Sein oder haben

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18.03.2020 17:48
#31
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Zitat von Aus Chaos entsteht Neues im Beitrag #30
Nee, eine Rolle einnehmen, in der ich Messie sein kann, stimmt für mich nicht.


Stimmt,
Zitat von Aus Chaos entsteht Neues im Beitrag #30
Eine Rolle kann man von der Identität trennen und immer wieder verlassen.


Die Rolle des Messies können wir auch von unserer Identität trennen, hinein schlüpfen, wenn wir zuhause sind, und heraus schlüpfen, wenn wir unterwegs bzw. auf der Arbeit sind. Eine Rolle einnehmen, das ist allerdings etwas, das man freiwillig tut. Man schreibt freiwillig, ist freiwillig Ehefrau, Ehemann, Mutter, Vater, Tochter, Schwester usw. Aber Messie sind wir unfreiwillig.

Davon habe ich auch geschrieben, als es um die Frage ging, ob es sich um eine Sucht oder eine Zwangsstörung handelt. Eine Sucht füllt zwar auch eine Leere, aber nicht nur. Es ist nicht eine Angewohnheit, alles zuzumüllen. Eher müsste man sich angewöhnen, etwas zu tun, das eine Zumüllung des Wohnraums verhindert. Eine Zwangsstörung ist etwas, was wir zwangsweise tun, z. B. Waschzwang oder Putzzwang. Das Messie-Syndrom ist da eher das Gegenteil: Wir sind sozusagen auf einer Flucht vor dem Zwang, aufzuräumen oder zu putzen. Eine Sucht ist etwas, das man tut. Das Messie-Syndroms ist aber eher etwas, was man nicht tut.

Bin ich jetzt vielleicht Ordnungsrebellin? Nein, ich rebelliere nicht gegen die Ordnung, sondern gegen die Arbeiten, die dazu führen würden. Es ist eine Arbeitsrebellion. Ich komme der Lösung näher, wenn ich wieder an meinen Verhaltenstherapeuten denke, der sagte, je weniger wir gewohnt sind, zu tun, umso weniger wollen wir tun.

Was mich wieder dazu bringt, meinen Weg weiter zu gehen, immer kleine Aufgaben in den Alltag zu integrieren und dieses Pensum, je nach Anfallen, zu steigern.

Viele Grüsse
Draculara

http://www.draculara.de

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Eine Lösung setzt ein Problem voraus. Ich kenne meine Fehler, das hält mich aber nicht davon ab, sie zu machen

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18.03.2020 18:29
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#32
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IBI

Danke Draculara,

Zitat von Draculara im Beitrag #31
gegen die Arbeiten, die dazu führen würden.


Darin verbirgt sich bei mir ein Zwangsgefühl, die Arbeiten tun zu müssen, gegen das ich mich vehement wehre, indem ich nicht aufräume oder auch andere Aufgaben, die ich mir vorgenommen habe, obwohl ich wollte, es nicht kann, weil sich das Zwangsgefühl dazwischen drängt.
Es handelt sich nicht um Zwangshandlungen im klassischen Sinne, wie du sie geschildert hast, Draculara, dennoch ist darin aus meiner Sicht der Zwang verborgen, der dazu führt, dass wir vieles nicht tun, obwohl wir wollten.
Und dann kommt noch hinzu, dass wir viele Gegenstände mit "Erinnerungen" belegen und sie dadurch an uns binden und es damit schwieriger fällt vieles wegzugeben.

Sammeln, Dinge mitnehmen, ist für viele ein MUSS und da kann die Sucht ins Spiel kommen.
Ich bin häufig zu meiner Entspannung Einkaufen gegangen und für meine Sicherheit habe ich meist zuviel gekauft.
Jetzt gehe ich immer öfter durch Läden und kaufe auch mal nichts....womit ich den Teil, der die Wohnung immer weiter füllt beginne zu unterbrechen.
Sperrmüll mitnehmen oder Dinge für andere mitnehmen zum Weitergeben habe ich vor einigen Jahren gestoppt und manche meiner Sammlungen tatsächlich aufgegeben und verschenkt.

Stimmt, mit dem Bild zur Rolle von Messie habe ich das nicht gesehen. Das wir im Beruf oft so ordentlich sind, dass uns keiner anmerkt, dass wir Messie sein könnten (gelingt mir leider nicht, mir hat man es leicht angemerkt). Das können viele.

Zitat von Draculara im Beitrag #31
einer Flucht vor dem Zwang, aufzuräumen oder zu putzen.


nee, das sehe ich anders, weil ich mich emotional dazu gezwungen fühle, aufzuräumen und es gleichzeitig hasse zu tun.
So oder so kommt heraus, wir machen es meist nicht.

Wenn dieses Zwangsgefühl weniger intensiv ist und der Hass gegen das Putzen (der kommt daher, dass wir als Kinder putzen mussten wie die Weltmeister) kleiner wird, kann ich mir gut vorstellen, dass Aufräumen sogar Spass machen kann.

Mal sehen, was sich die Gefühle verändern. Ich arbeite daran.

VG
Sonja


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18.03.2020 21:22
#33
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Moderator

Zitat von Aus Chaos entsteht Neues im Beitrag #32
ist darin aus meiner Sicht der Zwang verborgen, der dazu führt, dass wir vieles nicht tun, obwohl wir wollten.


