kinder haben meine Geschwister und ich z.B. auch immer mal wieder, wenn sie nicht da war den Kühlschrank ausgemistet. Ich habe nur Dinge weggeschmissen, die mehr als einen Monat abgelaufen waren. Dabei viele Dinge komplett verschimmelt. Einfach in die Mülltonne hat nicht gereicht, dort hat es meine Mutter wieder rausgeholt. Es musste schon jeder Joghurt einzeln ins Klo geschüttet werden. Wenn sie dann heimkam, gab es saumäßig Ärger. Aber im Bezug auf den Kühlschrank war es mir das wert.

Meine Schwester hat immer sehr viel Mitleid mit meiner Mutter und meint sie beschützen zu müssen, ich denke oft ihr geht es einfach noch nicht schlecht genug, um endlich zu kapieren, dass sich etwas ändern muss.

Ich stelle mir oft vor, dort endlich aufräumen zu dürfen, das werde ich wohl erst dürfen, wenn sie tot ist.

Besonders Angst habe ich davor, dass meine Oma stirbt. Meine Großeltern haben immer im gleichen Haus in einer eigenen Wohnung gewohnt. Dort ist alles schön und ordentlich und sauber. Dort gab es auch kein schlechtes Essen. Ich hänge sehr an meiner Oma und wohl auch an der Wohnung als Rückzugsort früher. Ich weiß nicht, was ich tun werde, wenn meine Oma nicht mehr da ist und meine Mutter auch diesen Teil des Hauses in Beschlag nimmt.

Ja reden, wenn das gehen würde. Unsere Beziehung ist einfach sehr schlecht und "das Problem" hat daran ein sehr großen Anteil.

Früher hat mir auch immer mein Vater sehr leid getan (meine Großeltern sowieso), bei meinem Vater sehe ich inzwischen mehr Verantwortung bei ihm selbst. Und machmal sogar Wut, dass er uns als Kinder nicht davor beschützt hat (wie er das hätte tun sollen, weiß ich nicht).

Das Hauptproblem ist wohl, dass meine Mutter nicht in der Lage ist zwischen wichtig und unwichtig zu unterscheiden und das in allen Bereichen.


Ein bisschen was habe ich hier im Forum gelesen. Und auch wenn ich sehr gut nachvollziehen kann, dass die meisten kritisieren (m.M. nach zu Recht), dass die Menschen in diesen Messie Sendungen vorgeführt werden und es nicht um Hilfe geht. Mir haben diese Sendungen trotzdem geholfen, endlich einen Namen für das zu haben, was früher zu Hause war. Und dass es daheim nicht so schlimm war, wie in diesen Sendungen, na welch ein Glück.

So jetzt muss ich endlich aufhören, aber mir geht noch sehr viel durch den Kopf.

Tut mir leid, dass es mir sehr schwerfällt eine halbwegs neutrale Sprache dafür zu finden. Es gab einfach viel zu viele Verletzungen in vielen Jahren, vielleicht auf beiden Seiten.

Und lang geworden ist der Post auch noch...

Gute Nacht


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13.03.2017 03:05 (zuletzt bearbeitet: 13.03.2017 03:13)
#4
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Hallo @Tochter,

am liebsten würde ich dich in den Arm nehmen und trösten, denn aus deiner Beschreibung was bei euch so läuft spricht sehr viel Kummer.
Für mich sieht es von außen drauf gesehen so aus, als würde dich beim aktuellen wenig zufriedenstellenden Zustand im Elternhaus nicht nur die Gegenwart belasten, sondern die aktuellen negativen Eindrücke holen immer wieder den Schmerz aus der Vergangenheit mit hervor. Du leidest doppelt!

Da steht nicht nur eine Tochter, die sich Sorgen macht, weil die Eltern unter Stapeln gesammelten Gerümpels in vielen Bereichen des Hauses keinen Schritt mehr tun können, sondern da steht auch wieder die kleine Tochter, die vor Kummer über die merkwürdigen Verhaltensweisen der Mutter nicht weiß, ob sie schreien oder weinen soll. Du bist mit allem was geschieht sozusagen doppelt belastet! Der neue Kummer mischt sich ständig mit dem hilflosen kindlichen Leid von damals.

Und wenn du dir wünschst, dass es jetzt wenigstens endlich einmal besser (wenn schon nicht "gut") werden sollte, dann betrifft auch das nicht nur die Gegenwart.
Wir alle haben uns als Kind danach gesehnt, dass wir liebevolle Eltern haben, die für uns Verantwortung übernehmen, die den Überblick haben und uns Sicherheit auf der Welt vermitteln, die wir uns selbst noch nicht geben können. Diese Sehnsucht nach einer heilen Familie verlässt uns nicht automatisch, wenn wir älter werden.
Und nun musst du dir auch noch Gedanken machen, dass dein Zufluchtsort bei der Oma eines Tages auch verschwinden wird ...

Vernachlässigt zu werden, kein Verständnis zu finden, ein Elternteil mit merkwürdigem Verhalten zu haben, das reißt tiefe Wunden.
Das Kind in dir weint immer noch ... und zugleich bist du ganz und gar wütend!

Und jetzt bist du doch erwachsen und stark genug, und eigentlich könntest du es organisieren, dass es wenigstens oberflächlich irgendwie tröstlich und besser wird. Aber nun sind dir die Hände gebunden, deine Mutter kann sozusagen aus ihrer Haut nicht heraus. Sie hält den engsten Wohnbereich sauber und ist damit zufrieden, und obendrein hortet sie die Gegenstände, die ihrer inneren Leere Sicherheit geben. So lange keiner nervt, dass sie etwas ändern soll, ist sie vermutlich sogar halbwegs glücklich.