Ich wollte noch nie aufräumen. Ich musste. Ich wollte noch nie sauber machen. Ich musste. Weil meine Mutter das gesagt hat. Der Zwang kam immer von außen: Entweder die Eltern, oder die Vermieter, oder ein Handwerkertermin, oder der Schornsteinfeger kommt nächste Woche... Ich habe das gemacht. Aber nicht, weil ich es wollte. Weil die Besucher oder die Eltern das wollten.

Wer will denn schon zuhause aufräumen oder Staub saugen? Na gut letzteres ist nicht so schlimm, das ist schnell gemacht. Warum soll ich daran Spaß haben, mit Rückenschmerzen beim Bücken z. B. die Couch aufzuräumen oder einen Schrank abzuräumen und zu putzen? Warum soll eine Putzfrau Spaß daran haben, die Betriebstoiletten zu putzen? Sie machen es, weil es im Arbeitsvertrag steht und weil es dazu gehört. Der Arbeiter in der Fabrik fegt zwischendurch, weil es zum Aufgabenbereich zählt. Er macht die Arbeit am Fließband, kommt nach Hause und macht die Hausarbeit - weil er es gewohnt ist, zu tun. Er fragt sich nicht, ob er Bock drauf hat. Er macht es einfach. Es ist eine Art Routine, ein Automatismus. Diese Routine muss ich langsam entwickeln, die kommt nicht von heute auf morgen. Man kann aber von heute auf morgen alles hin schmeißen und Fünfe gerade sein lassen. Tut man das jeden Tag, kommt darin die Routine rein und irgendwann merkt man: Das ist Messiechaos.

Irgendein Motivationscoach hat mal gesagt, Disziplin ist wie ein Muskel: Man muss ihn trainieren. Man kann nicht von heute auf morgen zum Supersportler mutieren, man fängt mit 20 Minuten Dauerlauf an und steigert es wöchentlich um 5 Minuten, oder so ähnlich. Genauso bescheiden fange ich auch an, Hausarbeiten zu integrieren - mit den kleinen fange ich an, und mit dem Aufräumen nehme ich mir Zeit... Man kann sowieso nicht verreisen, dann nutzen wir die Zeit eben mit Entrümpeln.

Viele Grüsse
Draculara

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19.03.2020 09:47
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#34
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IBI

Zitat von Draculara im Beitrag #33
Der Zwang kam immer von außen:


Der Zwang kam von aussen als wir jung waren und irgendwann ist das so sehr intus, dass wir uns selbst gezwungen fühlen, etwas tun zu müssen, wenn wir uns vorher selber dazu entschlossen haben, es zu tun zu wollen.
Wir haben nicht lernen dürfen, es aus eigenen Antrieb zu wollen und dann zu tun. Wir durften kaum lernen, dass wir auch Bedürfnisse haben, die wir uns erfüllen bzw. die andere uns erfüllen. Wir durften lernen, uns um andere zu kümmern, aber kaum um uns selbst zu kümmern.

Es hat augenscheinlich nicht so viel mit den offensichtlichen Zwangshandlungen zu tun, wie Waschzwang oder Putzzwang (mir graut die Vorstellung täglich 4-6 Stunden daheim putzen zu müssen, wenn es ohnehin schon sauber ist), aber ich denke, es hat grundsätzlich mit Zwang als solches zu tun. Eine weniger offensichtliche Form, die viele von uns haben.

Wenn ich die Zwangsgefühle in starkem Ausmass in mir habe, dann ist Disziplin für mich kaum möglich. Wenn sich die Gefühle abschwächen und ich mehr und mehr dahin gelange, dass ich das für mich tue und mir damit etwas erfülle (und nicht für andere), ja, dann ist auch Disziplin dran, die Regelmässigkeit aufzubauen und gleichzeitig denke ich, dass es sich verwandelt und nicht mehr so sehr als Disziplin erlebt wird.
Jedenfalls habe ich unsere "Ichhabsgeschafft" so verstanden, dass es für sie kaum eine Disziplinübung ist, täglich ihre Aufräumarbeiten zu machen. Sie macht es, um sich weiterhin wohl zu fühlen und zu verhindern, dass es so schlimm wird wie es einmal war.

Nun gut, die Rolle Messie ist es nicht, aber Messie SEIN....nee, das will ich weiterhin nicht. Es ist leider eine ungewollte und tragische Ausprägung eines Krankheitsbildes.

VG
Sonja


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19.03.2020 15:29
#35
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Zitat von Aus Chaos entsteht Neues im Beitrag #28
by the way...wie steht es um dein Buch, das du hier angekündigt hast?)


Ich habe bisher nicht daran weiter geschrieben und bin froh darum. Sonst hätte ich es ja zuende schreiben müssen. Dann noch einen Verleger finden und dann gibts das Buch auf dem Markt und der Umsatz ist 0,0€

Wozu dann schreiben, wenn es doch keiner liest? Wer will schon eine Leidensgeschichte aus den 80ern lesen? Meine Gedichte habe ich alle in Büchern veröffentlicht, und den Roman schreibe ich gar nicht erst weiter, ich plane meinen Abschied, wenn das alles noch mehr aus den Fugen gerät, denn ich hab heute beispielsweise nur 50 Tabletten L-Thyroxin in der Apotheke gekriegt. Sollten die alle sein, mache ich einfach nicht mehr mit.

Dieses riesige Buch über 360 Seiten das ich aus dem Englischen übersetzen wollte, da habe ich mich dran versucht, es ist so schwierig, diese Schachtelsätze erst mal zu begreifen und zu übersetzen. Und wie gesagt, es lohnt ja nicht mehr. Dann wird man auch hier im Forum nichts mehr von mir lesen können.

Viele Grüsse
Draculara

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