So selten ist dieses Verhalten nicht.
Ich kenne Leute, die mehrere Häuser mit ihren Schätzen gefüllt haben - sie hatten zum Beispiel mehrere Zimmer voller Wintermäntel bis zu 50-70 Jahre alt, Schränke voller Papier oder Berge an Handtüchern. So nach dem Motto "wenn die Russen kommen und den Winter mitbringen, dann hab ich wenigstens etwas zu Anziehen". Bierflaschensammlungen, alle Schulsachen aller Kinder (und damit meine ich jedes Schreibheft und jedes lose Blatt aus 12 Schuljahren, bis hin zu den alten Stiften), Berge von alten Marmeladengläsern oder Geschirr für 50-60 Personen - es könnte ja sein, dass man mal so viel Besuch hat.

Das klingt lustig, ist es aber nicht wirklich. Denn da hat jemand ein riesiges Sicherheitsbedürfnis und kann nichts loslassen, was man vielleicht irgendwann noch mal brauchen könnte. Und dass das jetzt alles unordentlich herum liegt ... ach ja, im Frühling kann man ja mal ein wenig aufräumen, oder wenn die Rückenschmerzen nachlassen, oder sobald keiner mehr nervt. Damit die bloß nicht denken sie hätten Erfolg mit dem Genörgel!

Das wird also schwierig.
Da stehen sich zwei extrem unterschiedliche Bedürfnisse gegenüber.
Was könnte denn das Schlimmste sein, das geschieht?
Dass du in 20 Jahren verrotteten Müll aus dem Keller schaffen lassen musst?
Je nun, das macht gewiss keinen Spaß, aber da bist du nicht die einzige.
Ich habe das auch hinter mir. Und ich habe viele wunderliche Dinge dabei entdeckt, meine Güte, was ein Elend.

Stell dir einmal vor, deine Eltern haben ein, zwei tatsächlich gut bewohnbare Räume, der Rest ist Rumpelkammer.
Das schmerzt, aber was geschieht wirklich?
(Gammelt etwas feucht durch, so dass in andere Räume der Schimmel rein wandert, greift man natürlich ein. Logisch. Sonst aber ... was kann dir zustoßen?)
Wir haben ja in Deutschland keine Regal- und Stapel-Polizei, die es verbietet, sich die eigenen vier Wände mit eingestaubtem Geraffel vollzustellen. Jeder darf sich Haufen und Türme anschaffen wie er lustig ist.

Es geschieht also nichts wirklich Bedrohliches - aber dein persönliches Leid drückt dich nieder.
Wenn du da aktuell nicht eingreifen kannst, jedenfalls nicht so wie du es möchtest: Was könnte dir helfen, dass dein Leid ein wenig kleiner wird?
Welche Gedanken oder Träume könnten sich befreiend anfühlen?
Wie und an welchem Ort könntest du deine Sehnsucht frei fliegen lassen?

Liebe Grüße an dich,
Jennifer

____________________
Viele Grüße, Jennifer

Das Leben umarmen ... ✨🤲

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13.03.2017 03:41
avatar  ave
#5
av
ave

Hallo @Tochter,

damit ich alles verstehe, was du da versuchst zu beschreiben habe ich ein paar kleine Fragen.
Was hat dich bewegt bei uns Hilfe zu suchen?
Was bewegt dich deinen Eltern und besonders deiner Mutter helfen zu wollen?


Zu dem, dass du dir nicht vorstellen kannst, dass deine Mutter es nicht sieht. Ich kann dir sagen man sieht es als Messi nicht und wenn die Erkenntnis kommt ist das wie ein Schlag ins Gesicht und man ist hilflos. Was macht ein Messi wenn er hilflos ist? Er sammelt. Es dauert lange, bis man das Problem erkennt und lange, bis man was dagegen machen kann. Es kostet Kraft und Durchhaltevermögen. Bei mir ist es so, dass gefühlt jeder Schnipsel jedes "unbrauchbare" Ding ein Problem in meinem Leben symbolisiert, egal ob in der Vergangenheit, der Gegenwart oder in der Angst vor eventuellen zukünfitgen Problemen. Es ist schwer mit den Problemen fertig zu werden und darum ist es schwer die Sachen loszuwerden.
Davor muss man aber das Problem erkennen können, was alles andere als leicht ist. Mit dem Sammeln ist das wie mit einem Ersatz für etwas das uns fehlt. Das fehlende kann nicht ersetzt weden mit materiellen dingen. Aber wenigstens die äußere Leere wird gefülllt, weil die innere Leere nicht gefüllt werden kann.

Wenn dann von Außen "neue" Probleme rangetragen werden wie die Unordnung, die für den Messi doch nur die Leere füllen soll und darum für ihn eine Art Erlösung ist und kein Problem, stößt das auf Widerstand. Der Messi muss das Problem selbst erkennen um was dagegen machen zu können.

Ich kann verstehen, dass es dich belastet, was bei deinen Eltern vorgeht. Doch ich kann auch deine Mutter verstehen.

Wenn du mit ihr "normal" redest und die Wohnung erst mal ignorierst in den Gesprächen und versuchst die Probleme zu ergründen, die dahinter stecken, hast du vielleicht eine Chance, dass sie das Problem erkennt.

Liebe Grüße
ave


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